Aufhebungsvertrag
So trennt man sich im Guten

Ein Aufhebungsvertrag ist eine Alternative zur Kündigung von Mitarbeitern, bietet aber auch Fallstricke: Was Sie vor Vertragsabschluss wissen sollten.

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Wenn beide Seiten einen sauberen Schnitt wollen: Ein Aufhebungsvertrag kann für Arbeitgeber und -nehmer eine sinnvolle Alternative zur Kündigung sein.
Wenn beide Seiten einen sauberen Schnitt wollen: Ein Aufhebungsvertrag kann für Arbeitgeber und -nehmer eine sinnvolle Alternative zur Kündigung sein.
© Romolo Tavani / Fotolia.com

Am Arbeitsplatz ist es wie im Leben draußen vor der Bürotür: Trennt man sich, ist das nur selten schön. Noch unschöner wird es allerdings, wenn Arbeitgeber dabei nicht die Form wahren. Die gilt es besonders bei einer sanften Trennung zu beachten – die nicht per Kündigung erfolgt, sondern mit einem Aufhebungsvertrag. Hier gibt es Formalien und Fallstricke, die Unternehmer wie auch Angestellte kennen sollten.

Was ist ein Aufhebungsvertrag?

Wenn man so möchte, ist er das Gegenstück zum Arbeitsvertrag. Auf beides einigen sich Unternehmer und Mitarbeiter einvernehmlich. Im Arbeitsvertrag geht es darum, das Arbeitsverhältnis zu beginnen, im Aufhebungsvertrag schlicht darum, es zu beenden. Für alle Seiten ist die Unterschrift freiwillig.

Warum Aufhebungsverträge?

Der Aufhebungsvertrag gilt als sanfte Alternative zur Kündigung. Oft geht die Initiative vom Mitarbeiter aus, weil der einen neuen Job hat und möglichst rasch aus dem alten raus will. Sogar wenn die Kündigung noch vor Arbeitsantritt erfolgt, kann ein Aufhebungsvertrag eine Alternative für Arbeitgeber und Arbeitnehmer sein.

Mehr zum Thema: Kündigung vor Arbeitsantritt: Wann sie gilt, wann nicht

Manchmal ist es aber auch der Arbeitgeber, der eine Aufhebungsvereinbarung anbietet. Etwa, wenn er einen langwierigen Kündigungsprozess vorm Arbeitsgericht vermeiden will (den er – je nach Lage des Falls – womöglich auch nicht gewinnen würde). Wenn dem Kollegen ein schwerer Fehltritt vorgeworfen wird, kann ein Aufhebungsvertrag die Sache für beide Seiten geräuschlos beilegen. Ein Fachanwalt für Arbeitsrecht kann gut beurteilen, welches die bessere Variante ist.

Was sollten Chefs beachten?

  • Form wahren: Für Aufhebungsverträge gilt die „Schriftform“ nach Paragraf 623 BGB: Das Dokument muss von beiden Seiten unterschrieben sein. „Aufhebungsvertrag“ muss allerdings nicht darüberstehen; es genügt, wenn sich das inhaltlich aus dem Schreiben ergibt. Tauschen Arbeitgeber und Mitarbeiter E-Mails aus, deren Inhalt einem Aufhebungsvertrag gleichkommt, reicht das nicht.
  • Bedenkzeit geben: „Arbeitgeber sollten ihrem Mitarbeiter genügend Bedenkzeit einräumen“, empfiehlt Thomas G.-E. Müller, Fachanwalt für Arbeitsrecht bei Ecovis in München. „Fühlt sich der Arbeitnehmer zu sehr bedrängt, wird er seine Unterschrift vielleicht verweigern.“
  • Nicht drohen: Wer dem Mitarbeiter mit einer Kündigung oder Strafanzeige droht, sollte er nicht unterschreiben, begibt sich auf dünnes Eis: Unzulässiger Druck macht den Aufhebungsvertrag anfechtbar.

Allerdings muss der Mitarbeiter in einem späteren Prozess beweisen, dass er vom Arbeitgeber erpresst wurde und es für die angedrohte Kündigung „keine ernsthaften Gründe“ gab, wie das Landesarbeitsgericht in Mainz 2016 entschied (Az.: 4 Sa 180/15). Das sind hohe Hürden. Hat der Arbeitnehmer keine weiteren Zeugen, dürfte ihm die Beweisführung schwer fallen.

Aber auch Unternehmer verfehlen dann das Ziel, das sie ursprünglich hatten: Trotz Aufhebungsvertrags müssen sie sich einem langen Anfechtungsprozess stellen.

Wer sollte bei dem Gespräch dabei sein?

Natürlich der Arbeitgeber und Arbeitnehmer, zumindest in kleinen Firmen. Um späterem Streit über den Ablauf des Gesprächs vorzubeugen, kann zur Dokumentation ein weiterer Kollege teilnehmen, etwa der Personalreferent oder ein fachlicher Vorgesetzter.

Zeuge für den Mitarbeiter kann dessen Anwalt oder ein Betriebsratsmitglied sein. Jeder Arbeitnehmer hat einen Anspruch darauf, dass bei Gesprächen über „Leistungen sowie die Möglichkeiten seiner beruflichen Entwicklung im Betrieb“ ein Betriebsrat seines Vertrauens dabei ist – dazu zählen auch Verhandlungen über ein Vertragsende.

Wann und worüber muss der Chef den Mitarbeiter aufklären?

Arbeitgeber sind bei den Verhandlungen übrigens in aller Regel nicht verpflichtet, ihre Mitarbeiter auf rechtliche Fallstricke aufmerksam zu machen.

Besondere Ausnahmen gelten nur dann, wenn der Angestellte durch den Vertrag seine betriebliche Altersversorgung gefährdet oder auf einen speziellen Kündigungsschutz verzichtet. Zudem verpflichtet das Sozialgesetzbuch die Unternehmer, ihre Mitarbeiter darüber aufzuklären, sich frühzeitig bei der Arbeitsagentur zu melden. Dafür hat die Agentur für Arbeit offizielle Formulierungshilfen für Aufhebungsverträge veröffentlicht.

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Was muss im Aufhebungsvertrag stehen? 

Datum des Vertragsendes

Chef und Mitarbeiter sind frei, einen beliebigen, in der Zukunft liegenden Tag zum Ende des Arbeitsvertrags zu erklären. Achtung: Versäumen sie es, den Tag genau zu benennen, gilt der Vertrag als sofort aufgelöst.

An diesem Punkt haben Arbeitnehmer deutlich mehr zu verlieren als ihre Arbeitgeber. Vereinbaren sie im Aufhebungsvertrag, dass ihr Arbeitsverhältnis früher endet als bei einer fristgemäßen Kündigung, riskieren sie, dass ihr Anspruch auf Arbeitslosengeld „ruht“ und sie zunächst von der Abfindung leben müssen, bevor sie Geld vom Staat erhalten. Zudem sind sie in dieser Zeit auch nicht krankenversichert. Diese „Ruhezeit“ ist übrigens nicht identisch mit der Sperrzeit beim Arbeitslosengeld – das ist eine andere Sanktion, die obendrein verhängt werden kann.

Deswegen werden gut beratene Mitarbeiter interessiert daran sein, den Job im Aufhebungsvertrag nicht vor Ablauf der normalen Kündigungsfrist aufzulösen.

Die Klausel könnte so formuliert werden:

„Die Parteien sind sich darüber einig, dass das Arbeitsverhältnis einvernehmlich auf Veranlassung des Arbeitgebers zum (Datum) endet, um eine anderenfalls auszusprechende ordentliche betriebsbedingte Kündigung zu vermeiden. Damit ist die ordentliche Kündigungsfrist gewahrt.“

Gründe für Vertragsbeendigung

Eine Sperrzeit droht dem Angestellten, weil er bei einem Aufhebungsvertrag an seinem Jobverlust mitgewirkt hat. Hätte er nicht unterschrieben, wäre er nicht arbeitslos geworden – so zumindest lautet die Theorie der Arbeitsagentur.

Sie verhängt die Sperrzeit oft für 12 Wochen, womöglich aber auch länger. Damit verbunden sind empfindliche Kürzungen beim Arbeitslosengeld. Deswegen versuchen Unternehmer und Arbeitnehmer oft, die Sperre mit entsprechenden Formulierungen zu umgehen. Das ist schwierig, und oft genug geht es schief.

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Von der Sperrzeit sieht die Arbeitsagentur nur dann ab, wenn Arbeitnehmer einen „wichtigen Grund“ hatten, sich von ihrem Arbeitsvertrag zu lösen. Nach den neuesten Verwaltungsanweisungen der Arbeitsagentur ist das beispielsweise dann der Fall, wenn

  • die Kündigung vom Arbeitgeber „mit Bestimmtheit in Aussicht gestellt wurde“,
  • die drohende Kündigung durch den Arbeitgeber auf betrieblichen oder personenbezogenen Gründen (etwa eine lange Krankheit) beruht,
  • die Arbeitgeberkündigung zum selben Zeitpunkt (oder früher) wirksam würde, zu dem auch das Arbeitsverhältnis per Aufhebungsvertrag endet,
  • der Arbeitnehmer nicht unkündbar ist und
  • die Abfindung nicht über 0,5 Monatsgehältern für jedes Beschäftigungsjahr liegt. (Hier finden Sie ein Merkblatt der Arbeitsagentur dazu, wie sich die Abfindung auf den Anspruch auf Arbeitslosengeld auswirkt)

Liegen all diese Voraussetzungen vor, gibt es gute Chancen, dass die Agentur für Arbeit sich milde gibt und von der Sperrzeit absieht. Umgekehrt bedeutet das aber auch: Mit einer üppigen Abfindung über 0,5 Monatsgehältern pro Jahr stehen die Chancen schlecht, der Sperre zu entkommen. Und wer verhaltensbedingt gekündigt wird (etwa wegen ständiger Unpünktlichkeit oder Diebstahls), muss fest mit der Sanktion rechnen.

Arbeitgeber können für dieses Problem die Musterformulierung oben verwenden. Wer alles ganz richtig machen will, kann mit einer weiteren Klausel verdeutlichen, warum ansonsten die betriebsbedingte Kündigung erfolgt wäre:

„Der Arbeitsplatz von (Name) fällt durch notwendige Umstrukturierungsmaßnahmen ersatzlos weg. Es ist leider nicht möglich, vergleichbare freie Arbeitsplätze im Unternehmen anzubieten.“

Abfindung

Eine Klarstellung gleich zu Beginn: Mitarbeiter haben bei einer Kündigung nicht automatisch einen Anspruch auf Abfindung. Das gilt auch für Aufhebungsverträge. Trotzdem ist das natürlich der zentrale Punkt in den Verhandlungen – ohne finanzielle Verlockung lässt sich kein Mitarbeiter auf das Angebot ein, die Firma vorzeitig zu verlassen.

Die Abfindung ist für den Unternehmer wie für den Angestellten heikles Terrain. Der Arbeitgeber möchte möglichst wenig zahlen, der Mitarbeiter will eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld vermeiden. Gebräuchlich ist die Formel, ein halbes Bruttomonatsgehalt pro Beschäftigungsjahr als Abfindung anzubieten. Angebrochene Beschäftigungsjahre werden ab 6 Monate auf volle Jahre aufgerundet.

Je nach Branche kann der Faktor aber höher liegen – etwa in der Chemieindustrie oder bei Banken – oder niedriger: In der Baubranche sind auch Angebote deutlich unter 0,5 Bruttomonatsgehälter pro Jahr üblich. Es gilt: Je besser die Chancen des Unternehmers stehen, anderenfalls mit einer Kündigung durchzukommen, desto niedriger wird sein Angebot liegen.

Freistellung

Angestellte können nicht ohne Weiteres verlangen, mit dem Aufhebungsvertrag freigestellt zu werden. Sie sind theoretisch bis zum Ende des Arbeitsvertrags verpflichtet, jeden Morgen bei der Arbeit zu erscheinen. Allerdings dürfte keine Seite daran ein gesteigertes Interesse haben, wenn man im Streit auseinandergeht. Deshalb ist eine unwiderrufliche Freistellung üblich.

Musterformulierung: „Die Parteien sind sich darüber einig, dass der Arbeitnehmer bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses unter Fortzahlung seiner vertragsgemäßen Bezüge unwiderruflich freigestellt wird.“

Resturlaub

Oft stellen Arbeitgeber die Mitarbeiter unwiderruflich frei, weil dann eine Anrechnung von Resturlaub möglich ist, so dass dieser nicht abgegolten werden muss. In diesem Fall sollte der Klausel oben der folgende Satz hinzugefügt werden:

„Die unwiderrufliche Freistellung erfolgt unter Anrechnung möglicherweise noch bestehender Urlaubs- und Freizeitausgleichsansprüche des Arbeitnehmers.“

Sonderzahlungen, Provisionen, Umsatzbeteiligungen

Die Rechtslage bei Sonderzahlungen wie Weihnachts- oder Urlaubsgeld, Provisionen etc. ist schon außerhalb von Aufhebungsverträgen komplex und unübersichtlich. In Aufhebungsverträgen sollten beide Seiten deshalb eine Verhandlungslösung finden. Der Unternehmer kann sich verpflichten, die Sonderzahlungen fürs laufende Jahr noch vollständig auszukehren, der Arbeitnehmer wiederum kann darauf auch verzichten. Als Ausgleich für alle noch ausstehenden Einmalzahlungen können Chef und Mitarbeiter auch eine einmalige, anteilige Entschädigung vereinbaren, mit der alles abgegolten ist.

Es mag eine Selbstverständlichkeit sein – trotzdem ist in Aufhebungsverträgen die Klarstellung üblich, dass das Gehalt bis zum Ende des Vertrags weitergezahlt wird.

Arbeitszeugnis

Mitverhandelt werden sollte auch das Arbeitszeugnis. Arbeiten Chef und Mitarbeiter vertrauensvoll zusammen, ist in Aufhebungsverträgen die Klausel verbreitet, dass der Arbeitgeber dem Angestellten „ein wohlwollendes, qualifiziertes Zeugnis ausstellt, das sich auf dessen Führung und Leistung erstreckt“.

Ist das Verhältnis weniger harmonisch, sind auch engmaschigere Vorgaben denkbar, die unliebsame Überraschungen ausschließen. So können sich beide Seiten auf ein Arbeitszeugnis einigen, dass einem Entwurf des Arbeitnehmers entspricht oder eine bestimmte Notenstufe („sehr gut“, „stets zu unserer vollsten Zufriedenheit“) beinhaltet. Will der Arbeitgeber nicht bedingungslos jeden Zeugnisentwurf akzeptieren, kann er sich ein Hintertürchen offen lassen – in dem er sich vorbehält, vom vorgelegten Entwurf „nur aus wichtigem Grund“ abzuweichen.

Was sollte gegebenenfalls noch drinstehen?

Dienstwagen

Darf der Angestellte ein Firmenauto auch privat fahren, gibt es viele Lösungen: etwa die sofortige Rückgabe, wenn der Chef den Wagen schnell wieder einsetzen muss, eine (private) Nutzung bis Vertragsende oder auch eine Schenkung (was natürlich Sache einer geschickten Verhandlung ist). Möglich ist auch, die Betriebskosten bis zur Rückgabe zwischen Firma und Mitarbeiter aufzuteilen und ein Kilometerlimit pro Monat festzulegen (zum Beispiel 1000 km).

Achtung: Nimmt der Unternehmer seinem Mitarbeiter den auch privat genutzten Dienstwagen zu kurzfristig und ohne ausreichende Ankündigung weg, macht er sich schadensersatzpflichtig, hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschieden (Az.: 5 AZR 651/10).

Diensthandys und -laptops

Bei auch privat genutzten Diensthandys und Computern gilt das Gleiche wie für Dienstwagen.

Beide Seiten einigen sich zudem häufig darauf, dass der Mitarbeiter die Telefonnummer in sein neues Arbeitsleben mitnehmen darf.

Wettbewerbsverbot

In manchen Arbeitsverträgen ist geregelt, dass der Angestellte seinem Chef nach Ende des Arbeitsvertrags keine Konkurrenz machen darf – zum Beispiel, indem er in der gleichen Branche ein Start-up gründet. Diese „nachvertraglichen Wettbewerbsverbote“ sind aber an strenge Voraussetzungen gebunden – sie gelten nur bis zu zwei Jahre nach Ende des Vertrags und verpflichten den Arbeitgeber, dem Mitarbeiter eine saftige Entschädigung zu zahlen (laut Handelsgesetzbuch „die Hälfte der zuletzt erhaltenen Vergütungen“).

Gibt es ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot, sollte der Aufhebungsvertrag eine Lösung dazu finden. Der Arbeitgeber kann darin auf das Wettbewerbsverbot verzichten oder daran festhalten, dann muss er aber auch die Entschädigung zahlen (Musterformulierung: „Das Wettbewerbsverbot bleibt vom Abschluss dieses Aufhebungsvertrags unberührt.“).

Klagerücknahme und Generalklausel

Haben sich beide Seiten schon vor Gericht duelliert, ist es höchst sinnvoll, den Prozess mit der Aufhebungsvereinbarung friedlich beizulegen. Der Mitarbeiter kann sich etwa verpflichten, eine schon eingelegte Kündigungsschutzklage zurückzunehmen.

In kaum einem Aufhebungsvertrag fehlt zudem die sogenannte Generalklausel oder auch Ausgleichsquittung, nach der sich alle Ansprüche erledigt haben, sobald der Vertrag erfüllt ist. Achtung: Nur ein Anwalt kann einschätzen, ob der Passus im konkreten Einzelfall wirklich Sinn ergibt oder die Rechte einer Seite gefährlich verkürzt. Ein Formulierungsvorschlag:

Mit der Er­fül­lung dieses Aufhebungsvertrags sind sämt­li­che ge­gen­sei­ti­gen An­sprü­che aus diesem Ar­beits­ver­hält­nis und aus sei­ner Be­en­di­gung, gleich aus wel­chem Rechts­grund, erledigt.“

Wenn gewünscht: Widerrufsrecht

Ein Widerrufsrecht wie beim Online-Shopping – das wäre doch auch bei Aufhebungsverträgen praktisch, oder? Mag schon sein, aber das Bundesarbeitsgericht sieht das anders. Schon 2003 haben die höchsten Arbeitsrichter entschieden, dass das gesetzliche Widerrufsrecht nicht bei Aufhebungsverträgen gilt (Az.: 2 AZR 135/03). Ausnahme: Im Vertrag wird ausdrücklich geregelt, dass eine oder beide Parteien widerrufen dürfen.

Am Arbeitsplatz ist es wie im Leben draußen vor der Bürotür: Trennt man sich, ist das nur selten schön. Noch unschöner wird es allerdings, wenn Arbeitgeber dabei nicht die Form wahren. Die gilt es besonders bei einer sanften Trennung zu beachten – die nicht per Kündigung erfolgt, sondern mit einem Aufhebungsvertrag. Hier gibt es Formalien und Fallstricke, die Unternehmer wie auch Angestellte kennen sollten. Was ist ein Aufhebungsvertrag? Wenn man so möchte, ist er das Gegenstück zum Arbeitsvertrag. Auf beides einigen sich Unternehmer und Mitarbeiter einvernehmlich. Im Arbeitsvertrag geht es darum, das Arbeitsverhältnis zu beginnen, im Aufhebungsvertrag schlicht darum, es zu beenden. Für alle Seiten ist die Unterschrift freiwillig. Warum Aufhebungsverträge? Der Aufhebungsvertrag gilt als sanfte Alternative zur Kündigung. Oft geht die Initiative vom Mitarbeiter aus, weil der einen neuen Job hat und möglichst rasch aus dem alten raus will. Sogar wenn die Kündigung noch vor Arbeitsantritt erfolgt, kann ein Aufhebungsvertrag eine Alternative für Arbeitgeber und Arbeitnehmer sein. Mehr zum Thema: Kündigung vor Arbeitsantritt: Wann sie gilt, wann nicht Manchmal ist es aber auch der Arbeitgeber, der eine Aufhebungsvereinbarung anbietet. Etwa, wenn er einen langwierigen Kündigungsprozess vorm Arbeitsgericht vermeiden will (den er – je nach Lage des Falls – womöglich auch nicht gewinnen würde). Wenn dem Kollegen ein schwerer Fehltritt vorgeworfen wird, kann ein Aufhebungsvertrag die Sache für beide Seiten geräuschlos beilegen. Ein Fachanwalt für Arbeitsrecht kann gut beurteilen, welches die bessere Variante ist. Was sollten Chefs beachten? Form wahren: Für Aufhebungsverträge gilt die „Schriftform“ nach Paragraf 623 BGB: Das Dokument muss von beiden Seiten unterschrieben sein. „Aufhebungsvertrag“ muss allerdings nicht darüberstehen; es genügt, wenn sich das inhaltlich aus dem Schreiben ergibt. Tauschen Arbeitgeber und Mitarbeiter E-Mails aus, deren Inhalt einem Aufhebungsvertrag gleichkommt, reicht das nicht. Bedenkzeit geben: „Arbeitgeber sollten ihrem Mitarbeiter genügend Bedenkzeit einräumen“, empfiehlt Thomas G.-E. Müller, Fachanwalt für Arbeitsrecht bei Ecovis in München. „Fühlt sich der Arbeitnehmer zu sehr bedrängt, wird er seine Unterschrift vielleicht verweigern.“ Nicht drohen: Wer dem Mitarbeiter mit einer Kündigung oder Strafanzeige droht, sollte er nicht unterschreiben, begibt sich auf dünnes Eis: Unzulässiger Druck macht den Aufhebungsvertrag anfechtbar. Allerdings muss der Mitarbeiter in einem späteren Prozess beweisen, dass er vom Arbeitgeber erpresst wurde und es für die angedrohte Kündigung „keine ernsthaften Gründe“ gab, wie das Landesarbeitsgericht in Mainz 2016 entschied (Az.: 4 Sa 180/15). Das sind hohe Hürden. Hat der Arbeitnehmer keine weiteren Zeugen, dürfte ihm die Beweisführung schwer fallen. Aber auch Unternehmer verfehlen dann das Ziel, das sie ursprünglich hatten: Trotz Aufhebungsvertrags müssen sie sich einem langen Anfechtungsprozess stellen. Wer sollte bei dem Gespräch dabei sein? Natürlich der Arbeitgeber und Arbeitnehmer, zumindest in kleinen Firmen. Um späterem Streit über den Ablauf des Gesprächs vorzubeugen, kann zur Dokumentation ein weiterer Kollege teilnehmen, etwa der Personalreferent oder ein fachlicher Vorgesetzter. Zeuge für den Mitarbeiter kann dessen Anwalt oder ein Betriebsratsmitglied sein. Jeder Arbeitnehmer hat einen Anspruch darauf, dass bei Gesprächen über „Leistungen sowie die Möglichkeiten seiner beruflichen Entwicklung im Betrieb“ ein Betriebsrat seines Vertrauens dabei ist – dazu zählen auch Verhandlungen über ein Vertragsende. Wann und worüber muss der Chef den Mitarbeiter aufklären? Arbeitgeber sind bei den Verhandlungen übrigens in aller Regel nicht verpflichtet, ihre Mitarbeiter auf rechtliche Fallstricke aufmerksam zu machen. Besondere Ausnahmen gelten nur dann, wenn der Angestellte durch den Vertrag seine betriebliche Altersversorgung gefährdet oder auf einen speziellen Kündigungsschutz verzichtet. Zudem verpflichtet das Sozialgesetzbuch die Unternehmer, ihre Mitarbeiter darüber aufzuklären, sich frühzeitig bei der Arbeitsagentur zu melden. Dafür hat die Agentur für Arbeit offizielle Formulierungshilfen für Aufhebungsverträge veröffentlicht. Was muss im Aufhebungsvertrag stehen?  Datum des Vertragsendes Chef und Mitarbeiter sind frei, einen beliebigen, in der Zukunft liegenden Tag zum Ende des Arbeitsvertrags zu erklären. Achtung: Versäumen sie es, den Tag genau zu benennen, gilt der Vertrag als sofort aufgelöst. An diesem Punkt haben Arbeitnehmer deutlich mehr zu verlieren als ihre Arbeitgeber. Vereinbaren sie im Aufhebungsvertrag, dass ihr Arbeitsverhältnis früher endet als bei einer fristgemäßen Kündigung, riskieren sie, dass ihr Anspruch auf Arbeitslosengeld „ruht“ und sie zunächst von der Abfindung leben müssen, bevor sie Geld vom Staat erhalten. Zudem sind sie in dieser Zeit auch nicht krankenversichert. Diese „Ruhezeit“ ist übrigens nicht identisch mit der Sperrzeit beim Arbeitslosengeld – das ist eine andere Sanktion, die obendrein verhängt werden kann. Deswegen werden gut beratene Mitarbeiter interessiert daran sein, den Job im Aufhebungsvertrag nicht vor Ablauf der normalen Kündigungsfrist aufzulösen. Die Klausel könnte so formuliert werden: "Die Parteien sind sich darüber einig, dass das Arbeitsverhältnis einvernehmlich auf Veranlassung des Arbeitgebers zum (Datum) endet, um eine anderenfalls auszusprechende ordentliche betriebsbedingte Kündigung zu vermeiden. Damit ist die ordentliche Kündigungsfrist gewahrt." Gründe für Vertragsbeendigung Eine Sperrzeit droht dem Angestellten, weil er bei einem Aufhebungsvertrag an seinem Jobverlust mitgewirkt hat. Hätte er nicht unterschrieben, wäre er nicht arbeitslos geworden – so zumindest lautet die Theorie der Arbeitsagentur. Sie verhängt die Sperrzeit oft für 12 Wochen, womöglich aber auch länger. Damit verbunden sind empfindliche Kürzungen beim Arbeitslosengeld. Deswegen versuchen Unternehmer und Arbeitnehmer oft, die Sperre mit entsprechenden Formulierungen zu umgehen. Das ist schwierig, und oft genug geht es schief. Von der Sperrzeit sieht die Arbeitsagentur nur dann ab, wenn Arbeitnehmer einen „wichtigen Grund“ hatten, sich von ihrem Arbeitsvertrag zu lösen. Nach den neuesten Verwaltungsanweisungen der Arbeitsagentur ist das beispielsweise dann der Fall, wenn die Kündigung vom Arbeitgeber „mit Bestimmtheit in Aussicht gestellt wurde“, die drohende Kündigung durch den Arbeitgeber auf betrieblichen oder personenbezogenen Gründen (etwa eine lange Krankheit) beruht, die Arbeitgeberkündigung zum selben Zeitpunkt (oder früher) wirksam würde, zu dem auch das Arbeitsverhältnis per Aufhebungsvertrag endet, der Arbeitnehmer nicht unkündbar ist und die Abfindung nicht über 0,5 Monatsgehältern für jedes Beschäftigungsjahr liegt. (Hier finden Sie ein Merkblatt der Arbeitsagentur dazu, wie sich die Abfindung auf den Anspruch auf Arbeitslosengeld auswirkt) Liegen all diese Voraussetzungen vor, gibt es gute Chancen, dass die Agentur für Arbeit sich milde gibt und von der Sperrzeit absieht. Umgekehrt bedeutet das aber auch: Mit einer üppigen Abfindung über 0,5 Monatsgehältern pro Jahr stehen die Chancen schlecht, der Sperre zu entkommen. Und wer verhaltensbedingt gekündigt wird (etwa wegen ständiger Unpünktlichkeit oder Diebstahls), muss fest mit der Sanktion rechnen. Arbeitgeber können für dieses Problem die Musterformulierung oben verwenden. Wer alles ganz richtig machen will, kann mit einer weiteren Klausel verdeutlichen, warum ansonsten die betriebsbedingte Kündigung erfolgt wäre: „Der Arbeitsplatz von (Name) fällt durch notwendige Umstrukturierungsmaßnahmen ersatzlos weg. Es ist leider nicht möglich, vergleichbare freie Arbeitsplätze im Unternehmen anzubieten.“ Abfindung Eine Klarstellung gleich zu Beginn: Mitarbeiter haben bei einer Kündigung nicht automatisch einen Anspruch auf Abfindung. Das gilt auch für Aufhebungsverträge. Trotzdem ist das natürlich der zentrale Punkt in den Verhandlungen – ohne finanzielle Verlockung lässt sich kein Mitarbeiter auf das Angebot ein, die Firma vorzeitig zu verlassen. Die Abfindung ist für den Unternehmer wie für den Angestellten heikles Terrain. Der Arbeitgeber möchte möglichst wenig zahlen, der Mitarbeiter will eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld vermeiden. Gebräuchlich ist die Formel, ein halbes Bruttomonatsgehalt pro Beschäftigungsjahr als Abfindung anzubieten. Angebrochene Beschäftigungsjahre werden ab 6 Monate auf volle Jahre aufgerundet. Je nach Branche kann der Faktor aber höher liegen – etwa in der Chemieindustrie oder bei Banken – oder niedriger: In der Baubranche sind auch Angebote deutlich unter 0,5 Bruttomonatsgehälter pro Jahr üblich. Es gilt: Je besser die Chancen des Unternehmers stehen, anderenfalls mit einer Kündigung durchzukommen, desto niedriger wird sein Angebot liegen. Freistellung Angestellte können nicht ohne Weiteres verlangen, mit dem Aufhebungsvertrag freigestellt zu werden. Sie sind theoretisch bis zum Ende des Arbeitsvertrags verpflichtet, jeden Morgen bei der Arbeit zu erscheinen. Allerdings dürfte keine Seite daran ein gesteigertes Interesse haben, wenn man im Streit auseinandergeht. Deshalb ist eine unwiderrufliche Freistellung üblich. Musterformulierung: „Die Parteien sind sich darüber einig, dass der Arbeitnehmer bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses unter Fortzahlung seiner vertragsgemäßen Bezüge unwiderruflich freigestellt wird.“ Resturlaub Oft stellen Arbeitgeber die Mitarbeiter unwiderruflich frei, weil dann eine Anrechnung von Resturlaub möglich ist, so dass dieser nicht abgegolten werden muss. In diesem Fall sollte der Klausel oben der folgende Satz hinzugefügt werden: „Die unwiderrufliche Freistellung erfolgt unter Anrechnung möglicherweise noch bestehender Urlaubs- und Freizeitausgleichsansprüche des Arbeitnehmers.“ Sonderzahlungen, Provisionen, Umsatzbeteiligungen Die Rechtslage bei Sonderzahlungen wie Weihnachts- oder Urlaubsgeld, Provisionen etc. ist schon außerhalb von Aufhebungsverträgen komplex und unübersichtlich. In Aufhebungsverträgen sollten beide Seiten deshalb eine Verhandlungslösung finden. Der Unternehmer kann sich verpflichten, die Sonderzahlungen fürs laufende Jahr noch vollständig auszukehren, der Arbeitnehmer wiederum kann darauf auch verzichten. Als Ausgleich für alle noch ausstehenden Einmalzahlungen können Chef und Mitarbeiter auch eine einmalige, anteilige Entschädigung vereinbaren, mit der alles abgegolten ist. Es mag eine Selbstverständlichkeit sein – trotzdem ist in Aufhebungsverträgen die Klarstellung üblich, dass das Gehalt bis zum Ende des Vertrags weitergezahlt wird. Arbeitszeugnis Mitverhandelt werden sollte auch das Arbeitszeugnis. Arbeiten Chef und Mitarbeiter vertrauensvoll zusammen, ist in Aufhebungsverträgen die Klausel verbreitet, dass der Arbeitgeber dem Angestellten „ein wohlwollendes, qualifiziertes Zeugnis ausstellt, das sich auf dessen Führung und Leistung erstreckt“. Ist das Verhältnis weniger harmonisch, sind auch engmaschigere Vorgaben denkbar, die unliebsame Überraschungen ausschließen. So können sich beide Seiten auf ein Arbeitszeugnis einigen, dass einem Entwurf des Arbeitnehmers entspricht oder eine bestimmte Notenstufe („sehr gut“, „stets zu unserer vollsten Zufriedenheit“) beinhaltet. Will der Arbeitgeber nicht bedingungslos jeden Zeugnisentwurf akzeptieren, kann er sich ein Hintertürchen offen lassen – in dem er sich vorbehält, vom vorgelegten Entwurf „nur aus wichtigem Grund“ abzuweichen. Was sollte gegebenenfalls noch drinstehen? Dienstwagen Darf der Angestellte ein Firmenauto auch privat fahren, gibt es viele Lösungen: etwa die sofortige Rückgabe, wenn der Chef den Wagen schnell wieder einsetzen muss, eine (private) Nutzung bis Vertragsende oder auch eine Schenkung (was natürlich Sache einer geschickten Verhandlung ist). Möglich ist auch, die Betriebskosten bis zur Rückgabe zwischen Firma und Mitarbeiter aufzuteilen und ein Kilometerlimit pro Monat festzulegen (zum Beispiel 1000 km). Achtung: Nimmt der Unternehmer seinem Mitarbeiter den auch privat genutzten Dienstwagen zu kurzfristig und ohne ausreichende Ankündigung weg, macht er sich schadensersatzpflichtig, hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschieden (Az.: 5 AZR 651/10). Diensthandys und -laptops Bei auch privat genutzten Diensthandys und Computern gilt das Gleiche wie für Dienstwagen. Beide Seiten einigen sich zudem häufig darauf, dass der Mitarbeiter die Telefonnummer in sein neues Arbeitsleben mitnehmen darf. Wettbewerbsverbot In manchen Arbeitsverträgen ist geregelt, dass der Angestellte seinem Chef nach Ende des Arbeitsvertrags keine Konkurrenz machen darf – zum Beispiel, indem er in der gleichen Branche ein Start-up gründet. Diese „nachvertraglichen Wettbewerbsverbote“ sind aber an strenge Voraussetzungen gebunden – sie gelten nur bis zu zwei Jahre nach Ende des Vertrags und verpflichten den Arbeitgeber, dem Mitarbeiter eine saftige Entschädigung zu zahlen (laut Handelsgesetzbuch „die Hälfte der zuletzt erhaltenen Vergütungen“). Gibt es ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot, sollte der Aufhebungsvertrag eine Lösung dazu finden. Der Arbeitgeber kann darin auf das Wettbewerbsverbot verzichten oder daran festhalten, dann muss er aber auch die Entschädigung zahlen (Musterformulierung: „Das Wettbewerbsverbot bleibt vom Abschluss dieses Aufhebungsvertrags unberührt.“). Klagerücknahme und Generalklausel Haben sich beide Seiten schon vor Gericht duelliert, ist es höchst sinnvoll, den Prozess mit der Aufhebungsvereinbarung friedlich beizulegen. Der Mitarbeiter kann sich etwa verpflichten, eine schon eingelegte Kündigungsschutzklage zurückzunehmen. In kaum einem Aufhebungsvertrag fehlt zudem die sogenannte Generalklausel oder auch Ausgleichsquittung, nach der sich alle Ansprüche erledigt haben, sobald der Vertrag erfüllt ist. Achtung: Nur ein Anwalt kann einschätzen, ob der Passus im konkreten Einzelfall wirklich Sinn ergibt oder die Rechte einer Seite gefährlich verkürzt. Ein Formulierungsvorschlag: „Mit der Er­fül­lung dieses Aufhebungsvertrags sind sämt­li­che ge­gen­sei­ti­gen An­sprü­che aus diesem Ar­beits­ver­hält­nis und aus sei­ner Be­en­di­gung, gleich aus wel­chem Rechts­grund, erledigt.“ Wenn gewünscht: Widerrufsrecht Ein Widerrufsrecht wie beim Online-Shopping - das wäre doch auch bei Aufhebungsverträgen praktisch, oder? Mag schon sein, aber das Bundesarbeitsgericht sieht das anders. Schon 2003 haben die höchsten Arbeitsrichter entschieden, dass das gesetzliche Widerrufsrecht nicht bei Aufhebungsverträgen gilt (Az.: 2 AZR 135/03). Ausnahme: Im Vertrag wird ausdrücklich geregelt, dass eine oder beide Parteien widerrufen dürfen.