Arbeitsmoral
„Auch ich habe 20 Prozent Leute, die Gas geben, und 80 Prozent, die da sind“

Unternehmer Martin Limbeck mokiert sich in seinem neuen Buch darüber, dass immer mehr Menschen "Dienst nach Vorschrift" machten. Wie sorgt er in seinem eigenen Team für mehr Anpacker-Mentalität?

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Arbeitsmoral
© Jose Martinez Calderon/ iStockphoto / Getty Images/iStockphoto

impulse: Herr Limbeck, im Blick zurück auf ihr Leben habe ich schon von so einigen älteren Menschen gehört: „Ich wünschte, ich hätte weniger gearbeitet.“ Sie hingegen fordern: Seid endlich mal wieder fleißig. Wie passt das zusammen?

Martin Limbeck: Wenn ich über Fleiß rede, dann geht es mir nicht darum, dass jeder 70 Stunden arbeiten soll. Arbeite meinetwegen 20 Stunden. Aber dann mach bitte in diesen 20 Stunden deinen Job so effektiv und effizient wie möglich.

Sie finden, dass wir uns alle wieder mehr reinhängen sollten. Gleichzeitig leiden immer mehr Menschen unter Stress. Sie fühlen sich überlastet und werden krank.

Ich wehre mich dagegen, dass Arbeit per se krank macht. Im Gegenteil: Wer keine Arbeit hat, hat häufiger psychische Probleme. Wir müssen genauer hinsehen, was krank macht. Wenn ich in einem Job stecke, in dem ich keinen Sinn sehe oder der nicht zu meinen Fähigkeiten passt, dann kann das krank machen. Wenn Menschen viele E-Mails bekommen und ständig von Social Media abgelenkt sind, kann das überfordern, weil sie sich nur noch 15 Sekunden konzentrieren können. Sich anstrengen, sich reinhängen in einem Job, der Spaß macht? Das macht in meinen Augen nicht krank.

Unternehmerinnen und Unternehmer brennen meist für ihre Arbeit. Und dennoch treffe ich regelmäßig Macher-Typen, die sich jahrelang reingekniet und sich für alles verantwortlich gefühlt haben – und die dann auf einmal zusammenbrechen und nicht mehr können. 

Wir brauchen einen Wechsel zwischen Anspannung und Entspannung. Ich persönlich bin jetzt 55 und ein Mensch, der eher überspannt ist, daher muss ich aufpassen. Freitags nehme ich mir zum Beispiel frei. Das heißt nicht, das ich nicht arbeite. Ich lese vielleicht ein Buch, mache mir Gedanken oder ordne meine Telefonliste. Es ist wie immer: Die Dosis macht das Gift.

Die Dosis zu reduzieren, ist gerade für Unternehmerinnen und Unternehmer nicht einfach.

Viele warten zu lange damit, sich eine starke Führungsmannschaft aufzubauen. Sie glauben, alles alleine machen zu müssen. Wenn jemand sieben Tage die Woche arbeitet und unter Anspannung ist, dann ist klar, dass das nicht ewig gutgeht.

Zur Person
Martin Limbeck ist Geschäftsführer der Limbeck Group, einem Anbieter von Beratung und Training. Sein Buch "Dodoland – uns geht's zu gut! Warum wir alle wieder mehr leisten müssen" ist im Ariston Verlag erschienen.

Zurück zu Ihrem Buch: Da geht es darum, dass die Deutschen heute Ihrer Ansicht nach zu wenig arbeiten. Woran machen Sie fest, dass Menschen heute weniger fleißig sind, nur Dienst nach Vorschrift machen?

Das sehe ich ständig: Mitarbeiter, die fünf Minuten vor Arbeitsende den PC runterfahren und die Kaffeetasse wegbringen, damit sie genau pünktlich Feierabend machen können. Laut einer Studie von Gallup identifizieren sich nur 17 Prozent der Angestellten mit ihrem Arbeitgeber, 68 Prozent machen Dienst nach Vorschrift, 15 Prozent haben sogar innerlich gekündigt. Es sind schlicht zu wenige, die wirklich leistungsbereit sind.

Wer ist schuld daran?

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Auf der einen Seite natürlich die Unternehmer, die das zulassen. Niemand fängt als „Dienst nach Vorschrift“-Mitarbeiter an. Die meisten sind am Anfang stark engagiert. Aber auch bei den Führungskräften gibt es eine überzogene Erwartungshaltung – nämlich nach Harmonie. Ich erlebe häufig Führungskräfte, die Menschen lieber durch Lob ruinieren als durch Kritik besser machen. Sie geben Mitarbeitern das Gefühl, eine Topleistung zu bringen, obwohl das nicht der Fall ist.

Woran liegt das?

Die Führungskräfte haben Angst, dass der Mitarbeiter geht, weil wir überall vom Fachkräftemangel hören: davon, dass wir einen Arbeitnehmermarkt haben, keinen Arbeitgebermarkt. Ich finde, wir müssen aufhören, in diesem Mangel zu denken. Wenn jemand Leistung bringt, dann gehört das angesprochen. Doch wenn Fehler gemacht werden oder die Leistung nicht stimmt, dann muss auch das angesprochen werden.

Was können Unternehmen ändern, um „Dienst nach Vorschrift“ zu vermeiden?

Sie können zum Beispiel für eine gute Stimmung sorgen, für eine Leistungskultur. Da, wo Stimmung in der Bude ist, da wird auch mehr Leistung sein. Weil immer da, wo Spaß ist, automatisch mehr geleistet wird. Außerdem muss ein Unternehmen „sales driven“ sein. Ich muss den Leuten beibringen, dass wir nur gute Gehälter zahlen können, wenn wir gute Umsätze machen und für den Kunden da sind. Dass wir kein eingetragener Verein sind. Und wenn ich fünf Stunden am Tag arbeite, dann kann ich nicht 15 Mal zum Kaffeeautomaten gehen. Und wenn ich beim Kaffeeautomaten bin und sehe, dass der Wassertank leer ist, dann fülle ich den auf – ganz selbstverständlich, weil ich meine Kollegen mag. Ich brauche eine gute Teamentwicklung, wo sich jeder für den anderen einsetzt.

Ein Team, in dem alle mitziehen und vollen Einsatz zeigen, wünschen sich wohl fast alle Unternehmerinnen und Unternehmer. Aber wie sorge ich für so eine Leistungskultur?

Es beginnt schon bei der Einstellung. Ich muss Mitarbeitern von Anfang an sagen, was ich erwarte. Und am Ende geht es bei der Arbeit eben um Leistung. Die muss ich als Chef sehen und honorieren. Bei besonderen Leistungen mache ich zum Beispiel auch mal ein persönliches Geschenk. Der Kollegin, die bei uns die Pressearbeit macht, habe ich etwa eine teure Tasche geschenkt, als mein Buch in die Bestsellerliste gekommen ist. Taschen sind ihr großes Hobby. Und jedes Mal, wenn sie die Tasche sieht, dann weiß sie: Die ist von Martin. Das ist für die Motivation zigmal mehr wert als eine Gehaltserhöhung.

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Gleichzeitig schreiben Sie, dass auch in Ihrem Unternehmen nicht alle voll mitziehen.

Ja, es sind immer weniger bereit, eine Extrameile zu gehen. Bei uns wird zum Beispiel mittags frisch gekocht. Früher haben wir das im Team gemacht. Das ging eine Weile gut, irgendwann hat jedoch nur noch ein Kollege gekocht, weil er Spaß daran hatte – essen wollten jedoch alle. Einmal hat meine Haushälterin geholfen und fragte den Azubi: „Kannst du mir helfen?“ Und da sagt der Azubi: „Nee, kann ich nicht. Ich esse ja heute nicht mit.“ Und da sage ich: Was ist denn das für ein Teamgeist?

Ich mache mir nichts vor: Auch ich habe 20 Prozent Leute, die zupacken und Gas geben, und 80 Prozent, die einfach da sind. Die Frage ist, was ich tue, um mehr hinzukriegen. Wir investieren in Weiterbildung und Persönlichkeitsentwicklung. Und wir schauen, was sich das Team wünscht. Bei uns haben zum Beispiel alle Mitarbeiter am Geburtstag frei, denn am Geburtstag arbeitet keiner gerne. Und wir haben mittlerweile einen festangestellten Koch, der jeden Mittag frisches Essen auf den Tisch bringt.

Sie schreiben in Ihrem Buch, die Deutschen müssten raus aus der Hängematte. Machen Sie es Ihren Leuten da nicht auch ganz schön gemütlich?

Sowas musst du heute fürs Employer Branding machen, damit werben wir auch. Gleichzeitig haben wir auch die vier Rs und vier Ls: Respekt, Regeln, Richtung und Rituale. Loyalität, Leistungswille, Leidenschaft, Lernbereitschaft. Ich glaube an das Prinzip der Reziprozität: Wenn ich mich für meine Mitarbeiter einsetze, setzen die sich auch für mich ein.

impulse: Herr Limbeck, im Blick zurück auf ihr Leben habe ich schon von so einigen älteren Menschen gehört: „Ich wünschte, ich hätte weniger gearbeitet.“ Sie hingegen fordern: Seid endlich mal wieder fleißig. Wie passt das zusammen? Martin Limbeck: Wenn ich über Fleiß rede, dann geht es mir nicht darum, dass jeder 70 Stunden arbeiten soll. Arbeite meinetwegen 20 Stunden. Aber dann mach bitte in diesen 20 Stunden deinen Job so effektiv und effizient wie möglich. Sie finden, dass wir uns alle wieder mehr reinhängen sollten. Gleichzeitig leiden immer mehr Menschen unter Stress. Sie fühlen sich überlastet und werden krank. Ich wehre mich dagegen, dass Arbeit per se krank macht. Im Gegenteil: Wer keine Arbeit hat, hat häufiger psychische Probleme. Wir müssen genauer hinsehen, was krank macht. Wenn ich in einem Job stecke, in dem ich keinen Sinn sehe oder der nicht zu meinen Fähigkeiten passt, dann kann das krank machen. Wenn Menschen viele E-Mails bekommen und ständig von Social Media abgelenkt sind, kann das überfordern, weil sie sich nur noch 15 Sekunden konzentrieren können. Sich anstrengen, sich reinhängen in einem Job, der Spaß macht? Das macht in meinen Augen nicht krank. Unternehmerinnen und Unternehmer brennen meist für ihre Arbeit. Und dennoch treffe ich regelmäßig Macher-Typen, die sich jahrelang reingekniet und sich für alles verantwortlich gefühlt haben – und die dann auf einmal zusammenbrechen und nicht mehr können.  Wir brauchen einen Wechsel zwischen Anspannung und Entspannung. Ich persönlich bin jetzt 55 und ein Mensch, der eher überspannt ist, daher muss ich aufpassen. Freitags nehme ich mir zum Beispiel frei. Das heißt nicht, das ich nicht arbeite. Ich lese vielleicht ein Buch, mache mir Gedanken oder ordne meine Telefonliste. Es ist wie immer: Die Dosis macht das Gift. Die Dosis zu reduzieren, ist gerade für Unternehmerinnen und Unternehmer nicht einfach. Viele warten zu lange damit, sich eine starke Führungsmannschaft aufzubauen. Sie glauben, alles alleine machen zu müssen. Wenn jemand sieben Tage die Woche arbeitet und unter Anspannung ist, dann ist klar, dass das nicht ewig gutgeht.[zur-person] Zurück zu Ihrem Buch: Da geht es darum, dass die Deutschen heute Ihrer Ansicht nach zu wenig arbeiten. Woran machen Sie fest, dass Menschen heute weniger fleißig sind, nur Dienst nach Vorschrift machen? Das sehe ich ständig: Mitarbeiter, die fünf Minuten vor Arbeitsende den PC runterfahren und die Kaffeetasse wegbringen, damit sie genau pünktlich Feierabend machen können. Laut einer Studie von Gallup identifizieren sich nur 17 Prozent der Angestellten mit ihrem Arbeitgeber, 68 Prozent machen Dienst nach Vorschrift, 15 Prozent haben sogar innerlich gekündigt. Es sind schlicht zu wenige, die wirklich leistungsbereit sind. Wer ist schuld daran? Auf der einen Seite natürlich die Unternehmer, die das zulassen. Niemand fängt als „Dienst nach Vorschrift“-Mitarbeiter an. Die meisten sind am Anfang stark engagiert. Aber auch bei den Führungskräften gibt es eine überzogene Erwartungshaltung – nämlich nach Harmonie. Ich erlebe häufig Führungskräfte, die Menschen lieber durch Lob ruinieren als durch Kritik besser machen. Sie geben Mitarbeitern das Gefühl, eine Topleistung zu bringen, obwohl das nicht der Fall ist. Woran liegt das? Die Führungskräfte haben Angst, dass der Mitarbeiter geht, weil wir überall vom Fachkräftemangel hören: davon, dass wir einen Arbeitnehmermarkt haben, keinen Arbeitgebermarkt. Ich finde, wir müssen aufhören, in diesem Mangel zu denken. Wenn jemand Leistung bringt, dann gehört das angesprochen. Doch wenn Fehler gemacht werden oder die Leistung nicht stimmt, dann muss auch das angesprochen werden. Was können Unternehmen ändern, um „Dienst nach Vorschrift“ zu vermeiden? Sie können zum Beispiel für eine gute Stimmung sorgen, für eine Leistungskultur. Da, wo Stimmung in der Bude ist, da wird auch mehr Leistung sein. Weil immer da, wo Spaß ist, automatisch mehr geleistet wird. Außerdem muss ein Unternehmen „sales driven“ sein. Ich muss den Leuten beibringen, dass wir nur gute Gehälter zahlen können, wenn wir gute Umsätze machen und für den Kunden da sind. Dass wir kein eingetragener Verein sind. Und wenn ich fünf Stunden am Tag arbeite, dann kann ich nicht 15 Mal zum Kaffeeautomaten gehen. Und wenn ich beim Kaffeeautomaten bin und sehe, dass der Wassertank leer ist, dann fülle ich den auf – ganz selbstverständlich, weil ich meine Kollegen mag. Ich brauche eine gute Teamentwicklung, wo sich jeder für den anderen einsetzt. Ein Team, in dem alle mitziehen und vollen Einsatz zeigen, wünschen sich wohl fast alle Unternehmerinnen und Unternehmer. Aber wie sorge ich für so eine Leistungskultur? Es beginnt schon bei der Einstellung. Ich muss Mitarbeitern von Anfang an sagen, was ich erwarte. Und am Ende geht es bei der Arbeit eben um Leistung. Die muss ich als Chef sehen und honorieren. Bei besonderen Leistungen mache ich zum Beispiel auch mal ein persönliches Geschenk. Der Kollegin, die bei uns die Pressearbeit macht, habe ich etwa eine teure Tasche geschenkt, als mein Buch in die Bestsellerliste gekommen ist. Taschen sind ihr großes Hobby. Und jedes Mal, wenn sie die Tasche sieht, dann weiß sie: Die ist von Martin. Das ist für die Motivation zigmal mehr wert als eine Gehaltserhöhung. Gleichzeitig schreiben Sie, dass auch in Ihrem Unternehmen nicht alle voll mitziehen. Ja, es sind immer weniger bereit, eine Extrameile zu gehen. Bei uns wird zum Beispiel mittags frisch gekocht. Früher haben wir das im Team gemacht. Das ging eine Weile gut, irgendwann hat jedoch nur noch ein Kollege gekocht, weil er Spaß daran hatte – essen wollten jedoch alle. Einmal hat meine Haushälterin geholfen und fragte den Azubi: „Kannst du mir helfen?“ Und da sagt der Azubi: „Nee, kann ich nicht. Ich esse ja heute nicht mit.“ Und da sage ich: Was ist denn das für ein Teamgeist? Ich mache mir nichts vor: Auch ich habe 20 Prozent Leute, die zupacken und Gas geben, und 80 Prozent, die einfach da sind. Die Frage ist, was ich tue, um mehr hinzukriegen. Wir investieren in Weiterbildung und Persönlichkeitsentwicklung. Und wir schauen, was sich das Team wünscht. Bei uns haben zum Beispiel alle Mitarbeiter am Geburtstag frei, denn am Geburtstag arbeitet keiner gerne. Und wir haben mittlerweile einen festangestellten Koch, der jeden Mittag frisches Essen auf den Tisch bringt. Sie schreiben in Ihrem Buch, die Deutschen müssten raus aus der Hängematte. Machen Sie es Ihren Leuten da nicht auch ganz schön gemütlich? Sowas musst du heute fürs Employer Branding machen, damit werben wir auch. Gleichzeitig haben wir auch die vier Rs und vier Ls: Respekt, Regeln, Richtung und Rituale. Loyalität, Leistungswille, Leidenschaft, Lernbereitschaft. Ich glaube an das Prinzip der Reziprozität: Wenn ich mich für meine Mitarbeiter einsetze, setzen die sich auch für mich ein.
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