Helikopter-Chef
Sind Sie ein Helikopter-Chef?

Viele Chefs kreisen wie Helikopter über ihrem Team und wollen alles kontrollieren. Warum das gefährlich ist und wie sie lernen können, Mitarbeitenden mehr zuzutrauen.

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Helikopter-Chef
© palau83 / iStock / Getty Images Plus

Über Helikopter-Eltern wird gern gelästert: Es sind Väter oder Mütter, die ihren Kindern alles Schwierige abnehmen, ihnen nichts zutrauen, jeden Schritt ängstlich kontrollieren und korrigieren. Bei Führungskräften ist häufig ein ähnliches Verhalten zu beobachten. Helikopter-Chefs neigen zu Kontroll-Wahn, haben kein Vertrauen in die Fähigkeiten ihrer Angestellten und entmündigen sie – weil sie glauben zu wissen, was das Beste für sie ist.

Wie kann ich erkennen, ob ich ein Helikopter-Chef bin?

Das Problem: Den wenigsten Chefinnen und Chefs mit Hang zum Helikoptern ist dieses Verhalten bewusst. Sie bemerken ihr eigenes dominantes Auftreten gar nicht. „Solche Selbstanteile liegen häufig im Bereich des Unbewussten“, erklärt die Psychologin und Coachin Andrea Wurst.

„Sie haben das einfach nicht drauf!“ oder „Sie denken nicht mit“: Diese oder ähnliche Annahmen über das Team sind laut Andrea Wurst typisch für dominante Führungskräfte mit ausgeprägtem Kontrollverhalten. „Sie erleben ihre Mitarbeitenden nicht als autonom, kreativ oder einfach nur anders als sie selbst, sondern immer wieder als nur begrenzt fähig und nicht eigenständig denkend“, sagt sie. Dass das etwas mit ihrem eigenen Führungsverhalten zu tun haben könnte, sei nur wenigen bewusst.

Um das eigene Führungsverhalten zu prüfen, könnten Vorgesetzte sich fragen: Wie nehme ich mein Team wahr? Steht der Blick auf die vermeintlich schwachen, inkompetenten anderen im Vordergrund? Oder habe ich mich auch schon einmal gefragt, ob ich womöglich selbst eine Entwicklung meiner Mitarbeitenden verhindere?

Was ist das Problem an Helikopter-Chefs?

Ständiges Kontrollieren und Bevormunden hält Mitarbeitende klein. „Das Potenzial, das in ihnen steckt, wird gar nicht erst aufgebaut. Dadurch entsteht ein enormer Verlust von Möglichkeiten im Unternehmen“, so Andrea Wurst. Bei Mitarbeitenden könne mit der Zeit ein Gefühl von Ohnmacht entstehen, weil sie sich nicht richtig einbringen oder etwas bewegen können. Das führe irgendwann entweder zu offenen oder verdeckten Konflikten, die in Kündigungen, Resignation oder unbewussten Widerständen führen können.

Ein weiteres Problem: „Wenn ich alles vorgebe, werde ich nicht inspiriert oder überrascht von neuen Ideen, die mein Unternehmen prägen könnten“, sagt die Psychologin. Und weil die Mitarbeitenden sich irgendwann gar nicht mehr trauen, Probleme eigenverantwortlich zu lösen, rennen sie mit jeder Kleinigkeit zum Chef. Helikopter-Unternehmer laufen darum schnell Gefahr, sich in Mikromanagement-Aufgaben zu verzetteln. Und dann fehlt ihnen die Zeit für das, was wirklich wichtig wäre: etwa, die Unternehmensstrategie weiterzuentwickeln.

Zur Person
Andrea Wurst ist Psychologin und Psychodynamischer Coach. Am Dynamind Institut in Berlin begleitet sie Führungskräfte und Teams, einer ihrer Schwerpunkte ist Kommunikationsmanagement.

Wie kommen Chefinnen und Chefs aus der Helikopter-Falle heraus?

Das eigene Verhalten wahrnehmen und erforschen

Der erste und laut der Psychologin wichtigste Schritt ist, sich das eigene Verhalten bewusst zu machen. Chefinnen und Chefs können sich fragen:

  • Fallen mir selbst Momente ein, in denen ich einem Mitarbeiter bei der Bearbeitung einer Aufgabe vorschnell meine Herangehensweise aufgedrängt habe, ohne mich für seinen Weg zu interessieren?
  • Wann habe ich eine Mitarbeiterin abgeschnitten, weil ich überzeugt war, dass ich direkt eine Lösung für das Problem parat habe?
  • Ertappe ich mich öfter bei dem Gedanken, dass mein Gegenüber inkompetent ist?

Unternehmerinnen und Unternehmer können auch reflektieren: Halte ich es schwer aus, wenn eine andere Person redet? „Es gibt Menschen, die nur darauf warten, dass die andere Person fertig gesprochen hat, um dann das zu sagen, was sie unbedingt loswerden wollen“, erklärt Andrea Wurst. Wer dazu neige, anderen nicht richtig zuzuhören, könne in sich erforschen:

  • Was löst es in mir aus, während die andere Person spricht?
  • Warum ist es für mich schwer, mich an dieser Stelle zurückzuhalten?

„Da geht es darum, ehrlich mit sich zu sein“, so die Psychologin.

Die Gründe für das Verhalten reflektieren

Sich selbst und sein Verhalten zu verstehen, ist laut Andrea Wurst entscheidend. Führungskräfte sollten versuchen herauszufinden, woher ihr Wunsch nach Kontrolle kommt. Dabei gehe es häufig auch darum, sich mit biografischen Erfahrungen auseinanderzusetzen, etwa in einem Coaching, um mögliche blinde Flecken aufzudecken.

Man könne sich aber auch selbst hinterfragen. Kontrolliere ich und gebe ich jeden einzelnen Arbeitsschritt vor, weil ich die narzisstische Bestätigung suche? Weil ich es für meinen Selbstwert brauche, dass ich derjenige bin, der relevante Prozesse angestoßen hat? Oder löst es in mir Stress und Ängste aus, wenn ich merke, dass ich nicht alles unter Kontrolle habe? Womöglich fühle ich mich als Führungskraft auch manchmal ausgeschlossen – und lebe die Wut darüber mit übertriebener Kontrolle aus?

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„Es ist sehr individuell, warum der oder die einzelne kontrolliert“, so die Psychologin. „Und es ist wichtig, die Beweggründe wirklich zu verstehen – um sich verändern zu können.“

Sich selbst regulieren lernen

Sich in bestimmten Situationen zurückzunehmen, ist laut Andrea Wurst, lernbar. „Es geht darum, seinen Drang nach Kontrolle nicht auszuleben, sondern sich selbst zu regulieren.“  Wichtig sei dabei vor allem unterscheiden zu lernen, wann Kontrolle nötig ist und wann nicht. „Natürlich gibt es Bereiche, in denen es auch wichtig ist, deutlich zu führen und Verantwortung zu übernehmen“, so die Psychologin.

Ein Beispiel: Die Chefin braucht eine Kundenpräsentation und beauftragt ihren Mitarbeiter damit. Der Mitarbeiter beginnt mit der Arbeit und die Chefin bekommt das Gefühl, dass er sich verrennt. Ihr Gedanke: „Ich würde das ja ganz anders machen!“ In einer solchen Situation würde eine klassische Helikopter-Chefin vermutlich sofort dazwischen grätschen und sagen: „So nicht!“ Hat sie ihren Hang zum Kontrollieren schon reflektiert, hadert sie womöglich und denkt: „Ich möchte ihn doch nicht ins offene Messer laufen lassen. Aber ich will ihn auch nicht bevormunden.“ Was also tun?

„Man hat als Führungskraft die Aufgabe, Mitarbeitende zu begleiten“, sagt die Expertin. Wenn die Chefin merkt, dass die Präsentation in die falsche Richtung geht, sollte sie den Mitarbeiter nicht alleine damit lassen. Sie könnte stattdessen fragen: „Ok, du hast das jetzt so und so gemacht, was hast du dir dabei gedacht? Das interessiert mich.“ Wichtig ist, während der Frage den eigenen abwertenden Impuls bewusst zur Seite zu stellen. „Nur so können Sie einen Raum aufmachen, die Beweggründe des Gegenübers verstehen und in den Austausch gehen“, sagt die Coachin.

Üben, anderen zu vertrauen

Fällt es einer Chefin oder einem Chef schwer, den Mitarbeitern das Lösen einer Aufgabe zuzutrauen, ohne jeden Schritt zu verfolgen, hilft laut Andrea Wurst die Devise: Fake it until you make it.

„Es ist inzwischen gut belegt, dass ein Führungsstil, der auf Vertrauen und Ermutigung basiert, bessere Ergebnisse erzielt“, erklärt sie. „Wenn ich das weiß, kann ich mir einfach sagen: ‚Ok, ich vertraue meinem Team vielleicht noch nicht wirklich, aber ich probiere es jetzt mal. Ich halte mich an dieser Stelle zurück.“ Sie rät dazu, sich vorzustellen: „Wie würde es sich anfühlen, wenn ich eine Chefin wäre, die jetzt Vertrauen hat.“ Mache man damit gute Erfahrungen, könne sich so weiteres Vertrauen aufbauen.

Über Helikopter-Eltern wird gern gelästert: Es sind Väter oder Mütter, die ihren Kindern alles Schwierige abnehmen, ihnen nichts zutrauen, jeden Schritt ängstlich kontrollieren und korrigieren. Bei Führungskräften ist häufig ein ähnliches Verhalten zu beobachten. Helikopter-Chefs neigen zu Kontroll-Wahn, haben kein Vertrauen in die Fähigkeiten ihrer Angestellten und entmündigen sie – weil sie glauben zu wissen, was das Beste für sie ist. Wie kann ich erkennen, ob ich ein Helikopter-Chef bin? Das Problem: Den wenigsten Chefinnen und Chefs mit Hang zum Helikoptern ist dieses Verhalten bewusst. Sie bemerken ihr eigenes dominantes Auftreten gar nicht. „Solche Selbstanteile liegen häufig im Bereich des Unbewussten", erklärt die Psychologin und Coachin Andrea Wurst. „Sie haben das einfach nicht drauf!“ oder „Sie denken nicht mit“: Diese oder ähnliche Annahmen über das Team sind laut Andrea Wurst typisch für dominante Führungskräfte mit ausgeprägtem Kontrollverhalten. „Sie erleben ihre Mitarbeitenden nicht als autonom, kreativ oder einfach nur anders als sie selbst, sondern immer wieder als nur begrenzt fähig und nicht eigenständig denkend“, sagt sie. Dass das etwas mit ihrem eigenen Führungsverhalten zu tun haben könnte, sei nur wenigen bewusst. Um das eigene Führungsverhalten zu prüfen, könnten Vorgesetzte sich fragen: Wie nehme ich mein Team wahr? Steht der Blick auf die vermeintlich schwachen, inkompetenten anderen im Vordergrund? Oder habe ich mich auch schon einmal gefragt, ob ich womöglich selbst eine Entwicklung meiner Mitarbeitenden verhindere? [mehr-zum-thema] Was ist das Problem an Helikopter-Chefs? Ständiges Kontrollieren und Bevormunden hält Mitarbeitende klein. „Das Potenzial, das in ihnen steckt, wird gar nicht erst aufgebaut. Dadurch entsteht ein enormer Verlust von Möglichkeiten im Unternehmen“, so Andrea Wurst. Bei Mitarbeitenden könne mit der Zeit ein Gefühl von Ohnmacht entstehen, weil sie sich nicht richtig einbringen oder etwas bewegen können. Das führe irgendwann entweder zu offenen oder verdeckten Konflikten, die in Kündigungen, Resignation oder unbewussten Widerständen führen können. Ein weiteres Problem: „Wenn ich alles vorgebe, werde ich nicht inspiriert oder überrascht von neuen Ideen, die mein Unternehmen prägen könnten“, sagt die Psychologin. Und weil die Mitarbeitenden sich irgendwann gar nicht mehr trauen, Probleme eigenverantwortlich zu lösen, rennen sie mit jeder Kleinigkeit zum Chef. Helikopter-Unternehmer laufen darum schnell Gefahr, sich in Mikromanagement-Aufgaben zu verzetteln. Und dann fehlt ihnen die Zeit für das, was wirklich wichtig wäre: etwa, die Unternehmensstrategie weiterzuentwickeln. [zur-person] Wie kommen Chefinnen und Chefs aus der Helikopter-Falle heraus? Das eigene Verhalten wahrnehmen und erforschen Der erste und laut der Psychologin wichtigste Schritt ist, sich das eigene Verhalten bewusst zu machen. Chefinnen und Chefs können sich fragen: Fallen mir selbst Momente ein, in denen ich einem Mitarbeiter bei der Bearbeitung einer Aufgabe vorschnell meine Herangehensweise aufgedrängt habe, ohne mich für seinen Weg zu interessieren? Wann habe ich eine Mitarbeiterin abgeschnitten, weil ich überzeugt war, dass ich direkt eine Lösung für das Problem parat habe? Ertappe ich mich öfter bei dem Gedanken, dass mein Gegenüber inkompetent ist? Unternehmerinnen und Unternehmer können auch reflektieren: Halte ich es schwer aus, wenn eine andere Person redet? „Es gibt Menschen, die nur darauf warten, dass die andere Person fertig gesprochen hat, um dann das zu sagen, was sie unbedingt loswerden wollen“, erklärt Andrea Wurst. Wer dazu neige, anderen nicht richtig zuzuhören, könne in sich erforschen: Was löst es in mir aus, während die andere Person spricht? Warum ist es für mich schwer, mich an dieser Stelle zurückzuhalten? „Da geht es darum, ehrlich mit sich zu sein“, so die Psychologin. Die Gründe für das Verhalten reflektieren Sich selbst und sein Verhalten zu verstehen, ist laut Andrea Wurst entscheidend. Führungskräfte sollten versuchen herauszufinden, woher ihr Wunsch nach Kontrolle kommt. Dabei gehe es häufig auch darum, sich mit biografischen Erfahrungen auseinanderzusetzen, etwa in einem Coaching, um mögliche blinde Flecken aufzudecken. Man könne sich aber auch selbst hinterfragen. Kontrolliere ich und gebe ich jeden einzelnen Arbeitsschritt vor, weil ich die narzisstische Bestätigung suche? Weil ich es für meinen Selbstwert brauche, dass ich derjenige bin, der relevante Prozesse angestoßen hat? Oder löst es in mir Stress und Ängste aus, wenn ich merke, dass ich nicht alles unter Kontrolle habe? Womöglich fühle ich mich als Führungskraft auch manchmal ausgeschlossen – und lebe die Wut darüber mit übertriebener Kontrolle aus? „Es ist sehr individuell, warum der oder die einzelne kontrolliert“, so die Psychologin. „Und es ist wichtig, die Beweggründe wirklich zu verstehen – um sich verändern zu können.“ Sich selbst regulieren lernen Sich in bestimmten Situationen zurückzunehmen, ist laut Andrea Wurst, lernbar. „Es geht darum, seinen Drang nach Kontrolle nicht auszuleben, sondern sich selbst zu regulieren.“  Wichtig sei dabei vor allem unterscheiden zu lernen, wann Kontrolle nötig ist und wann nicht. „Natürlich gibt es Bereiche, in denen es auch wichtig ist, deutlich zu führen und Verantwortung zu übernehmen“, so die Psychologin. Ein Beispiel: Die Chefin braucht eine Kundenpräsentation und beauftragt ihren Mitarbeiter damit. Der Mitarbeiter beginnt mit der Arbeit und die Chefin bekommt das Gefühl, dass er sich verrennt. Ihr Gedanke: „Ich würde das ja ganz anders machen!“ In einer solchen Situation würde eine klassische Helikopter-Chefin vermutlich sofort dazwischen grätschen und sagen: „So nicht!“ Hat sie ihren Hang zum Kontrollieren schon reflektiert, hadert sie womöglich und denkt: „Ich möchte ihn doch nicht ins offene Messer laufen lassen. Aber ich will ihn auch nicht bevormunden.“ Was also tun? „Man hat als Führungskraft die Aufgabe, Mitarbeitende zu begleiten“, sagt die Expertin. Wenn die Chefin merkt, dass die Präsentation in die falsche Richtung geht, sollte sie den Mitarbeiter nicht alleine damit lassen. Sie könnte stattdessen fragen: „Ok, du hast das jetzt so und so gemacht, was hast du dir dabei gedacht? Das interessiert mich.“ Wichtig ist, während der Frage den eigenen abwertenden Impuls bewusst zur Seite zu stellen. „Nur so können Sie einen Raum aufmachen, die Beweggründe des Gegenübers verstehen und in den Austausch gehen“, sagt die Coachin. Üben, anderen zu vertrauen Fällt es einer Chefin oder einem Chef schwer, den Mitarbeitern das Lösen einer Aufgabe zuzutrauen, ohne jeden Schritt zu verfolgen, hilft laut Andrea Wurst die Devise: Fake it until you make it. „Es ist inzwischen gut belegt, dass ein Führungsstil, der auf Vertrauen und Ermutigung basiert, bessere Ergebnisse erzielt“, erklärt sie. „Wenn ich das weiß, kann ich mir einfach sagen: ‚Ok, ich vertraue meinem Team vielleicht noch nicht wirklich, aber ich probiere es jetzt mal. Ich halte mich an dieser Stelle zurück.“ Sie rät dazu, sich vorzustellen: „Wie würde es sich anfühlen, wenn ich eine Chefin wäre, die jetzt Vertrauen hat.“ Mache man damit gute Erfahrungen, könne sich so weiteres Vertrauen aufbauen.
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