Heilmittelwerbegesetz
Welche Werbeaussagen sind bei Therapeuten erlaubt?

Das Heilmittelwerbegesetz setzt Therapeuten und Unternehmen enge Grenzen, mit Heilversprechen zu werben. Was ist konkret erlaubt, was verboten?

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"Mit dieser Wunderpille werden alle Ihre Leiden kuriert!" - verstößt gegen das Heilmittelwerbegesetz.
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© Marie Maerz/photocase.de

„Das Wundermittel gegen Bluthochdruck“

„Reine Haut in vier Wochen“

„Endlich schmerzfrei durch die neue Hokuspokus-Therapie“

Menschen, die gesundheitliche Probleme haben und unter Leidensdruck stehen, sind besonders empfänglich für verführerische Versprechen. Daher werden Therapeuten und Anbietern medizinischer Produkte durch das Heilmittelwerbegesetz (HWG) enge Grenzen gesetzt.

Für welche Produkte und Dienstleistungen gilt das Heilmittelwerbegesetz?

Unter anderem regelt das Heilmittelwerbegesetz die Werbung für:

  • Arzneimittel
  • Medizinprodukte (zum Beispiel Zahnersatz oder Hörgeräte)
  • Kosmetische Produkte (zum Beispiel gegen Akne oder Haarausfall)
  • Plastische-chirurgische Operationen
  • Therapieverfahren
  • Diagnoseverfahren

Sprich: Das HWG regelt Werbung, die sich auf die „Erkennung, Beseitigung oder Linderung von Krankheiten, Leiden, Körperschäden und krankhafte Beschwerden […] bezieht“.  (§1 HWG)

Zur Person
Kilian Kost Kilian Kost ist Fachanwalt für den gewerblichen Rechtsschutz und Gesellschafter der Kölner Kanzlei Wilde Beuger Solmecke.

Wirbt etwa ein Yogastudio damit, dass das Training bei Verspannungen helfen könne, so unterliegt auch dies dem Heilmittelwerberecht. „Jeder, der mit gesundheitsbezogenen Aussagen wirbt, kann dem Heilmittelwerberecht unterfallen“, erklärt Kilian Kost, Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz bei der Kanzlei Wilde Beuger Solmecke. „Es kommt nicht auf die sich äußernde Person an, sondern auf die konkrete Aussage.“

Welche Werbemaßnahmen sind laut Heilmittelwerbegesetz grundsätzlich verboten?

Laut §3 HWG und §11 HWG sind unter anderem folgende Werbemaßnahmen grundsätzlich verboten:

  • Werbung, die die Wirksamkeit von Medizinprodukten, Arzneimitteln und Therapien behauptet, obwohl diese unwirksam sind
  • Werbung, die den Eindruck erweckt, dass ein Behandlungserfolg mit Sicherheit erwartet werden kann
  • Werbung für Fernbehandlungen
  • Werbung mit nicht-wissenschaftlichen Gutachten oder Zeugnissen
  • Werbung, die sich an Kinder unter 14 Jahren richtet
  • Werbung für verschreibungspflichtige Arzneimittel
  • Werbung auf der Packungsbeilage eines Medikaments für ein anderes Arzneimittel
  • Werbung, die suggeriert, dass die Gesundheit negativ beeinträchtigt werden könnte, wenn man ein Arzneimittel NICHT verwendet
  • Werbung, bei der nicht klar wird, dass es sich um Werbung handelt

Das HWG unterscheidet dabei, ob man sich an ein Fachpublikum oder ein Laienpublikum wendet. Wendet man sich an Verbraucher, so ist das Gesetz deutlich strenger als wenn man sich an ein medizinisch vorgebildetes Fachpublikum wendet.

Grundsätzlich, so Kilian Kost, seien Gerichte gegenüber Ärzten strenger als gegenüber Heilpraktikern, da Verbraucher bei Medizinern höhere Standards der Wissenschaftlichkeit erwarteten.

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Welche Werbemaßnahmen sind grundsätzlich erlaubt und nur unter bestimmten Voraussetzungen unzulässig?

Das HWG führt eine Reihe von Werbemaßnahmen auf, die zulässig sind, aber nicht „missbräuchlich, abstoßend oder irreführend“ sein dürfen:

  • die Wiedergabe von Krankengeschichten
  • das Werben mit Testimonials (zum Beispiel das Veröffentlichen von Dankesschreiben)
  • das Werben mit Bildern, die zum Beispiel Krankheiten zeigen oder die Wirksamkeit eines Medikaments, eines Medizinproduktes oder eine Therapie illustrieren

Was aber meint das Gesetz mit „missbräuchlich, abstoßend oder irreführend“?

Missbräuchlich

Der deutsche Begriff ‚missbräuchlich‘ ist etwas missverständlich und eine Übersetzung der EU-Richtlinie“, erklärt Kilian Kost. „Gemeint ist eine übertriebene, unangemessene, unsachliche oder unausgewogene Darstellung.“ Beispiele hierfür sind laut dem Fachanwalt:

  • das Darstellen von atypischen, besonders seltenen Krankheitsverläufen
  • das Darstellen von Krankengeschichten, die deutlich schwerer sind als die üblichen, in denen die gezeigte Behandlung zur Anwendung kommt
  • übertriebene Aussagen ohne sachlichen Inhalt

Abstoßend

„Mit ‚abstoßend‘ ist vor allem gemeint, dass dem Patienten nicht übermäßig Angst gemacht werden darf“, so Kost. Ekelerregende oder unästhetische Werbung ist nach HWG also nur unzulässig, wenn der durchschnittliche Adressat der Werbung dadurch verängstigt oder beunruhigt wird.

Irreführend

„Der Begriff ‚irreführend‘ stellt eigentlich nur klar, was nach dem Irreführungsverbot ohnehin gilt“, so Kost: Man darf nichts behaupten oder andeuten, was nicht stimmt.

Testimonials: Was müssen Therapeuten oder Hersteller medizinischer Produkte bei der Werbung mit Kundenstimmen beachten?

Wenn man mit Kundenstimmen wirbt, dann darf man dies nicht „in missbräuchlicher, abstoßender oder irreführender Weise“ tun.

Was bedeutet das konkret?

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Verboten:

  • Klar irreführend wäre es laut Rechtsanwalt Kost zum Beispiel, wenn die abgebildete Person in Wahrheit nicht krank war oder nicht mit der Methode behandelt wurde.
  • Es darf nicht der Eindruck erweckt werden, dass der Patient, der seine subjektive Erfahrung beschreibt, Wissenschaftler sei und seine Aussage verallgemeinert werden kann.
  • Es darf nicht mit den Meinungen von Autoritäten geworben werden, zum Beispiel mit Aussagen von Prominenten.
  • Hinter den Aussagen darf kein wirtschaftliches Interesse stehen, der Patient darf für die Bewertung also zum Beispiel nicht bezahlt worden sein.
  • Der Behandlungserfolg darf nicht übertrieben und undifferenziert dargestellt werden. „Dies wäre zum Beispiel der Fall, wenn man mit dem Statement eines Patienten wirbt, dessen Fall eine absolute Ausnahme darstellt und die Behandlung in der Regel keine vergleichbaren Ergebnisse bringt“, so Rechtsanwalt Kost. Dann müsse ganz klar kenntlich gemacht werden, dass es sich um einen Ausnahmefall handelt.

Erlaubt:

  • Es wird deutlich, dass die Aussage des Testimonials sich auf einen Einzelfall bezieht und kein allgemeines Wirkversprechen für bestimmte Mittel oder Methoden ist.
  • Anbieter können Aussagen mehrerer Patienten zusammenfassen. Ein Yoga- und Meditationsstudio könnte etwa schreiben: „Rund die Hälfte unserer Teilnehmer berichtet nach sechs Wochen von einer Stressreduktion.“ Natürlich muss diese Aussage der Wahrheit entsprechen.
  • Unproblematisch sind laut Kost Patientenaussagen, die sich nicht auf den Heilerfolg beziehen, sondern auf die Art und Weise der Behandlung (zum Beispiel: „Frau Müller nimmt sich viel Zeit und hört genau hin“). Natürlich gilt auch hier: Das Testimonial muss tatsächlich Patient sein und diese Aussage auch gemacht haben.

Wichtig: „Wer mit positiven Kundenmeinungen wirbt, darf negative nicht unterdrücken“, so Kost. Das gilt insbesondere dann, wenn die Website eine Bewertungsfunktion hat: „Das OLG Düsseldorf hat entschieden, dass es irreführend ist, wenn man nur positive Kundenmeinungen freischaltet, negative aber erst nach rund fünftägiger Prüfung“, erklärt Kost. Einige Aussagen hatte der Anbieter in dem Fall sogar ganz gelöscht (Urt. v. 19.2.13, I-20 U 55/12). Das Gericht begründete die Entscheidung damit, dass die Leser eine neutrale, nicht geschönte Sammlung von Kundenbewertungen erwarteten.

Was muss man beim Werben mit Bildern beachten?

Das Werben mit Bildern ist laut HWG erlaubt, wenn die Abbildungen nicht „in missbräuchlicher, abstoßender oder irreführender Weise Veränderungen des menschlichen Körpers […]“ darstellen (§ 11 Absatz 1).

„Durch diese Einschränkung soll verhindert werden, dass der Werbeadressat Wahrnehmungen am eigenen Körper mit den abgebildeten Veränderungen vergleicht und hieraus den Rückschluss zieht, das beworbene Heilmittel würde gleichermaßen auch bei den eigenen Krankheiten wirken“, so Kost.

Verboten ist es zum Beispiel, Bilder von atypischen, besonders seltenen Krankheits- oder Heilungsverläufen zu zeigen, ohne dass kenntlich gemacht wird, dass es sich um eine Ausnahme handelt.

Dürfen Anbieter mit Vorher-Nachher-Vergleichen werben?

Grundsätzlich ist es nach einer Reform des Gesetzes im Jahr 2012 erlaubt, Bilder von vor und nach einer Behandlung gegenüberzustellen. Auch hier gilt natürlich: Die Bilder müssen echt sein. Wenn sie Ausnahmefälle darstellen, muss dies kenntlich gemacht werden. „Generell verboten sind Vorher-Nachher-Vergleiche nur noch bei plastisch-chirurgischen Eingriffen“, so Kilian Kost (§ 11 Abs. 1 Satz 3 HWG).

Bilder von der Behandlung: Dürfen Therapeuten während der Behandlung gezeigt werden?

Ja. Früher war dies verboten, nach einer der Reform des HWGs dürfen Therapeuten in Berufskleidung und während ihrer Tätigkeit gezeigt werden.

Die gesetzliche Regelung ist im Grunde simpel: Man darf nichts behaupten, was nicht stimmt. Möchte man behaupten, dass ein Medikament oder eine Therapie wirkt, dann muss die Wirksamkeit wissenschaftlich belegt sein. Was aber heißt „wissenschaftlich belegt“?

„Der Arzt oder Heilpraktiker muss selbst beweisen können, dass seine Werbeaussage wissenschaftlich belegt ist“, so Kost. Dafür müsse er wissenschaftliche Studienergebnisse vorlegen können. „Laut BGH sind solche Studien wissenschaftlich, die nach den anerkannten Regeln und Grundsätzen wissenschaftlicher Forschung durchgeführt und ausgewertet wurden“, so Kost (BGH, Az. I ZR 62/11). Die Anforderungen sind hoch: Die Stichprobe muss ausreichend groß und zufällig ausgewählt worden sein. Außerdem muss an einer Vergleichsgruppe getestet worden sein, dass ein Placebo nicht dieselbe Wirkung erzielt. Zuletzt muss die Studie veröffentlicht worden sein, so dass sich die Fachwelt dazu austauschen konnte.

Kaum eine alternativmedizinische Behandlungsform kann diese Vorgaben erfüllen. Heilpraktiker dürfen daher keine Heilversprechen abgeben. Es hilft auch nicht, die Sache sprachlich zu umschiffen und kein konkretes Versprechen zu geben (zum Beispiel: „Gegen Erkältungskrankheiten setze ich homöopathische Heilmittel ein.“) Heilmittel, deren Wirksamkeit nicht belegt ist, dürfen nicht in Zusammenhang mit Anwendungsgebieten genannt werden. (So entschied etwa das LG Dortmund, 25 O 124/14).

Kein 100-prozentiges Heilversprechen geben.

Selbst wenn es wissenschaftliche Belege für die Wirksamkeit einer Behandlung gibt, sollte die Formulierung zurückhaltend gewählt sein. „Es wird als irreführend angesehen, wenn der Eindruck einer 100-prozentigen Erfolgschance erweckt wird“, so Kilian Kost. „So etwas gibt es nie. Jeder Patient ist unterschiedlich, sodass es zu Therapieversagen kommen kann.“

Ein Physiotherapeut sollte also NICHT schreiben:
„Physiotherapie hilft bei chronischen Rückenschmerzen“, sondern „Physiotherapie kann bei chronischen Rückenschmerzen helfen“.

Kost: „Wenn wissenschaftlich belegt ist, dass die Methode wirken KANN, darf man das auch schreiben.“

Auswege: Welche Werbemöglichkeiten bleiben Heilpraktikern und Therapeuten?

Wenn Heilversprechen nicht zulässig sind, wie können dann Therapeuten wie zum Beispiel Heilpraktiker oder Osteopathen überhaupt werben?

Solange klar wird, dass es sich um Einzelfälle handelt, dürfen auch Heilpraktiker mit Testimonials arbeiten.

Außerdem können Therapeuten, anstatt ein Heilversprechen abzugeben, erklären, wie sie arbeiten. Ein Heilpraktiker könnte etwa Folgendes auf seine Website schreiben: „Als Heilpraktiker untersuche ich Ihren Körper als Ganzes. Ich analysiere Blut, Stuhl, Urin und Speichel. Basierend auf meiner Anamnese und auf den Laborergebnissen erstelle ich ein Therapiekonzept, das individuell auf Sie zugeschnitten ist.“

Eine solche Aussage ist im Sinne des HWG unproblematisch, da keinerlei Heilversprechen gegeben wird.

Was müssen Ärzte, Heilpraktiker und andere Therapeuten bei Praxisschildern und Visitenkarten beachten?

Das Heilmittelwerbegesetz bezieht sich nicht auf bestimmte Werbeformen, alle Formen der Werbung von der Leuchtreklame über Autoaufkleber bis zum Praxisschild und der Visitenkarte sind eingeschlossen. Auch hier gilt der Grundsatz: Behauptet werden darf nur, was stimmt. Ein einzelner Heilpraktiker darf also nicht „Heilpraktiker-Zentrum“ auf sein Praxisschild schreiben, ein niedergelassener Arzt darf sich nicht als „Institut für XXX“ bezeichnen, wenn die Praxis in Ausstattung und Personalstärke nicht einer solchen Einrichtung entspricht.

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„Das Wundermittel gegen Bluthochdruck“ „Reine Haut in vier Wochen“ „Endlich schmerzfrei durch die neue Hokuspokus-Therapie“ Menschen, die gesundheitliche Probleme haben und unter Leidensdruck stehen, sind besonders empfänglich für verführerische Versprechen. Daher werden Therapeuten und Anbietern medizinischer Produkte durch das Heilmittelwerbegesetz (HWG) enge Grenzen gesetzt. Für welche Produkte und Dienstleistungen gilt das Heilmittelwerbegesetz? Unter anderem regelt das Heilmittelwerbegesetz die Werbung für: Arzneimittel Medizinprodukte (zum Beispiel Zahnersatz oder Hörgeräte) Kosmetische Produkte (zum Beispiel gegen Akne oder Haarausfall) Plastische-chirurgische Operationen Therapieverfahren Diagnoseverfahren Sprich: Das HWG regelt Werbung, die sich auf die „Erkennung, Beseitigung oder Linderung von Krankheiten, Leiden, Körperschäden und krankhafte Beschwerden […] bezieht“.  (§1 HWG) Wirbt etwa ein Yogastudio damit, dass das Training bei Verspannungen helfen könne, so unterliegt auch dies dem Heilmittelwerberecht. „Jeder, der mit gesundheitsbezogenen Aussagen wirbt, kann dem Heilmittelwerberecht unterfallen“, erklärt Kilian Kost, Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz bei der Kanzlei Wilde Beuger Solmecke. „Es kommt nicht auf die sich äußernde Person an, sondern auf die konkrete Aussage.“ Welche Werbemaßnahmen sind laut Heilmittelwerbegesetz grundsätzlich verboten? Laut §3 HWG und §11 HWG sind unter anderem folgende Werbemaßnahmen grundsätzlich verboten: Werbung, die die Wirksamkeit von Medizinprodukten, Arzneimitteln und Therapien behauptet, obwohl diese unwirksam sind Werbung, die den Eindruck erweckt, dass ein Behandlungserfolg mit Sicherheit erwartet werden kann Werbung für Fernbehandlungen Werbung mit nicht-wissenschaftlichen Gutachten oder Zeugnissen Werbung, die sich an Kinder unter 14 Jahren richtet Werbung für verschreibungspflichtige Arzneimittel Werbung auf der Packungsbeilage eines Medikaments für ein anderes Arzneimittel Werbung, die suggeriert, dass die Gesundheit negativ beeinträchtigt werden könnte, wenn man ein Arzneimittel NICHT verwendet Werbung, bei der nicht klar wird, dass es sich um Werbung handelt Das HWG unterscheidet dabei, ob man sich an ein Fachpublikum oder ein Laienpublikum wendet. Wendet man sich an Verbraucher, so ist das Gesetz deutlich strenger als wenn man sich an ein medizinisch vorgebildetes Fachpublikum wendet. Grundsätzlich, so Kilian Kost, seien Gerichte gegenüber Ärzten strenger als gegenüber Heilpraktikern, da Verbraucher bei Medizinern höhere Standards der Wissenschaftlichkeit erwarteten. Welche Werbemaßnahmen sind grundsätzlich erlaubt und nur unter bestimmten Voraussetzungen unzulässig? Das HWG führt eine Reihe von Werbemaßnahmen auf, die zulässig sind, aber nicht „missbräuchlich, abstoßend oder irreführend“ sein dürfen: die Wiedergabe von Krankengeschichten das Werben mit Testimonials (zum Beispiel das Veröffentlichen von Dankesschreiben) das Werben mit Bildern, die zum Beispiel Krankheiten zeigen oder die Wirksamkeit eines Medikaments, eines Medizinproduktes oder eine Therapie illustrieren Was aber meint das Gesetz mit „missbräuchlich, abstoßend oder irreführend“? Missbräuchlich „Der deutsche Begriff ‚missbräuchlich‘ ist etwas missverständlich und eine Übersetzung der EU-Richtlinie“, erklärt Kilian Kost. „Gemeint ist eine übertriebene, unangemessene, unsachliche oder unausgewogene Darstellung.“ Beispiele hierfür sind laut dem Fachanwalt: das Darstellen von atypischen, besonders seltenen Krankheitsverläufen das Darstellen von Krankengeschichten, die deutlich schwerer sind als die üblichen, in denen die gezeigte Behandlung zur Anwendung kommt übertriebene Aussagen ohne sachlichen Inhalt Abstoßend „Mit ‚abstoßend‘ ist vor allem gemeint, dass dem Patienten nicht übermäßig Angst gemacht werden darf“, so Kost. Ekelerregende oder unästhetische Werbung ist nach HWG also nur unzulässig, wenn der durchschnittliche Adressat der Werbung dadurch verängstigt oder beunruhigt wird. Irreführend „Der Begriff ‚irreführend‘ stellt eigentlich nur klar, was nach dem Irreführungsverbot ohnehin gilt“, so Kost: Man darf nichts behaupten oder andeuten, was nicht stimmt. Testimonials: Was müssen Therapeuten oder Hersteller medizinischer Produkte bei der Werbung mit Kundenstimmen beachten? Wenn man mit Kundenstimmen wirbt, dann darf man dies nicht „in missbräuchlicher, abstoßender oder irreführender Weise“ tun. Was bedeutet das konkret? Verboten: Klar irreführend wäre es laut Rechtsanwalt Kost zum Beispiel, wenn die abgebildete Person in Wahrheit nicht krank war oder nicht mit der Methode behandelt wurde. Es darf nicht der Eindruck erweckt werden, dass der Patient, der seine subjektive Erfahrung beschreibt, Wissenschaftler sei und seine Aussage verallgemeinert werden kann. Es darf nicht mit den Meinungen von Autoritäten geworben werden, zum Beispiel mit Aussagen von Prominenten. Hinter den Aussagen darf kein wirtschaftliches Interesse stehen, der Patient darf für die Bewertung also zum Beispiel nicht bezahlt worden sein. Der Behandlungserfolg darf nicht übertrieben und undifferenziert dargestellt werden. „Dies wäre zum Beispiel der Fall, wenn man mit dem Statement eines Patienten wirbt, dessen Fall eine absolute Ausnahme darstellt und die Behandlung in der Regel keine vergleichbaren Ergebnisse bringt“, so Rechtsanwalt Kost. Dann müsse ganz klar kenntlich gemacht werden, dass es sich um einen Ausnahmefall handelt. Erlaubt: Es wird deutlich, dass die Aussage des Testimonials sich auf einen Einzelfall bezieht und kein allgemeines Wirkversprechen für bestimmte Mittel oder Methoden ist. Anbieter können Aussagen mehrerer Patienten zusammenfassen. Ein Yoga- und Meditationsstudio könnte etwa schreiben: „Rund die Hälfte unserer Teilnehmer berichtet nach sechs Wochen von einer Stressreduktion.“ Natürlich muss diese Aussage der Wahrheit entsprechen. Unproblematisch sind laut Kost Patientenaussagen, die sich nicht auf den Heilerfolg beziehen, sondern auf die Art und Weise der Behandlung (zum Beispiel: „Frau Müller nimmt sich viel Zeit und hört genau hin“). Natürlich gilt auch hier: Das Testimonial muss tatsächlich Patient sein und diese Aussage auch gemacht haben. Wichtig: „Wer mit positiven Kundenmeinungen wirbt, darf negative nicht unterdrücken“, so Kost. Das gilt insbesondere dann, wenn die Website eine Bewertungsfunktion hat: „Das OLG Düsseldorf hat entschieden, dass es irreführend ist, wenn man nur positive Kundenmeinungen freischaltet, negative aber erst nach rund fünftägiger Prüfung“, erklärt Kost. Einige Aussagen hatte der Anbieter in dem Fall sogar ganz gelöscht (Urt. v. 19.2.13, I-20 U 55/12). Das Gericht begründete die Entscheidung damit, dass die Leser eine neutrale, nicht geschönte Sammlung von Kundenbewertungen erwarteten. Was muss man beim Werben mit Bildern beachten? Das Werben mit Bildern ist laut HWG erlaubt, wenn die Abbildungen nicht „in missbräuchlicher, abstoßender oder irreführender Weise Veränderungen des menschlichen Körpers […]“ darstellen (§ 11 Absatz 1). „Durch diese Einschränkung soll verhindert werden, dass der Werbeadressat Wahrnehmungen am eigenen Körper mit den abgebildeten Veränderungen vergleicht und hieraus den Rückschluss zieht, das beworbene Heilmittel würde gleichermaßen auch bei den eigenen Krankheiten wirken“, so Kost. Verboten ist es zum Beispiel, Bilder von atypischen, besonders seltenen Krankheits- oder Heilungsverläufen zu zeigen, ohne dass kenntlich gemacht wird, dass es sich um eine Ausnahme handelt. Dürfen Anbieter mit Vorher-Nachher-Vergleichen werben? Grundsätzlich ist es nach einer Reform des Gesetzes im Jahr 2012 erlaubt, Bilder von vor und nach einer Behandlung gegenüberzustellen. Auch hier gilt natürlich: Die Bilder müssen echt sein. Wenn sie Ausnahmefälle darstellen, muss dies kenntlich gemacht werden. „Generell verboten sind Vorher-Nachher-Vergleiche nur noch bei plastisch-chirurgischen Eingriffen“, so Kilian Kost (§ 11 Abs. 1 Satz 3 HWG). Bilder von der Behandlung: Dürfen Therapeuten während der Behandlung gezeigt werden? Ja. Früher war dies verboten, nach einer der Reform des HWGs dürfen Therapeuten in Berufskleidung und während ihrer Tätigkeit gezeigt werden. Die gesetzliche Regelung ist im Grunde simpel: Man darf nichts behaupten, was nicht stimmt. Möchte man behaupten, dass ein Medikament oder eine Therapie wirkt, dann muss die Wirksamkeit wissenschaftlich belegt sein. Was aber heißt „wissenschaftlich belegt“? „Der Arzt oder Heilpraktiker muss selbst beweisen können, dass seine Werbeaussage wissenschaftlich belegt ist“, so Kost. Dafür müsse er wissenschaftliche Studienergebnisse vorlegen können. „Laut BGH sind solche Studien wissenschaftlich, die nach den anerkannten Regeln und Grundsätzen wissenschaftlicher Forschung durchgeführt und ausgewertet wurden“, so Kost (BGH, Az. I ZR 62/11). Die Anforderungen sind hoch: Die Stichprobe muss ausreichend groß und zufällig ausgewählt worden sein. Außerdem muss an einer Vergleichsgruppe getestet worden sein, dass ein Placebo nicht dieselbe Wirkung erzielt. Zuletzt muss die Studie veröffentlicht worden sein, so dass sich die Fachwelt dazu austauschen konnte. Kaum eine alternativmedizinische Behandlungsform kann diese Vorgaben erfüllen. Heilpraktiker dürfen daher keine Heilversprechen abgeben. Es hilft auch nicht, die Sache sprachlich zu umschiffen und kein konkretes Versprechen zu geben (zum Beispiel: „Gegen Erkältungskrankheiten setze ich homöopathische Heilmittel ein.“) Heilmittel, deren Wirksamkeit nicht belegt ist, dürfen nicht in Zusammenhang mit Anwendungsgebieten genannt werden. (So entschied etwa das LG Dortmund, 25 O 124/14). Kein 100-prozentiges Heilversprechen geben. Selbst wenn es wissenschaftliche Belege für die Wirksamkeit einer Behandlung gibt, sollte die Formulierung zurückhaltend gewählt sein. „Es wird als irreführend angesehen, wenn der Eindruck einer 100-prozentigen Erfolgschance erweckt wird“, so Kilian Kost. „So etwas gibt es nie. Jeder Patient ist unterschiedlich, sodass es zu Therapieversagen kommen kann.“ Ein Physiotherapeut sollte also NICHT schreiben: „Physiotherapie hilft bei chronischen Rückenschmerzen“, sondern „Physiotherapie kann bei chronischen Rückenschmerzen helfen“. Kost: „Wenn wissenschaftlich belegt ist, dass die Methode wirken KANN, darf man das auch schreiben.“ Auswege: Welche Werbemöglichkeiten bleiben Heilpraktikern und Therapeuten? Wenn Heilversprechen nicht zulässig sind, wie können dann Therapeuten wie zum Beispiel Heilpraktiker oder Osteopathen überhaupt werben? Solange klar wird, dass es sich um Einzelfälle handelt, dürfen auch Heilpraktiker mit Testimonials arbeiten. Außerdem können Therapeuten, anstatt ein Heilversprechen abzugeben, erklären, wie sie arbeiten. Ein Heilpraktiker könnte etwa Folgendes auf seine Website schreiben: „Als Heilpraktiker untersuche ich Ihren Körper als Ganzes. Ich analysiere Blut, Stuhl, Urin und Speichel. Basierend auf meiner Anamnese und auf den Laborergebnissen erstelle ich ein Therapiekonzept, das individuell auf Sie zugeschnitten ist.“ Eine solche Aussage ist im Sinne des HWG unproblematisch, da keinerlei Heilversprechen gegeben wird. Was müssen Ärzte, Heilpraktiker und andere Therapeuten bei Praxisschildern und Visitenkarten beachten? Das Heilmittelwerbegesetz bezieht sich nicht auf bestimmte Werbeformen, alle Formen der Werbung von der Leuchtreklame über Autoaufkleber bis zum Praxisschild und der Visitenkarte sind eingeschlossen. Auch hier gilt der Grundsatz: Behauptet werden darf nur, was stimmt. Ein einzelner Heilpraktiker darf also nicht "Heilpraktiker-Zentrum" auf sein Praxisschild schreiben, ein niedergelassener Arzt darf sich nicht als "Institut für XXX" bezeichnen, wenn die Praxis in Ausstattung und Personalstärke nicht einer solchen Einrichtung entspricht.
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