Gema-Gebühren bei Hintergrundmusik
Wer kann der Gebührenfalle entkommen?

Auch wenn beim Zahnarzt das Radio dudelt, muss er keine Gema-Gebühren zahlen, hat der BGH entschieden. Was das Urteil zur Hintergrundmusik für Friseure, Boutiquen oder Autowerkstätten bedeuten könnte.

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Radio aus? Muss nicht sein. Der BGH hat klargestellt: Für Hintergrundmusik im Wartezimmer muss ein Zahnarzt keine Gema-Gebühren zahlen.
Radio aus? Muss nicht sein. Der BGH hat klargestellt: Für Hintergrundmusik im Wartezimmer muss ein Zahnarzt keine Gema-Gebühren zahlen.
© brat82 / Fotolia.com

Worum stritten der Zahnarzt und die Gema?

Natürlich ums Geld. Der Düsseldorfer Zahnarzt ließ in seinem Wartezimmer das Radio laufen – und zahlte dafür Gebühren an die Gema, die die Urheberrechte von Komponisten, Textdichtern und Musikverlegern wahrnimmt. 2012 jedoch urteilte der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH): Hintergrundmusik in Zahnarztpraxen stellt keine öffentliche Wiedergabe dar (C-135/10).

Mit Verweis auf dieses Urteil kündigte der Zahnarzt seinen Lizenzvertrag 2013 fristlos. Daraufhin reichte die Gema Klage gegen den Zahnarzt ein und forderte, er müsse 113,57 Euro an Vergütung nachzahlen.

Wie hat der Bundesgerichtshof entschieden?

Der Weg der Klage durch die Instanzen fand Mitte Juni ein Ende: Hintergrundmusik in Zahnarztpraxen sei keine öffentliche Wiedergabe im Sinne des Urheberrechtsgesetzes, entschied der Bundesgerichtshof (BGH) und folgte damit der Rechtsprechung des EuGH. Folglich müsse der Zahnarzt keine Gebühren mehr zahlen. (Az. I ZR 14/14).

Durch das EuGH-Urteil sei die Geschäftsgrundlage des Lizenzvertrages entfallen, urteilte der BGH. Die fristlose Kündigung des Zahnarzts sei also berechtigt gewesen – er muss daher auch kein Geld nachzahlen.

Öffentliche Wiedergabe – was heißt das eigentlich genau?

Laut dem EuGH-Urteil vom 2012 ist eine Wiedergabe dann öffentlich, wenn sie „gegenüber einer unbestimmten Zahl potentieller Adressaten und recht vielen Personen“ erfolgt. Das klingt recht schwammig  – und genau das ist es auch. “ ‚Recht viele‘ muss man bis dato so definieren: mehr als in einer gewöhnlichen Zahnarztpraxis“, sagt Ulrich Poser, Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht.

Inwiefern lässt sich das Urteil zur Hintergrundmusik auch auf andere Branchen übertragen?

Nicht nur in Zahnarztpraxen, auch in Arztpraxen, Friseursalons, Autowerkstätten, Boutiquen oder Fitness-Studios läuft oft leise das Radio. All diese Unternehmen müssen Gema-Gebühren zahlen. Können sie nun hoffen?

Rechtsanwalt Poser sieht hier gute Chancen: „Das Urteil lässt sich auf alle anderen Unternehmen übertragen, die ähnlich wie eine Zahnarztpraxis strukturiert sind und nicht ‚recht viele‘ Besucher haben. Die Branche erachte ich als gleichgültig.“

Kommerziellen Veranstaltern kann Poser allerdings nur wenig Hoffnungen machen, aus der Gema-Gebührenfalle zu entkommen: „Da wird sich die GEMA mit Händen und Füßen wehren.“

Wie sollten Unternehmer vorgehen, die der Meinung sind, dass das Urteil auf sie Anwendung findet?

„Alle Unternehmen, bei denen es genauso läuft, können versuchen, Ihre Gema-Verträge zu kündigen“, sagt Anwalt Poser. Er rät jedoch zu einer vorherigen rechtlichen Beratung. Immerhin müsse mit Klagen der Gema rechnen, wer nicht zahlt oder bestehende Verträge kündigt. Ein Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht könne die Erfolgsaussichten einer solchen Klage einschätzen.

Möglicherweise könnten Betroffene die Gema-Gebühren sogar rückwirkend zurückverlangen, meint Poser: „Solange nichts verjährt ist, kann man das sicherlich versuchen.“  Schließlich habe sich die Gema in diesen Fällen ungerechtfertigt bereichert.

Fachliche Beratung: RA Ulrich Poser aus Hamburg, Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht (www.rechtsanwalt-poser.de)

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