Praxis-Tipps zur Prozessoptimierung
Mit diesen 5 Schritten verbessern Sie die Workflows in der Firma

Hakende Abläufe nerven nicht nur - sie kosten Zeit und vor allem Geld. Mit diesen Praxis-Tipps für die Prozessoptimierung erzielen Sie schnell Fortschritte.

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Damit Abläufe in einer Firma ineinandergreifen wie die Zähne in einem Zahnrad, ist meist Prozessoptimierung nötig.
Damit Abläufe in einer Firma ineinandergreifen wie die Zähne in einem Zahnrad, ist meist Prozessoptimierung nötig.
© bernie_photo / iStock / Getty Images Plus / Getty Images

In einem sind sich Mitarbeiter und Chefs einig: Alle lieben schlanke, effiziente Prozesse. Kein Wartezeiten, keine ständigen Abstimmungsschleifen – und kein Stress, wenn man durch die Ineffizienz am Ende mal wieder mächtig unter Zeitdruck gerät. Stattdessen: Schritt für Schritt abarbeiten und am Ende pünktlich Feierabend machen. Wäre das nicht schön?

Wie legt man aber mit der Prozessoptimierung los? Zunächst geht es darum, bestehende Prozesse zu vereinheitlichen und zu dokumentieren. Das ist der erste Schritt hin zu effizienteren Prozessen: Nach einer Studie des amerikanischen Marktforschungsinstituts Gartner steigt allein durch die Dokumentation eines Prozesses seine Effizienz um rund 15 Prozent.

Will man wirklich große Effizienzgewinne hinsichtlich Zeit, Qualität und Kosten erreichen, darf man hier aber nicht stehen bleiben. Man muss sich daran machen, die Prozesse systematisch zu verbessern.

Für Prozesse gilt dasselbe wie für das richtige Leben: Wer Augen und Ohren offen hält und ein bisschen Achtsamkeit zeigt, kann viel bewirken. Fangen Sie am besten jetzt damit an. Die folgenden konkreten Praxis-Tipps helfen dabei.

Wo hakt es in Ihrem Unternehmen? Mit diesem Fragebogen finden Sie Prozesse, die noch nicht rund laufen – exklusiv für impulse-Mitglieder zum Herunterladen: Prozess-Analyse: Hakeligen Prozessen auf die Spur kommen

1. Verantwortlichkeiten klären: Wer arbeitet und wer hält den Kopf hin?

Soll ein Prozess effizient funktionieren, ist es zentral, dass jeder weiß, was er zu tun hat und für welchen Bereich er die Verantwortung trägt. Im deutschsprachigen Raum hat sich dafür das sogenannte DEMI-Modell etabliert.

  • D steht für Durchführungsverantwortung: Wer führt die Arbeit tatsächlich aus und trägt dafür die Verantwortung? (z. B. eine Rechnung erstellen oder das Werkzeug warten).
  • E steht für Ergebnisverantwortung: Wer muss am Ende als Führungskraft oder Vorarbeiter das Ergebnis verantworten? (z. B. ein Verkaufsleiter oder ein Polier)
  • M steht für Mitarbeit: Welche Personen sind für die Ausführung der Arbeit notwendig?
  • I steht für Informieren: Welche Person muss einen Bericht über den Prozess bekommen? (z. B. zusammengefasste Deckungsbeiträge der Projekte der letzten drei Monate an die Geschäftsführung).

Besonders wichtig für die Arbeit an Prozessen ist die Klärung der ersten beiden Buchstaben D und E. Oder, pointierter gesagt, die Antwort auf die Fragen: Wer macht die Arbeit und wer hält dafür den Kopf hin?

Unser Experte
axel-schroederAxel Schröder ist Unternehmensberater für KMU und Handwerk. Für sein innovatives Beratungskonzept wurde er 2013 mit dem jährlich zu vergebenen Industriepreis ausgezeichnet. Ihm ist daran gelegen, die Konzepte, die für große Unternehmen bestimmt sind, auch KMU und dem Handwerk zugänglich zu machen.

2. Schnittstellen eliminieren: Der Kampf gegen die Aufgaben-Häufchen

Ein unterschätzter Zeitfresser sind Schnittstellen, also wenn Aufgaben von einem Mitarbeiter zum nächsten wechseln. Der Grund hierfür ist schnell gefunden. In deutschen Unternehmen gilt fast immer das sogenannte Push-Prinzip: Ist ein Mitarbeiter A mit einer Aufgabe fertig, übergibt er sie dem Mitarbeiter B. Der ist in der Regel noch mit anderen Aufgaben beschäftigt. Deshalb wird die übergebene Aufgabe auf dem Schreibtisch, in einem Regal oder im E-Mail-Eingang „gelagert“. Es bilden sich Aufgaben-Häufchen und damit steigt die Liegezeit der Aufgabe.

Zusätzlich zur Liegezeit steigt auch die Suchzeit, weil nach einer Zeit die Frage aufkommt, wie denn der Bearbeitungsstand der übergebenen Aufgabe ist. Mitarbeiter B sucht in seinem Aufgaben-Häufchen nach der Aufgabe. Diese Suchzeit wird der Kunde sicher nicht bezahlen wollen und gilt damit als typische Verschwendung.

Werden Aufgaben dagegen so strukturiert, dass sie möglichst von einem Mitarbeiter A durchgängig bearbeitet werden können, fallen die Aufgaben-Häufchen und die Sucherei beim Mitarbeiter B weg. Das moderne Wort dafür ist Workflow-Design, aber im Kern geht es nur um die Eliminierung von Liege- und Suchzeiten.

Wie eliminiert man Schnittstellen?

Hinterfragen Sie anhand Ihres dokumentierten Prozesses, ob man Aufgaben tauschen kann. Mitarbeiter B übergibt eine Tätigkeit an Mitarbeiter A, der im Gegenzug eine andere Aufgabe Mitarbeiter B überlässt. Beide können damit durchgängiger arbeiten und werden erheblich produktiver.

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Schnittstellen sind fast immer historisch gewachsen, weil im Zuge von Kapazitätserweiterungen (neue Mitarbeiter) nie die Prozesse überdacht wurden.

Natürlich kann man sich fragen, ob es effizient ist, wenn einer alles macht, von Anfang bis Ende. Schließlich hat man für die verschiedenen Arbeitsschritte oft Spezialisten. Diese Ansicht, die auf den sogenannten Taylorismus zurückgeht, ist heute aber weitgehend überholt. Einzelne, sich oft wiederholende Aufgaben und sehr hohe Zerlegung der Abläufe in Einzelschritte sind nicht so effizient, wie sie scheinen. Sie demotivieren Mitarbeiter enorm.

Natürlich ist man auch nicht zu einer vollständigen Einer-kann-alles-Arbeitsweise zurückgekehrt, dafür ist die heutige Arbeitswelt viel zu anspruchsvoll und zu unübersichtlich. Aber man kann doch Wege finden, damit ein Mitarbeiter größere Schritte, teilweise die Erstellung ganzer Baugruppen oder umfassenderer Verwaltungstätigkeit (vom Angebot bis zur Nachkalkulation) möglichst unterbrechungsfrei bearbeitet. Damit vermeidet man nicht nur die berüchtigten Liegezeiten, sondern auch die Transportzeiten (Zeiten, in denen das Zwischenergebnis von einem Mitarbeiter zu einem anderen gebracht wird, z. B. in einer Werkstatt).

Je weniger Unterbrechungen es in einem Ablauf durch Schnittstellen oder fragende Kollegen gibt, desto eher stellt sich ein sogenannter Fluss ein, bei dem ein Mitarbeiter in angenehmer Angestrengtheit seine Aufgaben verrichtet. Er hat nun die Ruhe, die er braucht, um eine Aufgabe fertig zu machen. Dauernde Unterbrechungen fressen enorm viel Zeit. Nach einer Unterbrechung widmet sich ein durchschnittlicher Mitarbeiter erst zwei anderen Aufgaben, bevor er nach etwa 25 Minuten zu seiner ursprünglichen Aufgabe zurückkehrt.

Überlegen Sie, was Ihre Mitarbeiter brauchen, um ungestört arbeiten zu können. Rückzugsräume wie ein Arbeitsplatz ohne Telefon oder eine „Frage-Stunde“, in der Kollegen mit ihren Anliegen die eigentliche Arbeit des Mitarbeiters unterbrechen dürfen, sind beispielsweise praxiserprobte Konzepte.

3. IT-Systeme und Ressourcen: Den täglichen Wahnsinn bekämpfen

Für fast jeden Prozess in einem modernen Unternehmen werden IT-Systeme und Ressourcen benötigt, die die Prozesse unterstützen. IT-Systeme sind typischerweise ein Abrechnungssystem oder ein E-Mail-System und eine Kundenkartei oder ein Telefon.

Erst wenn man sich Aktivität für Aktivität vergegenwärtigt, wird der tägliche Wahnsinn sichtbar. Wo verlassen Sie zum Beispiel das eine Programm und starten mit einem anderen? Nutzen Sie dieses dann, um wieder Daten hineinzukopieren, die Sie schon im ersten Programm abgespeichert haben?

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Wer Prozesse optimieren will, kommt nicht um die Optimierung der IT-Systeme umhin: Analysieren Sie daher systematisch, wie man IT-Systeme integrieren und damit Mehrfacharbeit vermeiden kann. Ein typisches Beispiel sind CRM-Systeme, also die Kundenmanagement-Software, die der Vertrieb nutzt, und Abrechnungssysteme, die in der Verwaltung im Einsatz sind. Häufig kommt es vor, dass die Kundendaten in beiden Systemen manuell angelegt werden müssen und nicht über eine Schnittstelle miteinander verbunden sind.

4. Risiken offenlegen: Sich den Ängsten stellen

Risiken sind immer ganz hässliche Dinge, die keiner hören will. Aber wenn Sie Ihre Risiken in den Prozessen notieren, können Sie sie viel leichter vermeiden oder in ihrer Auswirkung zumindest reduzieren. Dazu fragen Sie sich bei jedem Prozessschritt ganz banal: Was kann gewaltig schiefgehen? Mit dem sprachlichen Zusatz „gewaltig“ konzentriert man sich schon automatisch auf die wesentlichen Risiken und nicht auf alle theoretisch denkbaren Unwägbarkeiten.

Fragt man einen erfahrenen Monteur oder einen altgedienten Vertriebler, können diese in der Regel sehr gut einschätzen und erläutern, wo die echten Probleme liegen.

Listen Sie alle gefundenen Risiken auf. So erhalten Sie ein sogenanntes Risikoinventar, mit dem Sie angemessen umgehen sollten.

Umgehen bedeutet hierbei:

  • das Risiko bewusst zu akzeptieren (Beispiel: Meteorit fällt auf die Lagerhalle).
  • Vorsorge zu treffen, dass das Risiko nicht eintritt (Beispiel: Vier-Augen-Prinzip gegen Betrug).
  • die Auswirkungen zu vermindern für den Fall, dass das Risiko eintritt (Beispiel: eine Versicherung).

5. Durchlauf- und Bearbeitungszeiten: Ziehen statt drücken

Durchlauf- und Bearbeitungszeiten sind bestens dafür geeignet, Ineffizienzen in Prozessen aufzuzeigen. Wenn Sie den Prozessablauf erheben, dann fragen Sie ganz beiläufig: Wie lange brauchen Sie oder Ihre Mitarbeiter für einen bestimmten Arbeitsschritt? Arbeitsschritte sind zum Beispiel: eine Rechnung erstellen oder ein Angebot schreiben. Üblicherweise werden Bearbeitungszeiten zwischen wenigen Minuten und etwa vier Stunden für eine einzelne Tätigkeit genannt.

Dann versuchen Sie, komplette Durchlaufzeiten zu ermitteln. Notieren Sie beispielsweise den Zeitpunkt, zu dem die Anfrage des Kunden per E-Mail eintrudelte, und den Zeitpunkt, bis der Kunde sein fertiges Angebot erhalten hat. Das kann mitunter Wochen dauern.

Vergleichen Sie die Summe der Bearbeitungszeiten mit der tatsächlichen Durchlaufzeit. Beträgt die Bearbeitungszeit zum Beispiel vier Stunden, die Durchlaufzeit aber fünf Tage, dann ist der Prozess hochgradig ineffizient, weil Aufgaben viereinhalb Werktage auf irgendeinem Schreibtisch oder in irgendeinem Postfach herumliegen. Diese Liegezeit ist pure Verschwendung. Sachen oder Aufgaben zu lagern, braucht Lager- oder Speicherplatz, gegebenenfalls muss man sie umsortieren. Sie behindern den Blick auf das Wesentliche, sie verstopfen den Durchlauf, sie sind im Weg.

Führen Sie daher, anstelle eines Push-Prinzips, ein Pull-Prinzip ein. Aufgaben werden nicht von A nach B übergeben beziehungsweise hinübergeschoben, sondern B fragt bei A nach, sobald er freie Kapazitäten für neue Aufgaben oder neue Anforderungen hat.

Warum aber ist das Pull-Prinzip effizienter als das Push-Prinzip? Sie mögen einwenden, dass nun die Aufgabe bei A herumliegt, bis sie von B abgeholt wird. Was ist also gewonnen?

Darauf gibt es eine einleuchtende Antwort, wenn man sich klar macht, für wen man arbeitet: Am Ende der Prozesskette steht ein Kunde, der auf eine Leistung oder ein Produkt wartet. Das kann ein klassischer externer Kunde sein, aber auch ein interner Kunde wie die Nachbarabteilung.

Der Kunde gibt den Takt vor. Es sollte also genauso viel produziert oder genauso schnell gearbeitet werden, wie es der Kundentakt vorgibt. Geht man die ganze Kette vom Ende, also vom Kunden, nach vorne durch, entsteht das beschriebene Pull-Prinzip. Wird mehr produziert, als der Kunde abnehmen kann, ist das Überproduktion und damit eine Verschwendung von wertvollen Ressourcen.

Übrigens: Ständige Rückfragen sind ein deutliches Zeichen von mangelhaften Prozessen und schlecht geschulten Mitarbeitern.

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In einem sind sich Mitarbeiter und Chefs einig: Alle lieben schlanke, effiziente Prozesse. Kein Wartezeiten, keine ständigen Abstimmungsschleifen – und kein Stress, wenn man durch die Ineffizienz am Ende mal wieder mächtig unter Zeitdruck gerät. Stattdessen: Schritt für Schritt abarbeiten und am Ende pünktlich Feierabend machen. Wäre das nicht schön? Wie legt man aber mit der Prozessoptimierung los? Zunächst geht es darum, bestehende Prozesse zu vereinheitlichen und zu dokumentieren. Das ist der erste Schritt hin zu effizienteren Prozessen: Nach einer Studie des amerikanischen Marktforschungsinstituts Gartner steigt allein durch die Dokumentation eines Prozesses seine Effizienz um rund 15 Prozent. Will man wirklich große Effizienzgewinne hinsichtlich Zeit, Qualität und Kosten erreichen, darf man hier aber nicht stehen bleiben. Man muss sich daran machen, die Prozesse systematisch zu verbessern. Für Prozesse gilt dasselbe wie für das richtige Leben: Wer Augen und Ohren offen hält und ein bisschen Achtsamkeit zeigt, kann viel bewirken. Fangen Sie am besten jetzt damit an. Die folgenden konkreten Praxis-Tipps helfen dabei. Wo hakt es in Ihrem Unternehmen? Mit diesem Fragebogen finden Sie Prozesse, die noch nicht rund laufen – exklusiv für impulse-Mitglieder zum Herunterladen: Prozess-Analyse: Hakeligen Prozessen auf die Spur kommen 1. Verantwortlichkeiten klären: Wer arbeitet und wer hält den Kopf hin? Soll ein Prozess effizient funktionieren, ist es zentral, dass jeder weiß, was er zu tun hat und für welchen Bereich er die Verantwortung trägt. Im deutschsprachigen Raum hat sich dafür das sogenannte DEMI-Modell etabliert. D steht für Durchführungsverantwortung: Wer führt die Arbeit tatsächlich aus und trägt dafür die Verantwortung? (z. B. eine Rechnung erstellen oder das Werkzeug warten). E steht für Ergebnisverantwortung: Wer muss am Ende als Führungskraft oder Vorarbeiter das Ergebnis verantworten? (z. B. ein Verkaufsleiter oder ein Polier) M steht für Mitarbeit: Welche Personen sind für die Ausführung der Arbeit notwendig? I steht für Informieren: Welche Person muss einen Bericht über den Prozess bekommen? (z. B. zusammengefasste Deckungsbeiträge der Projekte der letzten drei Monate an die Geschäftsführung). Besonders wichtig für die Arbeit an Prozessen ist die Klärung der ersten beiden Buchstaben D und E. Oder, pointierter gesagt, die Antwort auf die Fragen: Wer macht die Arbeit und wer hält dafür den Kopf hin? 2. Schnittstellen eliminieren: Der Kampf gegen die Aufgaben-Häufchen Ein unterschätzter Zeitfresser sind Schnittstellen, also wenn Aufgaben von einem Mitarbeiter zum nächsten wechseln. Der Grund hierfür ist schnell gefunden. In deutschen Unternehmen gilt fast immer das sogenannte Push-Prinzip: Ist ein Mitarbeiter A mit einer Aufgabe fertig, übergibt er sie dem Mitarbeiter B. Der ist in der Regel noch mit anderen Aufgaben beschäftigt. Deshalb wird die übergebene Aufgabe auf dem Schreibtisch, in einem Regal oder im E-Mail-Eingang „gelagert“. Es bilden sich Aufgaben-Häufchen und damit steigt die Liegezeit der Aufgabe. Zusätzlich zur Liegezeit steigt auch die Suchzeit, weil nach einer Zeit die Frage aufkommt, wie denn der Bearbeitungsstand der übergebenen Aufgabe ist. Mitarbeiter B sucht in seinem Aufgaben-Häufchen nach der Aufgabe. Diese Suchzeit wird der Kunde sicher nicht bezahlen wollen und gilt damit als typische Verschwendung. Werden Aufgaben dagegen so strukturiert, dass sie möglichst von einem Mitarbeiter A durchgängig bearbeitet werden können, fallen die Aufgaben-Häufchen und die Sucherei beim Mitarbeiter B weg. Das moderne Wort dafür ist Workflow-Design, aber im Kern geht es nur um die Eliminierung von Liege- und Suchzeiten. Wie eliminiert man Schnittstellen? Hinterfragen Sie anhand Ihres dokumentierten Prozesses, ob man Aufgaben tauschen kann. Mitarbeiter B übergibt eine Tätigkeit an Mitarbeiter A, der im Gegenzug eine andere Aufgabe Mitarbeiter B überlässt. Beide können damit durchgängiger arbeiten und werden erheblich produktiver. Schnittstellen sind fast immer historisch gewachsen, weil im Zuge von Kapazitätserweiterungen (neue Mitarbeiter) nie die Prozesse überdacht wurden. Natürlich kann man sich fragen, ob es effizient ist, wenn einer alles macht, von Anfang bis Ende. Schließlich hat man für die verschiedenen Arbeitsschritte oft Spezialisten. Diese Ansicht, die auf den sogenannten Taylorismus zurückgeht, ist heute aber weitgehend überholt. Einzelne, sich oft wiederholende Aufgaben und sehr hohe Zerlegung der Abläufe in Einzelschritte sind nicht so effizient, wie sie scheinen. Sie demotivieren Mitarbeiter enorm. Natürlich ist man auch nicht zu einer vollständigen Einer-kann-alles-Arbeitsweise zurückgekehrt, dafür ist die heutige Arbeitswelt viel zu anspruchsvoll und zu unübersichtlich. Aber man kann doch Wege finden, damit ein Mitarbeiter größere Schritte, teilweise die Erstellung ganzer Baugruppen oder umfassenderer Verwaltungstätigkeit (vom Angebot bis zur Nachkalkulation) möglichst unterbrechungsfrei bearbeitet. Damit vermeidet man nicht nur die berüchtigten Liegezeiten, sondern auch die Transportzeiten (Zeiten, in denen das Zwischenergebnis von einem Mitarbeiter zu einem anderen gebracht wird, z. B. in einer Werkstatt). Je weniger Unterbrechungen es in einem Ablauf durch Schnittstellen oder fragende Kollegen gibt, desto eher stellt sich ein sogenannter Fluss ein, bei dem ein Mitarbeiter in angenehmer Angestrengtheit seine Aufgaben verrichtet. Er hat nun die Ruhe, die er braucht, um eine Aufgabe fertig zu machen. Dauernde Unterbrechungen fressen enorm viel Zeit. Nach einer Unterbrechung widmet sich ein durchschnittlicher Mitarbeiter erst zwei anderen Aufgaben, bevor er nach etwa 25 Minuten zu seiner ursprünglichen Aufgabe zurückkehrt. Überlegen Sie, was Ihre Mitarbeiter brauchen, um ungestört arbeiten zu können. Rückzugsräume wie ein Arbeitsplatz ohne Telefon oder eine „Frage-Stunde“, in der Kollegen mit ihren Anliegen die eigentliche Arbeit des Mitarbeiters unterbrechen dürfen, sind beispielsweise praxiserprobte Konzepte. 3. IT-Systeme und Ressourcen: Den täglichen Wahnsinn bekämpfen Für fast jeden Prozess in einem modernen Unternehmen werden IT-Systeme und Ressourcen benötigt, die die Prozesse unterstützen. IT-Systeme sind typischerweise ein Abrechnungssystem oder ein E-Mail-System und eine Kundenkartei oder ein Telefon. Erst wenn man sich Aktivität für Aktivität vergegenwärtigt, wird der tägliche Wahnsinn sichtbar. Wo verlassen Sie zum Beispiel das eine Programm und starten mit einem anderen? Nutzen Sie dieses dann, um wieder Daten hineinzukopieren, die Sie schon im ersten Programm abgespeichert haben? Wer Prozesse optimieren will, kommt nicht um die Optimierung der IT-Systeme umhin: Analysieren Sie daher systematisch, wie man IT-Systeme integrieren und damit Mehrfacharbeit vermeiden kann. Ein typisches Beispiel sind CRM-Systeme, also die Kundenmanagement-Software, die der Vertrieb nutzt, und Abrechnungssysteme, die in der Verwaltung im Einsatz sind. Häufig kommt es vor, dass die Kundendaten in beiden Systemen manuell angelegt werden müssen und nicht über eine Schnittstelle miteinander verbunden sind. 4. Risiken offenlegen: Sich den Ängsten stellen Risiken sind immer ganz hässliche Dinge, die keiner hören will. Aber wenn Sie Ihre Risiken in den Prozessen notieren, können Sie sie viel leichter vermeiden oder in ihrer Auswirkung zumindest reduzieren. Dazu fragen Sie sich bei jedem Prozessschritt ganz banal: Was kann gewaltig schiefgehen? Mit dem sprachlichen Zusatz „gewaltig“ konzentriert man sich schon automatisch auf die wesentlichen Risiken und nicht auf alle theoretisch denkbaren Unwägbarkeiten. Fragt man einen erfahrenen Monteur oder einen altgedienten Vertriebler, können diese in der Regel sehr gut einschätzen und erläutern, wo die echten Probleme liegen. Listen Sie alle gefundenen Risiken auf. So erhalten Sie ein sogenanntes Risikoinventar, mit dem Sie angemessen umgehen sollten. Umgehen bedeutet hierbei: das Risiko bewusst zu akzeptieren (Beispiel: Meteorit fällt auf die Lagerhalle). Vorsorge zu treffen, dass das Risiko nicht eintritt (Beispiel: Vier-Augen-Prinzip gegen Betrug). die Auswirkungen zu vermindern für den Fall, dass das Risiko eintritt (Beispiel: eine Versicherung). 5. Durchlauf- und Bearbeitungszeiten: Ziehen statt drücken Durchlauf- und Bearbeitungszeiten sind bestens dafür geeignet, Ineffizienzen in Prozessen aufzuzeigen. Wenn Sie den Prozessablauf erheben, dann fragen Sie ganz beiläufig: Wie lange brauchen Sie oder Ihre Mitarbeiter für einen bestimmten Arbeitsschritt? Arbeitsschritte sind zum Beispiel: eine Rechnung erstellen oder ein Angebot schreiben. Üblicherweise werden Bearbeitungszeiten zwischen wenigen Minuten und etwa vier Stunden für eine einzelne Tätigkeit genannt. Dann versuchen Sie, komplette Durchlaufzeiten zu ermitteln. Notieren Sie beispielsweise den Zeitpunkt, zu dem die Anfrage des Kunden per E-Mail eintrudelte, und den Zeitpunkt, bis der Kunde sein fertiges Angebot erhalten hat. Das kann mitunter Wochen dauern. Vergleichen Sie die Summe der Bearbeitungszeiten mit der tatsächlichen Durchlaufzeit. Beträgt die Bearbeitungszeit zum Beispiel vier Stunden, die Durchlaufzeit aber fünf Tage, dann ist der Prozess hochgradig ineffizient, weil Aufgaben viereinhalb Werktage auf irgendeinem Schreibtisch oder in irgendeinem Postfach herumliegen. Diese Liegezeit ist pure Verschwendung. Sachen oder Aufgaben zu lagern, braucht Lager- oder Speicherplatz, gegebenenfalls muss man sie umsortieren. Sie behindern den Blick auf das Wesentliche, sie verstopfen den Durchlauf, sie sind im Weg. Führen Sie daher, anstelle eines Push-Prinzips, ein Pull-Prinzip ein. Aufgaben werden nicht von A nach B übergeben beziehungsweise hinübergeschoben, sondern B fragt bei A nach, sobald er freie Kapazitäten für neue Aufgaben oder neue Anforderungen hat. Warum aber ist das Pull-Prinzip effizienter als das Push-Prinzip? Sie mögen einwenden, dass nun die Aufgabe bei A herumliegt, bis sie von B abgeholt wird. Was ist also gewonnen? Darauf gibt es eine einleuchtende Antwort, wenn man sich klar macht, für wen man arbeitet: Am Ende der Prozesskette steht ein Kunde, der auf eine Leistung oder ein Produkt wartet. Das kann ein klassischer externer Kunde sein, aber auch ein interner Kunde wie die Nachbarabteilung. Der Kunde gibt den Takt vor. Es sollte also genauso viel produziert oder genauso schnell gearbeitet werden, wie es der Kundentakt vorgibt. Geht man die ganze Kette vom Ende, also vom Kunden, nach vorne durch, entsteht das beschriebene Pull-Prinzip. Wird mehr produziert, als der Kunde abnehmen kann, ist das Überproduktion und damit eine Verschwendung von wertvollen Ressourcen. Übrigens: Ständige Rückfragen sind ein deutliches Zeichen von mangelhaften Prozessen und schlecht geschulten Mitarbeitern.
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