Retainer-Verträge
Wie ich Kunden langfristig an mich binde

Langfristige Verträge bieten Planungssicherheit. Wie aber schafft man es, seine Kunden mehr an sich zu binden? impulse-Blogger Sven L. Franzen berichtet von seinen Erfahrungen.

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Retainer-Verträge
Kunden langfristig an sich binden - davon träumt jeder Unternehmer.
© kulkann / iStock / Getty Images Plus

Viele unserer Kunden kommen plötzlich und sagen: „Wir brauchen bis morgen …“ In solchen Fällen müssen wir unsere Kapazitäten heftig umplanen und manchmal können wir den Wunsch des Kunden nicht erfüllen. Das ist natürlich ärgerlich – für beide Seiten.

Deshalb habe ich überlegt, wie ich dem Problem Herr werden kann. Ich könnte mehr Kapazitäten aufbauen – aber das mache ich als Unternehmer nur dann, wenn sie sich planbar refinanzieren lassen. Die Alternative sind langfristige Verträge, bei denen die Kunden monatlich ein festes Kontingent an Stunden bei uns buchen. Dieser Weg hat für mich noch einen weiteren Vorteil: regelmäßige Einnahmen.

Wie ich Kunden vom Abo-Modell überzeuge

Mir ist natürlich klar, dass Kunden sich schwertun, einen Vertrag mit regelmäßigen Kosten abzuschließen – vor allem wenn es um Marketing geht, das gerne als „nice to have“ völlig unterschätzt wird.

Ich habe es dennoch geschafft, dass unsere Kunden hier mit uns den Weg gehen. Und zwar so: Ich zeige Kunden, mit denen es bereits eine längere gemeinsame Historie gibt, auf, dass sie im vergangenen Jahr für x Euro Aufträge bei uns platziert haben. Ich sage ihnen, das macht im Monat die Summe x oder in Kapazitäten x Stunden. Wenn ein Kunde beispielsweise 10.000 Euro an uns bezahlt hat, dann biete ich ihm an, dass er den gleichen Leistungsumfang für nur 8000 Euro im Jahr bekommen kann. Da sagt der Kunde natürlich: „Das klingt gut, wie geht das denn?“

Ich erkläre ihm dann: Ganz einfach, Sie schließen mit uns einen Vertrag ab über die Bedarfe, die Sie haben, und wir sorgen dafür, dass Ihnen die Kapazitäten zügig zur Verfügung stehen, dass Sie von uns proaktiv beraten und begleitet werden und hierfür auch noch einen Rabatt erhalten. Das heißt, der Kunde schließt einen längerfristigen Vertrag ab über eine bestimmte Zahl an Kontingent-Stunden, die wir ihm im Monat zur Verfügung stehen. In unserer Branche nennt man das übrigens Retainer-Verträge.

Für diese Kunden ist das Modell interessant

Man muss seine Kunden allerdings zunächst einmal segmentieren: Welche haben einen regelmäßigen Bedarf und welche nur einen projektbezogenen? Letztere haben keinen Nutzen und keinen Bedarf an einem Abo und man sollte ihnen auch keines anbieten. Welche Kunden sind marketingaffin und machen das nicht nur, weil sie es machen müssen? Diese Kunden sind empfänglicher für Abo-Modelle.

Wenn man den Kunden ein solches Angebot unterbreitet, ist der erste Treiber der Rabatt. Geld zieht einfach immer, auch wenn ich das als Positionierung und Motivation nicht gut finde. Der zweite Anreiz kann sein, dass der Kunde immer Zugriff auf die Dienstleistung hat. Das sollte man ihm als Vorteil präsentieren: Du hast immer Zugriff auf uns, mehr Freiheit – eine Flatrate, mit der du dein Marketing und Unternehmen besser weiterentwickeln kannst.

Wir haben das mit einem modularen Leistungssystem verbunden. Wir haben unsere Leistungen in farbige Icon-Pakete gepackt und gesagt, das sind Leistungen im Bereich Kreation, das sind Leistungen im Bereich Beratung. Das hat einen psychologischen Vorteil: Wenn Kunden bisher zum Beispiel nur Beratungsleistungen in Anspruch genommen haben, dann sage ich ihnen, mit der Flatrate können Sie auch auf alle anderen Leistungen zugreifen.  Die Kunden sollen das Gefühl haben: Ich habe völlige Freiheit.

So sorge ich für Planbarkeit

Wir stellen die Kapazitäten wirklich zur Verfügung und sind jederzeit greifbar – allerdings hat der Kunde aber auch eine Abnahmepflicht für das gebuchte Kontingent. Hat ein Kunde aber einen 30-Stunden-Vertrag, kann er auch mal in einem Monat 40 Stunden abrufen und im nächsten nur 20, wir können wir das kulant flexibel verrechnen. Was aber nicht geht: im Januar 300 Stunden abnehmen und dann vier Monate lang gar nichts – da würden Planung und Planbarkeit außer Kontrolle geraten.

Bei der Vertragsgestaltung habe ich mich für eine 24-monatige Laufzeit mit einer langen Kündigungsfrist entschieden. Damit habe ich im Falle einer Kündigung genug Zeit, die Kapazitäten anzupassen – auch wenn mehrere Kunden gleichzeitig kündigen sollten.

Ich habe ausgewählte Kunden angeschrieben und ihnen dieses Angebot gemacht und sie sind total drauf angesprungen. Die ersten vier Kunden haben einen Vertrag mit uns abgeschlossen. Das klingt erst einmal nach nicht viel, aber für mich ist das ein großer Erfolg; denn es sind die Kunden, die den regelmäßigsten Umsatz bringen.

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Ich nutze einen psychologischen Anker

In einem Fachmagazin habe ich gelesen, dass es wichtig sei, solche Verträge kontinuierlich zu verbessern, und daran arbeiten wir gerade. Wir machen uns Gedanken: Was ist, wenn eine Verlängerung ansteht? Wir erinnern den Kunden fairerweise daran, damit er theoretisch kündigen kann, wenn er das will. Davon haben auch wir etwas: Wir haben die Kündigung dann frühzeitig und können damit planen.

Außerdem habe ich mir etwas von meinem Fitnessstudio abgeschaut. Wenn man da den Vertrag nach 24 Monaten nicht kündigt, dann verlängert er sich automatisch um zwei weitere Jahre. Wenn man ihn aber drei Monate, bevor die Kündigungsfrist abläuft, aktiv verlängert, dann zahlt man 10 Euro weniger pro Monat. Diesen psychologischen Anker möchte auch ich nutzen: Der Kunde soll sich ganz bewusst und aktiv für uns entscheiden und bekommt dafür einen Rabatt.

Wir geben außerdem Rabatt für das Zahlen per Lastschrift, weil es uns die Arbeit erleichtert. So kann der Kunde durch aktive Entscheidungen seine Kosten senken.

Vorteile und Nachteile von Retainer-Verträgen

Für mich liegt der Vorteil solcher Verträge darin, dass sie mir regelmäßige Einnahmen sichern, mit denen ich planen kann. Außerdem kann ich damit einen besseren Service bieten. Auch bei der Bank macht sich das gut: Solche Verträge zählen dort als faktisches Einkommen, ich habe damit mehr Sicherheiten zu bieten und bekomme eher einen Kredit für Investitionen.

Natürlich gibt es auch ein paar Nachteile. Solche Verträge sind eine Art Wette: Ich baue Kapazitäten auf – aber was ist, wenn einer der Kunden insolvent geht oder sagt, ich zahle nicht mehr? Dann fliegt mir ein gewisser Teil an Vertragsvolumen um die Ohren. Das Ganze funktioniert nur, solange sich alle fair behandeln. Sonst kann das Modell schnell risikoreich werden.

Wenn man solche Verträge abschließt, verliert man natürlich auch ein Stück weit Freiheit und bindet sich mehr an das Unternehmen. Ich als sehr freiheitsliebender Mensch kann dadurch nicht mehr jeden Tag machen, was ich will; drei Wochen nach Bali zu gehen, das wird damit schwieriger. Und: Man muss jeden Monat liefern – auch wenn man mal schlecht drauf ist und die kreative Ader gerade etwas leidet.

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Viele unserer Kunden kommen plötzlich und sagen: "Wir brauchen bis morgen …" In solchen Fällen müssen wir unsere Kapazitäten heftig umplanen und manchmal können wir den Wunsch des Kunden nicht erfüllen. Das ist natürlich ärgerlich – für beide Seiten. Deshalb habe ich überlegt, wie ich dem Problem Herr werden kann. Ich könnte mehr Kapazitäten aufbauen - aber das mache ich als Unternehmer nur dann, wenn sie sich planbar refinanzieren lassen. Die Alternative sind langfristige Verträge, bei denen die Kunden monatlich ein festes Kontingent an Stunden bei uns buchen. Dieser Weg hat für mich noch einen weiteren Vorteil: regelmäßige Einnahmen. Wie ich Kunden vom Abo-Modell überzeuge Mir ist natürlich klar, dass Kunden sich schwertun, einen Vertrag mit regelmäßigen Kosten abzuschließen – vor allem wenn es um Marketing geht, das gerne als "nice to have" völlig unterschätzt wird. Ich habe es dennoch geschafft, dass unsere Kunden hier mit uns den Weg gehen. Und zwar so: Ich zeige Kunden, mit denen es bereits eine längere gemeinsame Historie gibt, auf, dass sie im vergangenen Jahr für x Euro Aufträge bei uns platziert haben. Ich sage ihnen, das macht im Monat die Summe x oder in Kapazitäten x Stunden. Wenn ein Kunde beispielsweise 10.000 Euro an uns bezahlt hat, dann biete ich ihm an, dass er den gleichen Leistungsumfang für nur 8000 Euro im Jahr bekommen kann. Da sagt der Kunde natürlich: „Das klingt gut, wie geht das denn?“ Ich erkläre ihm dann: Ganz einfach, Sie schließen mit uns einen Vertrag ab über die Bedarfe, die Sie haben, und wir sorgen dafür, dass Ihnen die Kapazitäten zügig zur Verfügung stehen, dass Sie von uns proaktiv beraten und begleitet werden und hierfür auch noch einen Rabatt erhalten. Das heißt, der Kunde schließt einen längerfristigen Vertrag ab über eine bestimmte Zahl an Kontingent-Stunden, die wir ihm im Monat zur Verfügung stehen. In unserer Branche nennt man das übrigens Retainer-Verträge. Für diese Kunden ist das Modell interessant Man muss seine Kunden allerdings zunächst einmal segmentieren: Welche haben einen regelmäßigen Bedarf und welche nur einen projektbezogenen? Letztere haben keinen Nutzen und keinen Bedarf an einem Abo und man sollte ihnen auch keines anbieten. Welche Kunden sind marketingaffin und machen das nicht nur, weil sie es machen müssen? Diese Kunden sind empfänglicher für Abo-Modelle. Wenn man den Kunden ein solches Angebot unterbreitet, ist der erste Treiber der Rabatt. Geld zieht einfach immer, auch wenn ich das als Positionierung und Motivation nicht gut finde. Der zweite Anreiz kann sein, dass der Kunde immer Zugriff auf die Dienstleistung hat. Das sollte man ihm als Vorteil präsentieren: Du hast immer Zugriff auf uns, mehr Freiheit - eine Flatrate, mit der du dein Marketing und Unternehmen besser weiterentwickeln kannst. Wir haben das mit einem modularen Leistungssystem verbunden. Wir haben unsere Leistungen in farbige Icon-Pakete gepackt und gesagt, das sind Leistungen im Bereich Kreation, das sind Leistungen im Bereich Beratung. Das hat einen psychologischen Vorteil: Wenn Kunden bisher zum Beispiel nur Beratungsleistungen in Anspruch genommen haben, dann sage ich ihnen, mit der Flatrate können Sie auch auf alle anderen Leistungen zugreifen.  Die Kunden sollen das Gefühl haben: Ich habe völlige Freiheit. So sorge ich für Planbarkeit Wir stellen die Kapazitäten wirklich zur Verfügung und sind jederzeit greifbar – allerdings hat der Kunde aber auch eine Abnahmepflicht für das gebuchte Kontingent. Hat ein Kunde aber einen 30-Stunden-Vertrag, kann er auch mal in einem Monat 40 Stunden abrufen und im nächsten nur 20, wir können wir das kulant flexibel verrechnen. Was aber nicht geht: im Januar 300 Stunden abnehmen und dann vier Monate lang gar nichts - da würden Planung und Planbarkeit außer Kontrolle geraten. Bei der Vertragsgestaltung habe ich mich für eine 24-monatige Laufzeit mit einer langen Kündigungsfrist entschieden. Damit habe ich im Falle einer Kündigung genug Zeit, die Kapazitäten anzupassen - auch wenn mehrere Kunden gleichzeitig kündigen sollten. Ich habe ausgewählte Kunden angeschrieben und ihnen dieses Angebot gemacht und sie sind total drauf angesprungen. Die ersten vier Kunden haben einen Vertrag mit uns abgeschlossen. Das klingt erst einmal nach nicht viel, aber für mich ist das ein großer Erfolg; denn es sind die Kunden, die den regelmäßigsten Umsatz bringen. Ich nutze einen psychologischen Anker In einem Fachmagazin habe ich gelesen, dass es wichtig sei, solche Verträge kontinuierlich zu verbessern, und daran arbeiten wir gerade. Wir machen uns Gedanken: Was ist, wenn eine Verlängerung ansteht? Wir erinnern den Kunden fairerweise daran, damit er theoretisch kündigen kann, wenn er das will. Davon haben auch wir etwas: Wir haben die Kündigung dann frühzeitig und können damit planen. Außerdem habe ich mir etwas von meinem Fitnessstudio abgeschaut. Wenn man da den Vertrag nach 24 Monaten nicht kündigt, dann verlängert er sich automatisch um zwei weitere Jahre. Wenn man ihn aber drei Monate, bevor die Kündigungsfrist abläuft, aktiv verlängert, dann zahlt man 10 Euro weniger pro Monat. Diesen psychologischen Anker möchte auch ich nutzen: Der Kunde soll sich ganz bewusst und aktiv für uns entscheiden und bekommt dafür einen Rabatt. Wir geben außerdem Rabatt für das Zahlen per Lastschrift, weil es uns die Arbeit erleichtert. So kann der Kunde durch aktive Entscheidungen seine Kosten senken. Vorteile und Nachteile von Retainer-Verträgen Für mich liegt der Vorteil solcher Verträge darin, dass sie mir regelmäßige Einnahmen sichern, mit denen ich planen kann. Außerdem kann ich damit einen besseren Service bieten. Auch bei der Bank macht sich das gut: Solche Verträge zählen dort als faktisches Einkommen, ich habe damit mehr Sicherheiten zu bieten und bekomme eher einen Kredit für Investitionen. Natürlich gibt es auch ein paar Nachteile. Solche Verträge sind eine Art Wette: Ich baue Kapazitäten auf - aber was ist, wenn einer der Kunden insolvent geht oder sagt, ich zahle nicht mehr? Dann fliegt mir ein gewisser Teil an Vertragsvolumen um die Ohren. Das Ganze funktioniert nur, solange sich alle fair behandeln. Sonst kann das Modell schnell risikoreich werden. Wenn man solche Verträge abschließt, verliert man natürlich auch ein Stück weit Freiheit und bindet sich mehr an das Unternehmen. Ich als sehr freiheitsliebender Mensch kann dadurch nicht mehr jeden Tag machen, was ich will; drei Wochen nach Bali zu gehen, das wird damit schwieriger. Und: Man muss jeden Monat liefern - auch wenn man mal schlecht drauf ist und die kreative Ader gerade etwas leidet.
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