Preiserhöhungen abwehren
So reagieren Sie clever auf höhere Preise

Einkäufer verstehen Preiserhöhungen oft als Kampfansage und gehen auf Konfrontation. Sinnvoll? Ein Profi sagt Nein - und erklärt, wie Sie klüger reagieren.

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Auch wenn die Kostenkurve für manche Produkte steil nach oben zeigt – Preiserhöhungen lassen sich nicht immer abwehren.
Auch wenn die Kostenkurve für manche Produkte steil nach oben zeigt – Preiserhöhungen lassen sich nicht immer abwehren.
© Rawpixel / iStock / Getty Images Plus

„Mehr bezahlen? Auf keinen Fall!“ Wenn Lieferanten eine Preiserhöhung ankündigen, ist das für viele Einkäufer ein hingeworfener Fehdehandschuh. Mit viel Aufwand versuchen sie, sie abzuwehren. Einkaufs-Experte Joachim von Lüninck hält davon wenig. „Ums Prinzip sollte es wirtschaftlich denkenden Unternehmen nicht gehen. Sie sollten immer durchrechnen, was es ihnen bringt, sich gegen höhere Preise zu wehren.“

In welcher Verhandlungsposition befinden Sie sich?

Gerade kleinere Unternehmen hätten oft wenig Chancen, sich gegen Preiserhöhungen aufzulehnen, warnt der Betriebswirt: Sie sind für viele Lieferanten nur kleine Fische. „Grundsätzlich gilt, wenn Sie ein großes Unternehmen sind, dann haben Sie eine bessere Verhandlungsposition. Kleine Unternehmen werden es immer schwieriger haben“, sagt der Experte.

Immer erst nach dem Grund für die Preiserhöhung fragen

Wie reagieren kleinere Unternehmen klug auf eine Preiserhöhung? Von Lüninck rät dazu, als Erstes nach dem Grund zu fragen – am besten in einem persönlichen Gespräch. Wenn er nachvollziehbar sei, schlägt er vor, sich folgende Fragen zu stellen:

  • Bringt es etwas, Energie und Zeit zu investieren, um gegen die Preiserhöhung vorzugehen?
  • Was kommt am Ende dabei für mich heraus?

Ein Fall, in dem es sich laut von Lüninck nicht lohne: „Wenn ein Lieferant die Marktbedingungen für seine Preiserhöhung verantwortlich macht.“ Zum Beispiel: Ein Kurierfahrer verlangt mehr, weil die Benzinpreise gestiegen sind, und man ärgert sich jeden Tag selbst über die Preise an der Tankstelle. „In solchen Fällen zu sagen, das kann ich überhaupt nicht nachvollziehen, das ist absurd“, sagt von Lüninck. „Das sollte man einfach – auch im vollen Umfang – so akzeptieren.“

Wann es sich lohnt, Preiserhöhungen abzuwehren

Kommen einem die Gründe hingegen nicht plausibel vor, lohne es sich, sie zu hinterfragen. Zum Beispiel: Ein Steuerberater verlangt mehr, weil seine Berufshaftpflichtversicherung 10 Prozent mehr kostet und neue Steuergesetze seine Arbeit aufwändiger machen. Wer sich in so einem Fall bei der Preisverhandlung nicht vom Gegenüber auskontern lassen will, sollte zwei Dinge tun: Erstens sollte er sich erkundigen, ob Versicherungen für Steuerberater tatsächlich teurer geworden sind. Zweitens sollte er überprüfen, ob es diese neuen komplizierten Gesetze wirklich gibt.

So viel Aufwand sei meist nur sinnvoll, wenn es um ein größeres Auftragsvolumen gehe, sagt von Lüninck: „Wenn es um 10.000 Euro und mehr geht, weil ich von der Dienstleistung oder dem Produkt viel einkaufe, dann beginnt sich der Aufwand zu lohnen.“

Aufwand und Erfolgsaussicht immer gegeneinander abwägen

Viel besser, als auf jede Preiserhöhung sofort und aggressiv zu reagieren, sei es laut von Lüninck, sich zu fragen: Kriege ich dieselbe Leistung oder dasselbe Produkt bei einem anderen Anbieter? Und: Wie sieht die Preisgestaltung bei den Alternativ-Anbietern aus? Um diese Fragen beantworten zu können, muss man den Markt analysieren. Dabei können zwei Probleme auftreten:

Zur Person

Joachim Freiherr von Lüninck ist geschäftsführender Gesellschafter beim Beratungsunternehmen amc Group, das den Einkauf und die Supply Chain von Unternehmen optimiert. Der Diplom-Betriebswirt ist seit 1997 in der Beratung tätig. 

Problem 1: zu großer Aufwand

Die Kosten für die Marktanalyse können die Kosten für die Preiserhöhung übersteigen. Warum also nicht einfach nur so tun, als habe man günstigere Angebote bei Konkurrenten eingeholt? Ja, das könne man versuchen, meint von Lüninck. Er zweifelt aber am Erfolg: Durch gezielte Fragen können Profis die Schummelei schnell durchschauen.

Problem 2: Engpassprodukte

Nach tagelanger Recherche kommt man zum Ergebnis: Die Dienstleistung oder das Produkt gibt es in der Qualität, auf die man angewiesen ist, nur beim jetzigen Lieferanten. Dann war die Mühe umsonst.

Wie aufwändig eine Marktanalyse selbst bei vermeintlich banalen Leistungen wie einem Reinigungsservice sein kann, zeigt folgendes Beispiel:

Firma Mersmann hat die Reinigungsfirma Cleanmax damit beauftragt, die Büroräume einmal pro Woche zu säubern. Nach drei Jahren will Cleanmax den Preis um 3 Prozent erhöhen. Cleanmax argumentiert, dass man keine guten Fachkräfte mehr finde und die Mitarbeiter auf einer Lohnerhöhung bestehen. Um dagegenhalten zu können, müsste Mersmann recherchieren: Wie viel verdienen Reinigungskräfte? Was kosten die Cleanmax-Leistungen bei der Konkurrenz?

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Vergleichsangebote bei Konkurrenten einzuholen, ist aufwändig. Um nicht Äpfel mit Birnen zu vergleichen, müsste Mersmann ein Verzeichnis der exakten Leistungen erstellen, die Cleanmax erbringt. Zum Beispiel: Staubsaugen von X Quadratmetern Bürofläche. Feuchtes Wischen von X Quadratmetern. Reinigung von drei Holzregalen mit spezieller Politur. Und so weiter und so weiter. Dieses Leistungsverzeichnis müsste Mersmann an andere Reinigungsfirmen schicken und deren Angebote vergleichen.

Mit welcher Taktik Sie Preiserhöhungen abwehren können

Auch wenn man sich nach so einer Marktanalyse gut gerüstet fühlt – mit der Aggressivität eines Großkonzern-Einkäufers sollten sich kleine Unternehmen nicht in eine Verhandlung stürzen. Die Reaktion könnte entsprechend aggressiv ausfallen. Der Experte empfiehlt darum, mit Verständnis zu reagieren: „Ich würde sagen: ‚Ich kann Sie verstehen. Aber was können wir gemeinsam tun, damit wir beide aus der Situation gut herauskommen?‘.“ Es geht also darum, Kompromisse zu finden. Wie können die aussehen?

Von Lüninck schlägt beispielsweise Folgendes vor:

  • einen längerfristigen Liefervertrag anbieten. Der Vorteil: Man selbst wehrt einen höheren Preis ab und der Lieferant kann auf lange Sicht besser kalkulieren.
  • höhere Abnahmemengen zusichern. Oft passiere es laut von Lüninck, dass Lieferanten sich von einem Auftrag zu viel erhoffen. Zum Beispiel: Statt 30 Packungen Kopierpapier pro Monat wie ursprünglich angegeben, bestellt ein Architekturbüro bei einem Schreibwarengroßhändler nur 20 Packungen. Jetzt will der Großhändler die Preise um 5 Prozent anheben. Das Architekturbüro könnte ihm anbieten, künftig garantiert 23 Packungen abzunehmen, wenn er dafür den Preis nur um 2 Prozent erhöht.
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"Mehr bezahlen? Auf keinen Fall!" Wenn Lieferanten eine Preiserhöhung ankündigen, ist das für viele Einkäufer ein hingeworfener Fehdehandschuh. Mit viel Aufwand versuchen sie, sie abzuwehren. Einkaufs-Experte Joachim von Lüninck hält davon wenig. "Ums Prinzip sollte es wirtschaftlich denkenden Unternehmen nicht gehen. Sie sollten immer durchrechnen, was es ihnen bringt, sich gegen höhere Preise zu wehren." In welcher Verhandlungsposition befinden Sie sich? Gerade kleinere Unternehmen hätten oft wenig Chancen, sich gegen Preiserhöhungen aufzulehnen, warnt der Betriebswirt: Sie sind für viele Lieferanten nur kleine Fische. "Grundsätzlich gilt, wenn Sie ein großes Unternehmen sind, dann haben Sie eine bessere Verhandlungsposition. Kleine Unternehmen werden es immer schwieriger haben", sagt der Experte. Immer erst nach dem Grund für die Preiserhöhung fragen Wie reagieren kleinere Unternehmen klug auf eine Preiserhöhung? Von Lüninck rät dazu, als Erstes nach dem Grund zu fragen – am besten in einem persönlichen Gespräch. Wenn er nachvollziehbar sei, schlägt er vor, sich folgende Fragen zu stellen: Bringt es etwas, Energie und Zeit zu investieren, um gegen die Preiserhöhung vorzugehen? Was kommt am Ende dabei für mich heraus? Ein Fall, in dem es sich laut von Lüninck nicht lohne: "Wenn ein Lieferant die Marktbedingungen für seine Preiserhöhung verantwortlich macht." Zum Beispiel: Ein Kurierfahrer verlangt mehr, weil die Benzinpreise gestiegen sind, und man ärgert sich jeden Tag selbst über die Preise an der Tankstelle. "In solchen Fällen zu sagen, das kann ich überhaupt nicht nachvollziehen, das ist absurd", sagt von Lüninck. "Das sollte man einfach – auch im vollen Umfang – so akzeptieren." Wann es sich lohnt, Preiserhöhungen abzuwehren Kommen einem die Gründe hingegen nicht plausibel vor, lohne es sich, sie zu hinterfragen. Zum Beispiel: Ein Steuerberater verlangt mehr, weil seine Berufshaftpflichtversicherung 10 Prozent mehr kostet und neue Steuergesetze seine Arbeit aufwändiger machen. Wer sich in so einem Fall bei der Preisverhandlung nicht vom Gegenüber auskontern lassen will, sollte zwei Dinge tun: Erstens sollte er sich erkundigen, ob Versicherungen für Steuerberater tatsächlich teurer geworden sind. Zweitens sollte er überprüfen, ob es diese neuen komplizierten Gesetze wirklich gibt. So viel Aufwand sei meist nur sinnvoll, wenn es um ein größeres Auftragsvolumen gehe, sagt von Lüninck: "Wenn es um 10.000 Euro und mehr geht, weil ich von der Dienstleistung oder dem Produkt viel einkaufe, dann beginnt sich der Aufwand zu lohnen." Aufwand und Erfolgsaussicht immer gegeneinander abwägen Viel besser, als auf jede Preiserhöhung sofort und aggressiv zu reagieren, sei es laut von Lüninck, sich zu fragen: Kriege ich dieselbe Leistung oder dasselbe Produkt bei einem anderen Anbieter? Und: Wie sieht die Preisgestaltung bei den Alternativ-Anbietern aus? Um diese Fragen beantworten zu können, muss man den Markt analysieren. Dabei können zwei Probleme auftreten: Problem 1: zu großer Aufwand Die Kosten für die Marktanalyse können die Kosten für die Preiserhöhung übersteigen. Warum also nicht einfach nur so tun, als habe man günstigere Angebote bei Konkurrenten eingeholt? Ja, das könne man versuchen, meint von Lüninck. Er zweifelt aber am Erfolg: Durch gezielte Fragen können Profis die Schummelei schnell durchschauen. Problem 2: Engpassprodukte Nach tagelanger Recherche kommt man zum Ergebnis: Die Dienstleistung oder das Produkt gibt es in der Qualität, auf die man angewiesen ist, nur beim jetzigen Lieferanten. Dann war die Mühe umsonst. Wie aufwändig eine Marktanalyse selbst bei vermeintlich banalen Leistungen wie einem Reinigungsservice sein kann, zeigt folgendes Beispiel: Firma Mersmann hat die Reinigungsfirma Cleanmax damit beauftragt, die Büroräume einmal pro Woche zu säubern. Nach drei Jahren will Cleanmax den Preis um 3 Prozent erhöhen. Cleanmax argumentiert, dass man keine guten Fachkräfte mehr finde und die Mitarbeiter auf einer Lohnerhöhung bestehen. Um dagegenhalten zu können, müsste Mersmann recherchieren: Wie viel verdienen Reinigungskräfte? Was kosten die Cleanmax-Leistungen bei der Konkurrenz? Vergleichsangebote bei Konkurrenten einzuholen, ist aufwändig. Um nicht Äpfel mit Birnen zu vergleichen, müsste Mersmann ein Verzeichnis der exakten Leistungen erstellen, die Cleanmax erbringt. Zum Beispiel: Staubsaugen von X Quadratmetern Bürofläche. Feuchtes Wischen von X Quadratmetern. Reinigung von drei Holzregalen mit spezieller Politur. Und so weiter und so weiter. Dieses Leistungsverzeichnis müsste Mersmann an andere Reinigungsfirmen schicken und deren Angebote vergleichen. Mit welcher Taktik Sie Preiserhöhungen abwehren können Auch wenn man sich nach so einer Marktanalyse gut gerüstet fühlt - mit der Aggressivität eines Großkonzern-Einkäufers sollten sich kleine Unternehmen nicht in eine Verhandlung stürzen. Die Reaktion könnte entsprechend aggressiv ausfallen. Der Experte empfiehlt darum, mit Verständnis zu reagieren: "Ich würde sagen: 'Ich kann Sie verstehen. Aber was können wir gemeinsam tun, damit wir beide aus der Situation gut herauskommen?'." Es geht also darum, Kompromisse zu finden. Wie können die aussehen? Von Lüninck schlägt beispielsweise Folgendes vor: einen längerfristigen Liefervertrag anbieten. Der Vorteil: Man selbst wehrt einen höheren Preis ab und der Lieferant kann auf lange Sicht besser kalkulieren. höhere Abnahmemengen zusichern. Oft passiere es laut von Lüninck, dass Lieferanten sich von einem Auftrag zu viel erhoffen. Zum Beispiel: Statt 30 Packungen Kopierpapier pro Monat wie ursprünglich angegeben, bestellt ein Architekturbüro bei einem Schreibwarengroßhändler nur 20 Packungen. Jetzt will der Großhändler die Preise um 5 Prozent anheben. Das Architekturbüro könnte ihm anbieten, künftig garantiert 23 Packungen abzunehmen, wenn er dafür den Preis nur um 2 Prozent erhöht.
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