Nachtzuschlag
Müssen Arbeitgeber bei Nachtarbeit mehr zahlen?

Ob Kneipe oder Klinik: Welche Arbeitnehmer haben Anspruch auf Nachtzuschlag? Und in welcher Höhe? Wann Arbeitgeber bei Nachtarbeit ungleiche Zuschläge zahlen dürfen, hat nun das Bundesarbeitsgericht entschieden.

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Arbeiten, wenn der Mond scheint und alle anderen schlafen: Nachtarbeitnehmer haben Anspruch auf Nachtzuschlag oder Freizeitausgleich.

Ist die Zahlung eines Nachtzuschlags Pflicht?

Mitarbeiter, die regelmäßig nachts arbeiten, sind besonderen Belastungen ausgesetzt: Sie leben entgegen ihrem Biorhythmus und schlafen tagsüber, sodass Familie, Freunde und Hobbys häufig zu kurz kommen. „Diese Strapazen will der Gesetzgeber ausgleichen, deswegen haben Nachtarbeitnehmer Anspruch auf eine Ausgleichsleistung“, erklärt Rechtsanwalt Simon A. Fischer. Diese Ausgleichszahlung wird Nachtzuschlag, Nachtschichtzuschlag oder auch Nachtzulage genannt.

Wie diese Zulage aussieht, entscheidet der Arbeitgeber: Laut Arbeitszeitgesetz kann er einen Freizeitausgleich geben oder einen Nachtzuschlag zahlen (ArbZG § 6). „Eine von beiden Möglichkeiten muss er anbieten“, sagt Fischer. Was ein Mitarbeiter als Ausgleich bekommt, kann aber auch in Tarifverträgen geregelt sein.

Wer gilt als Nachtarbeitnehmer?

Als Nachtarbeitnehmer gelten nur Mitarbeiter, die regelmäßig und mindestens zwei Stunden in der Nachtzeit beschäftigt sind. Also entweder

  • in Wechselschicht regelmäßig nachts arbeiten müssen
  • oder aber mindestens an 48 Tagen im Jahr nachts beschäftigt sind

Als Nachtzeit gilt laut Gesetz die Zeit von 23 Uhr abends bis sechs Uhr morgens. Eine Ausnahme sind Bäckereien und Konditoreien. Für sie gilt die Nachtzeit von 22 Uhr bis fünf Uhr (ArbZG § 2).

Das heißt: Arbeitet beispielsweise ein Konditor bis 23.30 Uhr, erhält er für diese 90 Minuten Nachtarbeit noch keinen Zuschlag – denn der Anspruch auf einen Zuschlag besteht erst ab zwei Stunden Nachtarbeit. Andersherum heißt das aber auch: Arbeitet ein Konditor immer von 16 Uhr bis Mitternacht, gilt er als Nachtarbeitnehmer – auch wenn er seinem Job hauptsächlich tagsüber nachgeht. „Denn er arbeitet ja regelmäßig zwei Stunden in der Nacht und hat somit Anspruch auf Ausgleich“, sagt Fischer.

Wie berechnet sich der Nachtzuschlag?

Sofern keine tariflichen Ausgleichsregelungen bestehen, können Arbeitgeber wählen, ob sie einen Nachtzuschlag zahlen oder Freizeitausgleich gewähren. Im Arbeitszeitgesetz ist von einem „angemessenen Zuschlag“ die Rede. Was das konkret bedeutet, hat das Bundesarbeitsgericht 2015 in einem Urteil klargestellt: Demnach hat der Nachtzuschlag 25 Prozent des Bruttostundenlohns zu betragen (Az. 6 Sa 106/13).

Zur Person
Rechtsanwalt Simon A. Fischer
Simon A. Fischer ist Rechtsanwalt für gewerblichen Rechtsschutz, Professor für Business Law an der University of Applied Sciences Europe in Hamburg und Inhaber der Kanzlei Fischer Hamburg.

Es gibt jedoch Ausnahmen, in denen der Zuschlag anders berechnet wird:

  • Ein Tarifvertrag setzt eine andere Berechnung für die Nachtzulage fest (siehe unten).
  • Die Nachtarbeit ist deutlich weniger belastend als die Arbeit am Tag. Das kann zum Beispiel bei einem Bereitschaftsdienst der Fall sein. Dann kann der Nachtzuschlag auch geringer ausfallen.
  • Die Belastung durch die Nachtarbeit ist besonders hoch, weil der Mitarbeiter dauerhaft in Nachtschicht arbeitet. Dann erhöht sich der gesetzliche Anspruch auf eine Nachtschichtzulage von 30 Prozent.

Letzteres hat das Bundesarbeitsgericht 2015 entschieden und damit die bis dahin geltenden gesetzlichen Regelungen konkretisiert (Az. 10 AZR 423/14).

Damals hatte ein Lkw-Fahrer geklagt, der in der Regel von 20 Uhr bis 6 Uhr arbeitete. Sein (nicht tarifgebundener) Arbeitgeber zahlte für die Nachtarbeit einen Zuschlag von zunächst etwa 11 Prozent und später 20 Prozent. Der Mitarbeiter klagte und forderte die Zahlung eines Zuschlags in Höhe von 30 Prozent oder einen Freizeitausgleich von zwei Arbeitstagen für jeweils 90 Nachtarbeitsstunden. Das Bundesarbeitsgericht gab ihm Recht.

„Bei Arbeitnehmern, die einer besonders schweren Tätigkeit nachgehen, kann sich der Nachtzuschlag sogar auf bis zu 40 Prozent erhöhen“, sagt Fischer. Andererseits kann sich die Zahlung bei geringerer Belastung auch verringern, beispielsweise bei Bereitschaftsdienst. „Die Höhe des Zuschlags ist immer abhängig von der Branche, der konkreten Tätigkeit und den Arbeitsumständen.“

Beispiel für unterschiedlich hohe Zuschläge in einem Unternehmen

Man stelle sich vor, es ist Winter, nachts am Hafen in Hamburg. Es ist kalt, dunkel und nass. Der Pförtner hat Glück: Er muss zwar nachts arbeiten, aber immerhin sitzt er in seinem Pförtnerhäuschen – da ist es warm und trocken. Ein Lascher hingegen arbeitet zur selben Zeit draußen, in eisiger Kälte auf dem Containerschiff. Sein Job ist es, dafür zu sorgen, dass Schiffsladung richtig befestigt ist – das ist harte körperliche Arbeit und nicht ungefährlich. Beide arbeiten zwar zur gleichen Zeit, aber unter völlig anderen Bedingungen. Deswegen muss der Nachtzuschlag unterschiedlich hoch ausfallen. Dem Pförtner stünden etwa zehn bis zwölf Prozent Zuschlagszahlung zu; beim Lascher wären es mehr als 30 Prozent.

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Was ist bei regelmäßiger und unregelmäßiger Nachtarbeit?

Hier können in einem Tarifvertrag unterschiedlich hohe Zuschläge festgeschrieben sein, entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG) am 22. Februar 2023 in einem Grundsatzurteil, (AZ 10 AZR 332/20). Wenn sachliche Gründe vorliegen, kann demnach der Zuschlag für unregelmäßige Nachtarbeit höher ausfallen als bei regelmäßiger. Das verstoße nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG.

Der sachliche Grund müsse allerdings aus dem Tarifvertrag erkennbar sein, betont das BAG. Ein solcher könne sein, dass mit dem höheren Zuschlag neben den spezifischen Belastungen durch die Nachtarbeit auch die Belastungen durch die geringere Planbarkeit eines Arbeitseinsatzes in unregelmäßiger Nachtarbeit ausgeglichen werden sollen.

Wie bemisst sich der Freizeitausgleich?

„Beim Freizeitausgleich gelten dieselben Prozentsätze wie beim monetären Zuschlag, man kann also grundsätzlich von 25 Prozent ausgehen“, sagt Fischer. Das heißt, wenn ein Arbeitnehmer vier Acht-Stunden-Nachtschichten hinter sich hat, hat er Anspruch auf einen zusätzlichen freien Tag.

Wann gelten andere Regelungen bei Nachtarbeit?

Andere Regelungen gelten, wenn im Tarifvertrag oder im Arbeitsvertrag abweichende Vereinbarungen zur Nachtarbeit festgehalten sind. Dabei gilt immer die jeweils günstigste Alternative für den Arbeitnehmer. Das heißt, wenn der Arbeitgeber tarifgebunden ist, gilt der Tarifvertrag. „Der Arbeitgeber kann nicht zu Lasten des Arbeitnehmers andere Vereinbarungen treffen – zugunsten hingegen schon“, betont Arbeitsrechtsexperte Fischer.

Müssen Arbeitgeber für den Nachtzuschlag Sozialabgaben abführen?

Laut Sozialversicherungsentgeltverordnung müssen Arbeitgeber keine Sozialabgaben auf den Nachtzuschlag abführen, solange der Grundlohn 25 Euro pro Stunde und der Zuschlag 25 Prozent nicht übersteigt (§ 1 SvEV). „Im Einzelfall kann allerdings auch bei höherem Grundlohn und niedrigerem Zuschlag eine Abgabenfreiheit bestehen“, erklärt Anwalt Fischer. „Im speziellen Fall sollten Unternehmer sich dann an einen Steuerberater wenden.“

Wann ist der Nachtzuschlag für den Arbeitnehmer steuerfrei?

Nach den aktuellen Regelungen im Einkommenssteuergesetz (§3b Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 EStG) ist bei einem Grundlohn von maximal 50 Euro ein Zuschlag von bis zu 25 Prozent steuerfrei. „Es gibt aber Arbeitszeiten, die als für den Biorhythmus besonders strapazierend gelten“, sagt Fischer. Per Gesetz sind die Nachtarbeitsstunden zwischen 0 und 4 Uhr, die der Gesetzgeber als besonders belastend anerkannt und deswegen eine höhere Steuerfreigrenze ansetzt. Fischer dazu: „In diesen Zeiten wären auch Zuschläge von 40 Prozent steuerfrei, sofern die Arbeit vor Mitternacht begonnen wurde.“

Was gilt, wenn Nachtarbeiter an einem Feiertag arbeiten?

„Dem Gesetzgeber ist es völlig egal, ob die Nachtarbeit an einem Feiertag anliegt oder nicht“, sagt Fischer. Das heißt: Es werden Nachtzuschläge gezahlt, weil Nacht ist – welche Nacht, ist unwichtig.

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Hat ein Arbeitnehmer Anspruch auf Nachtzuschlag und auf Feiertagszuschlag, muss der Arbeitgeber bei Nachtarbeit an Feiertagen beide Zuschläge zahlen.

Beispiel für die Berechnung von Nacht- und Feiertagszuschlag: Ein Hotelmitarbeiter erhält Nacht- und Feiertagszuschlag. Er beginnt seine Schicht am Ostermontag um 22 Uhr. Die Schicht endet am Dienstag (einem Werktag) um 6 Uhr. Dann erhält er folgende Zuschläge:

  • für die Arbeitszeit von 22 bis 23 Uhr: 100 Prozent Feiertagszuschlag
  • für die Arbeitszeit von 23 bis 24 Uhr: 100 Prozent Feiertagszuschlag und 25 Prozent Nachtzuschlag
  • für die Arbeitszeit von 0 bis 4 Uhr: 100 Prozent Feiertagszuschlag und 40 Prozent Nachtzuschlag
  • für die Arbeitszeit von 4 bis 6 Uhr: 25 Prozent Nachtzuschlag

Hier erhalten Sie einen Überblick über die Rechtslage zum Feiertagszuschlag.

Wird auch bei Mitarbeitern in Rufbereitschaft ein Nachtzuschlag fällig?

Im Gegensatz zum Bereitschaftsdienst ist der Mitarbeiter bei einer reinen Rufbereitschaft, nicht verpflichtet, sich an einem bestimmten Ort aufzuhalten. Die Rufbereitschaft gilt daher nicht als Arbeitszeit. Es wird kein Nachtzuschlag fällig. Erst wenn der Mitarbeiter tatsächlich gerufen wird und nachts im Einsatz ist, kann ein Nachtzuschlag fällig werden.

Lesen Sie außerdem: Arbeitszeitgesetz: Was gehört zur bezahlten Arbeitszeit?

Welche besonderen Rechte haben Nachtarbeiter noch?

§ 6 des Arbeitszeitgesetzes regelt nicht nur den Nachtzuschlag, sondern schützt Menschen, die im Nachtdienst arbeiten, durch weitere Regeln. Das Gesetz schreibt unter anderem vor, dass

  • die tägliche Arbeitszeit nicht länger als 8 Stunden sein darf.
  • die Arbeitszeit auf 10 Stunden verlängert werden kann, wenn innerhalb von 4 Wochen beziehungsweise eines Kalendermonats die durchschnittliche werktägliche Arbeitszeit weiterhin 8 Stunden beträgt.
  • Menschen, die nachts arbeiten, einen Anspruch darauf haben, sich alle drei Jahre von einem Arbeitsmediziner untersuchen zu lassen. Nachtarbeiter ab 50 Jahre können sich sogar jährlich untersuchen lassen. Die Kosten muss der Arbeitgeber übernehmen.
  • Nachtarbeiter unter bestimmten Umständen verlangen können, dass sie auf einen geeigneten Tagesarbeitsplatz versetzt werden. Dies gilt zum Beispiel, wenn die Nachtarbeit die Gesundheit gefährdet oder sie sich um ein Kind unter 12 Jahren oder einen schwerpflegebedürftigen Angehörigen kümmern müssen. Allerdings dürfen der Versetzung keine dringenden betriebsbedingten Umstände entgegenstehen. Ist dies der Fall, ist der Betriebs- oder Personalrat zu hören.
  • Nachtarbeiter den gleichen Zugang zu Weiterbildungsangeboten haben müssen wie die übrigen Arbeitnehmer.

Wer darf nicht nachts arbeiten und bekommt keinen Nachtzuschlag?

Jugendliche unter 18 Jahren können keinen Nachtzuschlag erhalten, da sie grundsätzlich nicht nachts arbeiten dürfen. Allerdings kennt das Jugendarbeitsschutzgesetz hier zahlreiche Ausnahmen. Auch Schwangere werden durch den Gesetzgeber geschützt. Sie dürfen zwischen 20 Uhr abends und 6 Uhr morgens nicht arbeiten. Ausnahme: Die werdende Mutter äußert selbst den Wunsch, spät abends arbeiten zu dürfen und aus medizinischer Sicht spricht nichts dagegen. Dann dürfen Schwangere bis 22 Uhr arbeiten. Einen Nachtzuschlag erhalten sie jedoch nicht, da dieser erst ab 23 Uhr zu zahlen ist.

Ist die Zahlung eines Nachtzuschlags Pflicht? Mitarbeiter, die regelmäßig nachts arbeiten, sind besonderen Belastungen ausgesetzt: Sie leben entgegen ihrem Biorhythmus und schlafen tagsüber, sodass Familie, Freunde und Hobbys häufig zu kurz kommen. „Diese Strapazen will der Gesetzgeber ausgleichen, deswegen haben Nachtarbeitnehmer Anspruch auf eine Ausgleichsleistung“, erklärt Rechtsanwalt Simon A. Fischer. Diese Ausgleichszahlung wird Nachtzuschlag, Nachtschichtzuschlag oder auch Nachtzulage genannt. Wie diese Zulage aussieht, entscheidet der Arbeitgeber: Laut Arbeitszeitgesetz kann er einen Freizeitausgleich geben oder einen Nachtzuschlag zahlen (ArbZG § 6). „Eine von beiden Möglichkeiten muss er anbieten“, sagt Fischer. Was ein Mitarbeiter als Ausgleich bekommt, kann aber auch in Tarifverträgen geregelt sein. Wer gilt als Nachtarbeitnehmer? Als Nachtarbeitnehmer gelten nur Mitarbeiter, die regelmäßig und mindestens zwei Stunden in der Nachtzeit beschäftigt sind. Also entweder in Wechselschicht regelmäßig nachts arbeiten müssen oder aber mindestens an 48 Tagen im Jahr nachts beschäftigt sind Als Nachtzeit gilt laut Gesetz die Zeit von 23 Uhr abends bis sechs Uhr morgens. Eine Ausnahme sind Bäckereien und Konditoreien. Für sie gilt die Nachtzeit von 22 Uhr bis fünf Uhr (ArbZG § 2). Das heißt: Arbeitet beispielsweise ein Konditor bis 23.30 Uhr, erhält er für diese 90 Minuten Nachtarbeit noch keinen Zuschlag – denn der Anspruch auf einen Zuschlag besteht erst ab zwei Stunden Nachtarbeit. Andersherum heißt das aber auch: Arbeitet ein Konditor immer von 16 Uhr bis Mitternacht, gilt er als Nachtarbeitnehmer - auch wenn er seinem Job hauptsächlich tagsüber nachgeht. „Denn er arbeitet ja regelmäßig zwei Stunden in der Nacht und hat somit Anspruch auf Ausgleich“, sagt Fischer. Wie berechnet sich der Nachtzuschlag? Sofern keine tariflichen Ausgleichsregelungen bestehen, können Arbeitgeber wählen, ob sie einen Nachtzuschlag zahlen oder Freizeitausgleich gewähren. Im Arbeitszeitgesetz ist von einem "angemessenen Zuschlag" die Rede. Was das konkret bedeutet, hat das Bundesarbeitsgericht 2015 in einem Urteil klargestellt: Demnach hat der Nachtzuschlag 25 Prozent des Bruttostundenlohns zu betragen (Az. 6 Sa 106/13). [zur-person] Es gibt jedoch Ausnahmen, in denen der Zuschlag anders berechnet wird: Ein Tarifvertrag setzt eine andere Berechnung für die Nachtzulage fest (siehe unten). Die Nachtarbeit ist deutlich weniger belastend als die Arbeit am Tag. Das kann zum Beispiel bei einem Bereitschaftsdienst der Fall sein. Dann kann der Nachtzuschlag auch geringer ausfallen. Die Belastung durch die Nachtarbeit ist besonders hoch, weil der Mitarbeiter dauerhaft in Nachtschicht arbeitet. Dann erhöht sich der gesetzliche Anspruch auf eine Nachtschichtzulage von 30 Prozent. Letzteres hat das Bundesarbeitsgericht 2015 entschieden und damit die bis dahin geltenden gesetzlichen Regelungen konkretisiert (Az. 10 AZR 423/14). Damals hatte ein Lkw-Fahrer geklagt, der in der Regel von 20 Uhr bis 6 Uhr arbeitete. Sein (nicht tarifgebundener) Arbeitgeber zahlte für die Nachtarbeit einen Zuschlag von zunächst etwa 11 Prozent und später 20 Prozent. Der Mitarbeiter klagte und forderte die Zahlung eines Zuschlags in Höhe von 30 Prozent oder einen Freizeitausgleich von zwei Arbeitstagen für jeweils 90 Nachtarbeitsstunden. Das Bundesarbeitsgericht gab ihm Recht. „Bei Arbeitnehmern, die einer besonders schweren Tätigkeit nachgehen, kann sich der Nachtzuschlag sogar auf bis zu 40 Prozent erhöhen“, sagt Fischer. Andererseits kann sich die Zahlung bei geringerer Belastung auch verringern, beispielsweise bei Bereitschaftsdienst. „Die Höhe des Zuschlags ist immer abhängig von der Branche, der konkreten Tätigkeit und den Arbeitsumständen.“ Beispiel für unterschiedlich hohe Zuschläge in einem Unternehmen Man stelle sich vor, es ist Winter, nachts am Hafen in Hamburg. Es ist kalt, dunkel und nass. Der Pförtner hat Glück: Er muss zwar nachts arbeiten, aber immerhin sitzt er in seinem Pförtnerhäuschen – da ist es warm und trocken. Ein Lascher hingegen arbeitet zur selben Zeit draußen, in eisiger Kälte auf dem Containerschiff. Sein Job ist es, dafür zu sorgen, dass Schiffsladung richtig befestigt ist – das ist harte körperliche Arbeit und nicht ungefährlich. Beide arbeiten zwar zur gleichen Zeit, aber unter völlig anderen Bedingungen. Deswegen muss der Nachtzuschlag unterschiedlich hoch ausfallen. Dem Pförtner stünden etwa zehn bis zwölf Prozent Zuschlagszahlung zu; beim Lascher wären es mehr als 30 Prozent. Was ist bei regelmäßiger und unregelmäßiger Nachtarbeit? Hier können in einem Tarifvertrag unterschiedlich hohe Zuschläge festgeschrieben sein, entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG) am 22. Februar 2023 in einem Grundsatzurteil, (AZ 10 AZR 332/20). Wenn sachliche Gründe vorliegen, kann demnach der Zuschlag für unregelmäßige Nachtarbeit höher ausfallen als bei regelmäßiger. Das verstoße nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Der sachliche Grund müsse allerdings aus dem Tarifvertrag erkennbar sein, betont das BAG. Ein solcher könne sein, dass mit dem höheren Zuschlag neben den spezifischen Belastungen durch die Nachtarbeit auch die Belastungen durch die geringere Planbarkeit eines Arbeitseinsatzes in unregelmäßiger Nachtarbeit ausgeglichen werden sollen. Wie bemisst sich der Freizeitausgleich? „Beim Freizeitausgleich gelten dieselben Prozentsätze wie beim monetären Zuschlag, man kann also grundsätzlich von 25 Prozent ausgehen“, sagt Fischer. Das heißt, wenn ein Arbeitnehmer vier Acht-Stunden-Nachtschichten hinter sich hat, hat er Anspruch auf einen zusätzlichen freien Tag. Wann gelten andere Regelungen bei Nachtarbeit? Andere Regelungen gelten, wenn im Tarifvertrag oder im Arbeitsvertrag abweichende Vereinbarungen zur Nachtarbeit festgehalten sind. Dabei gilt immer die jeweils günstigste Alternative für den Arbeitnehmer. Das heißt, wenn der Arbeitgeber tarifgebunden ist, gilt der Tarifvertrag. „Der Arbeitgeber kann nicht zu Lasten des Arbeitnehmers andere Vereinbarungen treffen – zugunsten hingegen schon“, betont Arbeitsrechtsexperte Fischer. Müssen Arbeitgeber für den Nachtzuschlag Sozialabgaben abführen? Laut Sozialversicherungsentgeltverordnung müssen Arbeitgeber keine Sozialabgaben auf den Nachtzuschlag abführen, solange der Grundlohn 25 Euro pro Stunde und der Zuschlag 25 Prozent nicht übersteigt (§ 1 SvEV). „Im Einzelfall kann allerdings auch bei höherem Grundlohn und niedrigerem Zuschlag eine Abgabenfreiheit bestehen“, erklärt Anwalt Fischer. „Im speziellen Fall sollten Unternehmer sich dann an einen Steuerberater wenden.“ Wann ist der Nachtzuschlag für den Arbeitnehmer steuerfrei? Nach den aktuellen Regelungen im Einkommenssteuergesetz (§3b Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 EStG) ist bei einem Grundlohn von maximal 50 Euro ein Zuschlag von bis zu 25 Prozent steuerfrei. „Es gibt aber Arbeitszeiten, die als für den Biorhythmus besonders strapazierend gelten“, sagt Fischer. Per Gesetz sind die Nachtarbeitsstunden zwischen 0 und 4 Uhr, die der Gesetzgeber als besonders belastend anerkannt und deswegen eine höhere Steuerfreigrenze ansetzt. Fischer dazu: „In diesen Zeiten wären auch Zuschläge von 40 Prozent steuerfrei, sofern die Arbeit vor Mitternacht begonnen wurde.“ [mehr-zum-thema] Was gilt, wenn Nachtarbeiter an einem Feiertag arbeiten? „Dem Gesetzgeber ist es völlig egal, ob die Nachtarbeit an einem Feiertag anliegt oder nicht“, sagt Fischer. Das heißt: Es werden Nachtzuschläge gezahlt, weil Nacht ist – welche Nacht, ist unwichtig. Hat ein Arbeitnehmer Anspruch auf Nachtzuschlag und auf Feiertagszuschlag, muss der Arbeitgeber bei Nachtarbeit an Feiertagen beide Zuschläge zahlen. Beispiel für die Berechnung von Nacht- und Feiertagszuschlag: Ein Hotelmitarbeiter erhält Nacht- und Feiertagszuschlag. Er beginnt seine Schicht am Ostermontag um 22 Uhr. Die Schicht endet am Dienstag (einem Werktag) um 6 Uhr. Dann erhält er folgende Zuschläge: für die Arbeitszeit von 22 bis 23 Uhr: 100 Prozent Feiertagszuschlag für die Arbeitszeit von 23 bis 24 Uhr: 100 Prozent Feiertagszuschlag und 25 Prozent Nachtzuschlag für die Arbeitszeit von 0 bis 4 Uhr: 100 Prozent Feiertagszuschlag und 40 Prozent Nachtzuschlag für die Arbeitszeit von 4 bis 6 Uhr: 25 Prozent Nachtzuschlag Hier erhalten Sie einen Überblick über die Rechtslage zum Feiertagszuschlag. Wird auch bei Mitarbeitern in Rufbereitschaft ein Nachtzuschlag fällig? Im Gegensatz zum Bereitschaftsdienst ist der Mitarbeiter bei einer reinen Rufbereitschaft, nicht verpflichtet, sich an einem bestimmten Ort aufzuhalten. Die Rufbereitschaft gilt daher nicht als Arbeitszeit. Es wird kein Nachtzuschlag fällig. Erst wenn der Mitarbeiter tatsächlich gerufen wird und nachts im Einsatz ist, kann ein Nachtzuschlag fällig werden. Lesen Sie außerdem: Arbeitszeitgesetz: Was gehört zur bezahlten Arbeitszeit? Welche besonderen Rechte haben Nachtarbeiter noch? § 6 des Arbeitszeitgesetzes regelt nicht nur den Nachtzuschlag, sondern schützt Menschen, die im Nachtdienst arbeiten, durch weitere Regeln. Das Gesetz schreibt unter anderem vor, dass die tägliche Arbeitszeit nicht länger als 8 Stunden sein darf. die Arbeitszeit auf 10 Stunden verlängert werden kann, wenn innerhalb von 4 Wochen beziehungsweise eines Kalendermonats die durchschnittliche werktägliche Arbeitszeit weiterhin 8 Stunden beträgt. Menschen, die nachts arbeiten, einen Anspruch darauf haben, sich alle drei Jahre von einem Arbeitsmediziner untersuchen zu lassen. Nachtarbeiter ab 50 Jahre können sich sogar jährlich untersuchen lassen. Die Kosten muss der Arbeitgeber übernehmen. Nachtarbeiter unter bestimmten Umständen verlangen können, dass sie auf einen geeigneten Tagesarbeitsplatz versetzt werden. Dies gilt zum Beispiel, wenn die Nachtarbeit die Gesundheit gefährdet oder sie sich um ein Kind unter 12 Jahren oder einen schwerpflegebedürftigen Angehörigen kümmern müssen. Allerdings dürfen der Versetzung keine dringenden betriebsbedingten Umstände entgegenstehen. Ist dies der Fall, ist der Betriebs- oder Personalrat zu hören. Nachtarbeiter den gleichen Zugang zu Weiterbildungsangeboten haben müssen wie die übrigen Arbeitnehmer. Wer darf nicht nachts arbeiten und bekommt keinen Nachtzuschlag? Jugendliche unter 18 Jahren können keinen Nachtzuschlag erhalten, da sie grundsätzlich nicht nachts arbeiten dürfen. Allerdings kennt das Jugendarbeitsschutzgesetz hier zahlreiche Ausnahmen. Auch Schwangere werden durch den Gesetzgeber geschützt. Sie dürfen zwischen 20 Uhr abends und 6 Uhr morgens nicht arbeiten. Ausnahme: Die werdende Mutter äußert selbst den Wunsch, spät abends arbeiten zu dürfen und aus medizinischer Sicht spricht nichts dagegen. Dann dürfen Schwangere bis 22 Uhr arbeiten. Einen Nachtzuschlag erhalten sie jedoch nicht, da dieser erst ab 23 Uhr zu zahlen ist.
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