Gehaltsverzicht
Wie sich Lohnkosten auch ohne Kurzarbeit senken lassen

Gehaltsverzicht der Mitarbeiter kann Firmen in der Corona-Krise retten - doch dabei gibt es rechtliche Hürden, die Arbeitgeber und Arbeitnehmer kennen sollten.

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Gehaltsverzicht kann dazu beitragen, die Lohnkosten zu senken.
© Marie Maerz / photocase.de

Dürfen Arbeitgeber ihren Mitarbeitern vorschlagen, auf einen Teil ihres Gehalts verzichten?

Ja, das ist in zwei unterschiedlichen Varianten möglich:

1. Gehaltsverzicht

Bei einem Gehaltsverzicht verzichten Mitarbeiter auf einen Teil ihres Gehalts, und dieses Geld wird ihnen auch später nicht zurückgezahlt. Ein Verzicht hilft insbesondere dann, wenn Umsatz wegbricht, der auch in den kommenden Monaten nicht mehr aufgeholt werden kann. Er sollte aus Gründen der Sozialversicherung jedoch stets nur für die Zukunft und nicht rückwirkend vereinbart werden.

Wichtig ist aber: Das Nettogehalt des Arbeitnehmers sinkt nicht so stark wie das Bruttogehalt. Denn bei einem geringeren Bruttogehalt müssen auch weniger Steuern abgeführt werden.

Ein Beispiel: Ein Mitarbeiter verdient normalerweise 4000 Euro brutto im Monat. Er hat Steuerklasse eins, ist nicht in der Kirche und hat keine Kinder. In diesem Fall liegt sein monatliches Nettoeinkommen bei 2487,41 Euro.

Verzichtet er nun beispielsweise auf 10 Prozent seines laufenden Bruttogehalts, so sinkt dieses auf 3600 Euro. Sein Nettoeinkommen liegt dann bei 2285,23 Euro. Sprich: Sein Nettoeinkommen sinkt nicht um 10 Prozent, sondern nur um 8,12 Prozent.

Im Hinblick auf die Einzahlungen in die Rentenversicherung nimmt der Arbeitnehmer allerdings 10 Prozent Einbußen hin. Denn diese Beiträge werden von seinem Bruttogehalt abgeführt.

Dasselbe gilt für die betriebliche Altersvorsorge: Auch diese wird eventuell prozentual vom Bruttogehalt des Arbeitnehmers abgeführt. Das ist jedenfalls solange der Fall, wie das monatliche Bruttogehalt unterhalb der Beitragsbemessungsgrenze zur Rentenversicherung liegt.

2. Gehaltsstundung

Bei einer Gehaltsstundung können Unternehmer mit ihren Mitarbeitern vereinbaren, dass sie vorübergehend auf die Auszahlung eines Teils ihres Gehalts verzichten und dieses erst in einigen Monaten ausgezahlt bekommen, wenn es dem Unternehmen wieder besser geht. Eine Stundung hilft insbesondere dann, wenn es vorübergehend einen Liquiditätsengpass im Unternehmen gibt.

Allerdings kann eine Stundung für manche Unternehmen auch problematisch werden. Denn sie gewinnen zwar zunächst Liquidität, müssen für die gestundeten Gehälter aber Rücklagen bilden, die wiederum das Jahresergebnis senken.

Außerdem muss bei einer Stundung von vornherein vereinbart werden, wann die Mitarbeiter ihr Geld zurückbekommen. Und das ist schwer vorherzusagen in einer Krise, in der man ja nie wissen kann, wie schnell das Geschäft wieder anläuft.

Ist die Krise noch nicht vorbei oder leidet das Unternehmen noch an Folgeproblemen und ist trotzdem der Zeitpunkt erreicht, an dem die Mitarbeiter ihr Geld vereinbarungsgemäß zurückbekommen sollen, sind Unternehmer erneut auf das Wohlwollen der Mitarbeiter angewiesen: Nur wenn diese einer erneuten Stundung zustimmen, kann die Zahlung des bereits gestundeten Gehalts erneut aufgeschoben werden. Sind die Mitarbeiter damit nicht einverstanden, muss der Unternehmer zahlen. Auch dann, wenn ihn diese Zahlungen in die Insolvenz treiben sollten.

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3. Gehaltsverzicht mit Besserungsklausel

Weder ein Gehaltsverzicht, noch eine Gehaltsstundung sind also wirklich zufriedenstellend: Bei einem Gehaltsverzicht haben die Mitarbeiter das Nachsehen. Und bei einer Stundung kann der Unternehmer unter Umständen in später in Zahlungsschwierigkeiten geraten.

Eine dritte Option könnte deshalb folgendermaßen aussehen: Die Mitarbeiter verzichten zunächst auf einen Teil ihres Gehalts. In einer schriftlichen Vereinbarung sichert der Unternehmer ihnen aber zu, dass sie ihr Geld bekommen, sobald es dem Unternehmen wieder besser geht.

„Woran es sich bemisst, dass es dem Unternehmen besser geht, muss in dieser Vereinbarung ganz klar festgelegt werden“, sagt Isabel Hexel, Fachanwältin für Arbeitsrecht und Partnerin der Kanzlei Oppenhoff & Partner.

Möglich wäre es beispielsweise, die Rückzahlung an das Erreichen eines bestimmten Jahresumsatzes zu koppeln. Auch bei dieser Form muss der Unternehmer Rückstellungen für die spätere Rückzahlung an seine Mitarbeiter bilden. Man spricht hier von einer sogenannten Besserungsklausel: Wenn es dem Unternehmen besser geht, erhalten die Mitarbeiter ihr Geld zurück.

Können Arbeitgeber Mitarbeiter zu Gehaltsverzicht oder Gehaltsstundung zwingen?

Nein, das ist nicht möglich. In beiden Fällen sind Unternehmer darauf angewiesen, dass Mitarbeiter zustimmen.

Können sich Arbeitgeber die Bereitschaft zum Gehaltsverzicht schriftlich zusichern lassen?

Aktuell beantragen viele Unternehmen Kurzarbeit. Eine nahe liegende Idee: Vorab von den Mitarbeitern vereinbaren, dass sie auf einen Teil ihres Gehalts verzichten, falls der Antrag auf Kurzarbeit abgelehnt wird. Eine solche pauschale Vorab-Vereinbarung wäre allerdings sittenwidrig: Damit würde der Arbeitgeber sein Geschäftsrisiko auf seine Angestellten abwälzen.

Müssen alle Mitarbeiter auf die gleiche Gehaltssumme verzichten?

„Grundsätzlich unterliegen Arbeitgeber beim Angebot eines Verzichts oder einer Stundung dem allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz“, sagt Isabel Hexel. „Es kann aber natürlich sein, dass in so einer Krise eine Abteilung stärker von Umsatzeinbußen betroffen ist als eine andere, und dann wäre es auch gerechtfertigt, dort eine etwas höhere Gehaltskürzung oder -stundung vorzuschlagen als in einer weniger betroffenen Abteilung.“

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Sollten Mitarbeiter von sich aus anbieten, auf Gehalt zu verzichten oder es zu stunden, darf es auch innerhalb einer Abteilung Unterschiede zwischen den einzelnen Angestellten geben.

Was ist bei Mitarbeitern im Niedriglohnsektor in Bezug auf Gehaltsverzicht oder -stundung zu beachten?

Durch einen Gehaltsverzicht oder eine Gehaltsstundung dürfen Mitarbeiter, die im Niedriglohnsektor arbeiten, nicht unter den Mindestlohn rutschen. Das wäre nur möglich, wenn beide Parteien dazu vor Gericht einen Vergleich schließen. Diese Variante ist auf Grund der aktuellen Krisensituation aber schlicht nicht praktikabel.

Zudem sind die Pfändungsfreigrenzen zu beachten. Das bedeutet, dass auch ein Verzicht auf die unpfändbare Arbeitsvergütung unwirksam wäre.

„Generell ist ein Gehaltsverzicht nur bis zur Grenze der Sittenwidrigkeit möglich. Erscheint der Verzicht als verwerflich oder unbillig, weil der Arbeitgeber damit zum Beispiel sein gesamtes Geschäftsrisiko auf den Arbeitnehmer abzuwälzen versucht, ist die Abrede unwirksam“, sagt Isabel Hexel.

Was ist bei Mitarbeitern mit höheren Gehältern in Bezug auf Gehaltsverzicht oder -stundung zu beachten?

Für Arbeitnehmer, die höhere Löhne beziehen, gilt zunächst einmal das Gleiche wie bei Arbeitnehmern im Niedriglohnsektor. Allerdings gibt es größeren Gestaltungsspielraum bei der Höhe des Verzichts.

Eine feste Grenze, wann der Verzicht als sittenwidrig eingestuft wird, gibt es jedoch nicht. Es kommt dabei stets auf die Gesamtumstände an. Eine Kürzung um bis zu 25 Prozent dürfte sich aber rechtfertigen lassen, wenn der Arbeitnehmer überhaupt soweit mitgeht.

Müssen Gehaltsverzicht oder -stundung vertraglich vereinbart werden?

Ja, in beiden Fällen müssen Sie den Verzicht oder die Stundung im Rahmen einer Änderungsvereinbarung zum Arbeitsvertrag mit Ihrem Mitarbeiter vereinbaren.

1. Mit Schriftformklausel

Viele Arbeitsverträge enthalten zudem eine sogenannte doppelte Schriftformklausel. Das bedeutet, dass Änderungen immer schriftlich erfolgen und von beiden Parteien unterschrieben werden müssen und auch die Aufhebung des Schriftformerfordernisses der Schriftform bedarf.

Mit Einscannen, Zumailen und unterschrieben als PDF per E-Mail Zurückschicken ist es also nicht getan. „Stattdessen sollten Sie Ihrem Mitarbeiter zwei Originale per Post zuschicken und sich eins unterzeichnet zurückschicken lassen, auch wenn das natürlich gerade in der aktuellen Situation einen erheblichen Arbeits- und Zeitaufwand bedeutet“, sagt Isabel Hexel.

Nur wenn die Vertragsänderung individuell ausgehandelt wird, kann von der Schriftformklausel eine Ausnahme gemacht werden. Eine pauschale Änderung, die der Unternehmer all seinen Angestellten vorlegt, erfüllt diesen Ausnahmetatbestand aber nicht.

2. Ohne Schriftformklausel

Gibt es in den Arbeitsverträgen kein Schriftformerfordernis, kann die Änderungsvereinbarung allerdings auch per E-Mail erfolgen. Nach § 3 Nachweisgesetz muss der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer diese Änderung dann allerdings binnen eines Monats noch einmal schriftlich mitteilen.

Tipp: Man kann die Mitarbeiter über eine wiederum schriftlich vorzunehmende Vertragsänderung bitten, das im Arbeitsvertrag enthaltene Schriftformerfordernis durch ein Textformerfordernis zu ersetzen. Ansonsten werden vertragliche Änderungen und andere schriftliche Abmachungen in der Corona-Krise äußerst schwierig.

Allerdings wirkt die Änderung erst dann, wenn diese schriftlich, das heißt von beiden Parteien auf demselben Dokument handschriftlich unterzeichnet wurde. Erst anschließend kann der Unternehmer flexibler aufgrund der Corona-Krise erforderliche Änderungen zum Beispiel per E-Mail vereinbaren.

Auf welche Gehaltsbestandteile können Mitarbeiter verzichten?

„Im Verzicht muss sehr genau geregelt sein, auf welchen Teil seines Gehalts ein Mitarbeiter für welchen Zeitraum verzichtet“, sagt Isabel Hexel. Und dabei gibt es verschiedene Möglichkeiten. Mitarbeiter können zum Beispiel:

  • auf einen Prozentsatz ihres laufenden Bruttogehalts verzichten,
  • auf einen einmaligen Bonus oder einen Anteil ihres variablen Gehalts verzichten oder
  • auf Urlaubs- oder Weihnachtsgeld verzichten.

„Sollte sich der Vergütungsanteil, auf den verzichtet werden soll, jedoch aus einer Betriebsvereinbarung oder einem Tarifvertrag ergeben, sind besondere Voraussetzungen zu beachten“, so Isabel Hexel.

Alternativ können Arbeitgeber und Arbeitnehmer auch über eine Vertragsänderung vereinbaren, dass die Arbeitszeit in einem festgelegten Zeitraum niedriger ist und das Gehalt entsprechend reduziert wird. Existiert ein Betriebsrat, bedarf eine solche kollektive Regelung jedoch seiner Zustimmung, da die Abrede mit den Arbeitnehmern ansonsten unwirksam ist.

Welche Auswirkungen hat ein Gehaltsverzicht auf die Renten- und Krankenversicherungsbeiträge?

Hier sind verschiedene Aspekte zu berücksichtigen. Zum einen gilt im Sozialversicherungsrecht das Entstehungs- und nicht das Zuflussprinzip. Das bedeutet, dass für die Festsetzung der Beiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung das vom Arbeitnehmer rechtlich zu beanspruchende Arbeitsentgelt herangezogen wird und nicht das tatsächlich gezahlte (niedrigere).

Der Lohnverzicht muss daher rechtswirksam und nur auf künftig fällig werdende Arbeitsentgeltbestandteile gerichtet sein. Denn ein rückwirkender Verzicht der Arbeitnehmer auf Arbeitsentgeltanspruch führt nicht zu einer Reduzierung der Beitragsforderung. Der Beitragsanspruch der Sozialkassen ist in diesem Fall bereits entstanden und wird durch den späteren Verzicht nicht mehr beseitigt.

Zum anderen hängt es von der Verdiensthöhe des Mitarbeiters ab, ob der Verzicht Auswirkungen auf die Beitragshöhe in der Sozialversicherung hat:

  • Verdient ein Mitarbeiter so gut, dass er mit seinem Bruttogehalt oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze zur Rentenversicherung liegt (Westdeutschland: 6900 Euro/ Monat; Ostdeutschland: 6450 Euro/ Monat; Stand: 2020) und fällt er auch trotz Gehaltskürzung nicht unter diese Grenze, wirkt sich dies nicht auf die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung aus.
  • Verdient ein Mitarbeiter jedoch weniger als 6900 Euro (West) bzw. 6450 Euro (Ost) brutto pro Monat oder fällt er durch die Kürzung unter diese Grenze, verringert sich auch der Beitrag, den der Arbeitgeber für ihn in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlt.

Sind Gehaltsverzicht oder -stundung trotz Tarifvertrag möglich?

Es gibt Tarifverträge, die einen Verzicht oder eine Stundung des Arbeitsentgelts von vornherein ausschließen. Dann wäre eine entsprechende Vereinbarung unwirksam.

Enthält der Tarifvertrag keinen expliziten Ausschluss, ist der Verzicht auf entstandene tarifliche Rechte nur mit Zustimmung der Tarifparteien zulässig.

Welche Mitspracherechte hat ein Betriebsrat bei Gehaltsverzicht oder -stundung?

Gibt es einen Betriebsrat und soll mit mehreren Arbeitnehmern ein Gehaltsverzicht vereinbart werden, muss dieser zuvor nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG beteiligt werden, da durch unterschiedliche Verzichtsregelungen das Lohngefüge verändert werden könnte.

Sollte sich der Gehaltsbestandteil, auf den verzichtet werden soll, zudem aus einer Betriebsvereinbarung ergeben, so bedarf der Verzicht darauf schon dann der Zustimmung des Betriebsrates, wenn nur ein einziger Mitarbeiter betroffen ist.

„Betriebsräte können die erforderlichen Beschlüsse jedoch nur in Präsenzsitzungen treffen“, erklärt Isabel Hexel. „Das ist in Zeiten wie diesen natürlich manchmal schwierig. Gewerkschaften und der Bundesverband der Arbeitsrechtler in Unternehmen (BVAU) dringen deshalb auf eine schnelle Gesetzesänderung und wollen erwirken, dass auch Beschlüsse per Video- oder Telefonkonferenz rechtlich bindend sind.“

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil hat in einer Ende März 2020 veröffentlichten Ministererklärung betont, dass in der Corona-Krise auch Beschlüsse wirksam sind, die in virtuellen Betriebsratssitzungen gefasst werden. Das sei wichtig, um die Arbeitsfähigkeit der Betriebsräte sicherzustellen.

Dabei handelt es sich aber um die Rechtsmeinung des Ministers, der sich die Gerichte in späteren Prozessen nicht anschließen müssen. Wer auf Nummer sicher gehen will, sollte die Gesetzesänderung abwarten.

Für welchen Zeitraum dürfen Gehaltsverzicht oder -stundung vereinbart werden?

„Es gibt keinen festen Zeitraum“, sagt Isabel Hexel. „Wichtig ist nur, dass der Zeitraum in der Vereinbarung eindeutig festgelegt wird und für den Arbeitnehmer nicht unangemessen lang ist.

Im Fall der Corona-Krise würde man einen Verzicht oder eine Stundung also erst einmal für einige – beispielsweise drei oder vier – Monate vereinbaren. Sollte sich die Krise bis dahin nicht beruhigt haben, kann man dann immer nochmal miteinander reden und den Zeitraum gegebenenfalls verlängern.“

Wie erfolgt bei einer Gehaltsstundung die Rückzahlung?

Auch das kann individuell unterschiedlich geregelt werden. Unternehmer und Mitarbeiter können beispielsweise vereinbaren, dass die Rückzahlung über mehrere Monate hinweg erfolgt. Häufig ist das ein sinnvoller Weg.

Würde der Mitarbeiter das gesamte gestundete Gehalt auf einen Schlag, zum Beispiel im nächsten Steuerjahr, zurückbekommen, könnte er unter Umständen in die nächste Stufe der Steuerprogression rutschen und weniger von dem zurückgezahlten Geld haben.

„Denkbar ist aber auch, dass Unternehmer und Mitarbeiter anstelle einer Gehaltsstundung einen Gehaltsverzicht im Gegenzug für eine Art Bonuszahlung vereinbaren“, sagt Isabel Hexel. „Darin kann man beispielsweise festlegen, dass der Mitarbeiter einen bestimmten prozentualen Anteil vom Unternehmensgewinn als Bonus erhält, sobald das Unternehmen wieder floriert. Wenn es für den Mitarbeiter gut läuft, bekommt er auf diese Weise am Ende vielleicht sogar mehr Geld, als er sonst über sein reguläres Gehalt erhalten hätte.“

Wichtig ist, dass sowohl eine Stundung als auch ein Verzicht jeweils transparent, eindeutig und nicht unangemessen ausgestaltet werden, denn eine solche Änderungsvereinbarung unterliegt wie auch der Arbeitsvertrag selbst der AGB-Kontrolle.

Gehen mit Gehaltsverzicht oder -stundung kürzere Arbeitszeiten einher?

Nein, in beiden Fällen arbeiten die Mitarbeiter genauso viele Stunden wie zuvor. Kürzere Arbeitszeiten kommen nur dann zum Tragen, wenn ein Mitarbeiter seine Stelle reduziert und beispielsweise von einer 100-Prozent-Stelle auf eine 80-Prozent-Stelle runtergeht. Auch dies geht jedoch nur einvernehmlich.

In Betrieben mit Betriebsrat erfordert die vorübergehende Absenkung der Arbeitszeit, ebenso wie die Vereinbarung von Kurzarbeit, die Zustimmung des Betriebsrates.

Was passiert im Falle einer Insolvenz mit gestundeten Gehältern?

Wenn das Unternehmen pleitegeht, wird das gestundete Geld zur Insolvenzforderung und entsprechend nur prozentual aus der Insolvenzmasse befriedigt.

Mehr zum Thema Insolvenz in der Corona-Krise: Insolvenzantragspflicht: Dieser Insolvenz-Irrtum ist gefährlich

Wie wirken sich Gehaltsstundung oder -verzicht im Falle einer Insolvenz auf das Arbeitslosengeld aus?

Im Fall eines Gehaltsverzichts erhält der Mitarbeiter bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses zudem weniger Arbeitslosengeld – er hat im Bemessungszeitraum schlicht weniger verdient als sonst üblich.

Anders ist es, wenn der Mitarbeiter zuvor Kurzarbeitergeld bezogen hat: Es hat auf die Höhe des späteren Arbeitslosengeldes keine Wirkung und berechnet sich nach dem Arbeitsentgelt, das ohne den Arbeitsausfall erzielt worden wäre.

Hat eine Gehaltskürzung Auswirkungen auf die Beiträge zur betrieblichen Altersvorsorge?

Auch hier sind die Regeln für die Beitragsbemessungsgrenze zur gesetzlichen Rentenversicherung entscheidend: Verdient ein Mitarbeiter oberhalb dieser Grenze und fällt er durch die Kürzung nicht darunter, hat die Kürzung in der Regel keine Auswirkung auf seine betriebliche Altersvorsorge.

Verdient ein Mitarbeiter unterhalb der Beitragsbemessungsgrenze, oder fällt er durch die Kürzung unter diese Grenze, verringert sich zum Beispiel im Falle einer vereinbarten Bruttolohnumwandlung eventuell auch sein Beitrag zur betrieblichen Altersvorsorge. „Auf die Auswirkungen der Verzichtsabrede sollten die Arbeitsvertragsparteien daher schon vorher genau achten, um spätere Streitigkeiten zu vermeiden“, erklärt Isabel Hexel.

Rechenbeispiel 1: Bruttogehalt unter Beitragsbemessungsgrenze

Ein Beispiel: Angenommen ein Mitarbeiter verdient 4000 Euro brutto und zahlt jeden Monat 4 Prozent seines Bruttogehalts in eine betriebliche Altersvorsorge ein. Zusätzlich zahlt der Arbeitgeber noch einmal 4 Prozent ein.

Mitarbeiter und Arbeitgeber zahlen also jeweils 160 Euro in die betriebliche Altersvorsorge des Mitarbeiters ein. Zusammengenommen sind das 320 Euro.

Verzichtet der Mitarbeiter nun beispielsweise auf 10 Prozent seines Bruttogehalts, verdient er nur noch 3600 Euro. In seine betriebliche Altersvorsorge zahlt er dann jeden Monat nur noch 144 Euro, und auch der Anteil des Arbeitgebers sinkt auf 144 Euro. Zusammengenommen sind es also nur noch 288 Euro, die für diesen Mitarbeiter jeden Monat in die betriebliche Altersvorsorge fließen.

Rechenbeispiel 2: Bruttogehalt über Beitragsbemessungsgrenze

Verdient ein Mitarbeiter in Westdeutschland beispielsweise 8000 Euro brutto im Monat, liegt der damit oberhalb der Bemessungsgrenze zur Rentenversicherung. Das bedeutet: Er bezahlt nur 4 Prozent von 6900 Euro im Monat in die betriebliche Altersvorsorge ein, denn bei 6900 Euro liegt die Bemessungsgrenze. Auch der Arbeitgeber zahlt 4 Prozent von 6900 Euro ein. Das sind jeweils 276 Euro, in Summe also 552 Euro im Monat.

Verzichtet dieser Mitarbeiter nun auf 500 Euro im Monat, sinkt sein Bruttogehalt zwar auf 7500 Euro. Weil er damit aber immer noch oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze liegt, ändert sich für seine betriebliche Altersvorsorge nichts.

Können Arbeitnehmer statt auf Gehalt auch auf Urlaubstage verzichten?

Arbeitnehmer können auf Urlaubsansprüche verzichten, die über den gesetzlichen Urlaubsanspruch hinausgehen. Dies setzt aber voraus, dass der Urlaubsanspruch nicht auf Tarifverträgen oder Betriebsvereinbarungen beruht und dass der Arbeitnehmer seinen Urlaub nicht bereits genommen hat. Auch das muss vertraglich geregelt werden.

Durch den Verzicht auf Urlaubstage kann ein Unternehmen durchaus Lohnkosten sparen. Aus Sicht des Arbeitgebers fließt während des Urlaubs das Gehalt des Mitarbeiters ab, ohne dass dieser Zeitraum produktiv für das Unternehmen genutzt wird (dass die Erholung des Mitarbeiters auf andere Weise für den Betrieb nützlich ist, lassen wir dabei außen vor).

Verzichtet ein Mitarbeiter auf Urlaubstage und arbeitet er in diesem Zeitraum, refinanziert er sein Gehalt und bringt dem Unternehmen im besten Fall mehr Umsatz. Auch Urlaubsvertretungen, für die ebenfalls Lohnkosten anfallen, sind überflüssig. Insofern kann auch ein Urlaubsverzicht für den Betrieb hilfreich sein.

Dürfen Arbeitgeber ihren Mitarbeitern vorschlagen, auf einen Teil ihres Gehalts verzichten? Ja, das ist in zwei unterschiedlichen Varianten möglich: 1. Gehaltsverzicht Bei einem Gehaltsverzicht verzichten Mitarbeiter auf einen Teil ihres Gehalts, und dieses Geld wird ihnen auch später nicht zurückgezahlt. Ein Verzicht hilft insbesondere dann, wenn Umsatz wegbricht, der auch in den kommenden Monaten nicht mehr aufgeholt werden kann. Er sollte aus Gründen der Sozialversicherung jedoch stets nur für die Zukunft und nicht rückwirkend vereinbart werden. Wichtig ist aber: Das Nettogehalt des Arbeitnehmers sinkt nicht so stark wie das Bruttogehalt. Denn bei einem geringeren Bruttogehalt müssen auch weniger Steuern abgeführt werden. Ein Beispiel: Ein Mitarbeiter verdient normalerweise 4000 Euro brutto im Monat. Er hat Steuerklasse eins, ist nicht in der Kirche und hat keine Kinder. In diesem Fall liegt sein monatliches Nettoeinkommen bei 2487,41 Euro. Verzichtet er nun beispielsweise auf 10 Prozent seines laufenden Bruttogehalts, so sinkt dieses auf 3600 Euro. Sein Nettoeinkommen liegt dann bei 2285,23 Euro. Sprich: Sein Nettoeinkommen sinkt nicht um 10 Prozent, sondern nur um 8,12 Prozent. Im Hinblick auf die Einzahlungen in die Rentenversicherung nimmt der Arbeitnehmer allerdings 10 Prozent Einbußen hin. Denn diese Beiträge werden von seinem Bruttogehalt abgeführt. Dasselbe gilt für die betriebliche Altersvorsorge: Auch diese wird eventuell prozentual vom Bruttogehalt des Arbeitnehmers abgeführt. Das ist jedenfalls solange der Fall, wie das monatliche Bruttogehalt unterhalb der Beitragsbemessungsgrenze zur Rentenversicherung liegt. 2. Gehaltsstundung Bei einer Gehaltsstundung können Unternehmer mit ihren Mitarbeitern vereinbaren, dass sie vorübergehend auf die Auszahlung eines Teils ihres Gehalts verzichten und dieses erst in einigen Monaten ausgezahlt bekommen, wenn es dem Unternehmen wieder besser geht. Eine Stundung hilft insbesondere dann, wenn es vorübergehend einen Liquiditätsengpass im Unternehmen gibt. Allerdings kann eine Stundung für manche Unternehmen auch problematisch werden. Denn sie gewinnen zwar zunächst Liquidität, müssen für die gestundeten Gehälter aber Rücklagen bilden, die wiederum das Jahresergebnis senken. Außerdem muss bei einer Stundung von vornherein vereinbart werden, wann die Mitarbeiter ihr Geld zurückbekommen. Und das ist schwer vorherzusagen in einer Krise, in der man ja nie wissen kann, wie schnell das Geschäft wieder anläuft. Ist die Krise noch nicht vorbei oder leidet das Unternehmen noch an Folgeproblemen und ist trotzdem der Zeitpunkt erreicht, an dem die Mitarbeiter ihr Geld vereinbarungsgemäß zurückbekommen sollen, sind Unternehmer erneut auf das Wohlwollen der Mitarbeiter angewiesen: Nur wenn diese einer erneuten Stundung zustimmen, kann die Zahlung des bereits gestundeten Gehalts erneut aufgeschoben werden. Sind die Mitarbeiter damit nicht einverstanden, muss der Unternehmer zahlen. Auch dann, wenn ihn diese Zahlungen in die Insolvenz treiben sollten. 3. Gehaltsverzicht mit Besserungsklausel Weder ein Gehaltsverzicht, noch eine Gehaltsstundung sind also wirklich zufriedenstellend: Bei einem Gehaltsverzicht haben die Mitarbeiter das Nachsehen. Und bei einer Stundung kann der Unternehmer unter Umständen in später in Zahlungsschwierigkeiten geraten. Eine dritte Option könnte deshalb folgendermaßen aussehen: Die Mitarbeiter verzichten zunächst auf einen Teil ihres Gehalts. In einer schriftlichen Vereinbarung sichert der Unternehmer ihnen aber zu, dass sie ihr Geld bekommen, sobald es dem Unternehmen wieder besser geht. „Woran es sich bemisst, dass es dem Unternehmen besser geht, muss in dieser Vereinbarung ganz klar festgelegt werden“, sagt Isabel Hexel, Fachanwältin für Arbeitsrecht und Partnerin der Kanzlei Oppenhoff & Partner. Möglich wäre es beispielsweise, die Rückzahlung an das Erreichen eines bestimmten Jahresumsatzes zu koppeln. Auch bei dieser Form muss der Unternehmer Rückstellungen für die spätere Rückzahlung an seine Mitarbeiter bilden. Man spricht hier von einer sogenannten Besserungsklausel: Wenn es dem Unternehmen besser geht, erhalten die Mitarbeiter ihr Geld zurück. Können Arbeitgeber Mitarbeiter zu Gehaltsverzicht oder Gehaltsstundung zwingen? Nein, das ist nicht möglich. In beiden Fällen sind Unternehmer darauf angewiesen, dass Mitarbeiter zustimmen. Können sich Arbeitgeber die Bereitschaft zum Gehaltsverzicht schriftlich zusichern lassen? Aktuell beantragen viele Unternehmen Kurzarbeit. Eine nahe liegende Idee: Vorab von den Mitarbeitern vereinbaren, dass sie auf einen Teil ihres Gehalts verzichten, falls der Antrag auf Kurzarbeit abgelehnt wird. Eine solche pauschale Vorab-Vereinbarung wäre allerdings sittenwidrig: Damit würde der Arbeitgeber sein Geschäftsrisiko auf seine Angestellten abwälzen. Müssen alle Mitarbeiter auf die gleiche Gehaltssumme verzichten? „Grundsätzlich unterliegen Arbeitgeber beim Angebot eines Verzichts oder einer Stundung dem allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz“, sagt Isabel Hexel. „Es kann aber natürlich sein, dass in so einer Krise eine Abteilung stärker von Umsatzeinbußen betroffen ist als eine andere, und dann wäre es auch gerechtfertigt, dort eine etwas höhere Gehaltskürzung oder -stundung vorzuschlagen als in einer weniger betroffenen Abteilung.“ Sollten Mitarbeiter von sich aus anbieten, auf Gehalt zu verzichten oder es zu stunden, darf es auch innerhalb einer Abteilung Unterschiede zwischen den einzelnen Angestellten geben. Was ist bei Mitarbeitern im Niedriglohnsektor in Bezug auf Gehaltsverzicht oder -stundung zu beachten? Durch einen Gehaltsverzicht oder eine Gehaltsstundung dürfen Mitarbeiter, die im Niedriglohnsektor arbeiten, nicht unter den Mindestlohn rutschen. Das wäre nur möglich, wenn beide Parteien dazu vor Gericht einen Vergleich schließen. Diese Variante ist auf Grund der aktuellen Krisensituation aber schlicht nicht praktikabel. Zudem sind die Pfändungsfreigrenzen zu beachten. Das bedeutet, dass auch ein Verzicht auf die unpfändbare Arbeitsvergütung unwirksam wäre. „Generell ist ein Gehaltsverzicht nur bis zur Grenze der Sittenwidrigkeit möglich. Erscheint der Verzicht als verwerflich oder unbillig, weil der Arbeitgeber damit zum Beispiel sein gesamtes Geschäftsrisiko auf den Arbeitnehmer abzuwälzen versucht, ist die Abrede unwirksam“, sagt Isabel Hexel. Was ist bei Mitarbeitern mit höheren Gehältern in Bezug auf Gehaltsverzicht oder -stundung zu beachten? Für Arbeitnehmer, die höhere Löhne beziehen, gilt zunächst einmal das Gleiche wie bei Arbeitnehmern im Niedriglohnsektor. Allerdings gibt es größeren Gestaltungsspielraum bei der Höhe des Verzichts. Eine feste Grenze, wann der Verzicht als sittenwidrig eingestuft wird, gibt es jedoch nicht. Es kommt dabei stets auf die Gesamtumstände an. Eine Kürzung um bis zu 25 Prozent dürfte sich aber rechtfertigen lassen, wenn der Arbeitnehmer überhaupt soweit mitgeht. Müssen Gehaltsverzicht oder -stundung vertraglich vereinbart werden? Ja, in beiden Fällen müssen Sie den Verzicht oder die Stundung im Rahmen einer Änderungsvereinbarung zum Arbeitsvertrag mit Ihrem Mitarbeiter vereinbaren. 1. Mit Schriftformklausel Viele Arbeitsverträge enthalten zudem eine sogenannte doppelte Schriftformklausel. Das bedeutet, dass Änderungen immer schriftlich erfolgen und von beiden Parteien unterschrieben werden müssen und auch die Aufhebung des Schriftformerfordernisses der Schriftform bedarf. Mit Einscannen, Zumailen und unterschrieben als PDF per E-Mail Zurückschicken ist es also nicht getan. „Stattdessen sollten Sie Ihrem Mitarbeiter zwei Originale per Post zuschicken und sich eins unterzeichnet zurückschicken lassen, auch wenn das natürlich gerade in der aktuellen Situation einen erheblichen Arbeits- und Zeitaufwand bedeutet“, sagt Isabel Hexel. Nur wenn die Vertragsänderung individuell ausgehandelt wird, kann von der Schriftformklausel eine Ausnahme gemacht werden. Eine pauschale Änderung, die der Unternehmer all seinen Angestellten vorlegt, erfüllt diesen Ausnahmetatbestand aber nicht. 2. Ohne Schriftformklausel Gibt es in den Arbeitsverträgen kein Schriftformerfordernis, kann die Änderungsvereinbarung allerdings auch per E-Mail erfolgen. Nach § 3 Nachweisgesetz muss der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer diese Änderung dann allerdings binnen eines Monats noch einmal schriftlich mitteilen. Tipp: Man kann die Mitarbeiter über eine wiederum schriftlich vorzunehmende Vertragsänderung bitten, das im Arbeitsvertrag enthaltene Schriftformerfordernis durch ein Textformerfordernis zu ersetzen. Ansonsten werden vertragliche Änderungen und andere schriftliche Abmachungen in der Corona-Krise äußerst schwierig. Allerdings wirkt die Änderung erst dann, wenn diese schriftlich, das heißt von beiden Parteien auf demselben Dokument handschriftlich unterzeichnet wurde. Erst anschließend kann der Unternehmer flexibler aufgrund der Corona-Krise erforderliche Änderungen zum Beispiel per E-Mail vereinbaren. Auf welche Gehaltsbestandteile können Mitarbeiter verzichten? „Im Verzicht muss sehr genau geregelt sein, auf welchen Teil seines Gehalts ein Mitarbeiter für welchen Zeitraum verzichtet“, sagt Isabel Hexel. Und dabei gibt es verschiedene Möglichkeiten. Mitarbeiter können zum Beispiel: auf einen Prozentsatz ihres laufenden Bruttogehalts verzichten, auf einen einmaligen Bonus oder einen Anteil ihres variablen Gehalts verzichten oder auf Urlaubs- oder Weihnachtsgeld verzichten. „Sollte sich der Vergütungsanteil, auf den verzichtet werden soll, jedoch aus einer Betriebsvereinbarung oder einem Tarifvertrag ergeben, sind besondere Voraussetzungen zu beachten“, so Isabel Hexel. Alternativ können Arbeitgeber und Arbeitnehmer auch über eine Vertragsänderung vereinbaren, dass die Arbeitszeit in einem festgelegten Zeitraum niedriger ist und das Gehalt entsprechend reduziert wird. Existiert ein Betriebsrat, bedarf eine solche kollektive Regelung jedoch seiner Zustimmung, da die Abrede mit den Arbeitnehmern ansonsten unwirksam ist. Welche Auswirkungen hat ein Gehaltsverzicht auf die Renten- und Krankenversicherungsbeiträge? Hier sind verschiedene Aspekte zu berücksichtigen. Zum einen gilt im Sozialversicherungsrecht das Entstehungs- und nicht das Zuflussprinzip. Das bedeutet, dass für die Festsetzung der Beiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung das vom Arbeitnehmer rechtlich zu beanspruchende Arbeitsentgelt herangezogen wird und nicht das tatsächlich gezahlte (niedrigere). Der Lohnverzicht muss daher rechtswirksam und nur auf künftig fällig werdende Arbeitsentgeltbestandteile gerichtet sein. Denn ein rückwirkender Verzicht der Arbeitnehmer auf Arbeitsentgeltanspruch führt nicht zu einer Reduzierung der Beitragsforderung. Der Beitragsanspruch der Sozialkassen ist in diesem Fall bereits entstanden und wird durch den späteren Verzicht nicht mehr beseitigt. Zum anderen hängt es von der Verdiensthöhe des Mitarbeiters ab, ob der Verzicht Auswirkungen auf die Beitragshöhe in der Sozialversicherung hat: Verdient ein Mitarbeiter so gut, dass er mit seinem Bruttogehalt oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze zur Rentenversicherung liegt (Westdeutschland: 6900 Euro/ Monat; Ostdeutschland: 6450 Euro/ Monat; Stand: 2020) und fällt er auch trotz Gehaltskürzung nicht unter diese Grenze, wirkt sich dies nicht auf die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung aus. Verdient ein Mitarbeiter jedoch weniger als 6900 Euro (West) bzw. 6450 Euro (Ost) brutto pro Monat oder fällt er durch die Kürzung unter diese Grenze, verringert sich auch der Beitrag, den der Arbeitgeber für ihn in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlt. Sind Gehaltsverzicht oder -stundung trotz Tarifvertrag möglich? Es gibt Tarifverträge, die einen Verzicht oder eine Stundung des Arbeitsentgelts von vornherein ausschließen. Dann wäre eine entsprechende Vereinbarung unwirksam. Enthält der Tarifvertrag keinen expliziten Ausschluss, ist der Verzicht auf entstandene tarifliche Rechte nur mit Zustimmung der Tarifparteien zulässig. Welche Mitspracherechte hat ein Betriebsrat bei Gehaltsverzicht oder -stundung? Gibt es einen Betriebsrat und soll mit mehreren Arbeitnehmern ein Gehaltsverzicht vereinbart werden, muss dieser zuvor nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG beteiligt werden, da durch unterschiedliche Verzichtsregelungen das Lohngefüge verändert werden könnte. Sollte sich der Gehaltsbestandteil, auf den verzichtet werden soll, zudem aus einer Betriebsvereinbarung ergeben, so bedarf der Verzicht darauf schon dann der Zustimmung des Betriebsrates, wenn nur ein einziger Mitarbeiter betroffen ist. „Betriebsräte können die erforderlichen Beschlüsse jedoch nur in Präsenzsitzungen treffen“, erklärt Isabel Hexel. „Das ist in Zeiten wie diesen natürlich manchmal schwierig. Gewerkschaften und der Bundesverband der Arbeitsrechtler in Unternehmen (BVAU) dringen deshalb auf eine schnelle Gesetzesänderung und wollen erwirken, dass auch Beschlüsse per Video- oder Telefonkonferenz rechtlich bindend sind.“ Bundesarbeitsminister Hubertus Heil hat in einer Ende März 2020 veröffentlichten Ministererklärung betont, dass in der Corona-Krise auch Beschlüsse wirksam sind, die in virtuellen Betriebsratssitzungen gefasst werden. Das sei wichtig, um die Arbeitsfähigkeit der Betriebsräte sicherzustellen. Dabei handelt es sich aber um die Rechtsmeinung des Ministers, der sich die Gerichte in späteren Prozessen nicht anschließen müssen. Wer auf Nummer sicher gehen will, sollte die Gesetzesänderung abwarten. Für welchen Zeitraum dürfen Gehaltsverzicht oder -stundung vereinbart werden? „Es gibt keinen festen Zeitraum“, sagt Isabel Hexel. „Wichtig ist nur, dass der Zeitraum in der Vereinbarung eindeutig festgelegt wird und für den Arbeitnehmer nicht unangemessen lang ist. Im Fall der Corona-Krise würde man einen Verzicht oder eine Stundung also erst einmal für einige – beispielsweise drei oder vier – Monate vereinbaren. Sollte sich die Krise bis dahin nicht beruhigt haben, kann man dann immer nochmal miteinander reden und den Zeitraum gegebenenfalls verlängern.“ Wie erfolgt bei einer Gehaltsstundung die Rückzahlung? Auch das kann individuell unterschiedlich geregelt werden. Unternehmer und Mitarbeiter können beispielsweise vereinbaren, dass die Rückzahlung über mehrere Monate hinweg erfolgt. Häufig ist das ein sinnvoller Weg. Würde der Mitarbeiter das gesamte gestundete Gehalt auf einen Schlag, zum Beispiel im nächsten Steuerjahr, zurückbekommen, könnte er unter Umständen in die nächste Stufe der Steuerprogression rutschen und weniger von dem zurückgezahlten Geld haben. „Denkbar ist aber auch, dass Unternehmer und Mitarbeiter anstelle einer Gehaltsstundung einen Gehaltsverzicht im Gegenzug für eine Art Bonuszahlung vereinbaren“, sagt Isabel Hexel. „Darin kann man beispielsweise festlegen, dass der Mitarbeiter einen bestimmten prozentualen Anteil vom Unternehmensgewinn als Bonus erhält, sobald das Unternehmen wieder floriert. Wenn es für den Mitarbeiter gut läuft, bekommt er auf diese Weise am Ende vielleicht sogar mehr Geld, als er sonst über sein reguläres Gehalt erhalten hätte.“ Wichtig ist, dass sowohl eine Stundung als auch ein Verzicht jeweils transparent, eindeutig und nicht unangemessen ausgestaltet werden, denn eine solche Änderungsvereinbarung unterliegt wie auch der Arbeitsvertrag selbst der AGB-Kontrolle. Gehen mit Gehaltsverzicht oder -stundung kürzere Arbeitszeiten einher? Nein, in beiden Fällen arbeiten die Mitarbeiter genauso viele Stunden wie zuvor. Kürzere Arbeitszeiten kommen nur dann zum Tragen, wenn ein Mitarbeiter seine Stelle reduziert und beispielsweise von einer 100-Prozent-Stelle auf eine 80-Prozent-Stelle runtergeht. Auch dies geht jedoch nur einvernehmlich. In Betrieben mit Betriebsrat erfordert die vorübergehende Absenkung der Arbeitszeit, ebenso wie die Vereinbarung von Kurzarbeit, die Zustimmung des Betriebsrates. Was passiert im Falle einer Insolvenz mit gestundeten Gehältern? Wenn das Unternehmen pleitegeht, wird das gestundete Geld zur Insolvenzforderung und entsprechend nur prozentual aus der Insolvenzmasse befriedigt. Mehr zum Thema Insolvenz in der Corona-Krise: Insolvenzantragspflicht: Dieser Insolvenz-Irrtum ist gefährlich Wie wirken sich Gehaltsstundung oder -verzicht im Falle einer Insolvenz auf das Arbeitslosengeld aus? Im Fall eines Gehaltsverzichts erhält der Mitarbeiter bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses zudem weniger Arbeitslosengeld – er hat im Bemessungszeitraum schlicht weniger verdient als sonst üblich. Anders ist es, wenn der Mitarbeiter zuvor Kurzarbeitergeld bezogen hat: Es hat auf die Höhe des späteren Arbeitslosengeldes keine Wirkung und berechnet sich nach dem Arbeitsentgelt, das ohne den Arbeitsausfall erzielt worden wäre. Hat eine Gehaltskürzung Auswirkungen auf die Beiträge zur betrieblichen Altersvorsorge? Auch hier sind die Regeln für die Beitragsbemessungsgrenze zur gesetzlichen Rentenversicherung entscheidend: Verdient ein Mitarbeiter oberhalb dieser Grenze und fällt er durch die Kürzung nicht darunter, hat die Kürzung in der Regel keine Auswirkung auf seine betriebliche Altersvorsorge. Verdient ein Mitarbeiter unterhalb der Beitragsbemessungsgrenze, oder fällt er durch die Kürzung unter diese Grenze, verringert sich zum Beispiel im Falle einer vereinbarten Bruttolohnumwandlung eventuell auch sein Beitrag zur betrieblichen Altersvorsorge. „Auf die Auswirkungen der Verzichtsabrede sollten die Arbeitsvertragsparteien daher schon vorher genau achten, um spätere Streitigkeiten zu vermeiden“, erklärt Isabel Hexel. Rechenbeispiel 1: Bruttogehalt unter Beitragsbemessungsgrenze Ein Beispiel: Angenommen ein Mitarbeiter verdient 4000 Euro brutto und zahlt jeden Monat 4 Prozent seines Bruttogehalts in eine betriebliche Altersvorsorge ein. Zusätzlich zahlt der Arbeitgeber noch einmal 4 Prozent ein. Mitarbeiter und Arbeitgeber zahlen also jeweils 160 Euro in die betriebliche Altersvorsorge des Mitarbeiters ein. Zusammengenommen sind das 320 Euro. Verzichtet der Mitarbeiter nun beispielsweise auf 10 Prozent seines Bruttogehalts, verdient er nur noch 3600 Euro. In seine betriebliche Altersvorsorge zahlt er dann jeden Monat nur noch 144 Euro, und auch der Anteil des Arbeitgebers sinkt auf 144 Euro. Zusammengenommen sind es also nur noch 288 Euro, die für diesen Mitarbeiter jeden Monat in die betriebliche Altersvorsorge fließen. Rechenbeispiel 2: Bruttogehalt über Beitragsbemessungsgrenze Verdient ein Mitarbeiter in Westdeutschland beispielsweise 8000 Euro brutto im Monat, liegt der damit oberhalb der Bemessungsgrenze zur Rentenversicherung. Das bedeutet: Er bezahlt nur 4 Prozent von 6900 Euro im Monat in die betriebliche Altersvorsorge ein, denn bei 6900 Euro liegt die Bemessungsgrenze. Auch der Arbeitgeber zahlt 4 Prozent von 6900 Euro ein. Das sind jeweils 276 Euro, in Summe also 552 Euro im Monat. Verzichtet dieser Mitarbeiter nun auf 500 Euro im Monat, sinkt sein Bruttogehalt zwar auf 7500 Euro. Weil er damit aber immer noch oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze liegt, ändert sich für seine betriebliche Altersvorsorge nichts. Können Arbeitnehmer statt auf Gehalt auch auf Urlaubstage verzichten? Arbeitnehmer können auf Urlaubsansprüche verzichten, die über den gesetzlichen Urlaubsanspruch hinausgehen. Dies setzt aber voraus, dass der Urlaubsanspruch nicht auf Tarifverträgen oder Betriebsvereinbarungen beruht und dass der Arbeitnehmer seinen Urlaub nicht bereits genommen hat. Auch das muss vertraglich geregelt werden. Durch den Verzicht auf Urlaubstage kann ein Unternehmen durchaus Lohnkosten sparen. Aus Sicht des Arbeitgebers fließt während des Urlaubs das Gehalt des Mitarbeiters ab, ohne dass dieser Zeitraum produktiv für das Unternehmen genutzt wird (dass die Erholung des Mitarbeiters auf andere Weise für den Betrieb nützlich ist, lassen wir dabei außen vor). Verzichtet ein Mitarbeiter auf Urlaubstage und arbeitet er in diesem Zeitraum, refinanziert er sein Gehalt und bringt dem Unternehmen im besten Fall mehr Umsatz. Auch Urlaubsvertretungen, für die ebenfalls Lohnkosten anfallen, sind überflüssig. Insofern kann auch ein Urlaubsverzicht für den Betrieb hilfreich sein.