Viele Unternehmer und Selbstständige sind so im Tagesgeschäft gefangen, dass sie für den Ernstfall nicht ausreichend vorsorgen. Was passiert, wenn der Chef nichts entscheiden kann, keine Rechnungen bezahlen kann und niemand sonst befugt ist? Anwalt Christian Wentrup spricht im impulse-Interview darüber, wie Unternehmer vorsorgen sollten.
Wie sollten Unternehmer und Selbstständige sich darauf vorbereiten, dass Sie unverhofft ausfallen könnten?
Christian Wentrup: Denkbar sind doch vor allem zwei Szenarien. Erstens: Der Unternehmer fällt vorübergehend aus, weil er zum Beispiel handlungsunfähig im Krankenhaus ist. Zweitens: Er stirbt. Auf beide Fälle sollten Unternehmer genauso vorbereitet sein wie jeder Privatmann: Mit einem gescheiten Testament und einer Vorsorgevollmacht. Hinzu kommen beim Unternehmer häufig ein Ehevertrag und Pflichtteilsverzichte. Bei Unternehmern ist die Besonderheit, dass alles genau aufeinander abgestimmt sein muss. Wenn das Testament zum Beispiel nicht zum Gesellschaftsvertrag passt, kann das schlimme Folgen haben.
Welche?
Wenn zum Beispiel das Testament und der Gesellschaftsvertrag nicht übereinstimmen, dann kann es sein, dass Erben überhaupt nicht Gesellschafter werden, also das Unternehmen gar nicht erben. Eine Vorsorgevollmacht können Unternehmer nach einer guten Vorlage vielleicht noch selbst schreiben. Aber wenn es um die Frage geht, was passiert mit meinem Unternehmen und was muss ich dafür ins Testament schreiben, sollten sie zum Anwalt oder Notar gehen.
Was ist bei Unternehmen noch besonders?
Sie müssen dafür sorgen, dass der Betrieb weiterlaufen kann. Das ist bei jedem Einzelfall anders. Wenn Sie ein großes Unternehmen mit mehreren Geschäftsführern und Prokuristen haben, dann müssen Sie sich um die Vertretung unmittelbar keine Sorgen machen, selbst wenn Sie als tonangebender Unternehmer ausfallen. Wenn Ihr Unternehmen aber auf Sie als Person zugeschnitten ist und Sie auch nach außen allein auftreten, dann müssen Sie dafür Vorsorge treffen. Sie könnten einen Prokuristen bestellen. Oder zumindest in der Vorsorgevollmacht festlegen, dass die Bevollmächtigten Ersatz bestellen können.
Warum ist die Vorsorgevollmacht so wichtig?
Eine Vorsorgevollmacht sollte jeder haben, auch für den privaten Bereich. Bei einem Unternehmer ist sie noch wichtiger. Wenn ein Unternehmer handlungsunfähig wird und noch nicht gestorben ist, es also keine Erben gibt, dann würde sonst ein Betreuer bestellt, der Rechtsangelegenheiten wahrnimmt. Wenn der Unternehmen niemanden festgelegt hat, dann sucht das Gericht einen Betreuer aus. Dabei gibt es dann ein erhebliches Maß an Unsicherheit.
Wenn der Unternehmer stirbt, gilt dann diese Vollmacht weiter?
Eine Vorsorgevollmacht wird normalerweise über den Tod hinaus erteilt, sie bleibt also wirksam. Häufig ist es so, dass derjenige, der das Unternehmen erbt, auch Bevollmächtigter aus der Vorsorgevollmacht ist. So würde man es im Normalfall regeln. Das hat den Vorteil, dass die Vollmacht wirksam bleibt und die Erben keinen Erbschein besorgen müssen. Das dauert nämlich meist eine Zeit lang. Banken verlangen häufig, dass Vollmachten auf ihren eigenen Formularen erteilt werden. Deshalb empfiehlt es sich, parallel zur Vorsorgevollmacht auch die Formulare der Banken auszufüllen, mit den gleichen Bevollmächtigten. Immer absolutes Vertrauen vorausgesetzt.
Und wenn dieses Vertrauen missbraucht wird, während der Unternehmer zum Beispiel handlungsunfähig im Krankenhaus liegt?
Bei reinem Vertrauensmissbrauch können Sie kaum etwas tun. Anders kann es aber sein, wenn während Ihrer Abwesenheit gegen klare Anweisungen von Ihnen verstoßen wurde. Allerdings können Sie auch dann normalerweise die abgeschlossenen Geschäfte nicht rückgängig machen. Sie können aber versuchen, denjenigen, der gegen Ihre Anweisungen gehandelt hat, auf Schadensersatz in Anspruch zu nehmen. Das bringt natürlich häufig ebenfalls nicht viel. Deshalb ist absolutes Vertrauen notwendig.
Wie häufig sollte ich die Vollmachten erneuern?
Ich rate immer, sich die Unterlagen alle fünf bis zehn Jahren anzuschauen und zu entscheiden, ob noch alles aktuell ist. Aber auch bei bestimmten Anlässen. Das Gesetz ändert sich immer mal und auch steuerliche Regelungen. Das betrifft alle Dokumente: Den Gesellschaftsvertrag, das Testament, die Vorsorgevollmacht und gegebenenfalls auch einen Ehevertrag oder Pflichtteilsverzichte.
Welche Dokumente sind neben Testament und Vorsorgevollmacht noch wichtig für den Notfall?
Sicherlich der Gesellschaftsvertrag. Da wäre auch ein Anwalt die erste Anlaufstelle. Im Gesellschaftsvertrag ist normalerweise aber nicht geregelt, wer im Notfall die Geschäftsführeraufgaben übernimmt. Das würde man gesondert in einem Dokument festhalten oder mit den betreffenden Personen besprechen. Das ist sowieso das Wichtigste: Sprechen Sie auf jeden Fall mit den Personen vorher, damit die vorbereitet sind!
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