Probleme erkennen
Versteckte Probleme aufspüren – mit 5 Methoden von Toyota

Probleme erkennen und lösen, bevor sie schlimme Folgen haben – diese Kunst hat man beim japanischen Autobauer Toyota jahrzehntelang perfektioniert. Mit diesen Methoden gelingt es auch Ihnen.

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Wo geht's denn hier zum Problem? Mit Methoden des Autobauers Toyota wird es leichter, Probleme zu erkennen.
© Marie Maerz / photocase.de

Die 50er-Jahre waren eine harte Zeit für Toyota: Nach dem zweiten Weltkrieg war Japan politisch und wirtschaftlich isoliert, beim Autobauer wurden Rohstoffe knapp. Aus dieser Notlage heraus entstand das Toyota-Produktionssystem (TPS): Um hohe Effizienz und gleichzeitig hohe Qualität zu gewährleisten, standardisierte man Prozesse, eliminierte Fehler konsequent, produzierte „just in time“ und hielt Mitarbeiterinnen  und Mitarbeiter zum eigenverantwortlichen Denken und Handeln an. Der Erfolg des TPS ist heute legendär; seine Methoden bilden die Basis für das, was heute unter den Schlagwörtern „Lean Management“ oder „Lean Manufacturing“ bekannt ist.

Ein wichtiger Eckpfeiler des Toyota-Produktionssystems ist der kontinuierliche Verbesserungsprozess: Produkte, Prozesse und Service werden durch kleine und große Verbesserungsvorschläge immer weiter optimiert. Die Voraussetzung dafür ist ein wacher Blick auf die alltäglichen Probleme, die es in jedem Unternehmen gibt.

Doch wie spürt man Probleme im Unternehmen auf – und zwar möglichst bevor sie schlimme Folgen haben? In dem Buch „Toyotas Geheimrezepte für die Problemlösung“ zeigen ehemalige Toyota-Führungskräfte, auf welche Methoden man beim Autobauer setzt.

Methode 1: Dem Durcheinander folgen

„Da, wo es nicht sauber und ordentlich ist, nisten Probleme“, sagt Trainer Eiji Yamaguchi. Ähnlich problematisch wie vergammelte Lebensmittel im Kühlschrank findet der TPS-Experte Akten, die sich auf dem Schreibtisch türmen: „Aktenstapel sind gestapelte Probleme.“

Sie zeugen von einem Bearbeitungsstau, also von schlechten Prozessen. Darüber hinaus sieht Yamaguchi unkalkulierbare Gefahren, wenn Unterlagen nachlässig behandelt werden: „Wenn eine Konstruktionszeichnung verschmutzt ist, dann kann es ja auch vorkommen, dass man eine 8 mit einer 3 verwechselt und dass sich daraus riesige Probleme ergeben.“

Die Lösung für das Problem ist die 5-S-Methode – ein bei Toyota entwickeltes Ordnungssystem für Arbeitsplätze. Digitalem Chaos kann man zudem mit dem Sieben-Ordner-System zu Leibe rücken.

Mehr dazu hier: Ordnerstruktur: Schluss mit dem digitalen Ordner-Chaos im Unternehmen

Methode 2: Der Hektik folgen

„Da, wo es hektische Menschen gibt, verbergen sich meistens auch Probleme“, postulieren die TPS-Experten. Wer sein Handwerk beherrsche, arbeite ruhig, bedächtig und zielgerichtet – er müsse weder hetzen noch andere scheuchen.

Ein Tipp der Autoren: „Achten Sie auf Menschen, die im Schnellschritt durch die Gänge gehen oder Überstunden machen, und fragen Sie sich, woher das wohl kommt. Dahinter sind immer Probleme verborgen.“ Ein Mitarbeiter, der ständig am Telefon hänge, könne beispielsweise ein Indiz dafür sein, dass die Informationswege im Unternehmen nicht optimal funktionieren.

Das Buch
Buchcover 'Toyotas Geheimrezepte
„Toyotas Geheimrezepte für die Problemlösung“ von OJT Solutions ist im Deutschen Management Verlag erschienen (224 Seiten, 44,99 Euro).

Methode 3: Der Abweichung folgen

Verfehlte Umsatzziele, defekte Produktionsanlagen, Kundenreklamationen: Alles, was für Ärger und Unruhe im Unternehmen sorgt, ist gleichzeitig ein Hinweis auf ein ungelöstes Problem. „Wenn das Arbeitsergebnis nicht zufriedenstellend ist oder nicht wie erwartet ausfällt, dann ist der Prozess problembehaftet“, schreiben die Autoren.

Ihr Lösungsvorschlag: die Ergebnisse aller vorangehenden Prozessschritte einzeln durchgehen – „bis zu dem Punkt, an dem die Abweichung sichtbar wird“. So könne man das Problem eingrenzen.

In eigener Sache
Machen ist wie wollen, nur krasser
Machen ist wie wollen, nur krasser
Die impulse-Mitgliedschaft - Rückenwind für Unternehmerinnen und Unternehmer

Methode 4: Von außen auf die Arbeit blicken

„Wenn man sich an eine Alltagstätigkeit gewöhnt hat, dann wird das, was man täglich tut, zur Selbstverständlichkeit, weshalb man die verbesserungsfähigen und -würdigen Dinge nicht mehr bemerkt“, schreiben die Autoren.

Neue Angestellte oder Teammitglieder aus anderen Abteilungen hätten oft einen klareren Blick für Probleme. Fragen wie: „Warum wird das hier so umständlich gemacht?“ oder: „Was hat diese Tätigkeit überhaupt für einen Sinn?“ solle man daher unbedingt ernst nehmen.

Trainer Yoshiaki Katô hat außerdem einen ungewöhnlichen Tipp, um unklare Prozesse und unnötige Aufwände aufzuspüren: Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sollten sich selbst bei der Arbeit filmen und die Aufnahmen im Team auswerten.

Katô berichtet, wie er mit dieser Methode die Effizienz von Pflegekräften in einem Krankenhaus steigern konnte: „Die Anzahl der am Tag durchgeführten Laboruntersuchungen konnte um 10 Prozent gesteigert werden, bei einer gleichzeitigen Reduzierung der Überstunden um 50 Prozent.“

Methode 5: Durch die Kundenbrille schauen

Beschweren sich Kunden über Produkte, Dienstleistungen oder den Service, sollten in der Firma die Alarmglocken schrillen. „Wenn man sich bei Reklamationen nur darauf konzentriert, den Kunden zu beschwichtigen, dann wird der Reklamationsfall garantiert immer wieder auftreten“, warnen die Autoren. „Man muss sich mit den Beschwerden inhaltlich auseinandersetzen, um die Probleme erkennen und priorisieren zu können.“

Wer Reklamationen von Vornherein verhindern wolle, solle mit der Kundenbrille auf sein eigenes Unternehmen schauen. Dazu solle man sich an eigene negative Erlebnisse als Konsument erinnern, empfehlen die Autoren. „Wann hat man sich über eine Dienstleistung geärgert, war man enttäuscht, oder war ein Produkt unhandlich und unpraktisch? Ein Nachdenken darüber, ob man vielleicht selbst die eigenen Kunden in eine ähnliche Situation bringt, kann zu einem Erkenntnisgewinn führen.“ Servicestandards helfen schließlich, einen zufriedenstellenden Service zu gewährleisten.

Mehr dazu hier: Servicestandards: Mit diesen goldenen Regeln wird Ihr Kundenservice top

Problem erkannt – wie geht es weiter?

Um Problemlösungen, Entscheidungsgrundlagen und Strategien übersichtlich auf einem Blatt Papier darzustellen, setzt man bei Toyota gern auf den A3-Report. Wie dieses Werkzeug funktioniert, beschreibt die Unternehmensberaterin Daniela Kudernatsch in ihrem Gastbeitrag „A3-Report: Mit dieser Methode lösen Sie Probleme effizient“.

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Doch wie spürt man Probleme im Unternehmen auf – und zwar möglichst bevor sie schlimme Folgen haben? In dem Buch „Toyotas Geheimrezepte für die Problemlösung“ zeigen ehemalige Toyota-Führungskräfte, auf welche Methoden man beim Autobauer setzt. Methode 1: Dem Durcheinander folgen „Da, wo es nicht sauber und ordentlich ist, nisten Probleme“, sagt Trainer Eiji Yamaguchi. Ähnlich problematisch wie vergammelte Lebensmittel im Kühlschrank findet der TPS-Experte Akten, die sich auf dem Schreibtisch türmen: „Aktenstapel sind gestapelte Probleme.“ Sie zeugen von einem Bearbeitungsstau, also von schlechten Prozessen. Darüber hinaus sieht Yamaguchi unkalkulierbare Gefahren, wenn Unterlagen nachlässig behandelt werden: „Wenn eine Konstruktionszeichnung verschmutzt ist, dann kann es ja auch vorkommen, dass man eine 8 mit einer 3 verwechselt und dass sich daraus riesige Probleme ergeben.“ Die Lösung für das Problem ist die 5-S-Methode – ein bei Toyota entwickeltes Ordnungssystem für Arbeitsplätze. Digitalem Chaos kann man zudem mit dem Sieben-Ordner-System zu Leibe rücken. Mehr dazu hier: Ordnerstruktur: Schluss mit dem digitalen Ordner-Chaos im Unternehmen Methode 2: Der Hektik folgen „Da, wo es hektische Menschen gibt, verbergen sich meistens auch Probleme“, postulieren die TPS-Experten. Wer sein Handwerk beherrsche, arbeite ruhig, bedächtig und zielgerichtet – er müsse weder hetzen noch andere scheuchen. Ein Tipp der Autoren: „Achten Sie auf Menschen, die im Schnellschritt durch die Gänge gehen oder Überstunden machen, und fragen Sie sich, woher das wohl kommt. Dahinter sind immer Probleme verborgen.“ Ein Mitarbeiter, der ständig am Telefon hänge, könne beispielsweise ein Indiz dafür sein, dass die Informationswege im Unternehmen nicht optimal funktionieren. [zur-person] Methode 3: Der Abweichung folgen Verfehlte Umsatzziele, defekte Produktionsanlagen, Kundenreklamationen: Alles, was für Ärger und Unruhe im Unternehmen sorgt, ist gleichzeitig ein Hinweis auf ein ungelöstes Problem. „Wenn das Arbeitsergebnis nicht zufriedenstellend ist oder nicht wie erwartet ausfällt, dann ist der Prozess problembehaftet“, schreiben die Autoren. Ihr Lösungsvorschlag: die Ergebnisse aller vorangehenden Prozessschritte einzeln durchgehen – „bis zu dem Punkt, an dem die Abweichung sichtbar wird“. So könne man das Problem eingrenzen. Methode 4: Von außen auf die Arbeit blicken „Wenn man sich an eine Alltagstätigkeit gewöhnt hat, dann wird das, was man täglich tut, zur Selbstverständlichkeit, weshalb man die verbesserungsfähigen und -würdigen Dinge nicht mehr bemerkt“, schreiben die Autoren. Neue Angestellte oder Teammitglieder aus anderen Abteilungen hätten oft einen klareren Blick für Probleme. Fragen wie: „Warum wird das hier so umständlich gemacht?“ oder: „Was hat diese Tätigkeit überhaupt für einen Sinn?“ solle man daher unbedingt ernst nehmen. Trainer Yoshiaki Katô hat außerdem einen ungewöhnlichen Tipp, um unklare Prozesse und unnötige Aufwände aufzuspüren: Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sollten sich selbst bei der Arbeit filmen und die Aufnahmen im Team auswerten. Katô berichtet, wie er mit dieser Methode die Effizienz von Pflegekräften in einem Krankenhaus steigern konnte: „Die Anzahl der am Tag durchgeführten Laboruntersuchungen konnte um 10 Prozent gesteigert werden, bei einer gleichzeitigen Reduzierung der Überstunden um 50 Prozent.“ [mehr-zum-thema] Methode 5: Durch die Kundenbrille schauen Beschweren sich Kunden über Produkte, Dienstleistungen oder den Service, sollten in der Firma die Alarmglocken schrillen. „Wenn man sich bei Reklamationen nur darauf konzentriert, den Kunden zu beschwichtigen, dann wird der Reklamationsfall garantiert immer wieder auftreten“, warnen die Autoren. „Man muss sich mit den Beschwerden inhaltlich auseinandersetzen, um die Probleme erkennen und priorisieren zu können.“ Wer Reklamationen von Vornherein verhindern wolle, solle mit der Kundenbrille auf sein eigenes Unternehmen schauen. Dazu solle man sich an eigene negative Erlebnisse als Konsument erinnern, empfehlen die Autoren. „Wann hat man sich über eine Dienstleistung geärgert, war man enttäuscht, oder war ein Produkt unhandlich und unpraktisch? Ein Nachdenken darüber, ob man vielleicht selbst die eigenen Kunden in eine ähnliche Situation bringt, kann zu einem Erkenntnisgewinn führen.“ Servicestandards helfen schließlich, einen zufriedenstellenden Service zu gewährleisten. Mehr dazu hier: Servicestandards: Mit diesen goldenen Regeln wird Ihr Kundenservice top Problem erkannt – wie geht es weiter? Um Problemlösungen, Entscheidungsgrundlagen und Strategien übersichtlich auf einem Blatt Papier darzustellen, setzt man bei Toyota gern auf den A3-Report. Wie dieses Werkzeug funktioniert, beschreibt die Unternehmensberaterin Daniela Kudernatsch in ihrem Gastbeitrag "A3-Report: Mit dieser Methode lösen Sie Probleme effizient".
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