Praktikumsvergütung
Mindestlohn oder für lau? Das müssen Arbeitgeber Praktikanten bezahlen

Von unbezahlt bis 2000 Euro: Für die Praktikumsvergütung gelten je nach Art und Dauer der Anstellung verschiedene Regeln. Wann Arbeitgeber Praktikanten bezahlen müssen und wie viel Gehalt üblich ist.

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Praktikumsvergütung
© the_burtons / Moment / Gettyimages

Praktikantinnen und Praktikanten, die für ein paar Wochen oder Monate Unternehmensluft schnuppern, können Firmen bereichern – oder für Frust bei Führungskräften und Kollegen sorgen, weil diese viel Zeit investieren, die Praktikanten aber nicht zum Erfolg des Unternehmens beitragen. Verständlich, wenn Arbeitgeber Praktikanten nicht auch noch hohe Gehälter zahlen wollen. Doch auch bei kurzen Praktika wird in manchen Fällen der Mindestlohn fällig. Die wichtigsten Fakten im Überblick.

Müssen Arbeitsgeber Praktika überhaupt vergüten?

Grundsätzlich steht auch Praktikantinnen und Praktikanten der Mindestlohn zu (siehe Mindestlohngesetz, (MiLoG) Abschnitt 4, § 22) – allerdings sieht das Gesetz mehrere Ausnahmen vor, unter die der Großteil der Praktika fällt.

Für diese Praktika gilt: Arbeitgeber können das Gehalt individuell festlegen – oder auch entscheiden, ein unbezahltes Praktikum anzubieten. „Es gibt bei Praktikanten, die nicht dem Mindestlohngesetz unterliegen, keine Pflicht, eine Vergütung oder einen Aufwandsersatz zu zahlen“, sagt Ralf-Dietrich Tiesler, Fachanwalt für Arbeitsrecht bei der Kanzlei Menold-Bezler. „Man könnte beispielsweise an Fahrtkosten denken, die den Praktikanten entstehen. Aber auch da gibt es keinen automatischen gesetzlichen Anspruch auf Erstattung.“

Wann sich ein Fahrtkostenzuschuss lohnt: Fahrtkostenzuschuss: Die wichtigsten Fakten

Chefinnen und Chefs sollten sich aber gut überlegen, ob sie wirklich nichts zahlen wollen – schließlich können vielversprechende Kandidaten zur zahlenden Konkurrenz gehen. Und damit entgehen Firmen womöglich Talente, die im Arbeitsalltag unterstützen und später als Werkstudenten oder Berufseinsteiger im Betrieb durchstarten. In den meisten Branchen ist es üblich, dass Praktikanten ein Gehalt bekommen. Und auch wenn der Mindestlohn gilt, steht es Arbeitgebern selbstverständlich frei, Praktikanten mehr als 12,41 Euro pro Stunde zu zahlen.

Arbeitgeber können das Gehalt individuell vereinbaren und im Praktikumsvertrag festlegen. impulse-Mitglieder können hier eine Vorlage für einen Praktikumsvertrag herunterladen und anpassen. 

Zur Person
Ralf-Dietrich Tiesler ist Partner bei der Kanzlei Menold Bezler und Fachanwalt für Arbeitsrecht.

Wann gilt der gesetzliche Mindestlohn für Praktikanten – und wann nicht?

Seit dem 1. Januar 2024 liegt der Mindestlohn bei 12,41 Euro pro Stunde. Das Mindestlohngesetz sieht folgende Regelungen und Ausnahmen für Praktikantinnen und Praktikanten vor:

Pflichtpraktika von Studenten oder Auszubildenden

Absolviert ein Praktikant ein Praktikum, das seine Studien-, Schul- oder Ausbildungsordnung vorschreibt, steht ihm kein Mindestlohn zu. Wer also beispielsweise eine Studentin als Praktikantin anstellt, die laut Studienordnung ein sechsmonatiges Pflichtpraktikum absolvieren muss, kann ihr weniger als 12,41 Euro pro Stunde zahlen – oder auch ganz auf eine Vergütung verzichten.

Mehr zum Thema: Mindestausbildungsvergütung: Dieser Mindestlohn gilt für Azubis

Freiwillige Praktika zur Berufsorientierung

Auch bei freiwilligen Praktika ist nicht in allen Fällen eine Praktikumsvergütung vorgeschrieben. „Praktika sind vom Mindestlohn freigestellt, wenn sie ausbildungsbegleitend sind, zur Orientierung für eine Berufsausbildung oder zur Aufnahme des Studiums dienen“, sagt Tiesler. Demnach haben Praktikanten keinen Anspruch auf den Mindestlohn, wenn:

  • das Praktikum maximal drei Monate dauert und zur Orientierung für eine Ausbildung oder ein Studium dient. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn eine Abiturientin einen Monat lang die Arbeit bei einem Automobilhersteller als Praktikantin kennen lernt, weil sie überlegt, Maschinenbau zu studieren.
  • das Praktikum maximal drei Monate dauert und eine Ausbildung oder ein Studium begleitet. Sprich: Arbeitgeber müssen Praktikanten keinen Mindestlohn zahlen, wenn diese während ihrer Ausbildung oder ihres Studiums ein Praktikum absolvieren, das einen inhaltlichen Bezug zur Ausbildung hat.

Freiwillige Praktika, die länger als drei Monate dauern

Das bedeutet im Umkehrschluss: Dauert ein freiwilliges Orientierungspraktikum oder ausbildungs- oder studienbegleitendes Praktikum länger als drei Monate, müssen Chefs den Mindestlohn zahlen. Ebenso wird der Mindestlohn fällig, wenn das Praktikum keinen inhaltlichen Bezug zum Studium oder zur Ausbildung hat; also wenn beispielsweise ein Medizinstudent ein Praktikum bei einem Floristen absolviert.

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Freiwillige Praktika von Absolventinnen und Absolventen

Wer Praktikanten beschäftigt, die ihre Ausbildung oder ihr Studium bereits abgeschlossen haben, muss ihnen in jedem Fall den Mindestlohn zahlen – selbst dann, wenn das Praktikum beispielsweise nur vier Wochen dauert.

Schülerpraktika und Praktika von Minderjährigen

Wer Praktikanten beschäftigt, die noch keine 18 Jahre alt sind, muss im Regelfall keinen Mindestlohn zahlen. Hat ein minderjähriger Praktikant allerdings bereits eine Ausbildung abgeschlossen, steht ihm der gesetzliche Mindestlohn zu.

Arbeitet ein volljähriger Schüler neben dem Unterricht als Praktikant in einem Unternehmen und dauert das Praktikum länger als drei Monate, hat er ebenfalls ein Recht auf den gesetzlichen Mindestlohn.

Praktika von Langzeitarbeitslosen

Chefs, die Langzeitarbeitslose als Praktikanten einstellen, müssen ihnen in den ersten sechs Monaten keinen Mindestlohn zahlen.

Praktikum im Rahmen einer Einstiegsqualifizierung oder Berufsausbildungsvorbereitung

Menschen, die Schwierigkeiten haben, einen Ausbildungsplatz zu finden – etwa weil sie lernbeeinträchtigt oder sozial benachteiligt sind – können nach §54a des Dritten Sozialgesetzbuchs an einer Einstiegsqualifizierung (EQ) oder nach §§ 68 bis 70 des Berufsbildungsgesetzes an einer Berufsausbildungsvorbereitung teilnehmen. Ein sechs- bis zwölfmonatiges Praktikum soll sie auf den Berufseinstieg vorbereiten. Sie erhalten immer ein Gehalt – das bekommen Unternehmer allerdings von der Arbeitsagentur erstattet. Auf Antrag hin erstattet die Arbeitsagentur bis zu 262 Euro monatlich, zusätzlich bezuschusst sie die Sozialversicherungsbeiträge mit einem pauschalierten Anteil. Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern steht es aber frei, diesen Praktikanten mehr Gehalt zu zahlen.

Hospitanz

„Hospitanten sind keine Praktikanten, weil sie keine verwertbare Arbeitsleistung erbringen, sondern nur beobachten“, sagt Tiesler. Wer Hospitanten beschäftigt, muss ihnen daher kein Gehalt zahlen.

Achtung: Arbeitgeber sollten Hospitanten niemals als kostenlose Arbeitskräfte ausnutzen. Denn sobald ein Hospitant eine Tätigkeit ausübt, gilt er als Praktikant. Dann kann er laut Tiesler gegebenenfalls den Mindestlohn einklagen. Hospitanten sollten also immer nur beobachten.

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Welche Gehälter sind für Praktikanten üblich?

Arbeitet ein Praktikant, dem der Mindestlohn zusteht, beispielsweise an 20 Tagen pro Monat je 8 Stunden, verdient er 1985,60 Euro brutto.

Besteht kein Anspruch auf den Mindestlohn, unterscheidet sich die Praktikumsvergütung je nach Branche, Unternehmen und dessen Größe. Die HR-Beratungsfirma Clevis Group hat im Future Talents Report 2023 2950 Praktikanten und Werkstudenten aus verschiedenen Branchen zu ihren Löhnen befragt. An diesen Zahlen können Chefinnen und Chefs sich orientieren. Achtung: Im Befragungszeitraum änderte sich die Höhe des Mindestlohns mehrfach und lag zwischen 9,82 und 12 Euro.

Der Report wertet den Unterschied der Gehälter in freiwilligen und Pflichtpraktika aus: Unternehmen zahlten Pflichtpraktikanten im Schnitt 1021,60 Euro im Monat bei 33,8 Wochenstunden. Freiwillige Praktikanten erhielten 1506,72 Euro bei durchschnittlich 34,7 Stunden in der Woche.

Wer unsicher ist, welche Praktikumsgehälter in seiner oder ihrer Branche üblich sind, kann sich außerdem an Zahlen der Arbeitgeber-Bewertungsplattform Kununu orientieren. Die Plattform hat Gehaltsangaben von 10.966 Praktikantinnen und Praktikanten gesammelt (Stand 02. Januar 2024), das jährliche Durchschnittsgehalt lag bei 15.900 Euro – also 1325 Euro pro Monat bei einem Vollzeitpraktikum. Geringverdiener erhielten aufs Jahr hochgerechnet 10.400 Euro, Top-Verdiener 31.400 Euro. Hier können Sie die Zahlen von Kununu nachlesen und Gehälter von Top-Arbeitgebern prüfen.

Übrigens: Viele Praktikanten haben Anspruch auf ein Praktikumszeugnis. Wann Arbeitgeber ein Zeugnis ausstellen müssen und wie sie es formulieren, lesen Sie hier: Praktikumszeugnis: Das muss in einem Praktikumszeugnis stehen.

Was gilt, wenn ein Praktikant zum zweiten Mal ein Praktikum im selben Unternehmen macht?

Es ist wohl eher der Ausnahmefall, dass jemand zweimal in der gleichen Firma ein Praktikum absolviert – doch womöglich möchte sich ein ehemaliger Schülerpraktikant noch einmal in einer anderen Abteilung einer Firma orientieren. In diesem Fall müsste die Firma ihm den Mindestlohn zahlen: „Wenn nach einem früheren Praktikum nochmal ein bis zu dreimonatiges berufsbegleitendes Praktikum hinterherkommt, ist der zweite Part mindestlohnpflichtig“, sagt Tiesler.

Was gilt, wenn Chefs ein Praktikum nach drei Monaten verlängern?

Ist ein Praktikum von vornherein für mehr als drei Monate angesetzt, müssen Chefs den gesetzlichen Mindestlohn von 12,41 Euro pro Stunde zahlen (Ausnahmen siehe oben). Wenn aber ein Praktikum ursprünglich für drei oder weniger Monate angesetzt war und der Arbeitgeber es verlängert, wird es knifflig: Ob Chefs den Mindestlohn ab Tag eins des Praktikums rückwirkend zahlen müssen oder erst ab dem vierten Monat, ist laut Tiesler umstritten.

„Einige Autoren sagen, mit Hinweis auf Paragraph 22, Absatz 1 Nr. 3 Mindestlohngesetz, dass dann der Mindestlohn erst ab Beginn des vierten Monats geschuldet werde“, sagt der Rechtsanwalt. Aber: „Dazu gibt es noch keine höchstrichterliche Entscheidung.“

Was gilt, wenn Arbeitgeber ein Praktikum verkürzen?

Wenn Unternehmen ein Praktikum verkürzen, das laut Vertrag für mehr als drei Monate angesetzt und dadurch mindestlohnpflichtig war, ist der Fall klarer: 2016 entschied das Arbeitsgericht Berlin zugunsten eines Praktikanten, der gegen seinen Arbeitgeber geklagt hatte (Az. 28 Ca 2961/16). Das Praktikum war ursprünglich für vier Monate vereinbart gewesen und der Praktikant hätte den Mindestlohn verdienen müssen. Später unterzeichnete er eine neue Vereinbarung, in der der erste Monat als Hospitation festgelegt war und das eigentliche Praktikum auf drei Monate verkürzt wurde.

Der Arbeitgeber zahlte dem Praktikanten eine Aufwandsentschädigung von 100 Euro pro Monat. Der wollte sich damit nicht zufriedengeben und forderte den damals geltenden Mindestlohn: für den gesamten Zeitraum des Praktikums 4488 Euro brutto. Das Gericht gab ihm recht, denn die ursprüngliche Vereinbarung sei entscheidend.

Verkürzen Arbeitgeber also ein Praktikum, etwa weil der Praktikant keine gute Arbeit leistet, dürfen sie nicht vom Mindestlohn abweichen.

Ist jedes Praktikum sozialversicherungspflichtig?

Ob Arbeitgeber für Praktikanten Beiträge zur Sozialversicherung abführen müssen, hängt wieder von der Art des Praktikums ab. Nicht sozialversicherungspflichtig sind laut der IKK Südwest Praktikanten, die:

  • während eines Studiums, einer Ausbildung oder in der Schulzeit ein Pflichtpraktikum absolvieren – unabhängig davon, ob sie ein Gehalt bekommen oder nicht.
  • vor, während oder nach dem Studiums ein freiwilliges, unbezahltes Praktikum machen.

Beschäftigen Arbeitgeber Praktikanten, die vor oder nach dem Studium ein vorgeschriebenes Praktikum absolvieren – beispielsweise ein Praktikum, das Voraussetzung für die Aufnahme eines Studiums ist –, sind diese in der Regel nicht immatrikuliert. In diesem Fall muss der Arbeitgeber sie zur Sozialversicherung melden. Das Gleiche gilt für freiwillige Praktika während eines Studiums, bei denen das Unternehmen eine Praktikumsvergütung zahlt.

Was Arbeitgeber wissen müssen, wenn sie Studenten aus Aushilfen anstellen: Beschäftigung von Studenten: Was Arbeitgeber bei Studentenjobs beachten müssen.

Praktikantinnen und Praktikanten, die für ein paar Wochen oder Monate Unternehmensluft schnuppern, können Firmen bereichern – oder für Frust bei Führungskräften und Kollegen sorgen, weil diese viel Zeit investieren, die Praktikanten aber nicht zum Erfolg des Unternehmens beitragen. Verständlich, wenn Arbeitgeber Praktikanten nicht auch noch hohe Gehälter zahlen wollen. Doch auch bei kurzen Praktika wird in manchen Fällen der Mindestlohn fällig. Die wichtigsten Fakten im Überblick. Müssen Arbeitsgeber Praktika überhaupt vergüten? Grundsätzlich steht auch Praktikantinnen und Praktikanten der Mindestlohn zu (siehe Mindestlohngesetz, (MiLoG) Abschnitt 4, § 22) - allerdings sieht das Gesetz mehrere Ausnahmen vor, unter die der Großteil der Praktika fällt. Für diese Praktika gilt: Arbeitgeber können das Gehalt individuell festlegen - oder auch entscheiden, ein unbezahltes Praktikum anzubieten. „Es gibt bei Praktikanten, die nicht dem Mindestlohngesetz unterliegen, keine Pflicht, eine Vergütung oder einen Aufwandsersatz zu zahlen“, sagt Ralf-Dietrich Tiesler, Fachanwalt für Arbeitsrecht bei der Kanzlei Menold-Bezler. „Man könnte beispielsweise an Fahrtkosten denken, die den Praktikanten entstehen. Aber auch da gibt es keinen automatischen gesetzlichen Anspruch auf Erstattung.“ Wann sich ein Fahrtkostenzuschuss lohnt: Fahrtkostenzuschuss: Die wichtigsten Fakten Chefinnen und Chefs sollten sich aber gut überlegen, ob sie wirklich nichts zahlen wollen - schließlich können vielversprechende Kandidaten zur zahlenden Konkurrenz gehen. Und damit entgehen Firmen womöglich Talente, die im Arbeitsalltag unterstützen und später als Werkstudenten oder Berufseinsteiger im Betrieb durchstarten. In den meisten Branchen ist es üblich, dass Praktikanten ein Gehalt bekommen. Und auch wenn der Mindestlohn gilt, steht es Arbeitgebern selbstverständlich frei, Praktikanten mehr als 12,41 Euro pro Stunde zu zahlen. Arbeitgeber können das Gehalt individuell vereinbaren und im Praktikumsvertrag festlegen. impulse-Mitglieder können hier eine Vorlage für einen Praktikumsvertrag herunterladen und anpassen.  Wann gilt der gesetzliche Mindestlohn für Praktikanten - und wann nicht? Seit dem 1. Januar 2024 liegt der Mindestlohn bei 12,41 Euro pro Stunde. Das Mindestlohngesetz sieht folgende Regelungen und Ausnahmen für Praktikantinnen und Praktikanten vor: Pflichtpraktika von Studenten oder Auszubildenden Absolviert ein Praktikant ein Praktikum, das seine Studien-, Schul- oder Ausbildungsordnung vorschreibt, steht ihm kein Mindestlohn zu. Wer also beispielsweise eine Studentin als Praktikantin anstellt, die laut Studienordnung ein sechsmonatiges Pflichtpraktikum absolvieren muss, kann ihr weniger als 12,41 Euro pro Stunde zahlen - oder auch ganz auf eine Vergütung verzichten. Mehr zum Thema: Mindestausbildungsvergütung: Dieser Mindestlohn gilt für Azubis Freiwillige Praktika zur Berufsorientierung Auch bei freiwilligen Praktika ist nicht in allen Fällen eine Praktikumsvergütung vorgeschrieben. „Praktika sind vom Mindestlohn freigestellt, wenn sie ausbildungsbegleitend sind, zur Orientierung für eine Berufsausbildung oder zur Aufnahme des Studiums dienen“, sagt Tiesler. Demnach haben Praktikanten keinen Anspruch auf den Mindestlohn, wenn: das Praktikum maximal drei Monate dauert und zur Orientierung für eine Ausbildung oder ein Studium dient. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn eine Abiturientin einen Monat lang die Arbeit bei einem Automobilhersteller als Praktikantin kennen lernt, weil sie überlegt, Maschinenbau zu studieren. das Praktikum maximal drei Monate dauert und eine Ausbildung oder ein Studium begleitet. Sprich: Arbeitgeber müssen Praktikanten keinen Mindestlohn zahlen, wenn diese während ihrer Ausbildung oder ihres Studiums ein Praktikum absolvieren, das einen inhaltlichen Bezug zur Ausbildung hat. Freiwillige Praktika, die länger als drei Monate dauern Das bedeutet im Umkehrschluss: Dauert ein freiwilliges Orientierungspraktikum oder ausbildungs- oder studienbegleitendes Praktikum länger als drei Monate, müssen Chefs den Mindestlohn zahlen. Ebenso wird der Mindestlohn fällig, wenn das Praktikum keinen inhaltlichen Bezug zum Studium oder zur Ausbildung hat; also wenn beispielsweise ein Medizinstudent ein Praktikum bei einem Floristen absolviert. Freiwillige Praktika von Absolventinnen und Absolventen Wer Praktikanten beschäftigt, die ihre Ausbildung oder ihr Studium bereits abgeschlossen haben, muss ihnen in jedem Fall den Mindestlohn zahlen – selbst dann, wenn das Praktikum beispielsweise nur vier Wochen dauert. Schülerpraktika und Praktika von Minderjährigen Wer Praktikanten beschäftigt, die noch keine 18 Jahre alt sind, muss im Regelfall keinen Mindestlohn zahlen. Hat ein minderjähriger Praktikant allerdings bereits eine Ausbildung abgeschlossen, steht ihm der gesetzliche Mindestlohn zu. Arbeitet ein volljähriger Schüler neben dem Unterricht als Praktikant in einem Unternehmen und dauert das Praktikum länger als drei Monate, hat er ebenfalls ein Recht auf den gesetzlichen Mindestlohn. Praktika von Langzeitarbeitslosen Chefs, die Langzeitarbeitslose als Praktikanten einstellen, müssen ihnen in den ersten sechs Monaten keinen Mindestlohn zahlen. Praktikum im Rahmen einer Einstiegsqualifizierung oder Berufsausbildungsvorbereitung Menschen, die Schwierigkeiten haben, einen Ausbildungsplatz zu finden – etwa weil sie lernbeeinträchtigt oder sozial benachteiligt sind – können nach §54a des Dritten Sozialgesetzbuchs an einer Einstiegsqualifizierung (EQ) oder nach §§ 68 bis 70 des Berufsbildungsgesetzes an einer Berufsausbildungsvorbereitung teilnehmen. Ein sechs- bis zwölfmonatiges Praktikum soll sie auf den Berufseinstieg vorbereiten. Sie erhalten immer ein Gehalt – das bekommen Unternehmer allerdings von der Arbeitsagentur erstattet. Auf Antrag hin erstattet die Arbeitsagentur bis zu 262 Euro monatlich, zusätzlich bezuschusst sie die Sozialversicherungsbeiträge mit einem pauschalierten Anteil. Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern steht es aber frei, diesen Praktikanten mehr Gehalt zu zahlen. [mehr-zum-thema] Hospitanz „Hospitanten sind keine Praktikanten, weil sie keine verwertbare Arbeitsleistung erbringen, sondern nur beobachten“, sagt Tiesler. Wer Hospitanten beschäftigt, muss ihnen daher kein Gehalt zahlen. Achtung: Arbeitgeber sollten Hospitanten niemals als kostenlose Arbeitskräfte ausnutzen. Denn sobald ein Hospitant eine Tätigkeit ausübt, gilt er als Praktikant. Dann kann er laut Tiesler gegebenenfalls den Mindestlohn einklagen. Hospitanten sollten also immer nur beobachten. Welche Gehälter sind für Praktikanten üblich? Arbeitet ein Praktikant, dem der Mindestlohn zusteht, beispielsweise an 20 Tagen pro Monat je 8 Stunden, verdient er 1985,60 Euro brutto. Besteht kein Anspruch auf den Mindestlohn, unterscheidet sich die Praktikumsvergütung je nach Branche, Unternehmen und dessen Größe. Die HR-Beratungsfirma Clevis Group hat im Future Talents Report 2023 2950 Praktikanten und Werkstudenten aus verschiedenen Branchen zu ihren Löhnen befragt. An diesen Zahlen können Chefinnen und Chefs sich orientieren. Achtung: Im Befragungszeitraum änderte sich die Höhe des Mindestlohns mehrfach und lag zwischen 9,82 und 12 Euro. Der Report wertet den Unterschied der Gehälter in freiwilligen und Pflichtpraktika aus: Unternehmen zahlten Pflichtpraktikanten im Schnitt 1021,60 Euro im Monat bei 33,8 Wochenstunden. Freiwillige Praktikanten erhielten 1506,72 Euro bei durchschnittlich 34,7 Stunden in der Woche. Wer unsicher ist, welche Praktikumsgehälter in seiner oder ihrer Branche üblich sind, kann sich außerdem an Zahlen der Arbeitgeber-Bewertungsplattform Kununu orientieren. Die Plattform hat Gehaltsangaben von 10.966 Praktikantinnen und Praktikanten gesammelt (Stand 02. Januar 2024), das jährliche Durchschnittsgehalt lag bei 15.900 Euro - also 1325 Euro pro Monat bei einem Vollzeitpraktikum. Geringverdiener erhielten aufs Jahr hochgerechnet 10.400 Euro, Top-Verdiener 31.400 Euro. Hier können Sie die Zahlen von Kununu nachlesen und Gehälter von Top-Arbeitgebern prüfen. Übrigens: Viele Praktikanten haben Anspruch auf ein Praktikumszeugnis. Wann Arbeitgeber ein Zeugnis ausstellen müssen und wie sie es formulieren, lesen Sie hier: Praktikumszeugnis: Das muss in einem Praktikumszeugnis stehen. Was gilt, wenn ein Praktikant zum zweiten Mal ein Praktikum im selben Unternehmen macht? Es ist wohl eher der Ausnahmefall, dass jemand zweimal in der gleichen Firma ein Praktikum absolviert – doch womöglich möchte sich ein ehemaliger Schülerpraktikant noch einmal in einer anderen Abteilung einer Firma orientieren. In diesem Fall müsste die Firma ihm den Mindestlohn zahlen: „Wenn nach einem früheren Praktikum nochmal ein bis zu dreimonatiges berufsbegleitendes Praktikum hinterherkommt, ist der zweite Part mindestlohnpflichtig“, sagt Tiesler. Was gilt, wenn Chefs ein Praktikum nach drei Monaten verlängern? Ist ein Praktikum von vornherein für mehr als drei Monate angesetzt, müssen Chefs den gesetzlichen Mindestlohn von 12,41 Euro pro Stunde zahlen (Ausnahmen siehe oben). Wenn aber ein Praktikum ursprünglich für drei oder weniger Monate angesetzt war und der Arbeitgeber es verlängert, wird es knifflig: Ob Chefs den Mindestlohn ab Tag eins des Praktikums rückwirkend zahlen müssen oder erst ab dem vierten Monat, ist laut Tiesler umstritten. „Einige Autoren sagen, mit Hinweis auf Paragraph 22, Absatz 1 Nr. 3 Mindestlohngesetz, dass dann der Mindestlohn erst ab Beginn des vierten Monats geschuldet werde“, sagt der Rechtsanwalt. Aber: „Dazu gibt es noch keine höchstrichterliche Entscheidung.“ Was gilt, wenn Arbeitgeber ein Praktikum verkürzen? Wenn Unternehmen ein Praktikum verkürzen, das laut Vertrag für mehr als drei Monate angesetzt und dadurch mindestlohnpflichtig war, ist der Fall klarer: 2016 entschied das Arbeitsgericht Berlin zugunsten eines Praktikanten, der gegen seinen Arbeitgeber geklagt hatte (Az. 28 Ca 2961/16). Das Praktikum war ursprünglich für vier Monate vereinbart gewesen und der Praktikant hätte den Mindestlohn verdienen müssen. Später unterzeichnete er eine neue Vereinbarung, in der der erste Monat als Hospitation festgelegt war und das eigentliche Praktikum auf drei Monate verkürzt wurde. Der Arbeitgeber zahlte dem Praktikanten eine Aufwandsentschädigung von 100 Euro pro Monat. Der wollte sich damit nicht zufriedengeben und forderte den damals geltenden Mindestlohn: für den gesamten Zeitraum des Praktikums 4488 Euro brutto. Das Gericht gab ihm recht, denn die ursprüngliche Vereinbarung sei entscheidend. Verkürzen Arbeitgeber also ein Praktikum, etwa weil der Praktikant keine gute Arbeit leistet, dürfen sie nicht vom Mindestlohn abweichen. Ist jedes Praktikum sozialversicherungspflichtig? Ob Arbeitgeber für Praktikanten Beiträge zur Sozialversicherung abführen müssen, hängt wieder von der Art des Praktikums ab. Nicht sozialversicherungspflichtig sind laut der IKK Südwest Praktikanten, die: während eines Studiums, einer Ausbildung oder in der Schulzeit ein Pflichtpraktikum absolvieren – unabhängig davon, ob sie ein Gehalt bekommen oder nicht. vor, während oder nach dem Studiums ein freiwilliges, unbezahltes Praktikum machen. Beschäftigen Arbeitgeber Praktikanten, die vor oder nach dem Studium ein vorgeschriebenes Praktikum absolvieren – beispielsweise ein Praktikum, das Voraussetzung für die Aufnahme eines Studiums ist –, sind diese in der Regel nicht immatrikuliert. In diesem Fall muss der Arbeitgeber sie zur Sozialversicherung melden. Das Gleiche gilt für freiwillige Praktika während eines Studiums, bei denen das Unternehmen eine Praktikumsvergütung zahlt. Was Arbeitgeber wissen müssen, wenn sie Studenten aus Aushilfen anstellen: Beschäftigung von Studenten: Was Arbeitgeber bei Studentenjobs beachten müssen.