Insolvenz
So vermeiden Sie es, sich strafbar zu machen

Von Insolvenzverschleppung bis Betrug: Bei einer Insolvenz kann sich ein Unternehmer leicht strafbar machen. Vier Tipps vom Insolvenzanwalt helfen, strafrechtliche Folgen zu vermeiden.

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Sind die letzten Geldreserven aufgebraucht, ist die Insolvenz unausweichlich.
Sind die letzten Geldreserven aufgebraucht, ist die Insolvenz unausweichlich.
© michaeljayberlin / Fotolia.com

Eine Insolvenz ist ein wichtiger Einschnitt im Leben eines Menschen. Sie ist eine Chance für einen Neuanfang, für ein Leben ohne Schulden und finanzielle Sorgen. Bei einer Insolvenz bestehen allerdings strafrechtliche Risiken. Die meisten Unternehmer kämpfen bis zuletzt um ihr Unternehmen. Das ehrt den Firmeninhaber, erhöht aber das Risiko einer strafrechtlichen Ahndung.

Vergessen Sie nie: Staatsanwälte und Richter sind Staatsdiener. Vom harten Leben eines Unternehmers, der um seine Existenz und die seiner Firma kämpft, haben sie keine Ahnung und leider oft auch kein Verständnis dafür. Mit den folgenden Ratschlägen lassen sich strafrechtliche Folgen einer Insolvenz in der Regel vermeiden.

Stellen Sie den Insolvenzantrag rechtzeitig

Es ist üblich, dass jede Insolvenzakte der Staatsanwaltschaft vorgelegt wird. Sind Sie Geschäftsführer einer GmbH, wird der Staatsanwalt prüfen, ob Sie rechtzeitig in der gesetzlichen Frist von drei Wochen nach Zahlungsunfähigkeit den Insolvenzantrag gestellt haben. Andernfalls droht eine Anklage wegen Insolvenzverschleppung.

Zahlungsunfähigkeit besteht, wenn Sie nicht mehr die finanziellen Mittel besitzen, innerhalb eines Monats 90 Prozent der fälligen Verbindlichkeiten auszugleichen. Diese Drei-Wochen-Frist kann nicht verlängert werden.

Hatten Sie mit Gläubigern Ratenzahlung vereinbart, ist nur die fällige Rate als Schuld zu berücksichtigen. Zur Ihrer Absicherung sollten Sie sich die Möglichkeit der Ratenzahlung schriftlich bestätigen lassen. Dieses Schreiben können Sie dann der Staatsanwaltschaft vorlegen.

Übrigens informieren sich die Staatsanwaltschaften gern beim zuständigen Amtsgericht über gerichtliche Mahnverfahren, Zwangsvollstreckungsaufträge bei Gerichtsvollziehern oder bei Ihren Krankenkassen bezüglich der Beitragsrückstände.

Auch wenn Sie noch Hoffnung haben, eine Insolvenz zu vermeiden, denken Sie immer an Plan B und lassen Sie sich von einem auf Insolvenz und Sanierung spezialisierten Anwalt beraten.

Zahlen Sie die Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung vorrangig und fristgerecht

Wenn Sie Arbeitgeber sind, bezahlen Sie mit den letzten vorhandenen Mitteln immer vorrangig die Sozialversicherungsbeiträge Ihrer Mitarbeiter. Zahlen Sie erst die Sozialversicherung, dann den Arbeitslohn. Der Arbeitnehmer bekommt Insolvenzgeld für drei Monate in voller Höhe des Nettolohnes und hat keinen Schaden, wenn Sie den Lohn nicht zahlen. Sind die Mittel knapp, zahlen Sie zweckgebunden auf die Arbeitnehmeranteile. Geben Sie diese bei der Überweisung als Verwendungszweck an.

Was Sie wahrscheinlich nicht wissen: Jeder Monat, der nicht bezahlt wurde, stellt ein eigenes Delikt dar – und das pro Krankenkasse. Da kann im Strafbefehl oder Urteil eine Summe an Tagessätzen zusammenkommen. Bereits eine verspätete Beitragszahlung ist strafbar. Zahlen Sie daher die Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung pünktlich – auch wenn es schwer fällt.

Einer meiner Klienten, ein Transportunternehmer, bekam einen Strafbefehl mit mehr als 50 Delikten mit einem angeblichen Schaden von mehr als 60.000 Euro, nur weil er die Beiträge gelegentlich ein paar Tage zu spät geleistet hatte. Nicht bezahlt waren bei Insolvenzantragstellung weniger als 500 Euro.

Auch sollte Ihnen bewusst sein: Die nicht gezahlten Arbeitnehmerbeiträge unterliegen nicht der Restschuldbefreiung. Sie bleiben Ihnen also auch nach der Insolvenz erhalten.

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Bezahlen Sie vor dem Insolvenzantrag die letzten Bestellungen und Käufe

Um den Geschäftsbetrieb aufrecht zu erhalten, brauchen Sie beispielsweise Ware. Bekommt ein Lieferant mit, dass die Rechnung noch offen ist und Sie ein paar Tage später Insolvenzantrag gestellt haben, riecht das für ihn nach Betrug: Er geht davon aus, dass bereits bei der Bestellung wussten, dass Sie den Antrag auf Insolvenzeröffnung stellen und die Rechnung nicht mehr bezahlen.

Selbst kleine Bestellungen, die Sie aus der Portokasse hätten zahlen können, können als Betrug gewertet werden und zur Bestrafung führen. Geschäftspartner drohen gern mit einer Strafanzeige wegen Betrug: Sie wollen Sie dazu bringen, die Rechnung trotz einer Insolvenz zu zahlen.

Zahlen Sie daher unbedingt die neuesten Rechnungen, bevor Sie Insolvenzantrag stellen. Alles, was älter ist wie ein Monat, lassen Sie liegen.

Erstellen Sie die Firmenbilanz bis zum 30. Juni des Folgejahres

Den wenigsten Unternehmern und auch deren Steuerberatern ist die Vorschrift bekannt, dass im Falle einer Insolvenz die Bilanz zum 31. Dezember des Vorjahres innerhalb von sechs Monaten  erstellt sein muss – also bis zum 30. Juni des Folgejahres.

Andernfalls machen Sie sich strafbar wegen eines Verstoßes gegen die Buchführungspflicht. Und Vorsicht: Dieses Delikt kann zur Versagung der Restschuldbefreiung führen – etwas, was Sie am allerschlimmsten trifft. Denn letztlich soll ein Insolvenzverfahren dazu dienen, dass Ihre Schulden spätestens nach sechs Jahren weg sind. Eine Bilanz, die ein paar Wochen zu spät erstellt wurde, kann also gravierende strafrechtliche und zivilrechtliche Folgen haben.

Sorgen Sie dafür, dass zumindest eine vorläufige Bilanz vorhanden ist. Die Bilanz muss nicht fix und fertig fürs Finanzamt oder schon dort eingereicht sein. Sprechen Sie mit Ihrem Steuerberater, damit er einen Ausdruck mit dem richtigen Datum für Sie parat hat.

 Hans Müller ist Gründer der Anwaltskanzlei Hans Müller & Kollegen in Nürnberg und spezialisiert auf die Schuldnerberatung von Kleinunternehmern und mittelständischen Unternehmen. Außerdem ist er Gründer von Insolvenzanwalt24 e.V.

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Eine Insolvenz ist ein wichtiger Einschnitt im Leben eines Menschen. Sie ist eine Chance für einen Neuanfang, für ein Leben ohne Schulden und finanzielle Sorgen. Bei einer Insolvenz bestehen allerdings strafrechtliche Risiken. Die meisten Unternehmer kämpfen bis zuletzt um ihr Unternehmen. Das ehrt den Firmeninhaber, erhöht aber das Risiko einer strafrechtlichen Ahndung. Vergessen Sie nie: Staatsanwälte und Richter sind Staatsdiener. Vom harten Leben eines Unternehmers, der um seine Existenz und die seiner Firma kämpft, haben sie keine Ahnung und leider oft auch kein Verständnis dafür. Mit den folgenden Ratschlägen lassen sich strafrechtliche Folgen einer Insolvenz in der Regel vermeiden. Stellen Sie den Insolvenzantrag rechtzeitig Es ist üblich, dass jede Insolvenzakte der Staatsanwaltschaft vorgelegt wird. Sind Sie Geschäftsführer einer GmbH, wird der Staatsanwalt prüfen, ob Sie rechtzeitig in der gesetzlichen Frist von drei Wochen nach Zahlungsunfähigkeit den Insolvenzantrag gestellt haben. Andernfalls droht eine Anklage wegen Insolvenzverschleppung. Zahlungsunfähigkeit besteht, wenn Sie nicht mehr die finanziellen Mittel besitzen, innerhalb eines Monats 90 Prozent der fälligen Verbindlichkeiten auszugleichen. Diese Drei-Wochen-Frist kann nicht verlängert werden. Hatten Sie mit Gläubigern Ratenzahlung vereinbart, ist nur die fällige Rate als Schuld zu berücksichtigen. Zur Ihrer Absicherung sollten Sie sich die Möglichkeit der Ratenzahlung schriftlich bestätigen lassen. Dieses Schreiben können Sie dann der Staatsanwaltschaft vorlegen. Übrigens informieren sich die Staatsanwaltschaften gern beim zuständigen Amtsgericht über gerichtliche Mahnverfahren, Zwangsvollstreckungsaufträge bei Gerichtsvollziehern oder bei Ihren Krankenkassen bezüglich der Beitragsrückstände. Auch wenn Sie noch Hoffnung haben, eine Insolvenz zu vermeiden, denken Sie immer an Plan B und lassen Sie sich von einem auf Insolvenz und Sanierung spezialisierten Anwalt beraten. Zahlen Sie die Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung vorrangig und fristgerecht Wenn Sie Arbeitgeber sind, bezahlen Sie mit den letzten vorhandenen Mitteln immer vorrangig die Sozialversicherungsbeiträge Ihrer Mitarbeiter. Zahlen Sie erst die Sozialversicherung, dann den Arbeitslohn. Der Arbeitnehmer bekommt Insolvenzgeld für drei Monate in voller Höhe des Nettolohnes und hat keinen Schaden, wenn Sie den Lohn nicht zahlen. Sind die Mittel knapp, zahlen Sie zweckgebunden auf die Arbeitnehmeranteile. Geben Sie diese bei der Überweisung als Verwendungszweck an. Was Sie wahrscheinlich nicht wissen: Jeder Monat, der nicht bezahlt wurde, stellt ein eigenes Delikt dar - und das pro Krankenkasse. Da kann im Strafbefehl oder Urteil eine Summe an Tagessätzen zusammenkommen. Bereits eine verspätete Beitragszahlung ist strafbar. Zahlen Sie daher die Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung pünktlich - auch wenn es schwer fällt. Einer meiner Klienten, ein Transportunternehmer, bekam einen Strafbefehl mit mehr als 50 Delikten mit einem angeblichen Schaden von mehr als 60.000 Euro, nur weil er die Beiträge gelegentlich ein paar Tage zu spät geleistet hatte. Nicht bezahlt waren bei Insolvenzantragstellung weniger als 500 Euro. Auch sollte Ihnen bewusst sein: Die nicht gezahlten Arbeitnehmerbeiträge unterliegen nicht der Restschuldbefreiung. Sie bleiben Ihnen also auch nach der Insolvenz erhalten. Bezahlen Sie vor dem Insolvenzantrag die letzten Bestellungen und Käufe Um den Geschäftsbetrieb aufrecht zu erhalten, brauchen Sie beispielsweise Ware. Bekommt ein Lieferant mit, dass die Rechnung noch offen ist und Sie ein paar Tage später Insolvenzantrag gestellt haben, riecht das für ihn nach Betrug: Er geht davon aus, dass bereits bei der Bestellung wussten, dass Sie den Antrag auf Insolvenzeröffnung stellen und die Rechnung nicht mehr bezahlen. Selbst kleine Bestellungen, die Sie aus der Portokasse hätten zahlen können, können als Betrug gewertet werden und zur Bestrafung führen. Geschäftspartner drohen gern mit einer Strafanzeige wegen Betrug: Sie wollen Sie dazu bringen, die Rechnung trotz einer Insolvenz zu zahlen. Zahlen Sie daher unbedingt die neuesten Rechnungen, bevor Sie Insolvenzantrag stellen. Alles, was älter ist wie ein Monat, lassen Sie liegen. Erstellen Sie die Firmenbilanz bis zum 30. Juni des Folgejahres Den wenigsten Unternehmern und auch deren Steuerberatern ist die Vorschrift bekannt, dass im Falle einer Insolvenz die Bilanz zum 31. Dezember des Vorjahres innerhalb von sechs Monaten  erstellt sein muss - also bis zum 30. Juni des Folgejahres. Andernfalls machen Sie sich strafbar wegen eines Verstoßes gegen die Buchführungspflicht. Und Vorsicht: Dieses Delikt kann zur Versagung der Restschuldbefreiung führen - etwas, was Sie am allerschlimmsten trifft. Denn letztlich soll ein Insolvenzverfahren dazu dienen, dass Ihre Schulden spätestens nach sechs Jahren weg sind. Eine Bilanz, die ein paar Wochen zu spät erstellt wurde, kann also gravierende strafrechtliche und zivilrechtliche Folgen haben. Sorgen Sie dafür, dass zumindest eine vorläufige Bilanz vorhanden ist. Die Bilanz muss nicht fix und fertig fürs Finanzamt oder schon dort eingereicht sein. Sprechen Sie mit Ihrem Steuerberater, damit er einen Ausdruck mit dem richtigen Datum für Sie parat hat. Hans Müller ist Gründer der Anwaltskanzlei Hans Müller & Kollegen in Nürnberg und spezialisiert auf die Schuldnerberatung von Kleinunternehmern und mittelständischen Unternehmen. Außerdem ist er Gründer von Insolvenzanwalt24 e.V.
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