Arbeitnehmerüberlassungsgesetz
Diese Änderungen bei der Leiharbeit sollten Arbeitgeber kennen

Ihr Unternehmen beschäftigt Leiharbeiter? Dann sollten Sie sich auf diese Änderungen am Arbeitnehmerüberlassungsgesetz vorbereiten, die am 1. April 2017 in Kraft treten.

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Mit der Reform des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes tritt am 1. April eine bedeutsame Gesetzesänderung in Kraft.
Mit der Reform des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes tritt am 1. April eine bedeutsame Gesetzesänderung in Kraft.
© impulse

Am 1. April 2017 tritt die Reform des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) in Kraft: Damit werden die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Zeitarbeit neu geregelt. Das Ziel der Gesetzesänderung: die Rechte von Leiharbeitern zu stärken und den Missbrauch von Werkverträgen einzudämmen. Nach Angaben der Bundesregierung arbeiten in deutschen Unternehmen rund eine Million Zeitarbeiter.

Die wichtigsten Änderungen durch die AÜG-Reform sind:

  • eine Überlassungshöchstdauer von 18 Monaten
  • ein Anspruch auf „Equal Pay“ nach neun Monaten
  • eine Offenlegungspflicht und Konkretisierungspflicht
  • das grundsätzliche Verbot, Leiharbeiter als Streikbrecher einzusetzen

Wir geben einen Überblick, was die Änderungen für Unternehmen bedeuten.

Was genau ist eigentlich eine Arbeitnehmerüberlassung?

Arbeitnehmerüberlassung wird auch Zeitarbeit oder Leiharbeit genannt: Ein Personaldienstleister schließt Arbeitsverträge mit Arbeitnehmern ab und überlässt diese Mitarbeiter anschließend Kundenunternehmen, die Arbeitskräfte benötigen. Die Zeitarbeitnehmer arbeiten weisungsgebunden und eingegliedert im Kundenunternehmen, bleiben aber beim Personaldienstleister angestellt.

Was hat es mit der Überlassungshöchstdauer von 18 Monaten auf sich?

Bisher konnten Unternehmen Zeitarbeitnehmer für einen beliebig langen Zeitraum beschäftigen – eine Überlassungshöchstdauer war im AÜG nicht festgelegt. Das ändert sich ab 1. April 2017: Künftig darf ein Zeitarbeitnehmer nur maximal 18 Monate lang in einem Kundenunternehmen arbeiten. In Tarifverträgen können abweichende Regelungen festgelegt werden – Einzelheiten regelt Paragraf 1 Absatz 1b AÜG.

Was passiert nach den 18 Monaten?

„Die Überlassungshöchstdauer gilt personen- und nicht arbeitsplatzbezogen“, erläutert Alexander Bissels, Fachanwalt für Arbeitsrecht bei der Kanzlei CMS Hasche Sigle. Nach Ablauf der Frist gibt es daher zwei Möglichkeiten: Entweder das Kundenunternehmen übernimmt den Arbeitnehmer – oder die Zeitarbeitsfirma zieht ihn ab.

In diesem Fall kann der Personaldienstleister einen anderen Zeitarbeitnehmer schicken, der auf der betreffenden Stelle eingesetzt wird. Nicht erlaubt ist dagegen, dass derselbe Leiharbeiter an einem anderen Arbeitsplatz bei demselben Unternehmen über 18 Monate hinaus weiterbeschäftigt wird: Er muss eine mindestens dreimonatige Pause (drei Monate + 1 Tag) einlegen, bevor er ins Kundenunternehmen zurückkehren darf. Im Anschluss darf er erneut 18 Monate lang dort arbeiten.

Unser Experte
BisselsDr. Alexander Bissels ist Partner und Fachanwalt für Arbeitsrecht bei der Kanzlei CMS Hasche Sigle in Köln.

Müssen Unternehmen also am 1. April 2017 alle Leiharbeiter vor die Tür setzen, die schon länger als 18 Monate für sie arbeiten?

Nein. Bei der Berechnung der Überlassungshöchstdauer zählt nur die Einsatzzeit bei einem Kunden, die nach dem 1. April 2017 geleistet wird. Das gilt auch dann, wenn der Zeitarbeitnehmer bereits vorher dort gearbeitet hat.

Wie lässt sich die Höchstdauer umgehen?

Arbeitet der Leiharbeiter länger als 18 Monate bei einem Kunden, wird ein Arbeitsverhältnis zwischen ihm und dem Kundenunternehmen fingiert – es sei denn, er gibt eine so genannte Festhaltenserklärung ab. Damit erklärt der Arbeitnehmer, dass er weiterhin bei der Zeitarbeitsfirma unter Vertrag bleibt.

Diese Lösung aber birgt bürokratische Tücken: Denn die Erklärung muss der Arbeitnehmer spätestens einen Monat nach Ablauf der Höchstdauer abgeben und vorher der Agentur für Arbeit vorlegen. Hat diese das Dokument abgestempelt, bleiben dem Leiharbeiter nur drei Tage Zeit, um es an den Ver- und den Entleiher zu übermitteln.

Das komplizierte Verfahren soll die Rechte der Zeitarbeitnehmer stärken: Der Gesetzgeber fürchtet, dass sich die Zeitarbeitsfirmen sonst Festhaltenserklärungen schon auf Vorrat ausstellen lassen und damit unter anderem die neue Höchstdauer umgehen könnten.

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Anwalt Bissels warnt: „Wird die Festhaltenserklärung zu spät oder gar nicht abgegeben, wird ein Arbeitsverhältnis mit dem Kundenunternehmen fingiert – auch gegen den Willen von Kundenunternehmen und Personaldienstleister: Der Zeitarbeitnehmer könnte vor das Arbeitsgericht ziehen und beispielsweise auf Feststellung klagen, dass mit dem Kunden ein Arbeitsverhältnis besteht.“

Bissels‘ Rat lautet daher: „Wer sicher gehen will, meldet den Zeitarbeitnehmer nach 18 Monaten bei dem Kundenunternehmen ab. Nach drei Monaten und einem Tag kann der Mitarbeiter dann wiederkommen.“

Was genau ändert sich durch „Equal Pay“?

Die zweite große Änderung, die durch die AÜG-Reform in Kraft tritt, betrifft die Vergütung der Leiharbeiter: Künftig müssen sie nach neun Monaten so viel verdienen wie die Stammarbeiter des Kundenunternehmens. Diese Pflicht wird mit dem Schlagwort „Equal Pay“ beschrieben.

Alternativ können Personaldienstleister das Gehalt auch stufenweise anheben und binnen 15 Einsatzmonaten an das Gehalt der Stammbelegschaft heranführen. Dafür ist jedoch ein Branchenzuschlagstarifvertrag nötig – Einzelheiten regelt Paragraf 8 AÜG.

Welche Tücken birgt „Equal Pay“?

„Der Gesetzgeber hat sich nicht auf eine klare Definition eingelassen, was bei ‚Equal Pay‘ zu berücksichtigen ist“, sagt Bissels. „Den korrekten Vergleichslohn zu berechnen, kann daher in der Praxis knifflig werden.“

Personaldienstleister sind hierbei auf Informationen der Kundenunternehmen angewiesen, da sie bei der Berechnungen auch Leistungen wie Boni oder Sachbezüge berücksichtigen müssen.

Was hat es mit der Offenlegungspflicht und der Konkretisierungspflicht auf sich?

Die Offenlegungspflicht erläutert Anwalt Bissels wie folgt: „Damit ein Arbeitnehmerüberlassungsvertrag wirksam ist, muss dieser der gesetzlichen Schriftform genügen; in diesem muss offengelegt werden, dass eine ‚Arbeitnehmerüberlassung‘ betrieben wird.“ Zudem müssen der Personaldienstleister und der Kunde die Namen der überlassenen Arbeitnehmer vor dem Einsatz festlegen (Konkretisierungspflicht). „Die Offenlegungs- und die Konkretisierungspflicht sollen dazu dienen, Scheinwerkverträge zu vermeiden. Dabei handelt es sich um Vereinbarungen, die ‚offiziell‘ als Werkvertrag deklariert, aber verdeckt in Form einer Arbeitnehmerüberlassung durchgeführt werden“, erklärt Bissels.

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Ein Verstoß kann teuer werden, warnt der Arbeitsrechtler: „Bei Verstößen können Bußgelder bis zu 30.000 Euro verhängt werden – nicht nur für die Personaldienstleister, sondern auch für die Kundenunternehmen, die unter Verstoß gegen die Offenlegungs- oder der Konkretisierungspflicht Zeitarbeitnehmer einsetzen. Außerdem kann bei einem gleichzeitigen Verstoß gegen die Offenlegungs- und Konkretisierungspflicht ungewollt ein Arbeitsverhältnis zwischen dem Kunden und dem Zeitarbeitnehmer begründet werden.“

Wie unterscheiden sich Leiharbeit und Werkvertrag überhaupt?

Bei einem Werkvertrag beauftragt der Kunde eine Fremdfirma mit einer Aufgabe – beispielsweise: einen Schrank zu schreinern, eine Wand zu streichen, Büros zu renovieren. Er zahlt dafür, wenn der Auftrag erfolgreich ausgeführt wird, unabhängig etwa davon, wie viele Stunden die Fremdfirma für den Auftrag braucht und wie viele Mitarbeiter sie dafür einsetzt. Die im Rahmen eines Werkvertrags eingesetzten Mitarbeiter unterstehen – anders als Leiharbeiter – nicht den Weisungen des Kunden.

Was sollten Unternehmen tun, um rechtliche Schwierigkeiten wegen Scheinwerkverträgen zu vermeiden?

„Unternehmen sollten überprüfen, ob ihre Verträge mit Fremdfirmen wirklich echte Werkverträge sind“, rät Bissels. „Hier geht es natürlich nicht um den Maler, der gerade die Werkshalle streicht.“ Als risikoanfällig bezeichnet der Arbeitsrechtler Tätigkeiten, bei denen Berater und Techniker über einen längeren Zeitraum in gemischten Teams beim Kunden vor Ort arbeiten.

„Gefährlich wird es dann, wenn Kunden den Mitarbeitern der Fremdfirma Weisungen erteilen“, sagt Bissels, „In solchen Fällen sollte man die Prozesse neu ordnen und dabei alle Indizien ausschließen, die für eine Arbeitnehmerüberlassung sprechen.“ Immerhin gelte die AÜG-Reform auch für Altverträge.

Was ist zu beachten, wenn ein Leiharbeitnehmer krank wird?

Wird ein Zeitarbeitnehmer krank und kurzfristig Ersatz gebraucht, kann die Konkretisierungspflicht für Verzögerungen sorgen. „Im AÜG ist nämlich nicht klar formuliert, ob in einem solchen Fall die Ersatzkraft in einem der gesetzlichen Schriftform entsprechenden Dokument mit wechselseitiger Originalunterschrift von Kunden und Personaldienstleister konkretisiert werden muss oder ob dies auch per Mail oder Fax erfolgen kann“, sagt Bissels.

Er empfiehlt daher sowohl Personaldienstleistern als auch Kundenunternehmen, alle Vereinbarungen vorsorglich auf Papier und mit Unterschrift festzuhalten – „zumindest so lange, bis durch Gerichtsentscheidungen festgestellt wird, dass das nicht nötig ist“.

Zwar hat die Bundesagentur für Arbeit im März 2017 klargestellt, dass die Schriftform nicht unbedingt erforderlich ist (siehe Fachliche Weisungen, S. 20, 1.1.6.7). Bissels rät dennoch zur Vorsicht: „Diese interne Anweisung bindet die Gerichte nicht.“

Am 1. April 2017 tritt die Reform des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) in Kraft: Damit werden die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Zeitarbeit neu geregelt. Das Ziel der Gesetzesänderung: die Rechte von Leiharbeitern zu stärken und den Missbrauch von Werkverträgen einzudämmen. Nach Angaben der Bundesregierung arbeiten in deutschen Unternehmen rund eine Million Zeitarbeiter. Die wichtigsten Änderungen durch die AÜG-Reform sind: eine Überlassungshöchstdauer von 18 Monaten ein Anspruch auf „Equal Pay“ nach neun Monaten eine Offenlegungspflicht und Konkretisierungspflicht das grundsätzliche Verbot, Leiharbeiter als Streikbrecher einzusetzen Wir geben einen Überblick, was die Änderungen für Unternehmen bedeuten. Was genau ist eigentlich eine Arbeitnehmerüberlassung? Arbeitnehmerüberlassung wird auch Zeitarbeit oder Leiharbeit genannt: Ein Personaldienstleister schließt Arbeitsverträge mit Arbeitnehmern ab und überlässt diese Mitarbeiter anschließend Kundenunternehmen, die Arbeitskräfte benötigen. Die Zeitarbeitnehmer arbeiten weisungsgebunden und eingegliedert im Kundenunternehmen, bleiben aber beim Personaldienstleister angestellt. Was hat es mit der Überlassungshöchstdauer von 18 Monaten auf sich? Bisher konnten Unternehmen Zeitarbeitnehmer für einen beliebig langen Zeitraum beschäftigen - eine Überlassungshöchstdauer war im AÜG nicht festgelegt. Das ändert sich ab 1. April 2017: Künftig darf ein Zeitarbeitnehmer nur maximal 18 Monate lang in einem Kundenunternehmen arbeiten. In Tarifverträgen können abweichende Regelungen festgelegt werden – Einzelheiten regelt Paragraf 1 Absatz 1b AÜG. Was passiert nach den 18 Monaten? „Die Überlassungshöchstdauer gilt personen- und nicht arbeitsplatzbezogen“, erläutert Alexander Bissels, Fachanwalt für Arbeitsrecht bei der Kanzlei CMS Hasche Sigle. Nach Ablauf der Frist gibt es daher zwei Möglichkeiten: Entweder das Kundenunternehmen übernimmt den Arbeitnehmer – oder die Zeitarbeitsfirma zieht ihn ab. In diesem Fall kann der Personaldienstleister einen anderen Zeitarbeitnehmer schicken, der auf der betreffenden Stelle eingesetzt wird. Nicht erlaubt ist dagegen, dass derselbe Leiharbeiter an einem anderen Arbeitsplatz bei demselben Unternehmen über 18 Monate hinaus weiterbeschäftigt wird: Er muss eine mindestens dreimonatige Pause (drei Monate + 1 Tag) einlegen, bevor er ins Kundenunternehmen zurückkehren darf. Im Anschluss darf er erneut 18 Monate lang dort arbeiten. Müssen Unternehmen also am 1. April 2017 alle Leiharbeiter vor die Tür setzen, die schon länger als 18 Monate für sie arbeiten? Nein. Bei der Berechnung der Überlassungshöchstdauer zählt nur die Einsatzzeit bei einem Kunden, die nach dem 1. April 2017 geleistet wird. Das gilt auch dann, wenn der Zeitarbeitnehmer bereits vorher dort gearbeitet hat. Wie lässt sich die Höchstdauer umgehen? Arbeitet der Leiharbeiter länger als 18 Monate bei einem Kunden, wird ein Arbeitsverhältnis zwischen ihm und dem Kundenunternehmen fingiert - es sei denn, er gibt eine so genannte Festhaltenserklärung ab. Damit erklärt der Arbeitnehmer, dass er weiterhin bei der Zeitarbeitsfirma unter Vertrag bleibt. Diese Lösung aber birgt bürokratische Tücken: Denn die Erklärung muss der Arbeitnehmer spätestens einen Monat nach Ablauf der Höchstdauer abgeben und vorher der Agentur für Arbeit vorlegen. Hat diese das Dokument abgestempelt, bleiben dem Leiharbeiter nur drei Tage Zeit, um es an den Ver- und den Entleiher zu übermitteln. Das komplizierte Verfahren soll die Rechte der Zeitarbeitnehmer stärken: Der Gesetzgeber fürchtet, dass sich die Zeitarbeitsfirmen sonst Festhaltenserklärungen schon auf Vorrat ausstellen lassen und damit unter anderem die neue Höchstdauer umgehen könnten. Anwalt Bissels warnt: „Wird die Festhaltenserklärung zu spät oder gar nicht abgegeben, wird ein Arbeitsverhältnis mit dem Kundenunternehmen fingiert – auch gegen den Willen von Kundenunternehmen und Personaldienstleister: Der Zeitarbeitnehmer könnte vor das Arbeitsgericht ziehen und beispielsweise auf Feststellung klagen, dass mit dem Kunden ein Arbeitsverhältnis besteht.“ Bissels' Rat lautet daher: „Wer sicher gehen will, meldet den Zeitarbeitnehmer nach 18 Monaten bei dem Kundenunternehmen ab. Nach drei Monaten und einem Tag kann der Mitarbeiter dann wiederkommen.“ Was genau ändert sich durch „Equal Pay“? Die zweite große Änderung, die durch die AÜG-Reform in Kraft tritt, betrifft die Vergütung der Leiharbeiter: Künftig müssen sie nach neun Monaten so viel verdienen wie die Stammarbeiter des Kundenunternehmens. Diese Pflicht wird mit dem Schlagwort „Equal Pay“ beschrieben. Alternativ können Personaldienstleister das Gehalt auch stufenweise anheben und binnen 15 Einsatzmonaten an das Gehalt der Stammbelegschaft heranführen. Dafür ist jedoch ein Branchenzuschlagstarifvertrag nötig – Einzelheiten regelt Paragraf 8 AÜG. Welche Tücken birgt „Equal Pay“? „Der Gesetzgeber hat sich nicht auf eine klare Definition eingelassen, was bei 'Equal Pay' zu berücksichtigen ist“, sagt Bissels. „Den korrekten Vergleichslohn zu berechnen, kann daher in der Praxis knifflig werden.“ Personaldienstleister sind hierbei auf Informationen der Kundenunternehmen angewiesen, da sie bei der Berechnungen auch Leistungen wie Boni oder Sachbezüge berücksichtigen müssen. Was hat es mit der Offenlegungspflicht und der Konkretisierungspflicht auf sich? Die Offenlegungspflicht erläutert Anwalt Bissels wie folgt: "Damit ein Arbeitnehmerüberlassungsvertrag wirksam ist, muss dieser der gesetzlichen Schriftform genügen; in diesem muss offengelegt werden, dass eine 'Arbeitnehmerüberlassung' betrieben wird." Zudem müssen der Personaldienstleister und der Kunde die Namen der überlassenen Arbeitnehmer vor dem Einsatz festlegen (Konkretisierungspflicht). „Die Offenlegungs- und die Konkretisierungspflicht sollen dazu dienen, Scheinwerkverträge zu vermeiden. Dabei handelt es sich um Vereinbarungen, die 'offiziell' als Werkvertrag deklariert, aber verdeckt in Form einer Arbeitnehmerüberlassung durchgeführt werden“, erklärt Bissels. Ein Verstoß kann teuer werden, warnt der Arbeitsrechtler: „Bei Verstößen können Bußgelder bis zu 30.000 Euro verhängt werden - nicht nur für die Personaldienstleister, sondern auch für die Kundenunternehmen, die unter Verstoß gegen die Offenlegungs- oder der Konkretisierungspflicht Zeitarbeitnehmer einsetzen. Außerdem kann bei einem gleichzeitigen Verstoß gegen die Offenlegungs- und Konkretisierungspflicht ungewollt ein Arbeitsverhältnis zwischen dem Kunden und dem Zeitarbeitnehmer begründet werden.“ Wie unterscheiden sich Leiharbeit und Werkvertrag überhaupt? Bei einem Werkvertrag beauftragt der Kunde eine Fremdfirma mit einer Aufgabe - beispielsweise: einen Schrank zu schreinern, eine Wand zu streichen, Büros zu renovieren. Er zahlt dafür, wenn der Auftrag erfolgreich ausgeführt wird, unabhängig etwa davon, wie viele Stunden die Fremdfirma für den Auftrag braucht und wie viele Mitarbeiter sie dafür einsetzt. Die im Rahmen eines Werkvertrags eingesetzten Mitarbeiter unterstehen – anders als Leiharbeiter – nicht den Weisungen des Kunden. Was sollten Unternehmen tun, um rechtliche Schwierigkeiten wegen Scheinwerkverträgen zu vermeiden? „Unternehmen sollten überprüfen, ob ihre Verträge mit Fremdfirmen wirklich echte Werkverträge sind“, rät Bissels. „Hier geht es natürlich nicht um den Maler, der gerade die Werkshalle streicht.“ Als risikoanfällig bezeichnet der Arbeitsrechtler Tätigkeiten, bei denen Berater und Techniker über einen längeren Zeitraum in gemischten Teams beim Kunden vor Ort arbeiten. „Gefährlich wird es dann, wenn Kunden den Mitarbeitern der Fremdfirma Weisungen erteilen“, sagt Bissels, „In solchen Fällen sollte man die Prozesse neu ordnen und dabei alle Indizien ausschließen, die für eine Arbeitnehmerüberlassung sprechen.“ Immerhin gelte die AÜG-Reform auch für Altverträge. Was ist zu beachten, wenn ein Leiharbeitnehmer krank wird? Wird ein Zeitarbeitnehmer krank und kurzfristig Ersatz gebraucht, kann die Konkretisierungspflicht für Verzögerungen sorgen. „Im AÜG ist nämlich nicht klar formuliert, ob in einem solchen Fall die Ersatzkraft in einem der gesetzlichen Schriftform entsprechenden Dokument mit wechselseitiger Originalunterschrift von Kunden und Personaldienstleister konkretisiert werden muss oder ob dies auch per Mail oder Fax erfolgen kann“, sagt Bissels. Er empfiehlt daher sowohl Personaldienstleistern als auch Kundenunternehmen, alle Vereinbarungen vorsorglich auf Papier und mit Unterschrift festzuhalten - „zumindest so lange, bis durch Gerichtsentscheidungen festgestellt wird, dass das nicht nötig ist“. Zwar hat die Bundesagentur für Arbeit im März 2017 klargestellt, dass die Schriftform nicht unbedingt erforderlich ist (siehe Fachliche Weisungen, S. 20, 1.1.6.7). Bissels rät dennoch zur Vorsicht: „Diese interne Anweisung bindet die Gerichte nicht.“
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