Menschen überzeugen
Mit dieser Strategie stimmen Sie auch die größten Sturköpfe um

Wer Geschäftspartner, Mitarbeiter oder Kunden von seiner Meinung überzeugen will, macht häufig einen Kardinalfehler - und scheitert. Eine Neurowissenschaftlerin weiß, wie es besser geht.

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Manchmal ist es nicht einfach, Menschen von einer anderen Meinung zu überzeugen.
© jayk7 / Moment / Getty Images

Haben Sie schon einmal versucht, mit einem Impfgegner zu diskutieren? Es ist zum Verrücktwerden. Man redet sich den Mund fusselig, hat die besten Argumente auf seiner Seite und kann klar aufzeigen, dass der andere sich irrt – und trotzdem rückt er kein Stück von seiner Meinung ab. Im Gegenteil, oft fühlt sich das Gegenüber sogar noch bestärkt.

Weil man es mit einem unverbesserlichen Sturkopf zu tun hat?

Wahrscheinlicher ist, dass Sie unbewusst die falsche Strategie gewählt haben. Wer versucht, andere Menschen von seiner Meinung  zu überzeugen, verfällt gern in einen Reflex: Er beharrt darauf, recht zu haben. Blöd nur: Das verträgt sich überhaupt nicht damit, wie das Gehirn des anderen arbeitet.

Wir beharren gern darauf, recht zu haben

Zurück zum Beispiel mit dem Impfgegner: Seit einer Studie aus dem Jahr 1998 hält sich hartnäckig das Gerücht, es gebe einen Zusammenhang zwischen Impfungen und einem erhöhten Autismus-Risiko. Das ist längst widerlegt. Doch die Angst vieler Eltern ist geblieben.

Die meisten Menschen würden nun versuchen, die skeptischen Eltern mit wissenschaftlichen Beweisen zu überzeugen und ihnen klar zu machen, dass sie sich irren. Wer hört, dass der Impfstoff erwiesenermaßen nicht zu Autismus führt, müsste sich doch umstimmen lassen. Das klingt vernünftig. Funktioniert aber nicht.

Der Fehler: Wir versuchen, die gegenteilige Meinung mit Beweisen wegzuargumentieren

Tali Sharot, eine Psychologin und Neurowissenschaftlerin aus den USA, hat in ihrem neuen Buch „Die Meinung der anderen“ die Hirnmechanismen analysiert, die hinter menschlichen Überzeugungen stecken. Sie erklärt, warum der Versuch, Menschen mit Argumenten umzustimmen, oft zum Scheitern verurteilt ist: „Informationen werten wir in Relation mit vorgefassten Überzeugungen aus. Je weiter weg die neuen Daten von den bereits vorhandenen Ansichten sind, desto geringer ist die Chance, dass sie als stichhaltig wahrgenommen werden.“

Also: Egal, wie gut die Argumente sein mögen – sie werden beim anderen gar nicht richtig ankommen, wenn er selbst sehr überzeugt von seiner Meinung ist.

Das Buch
Tali Sharot: Die Meinung der Anderen. Wie sie unser Denken und Handeln bestimmt - und wie wir sie beeinflussen. Hardcover, 304 Seiten. Siedler, 24,99 Euro.

Welche Strategie besser funktioniert, um Menschen zu überzeugen

Sharots Tipp lautet: Versuchen Sie nicht, eine fest verwurzelte Überzeugung ins Wanken zu bringen, sondern verankern Sie lieber eine neue Überzeugung im Kopf des Gegenübers.

In der Diskussion mit den besorgten Eltern hieße das: Statt zu erklären, dass der Impfstoff keinen Autismus auslöst, sollte man lieber betonen, dass er das Kind vor einer im schlimmsten Fall tödlichen Krankheit beschützen kann. Diese Strategie führt eher dazu, dass die Eltern ihre Meinung ändern – das ist wissenschaftlich erwiesen.

Warum das funktioniert? Wenn in einer Diskussion zwei sehr unterschiedliche Meinungen aufeinandertreffen, dreht man sich oft im Kreis. Jeder will recht behalten. Tali Sharot schreibt dazu: „Um erfolgreich Veränderungen anzustoßen, müssen wir uns bemühen, gemeinsame Motive zu finden.“ Das gemeinsame Motiv im Impf-Beispiel ist die Gesundheit des Kindes, die es zu schützen gilt. Appelliert man an dieses gemeinsame Ziel, lässt sich der andere eher umstimmen.

Argument trifft auf Gegenargument – so kommt man nicht weiter

Lässt sich dieses Prinzip auf den Arbeitsalltag übertragen? Ein Beispiel: Unternehmer Schneider will eine neue Software in seinem Betrieb etablieren. Das derzeitige Programm hält er für veraltet und zu langsam. Sein Geschäftspartner Schmidt, der für die IT zuständig ist, lehnt das strikt ab. Er hat das alte Programm damals ausgewählt, es ist ihm vertraut, es läuft schon lange fehlerfrei.

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Die Diskussion schaukelt sich hoch, Schneider wird wütend. Er beharrt darauf, dass die aktuelle Lösung Schrott ist. Später schickt er dem Kollegen Schmidt eine E-Mail mit einem Link: Im Testbericht einer Fachzeitschrift werden die Vorzüge der neuen Software gelobt.

Und was macht Schmidt? Er antwortet mit einem Artikel aus einer anderen Fachzeitschrift, in dem auf Sicherheitslücken im Programm hingewiesen wird. Die beiden kommen nicht weiter. Sie beharren auf ihrer jeweiligen Meinung, untermauern sie mit Argumenten  – und eine Lösung ist nicht in Sicht.

Lieber auf die Gemeinsamkeiten als auf die Differenzen konzentrieren

Erfolgsversprechender, weil an die Funktionsweise des menschlichen Gehirns angepasster, wäre es so gewesen: Schneider betont dem Kollegen gegenüber, wie wichtig es für den Erfolg des Unternehmens ist, sich den Herausforderungen der Digitalisierung zu stellen. Um mit den rasenden Veränderungen Schritt halten zu können, müsse man eine Software nutzen, die den neusten Standards entspricht. Wäre es deshalb nicht an der Zeit zu prüfen, ob die aktuelle Lösung noch die beste für das Unternehmen sei?

Schneider konzentriert sich also auf das, was beiden Lagern gemeinsam ist (den Erfolg des Unternehmens auch in Zukunft zu sichern), statt auf das, worüber Uneinigkeit herrscht (welche Software die bessere ist). Damit kommt eine völlig andere Diskussion zustande – und es wird viel wahrscheinlicher, dass Schneider seinen Kollegen umstimmen kann.

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Haben Sie schon einmal versucht, mit einem Impfgegner zu diskutieren? Es ist zum Verrücktwerden. Man redet sich den Mund fusselig, hat die besten Argumente auf seiner Seite und kann klar aufzeigen, dass der andere sich irrt - und trotzdem rückt er kein Stück von seiner Meinung ab. Im Gegenteil, oft fühlt sich das Gegenüber sogar noch bestärkt. Weil man es mit einem unverbesserlichen Sturkopf zu tun hat? Wahrscheinlicher ist, dass Sie unbewusst die falsche Strategie gewählt haben. Wer versucht, andere Menschen von seiner Meinung  zu überzeugen, verfällt gern in einen Reflex: Er beharrt darauf, recht zu haben. Blöd nur: Das verträgt sich überhaupt nicht damit, wie das Gehirn des anderen arbeitet. Wir beharren gern darauf, recht zu haben Zurück zum Beispiel mit dem Impfgegner: Seit einer Studie aus dem Jahr 1998 hält sich hartnäckig das Gerücht, es gebe einen Zusammenhang zwischen Impfungen und einem erhöhten Autismus-Risiko. Das ist längst widerlegt. Doch die Angst vieler Eltern ist geblieben. Die meisten Menschen würden nun versuchen, die skeptischen Eltern mit wissenschaftlichen Beweisen zu überzeugen und ihnen klar zu machen, dass sie sich irren. Wer hört, dass der Impfstoff erwiesenermaßen nicht zu Autismus führt, müsste sich doch umstimmen lassen. Das klingt vernünftig. Funktioniert aber nicht. Der Fehler: Wir versuchen, die gegenteilige Meinung mit Beweisen wegzuargumentieren Tali Sharot, eine Psychologin und Neurowissenschaftlerin aus den USA, hat in ihrem neuen Buch "Die Meinung der anderen" die Hirnmechanismen analysiert, die hinter menschlichen Überzeugungen stecken. Sie erklärt, warum der Versuch, Menschen mit Argumenten umzustimmen, oft zum Scheitern verurteilt ist: "Informationen werten wir in Relation mit vorgefassten Überzeugungen aus. Je weiter weg die neuen Daten von den bereits vorhandenen Ansichten sind, desto geringer ist die Chance, dass sie als stichhaltig wahrgenommen werden." Also: Egal, wie gut die Argumente sein mögen - sie werden beim anderen gar nicht richtig ankommen, wenn er selbst sehr überzeugt von seiner Meinung ist. Welche Strategie besser funktioniert, um Menschen zu überzeugen Sharots Tipp lautet: Versuchen Sie nicht, eine fest verwurzelte Überzeugung ins Wanken zu bringen, sondern verankern Sie lieber eine neue Überzeugung im Kopf des Gegenübers. In der Diskussion mit den besorgten Eltern hieße das: Statt zu erklären, dass der Impfstoff keinen Autismus auslöst, sollte man lieber betonen, dass er das Kind vor einer im schlimmsten Fall tödlichen Krankheit beschützen kann. Diese Strategie führt eher dazu, dass die Eltern ihre Meinung ändern - das ist wissenschaftlich erwiesen. Warum das funktioniert? Wenn in einer Diskussion zwei sehr unterschiedliche Meinungen aufeinandertreffen, dreht man sich oft im Kreis. Jeder will recht behalten. Tali Sharot schreibt dazu: "Um erfolgreich Veränderungen anzustoßen, müssen wir uns bemühen, gemeinsame Motive zu finden." Das gemeinsame Motiv im Impf-Beispiel ist die Gesundheit des Kindes, die es zu schützen gilt. Appelliert man an dieses gemeinsame Ziel, lässt sich der andere eher umstimmen. Argument trifft auf Gegenargument - so kommt man nicht weiter Lässt sich dieses Prinzip auf den Arbeitsalltag übertragen? Ein Beispiel: Unternehmer Schneider will eine neue Software in seinem Betrieb etablieren. Das derzeitige Programm hält er für veraltet und zu langsam. Sein Geschäftspartner Schmidt, der für die IT zuständig ist, lehnt das strikt ab. Er hat das alte Programm damals ausgewählt, es ist ihm vertraut, es läuft schon lange fehlerfrei. Die Diskussion schaukelt sich hoch, Schneider wird wütend. Er beharrt darauf, dass die aktuelle Lösung Schrott ist. Später schickt er dem Kollegen Schmidt eine E-Mail mit einem Link: Im Testbericht einer Fachzeitschrift werden die Vorzüge der neuen Software gelobt. Und was macht Schmidt? Er antwortet mit einem Artikel aus einer anderen Fachzeitschrift, in dem auf Sicherheitslücken im Programm hingewiesen wird. Die beiden kommen nicht weiter. Sie beharren auf ihrer jeweiligen Meinung, untermauern sie mit Argumenten  - und eine Lösung ist nicht in Sicht. Lieber auf die Gemeinsamkeiten als auf die Differenzen konzentrieren Erfolgsversprechender, weil an die Funktionsweise des menschlichen Gehirns angepasster, wäre es so gewesen: Schneider betont dem Kollegen gegenüber, wie wichtig es für den Erfolg des Unternehmens ist, sich den Herausforderungen der Digitalisierung zu stellen. Um mit den rasenden Veränderungen Schritt halten zu können, müsse man eine Software nutzen, die den neusten Standards entspricht. Wäre es deshalb nicht an der Zeit zu prüfen, ob die aktuelle Lösung noch die beste für das Unternehmen sei? Schneider konzentriert sich also auf das, was beiden Lagern gemeinsam ist (den Erfolg des Unternehmens auch in Zukunft zu sichern), statt auf das, worüber Uneinigkeit herrscht (welche Software die bessere ist). Damit kommt eine völlig andere Diskussion zustande - und es wird viel wahrscheinlicher, dass Schneider seinen Kollegen umstimmen kann.
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