Insolvenzanfechtung
Verhängnisvolle Geschäfte

Geht ein Kunde pleite, müssen Lieferanten noch Jahre später fürchten, dass Zahlungen vom Insolvenzverwalter zurückgefordert werden. Ein unkalkulierbares Risiko, das vor allem kleine Firmen gefährdet. Was sich durch die vom Bundestag beschlossene Reform der Insolvenzanfechtung ändert.

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Ein Insolvenzverwalter kann Zahlungen von Kunden anfechten und zurückfordern, auch rückwirkend für viele Jahre. Eine solche Inolvenzanfechtung kann kleine Unternehmen an den Rand der Existenz bringen.
Ein Insolvenzverwalter kann Zahlungen von Kunden anfechten und zurückfordern, auch rückwirkend für viele Jahre. Eine solche Inolvenzanfechtung kann kleine Unternehmen an den Rand der Existenz bringen.
© Volodymyr Shevchuk / Fotolia.de

15 Jahre lang machte ein Elektrofachhändler Geschäfte mit einem Handwerksbetrieb. Als er von dessen Zahlungsschwierigkeiten erfuhr, lieferte er weiter – und erhielt auch sein Geld. „Es ist die ureigene Aufgabe eines Händlers, die Kunden zu unterstützen, wenn es ihnen wirtschaftlich nicht gut geht“, sagt der Unternehmenschef, der seinen Namen nicht veröffentlicht sehen möchte. „Von einer Bank bekommt ein schwächelnder Betrieb doch keinen Kredit!“

Als der Kunde schließlich den Offenbarungseid leistete, bat der Insolvenzverwalter den Elektrofachhändler zur Kasse: 250.000 Euro wurden fällig – der Umsatz mit dem Handwerker aus den vorangegangenen vier Jahren. Der Unternehmer klagte bis zum Oberlandesgericht – ohne Erfolg. Der Richter teilte die Begründung des Insolvenzverwalters und berief sich auf Paragraf 133 der Insolvenzordnung: Der Elektrofachhändler habe von der drohenden Zahlungsunfähigkeit gewusst und in Kauf genommen, dass die übrigen Gläubiger leer ausgehen.

Wie oft eine Insolvenzanfechtung vorkommt

Die sogenannte Vorsatzanfechtung stellt Unternehmen, die mit Pleitefirmen Geschäfte gemacht haben, vor ein großes Problem. Von rund 3000 Insolvenzverfahren, die der Verband der Insolvenzverwalter Deutschlands (VID) vor wenigen Jahren geprüft hat, wurde in 12 Prozent der Fälle eine Insolvenzanfechtung erfolgreich durchgesetzt. Im Durchschnitt verlangten die Verwalter 38.760 Euro zurück, in zahlreichen Fällen aber auch deutlich mehr.

Setzt sich der Insolvenzverwalter mit seiner Behauptung durch, der Lieferant habe aufgrund bestimmter Indizien um mögliche Liquiditätsprobleme des Kunden wissen müssen, kann er Zahlungen zurückfordern – und zwar nicht nur aus einem einzelnen gestundeten Geschäft, sondern aus allen Verträgen, die danach in einem Zeitraum von zehn Jahren bis zum Insolvenzantrag geschlossen wurden. Ein unkalkulierbares Risiko, das vor allem Einzelunternehmer und Mini-Mittelständler gefährdet.

Was sich durch die Reform der Insolvenzanfechtung ändert

Eine nun vom Bundestag beschlossene Gesetzesreform der Insolvenzanfechtung soll hier für mehr Rechtssicherheit sorgen. Der Zeitraum für eine Insolvenzanfechtung soll demnach von zehn auf vier Jahre verkürzt werden. „Für Lieferanten bringt die Verkürzung auf den ersten Blick eine Erleichterung, weil das Risiko nicht mehr besteht, dass sie womöglich Zahlungen aus bis zu zehn Jahren zurückzahlen müssen“, sagt Jasmin Urlaub, Partnerin und Fachanwältin für Insolvenzrecht bei der Stuttgarter Kanzlei Menold Bezler. „Das hört sich aber besser an als es eigentlich ist. Denn es tut Lieferanten immer noch immens weh, wenn Insolvenzverwalter vier Jahre zurückgehen und längst erhaltene Zahlungen anfechten können.“ Eine wirkliche Verbesserung zum Status quo sei die Gesetzesänderung nicht. Denn bisher sei es ohnehin kaum vorgekommen, dass Insolvenzverwalter Zahlungen zurückgefordert hätten, die mehr als 4 Jahre zurücklagen.

Immerhin gilt künftig aber: Zahlungen, die wie vertraglich geschuldet geleistet werden, sollen Insolvenzverwalter nur noch dann zurückfordern können, wenn der Lieferant tatsächlich von der Zahlungsunfähigkeit des Kunden wusste. Die Kenntnis einer drohenden Pleite genügt nach der Gesetzesänderung in Zukunft nicht mehr für Zahlungen, die wie im Vertrag vereinbart geleistet werden. Im Fachjargon werden diese auch als sogenannte „kongruente Deckungen“ bezeichnet. „Das ist eine echte Verbesserung“, sagt Insolvenzexpertin Urlaub.

Was künftig für Ratenzahlungen bei einer Insolvenzanfechtung gilt

Ratenzahlungen oder Zahlungsaufschübe galten nach bisheriger Rechtslage als Hinweis darauf, dass die bevorstehende Schieflage des Kunden abzusehen war. Wer Geschäftspartnern den Gepflogenheiten entsprechend entgegenkommt, kann in letzter Konsequenz die eigene Zukunft riskieren.

Unsere Expertin
Jasmin Urlaub ist Partnerin und Fachanwältin für Insolvenzrecht bei der Stuttgarter Kanzlei Menold Bezler.

Die vom Bundestag beschlossene Reform der Innsolvenzanfechtung soll nun zumindest bei einer ersten Zahlungsvereinbarung für Rechtssicherheit sorgen. Zahlungserleichterungen sollen dann künftig nicht mehr als Hinweis darauf gelten, dass ein Kunde vor der Pleite steht. „Eine Ratenzahlungsvereinbarung dient ja gerade dazu, dass der Schuldner nicht zahlungsunfähig wird“, sagt Urlaub. „Wenn der Schuldner diese Raten dann auch pünktlich bezahlt, ist der Gläubiger künftig auf der sicheren Seite.“

Das gilt aber nur für eine erste Zahlungsvereinbarung. „Wenn man mit dem Schuldner eine zweite Vereinbarung treffen muss, weil er die Zahlungen nicht pünktlich oder gar nicht leisten kann, ist man sofort wieder voll im Risiko einer Insolvenzanfechtung. Das ist nicht mehr von dieser Erleichterung gedeckt.“ Jasmin Urlaub rät Lieferanten deshalb, Zahlungserleichterungen oder Ratenzahlung so zu gestalten, dass der Schuldner die Raten auch tatsächlich pünktlich bezahlen kann.

Und wenn es weitere Indizien für eine Zahlungsunfähigkeit gibt?

Doch aufgepasst: Wenn weitere Indizien dafür sprechen, dass man als Lieferant von der Zahlungsunfähigkeit hätte wissen können – wie zum Beispiel wenn man bereits mehrere Mahnungen ausstellen musste –, ist das Risiko der Insolvenzanfechtung wieder da: Der Insolvenzverwalter kann die Zahlung zurückfordern.

Wie Sie sich zusätzlich gegen eine Insolvenzanfechtung absichern können

Um bei Zahlungserleichterungen auf der sicheren Seite zu sein, empfiehlt Jasmin Urlaub Lieferanten grundsätzlich immer danach zu fragen, ob es schon ein Sanierungsgutachten, eine Fortbestehungsprognose oder zumindest eine Liquiditätsplanung gibt. Eine positive Fortbestehungssprognose setzt voraus, dass das Unternehmen im laufenden und dem folgenden Geschäftsjahr mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zahlungsfähig bleiben wird. „Wenn es noch keine gibt, würde ich eine verlangen, wenn eine mögliche Rückforderung an die Schmerzgrenze oder die Substanz des eigenen Unternehmens geht.“ Bestätigt ein Dritter, dass keine Zahlungsunfähigkeit vorliegt oder droht, könne sich der Lieferant im Fall einer Insolvenzanfechtung darauf berufen.

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Wann Sie grundsätzlich vorsichtig sein sollten

Wenn sich die Bonität bei Creditreform-Auskünften verschlechtert, Zahlungen nicht pünktlich kommen oder keine Skonti mehr gezogen werden, sollte man das kritisch beobachten. Anwältin Jasmin Urlaub rät, in solchen Fällen im Zweifel auf Vorkasse umzustellen.

Was bei Vorkasse gilt

Bargeschäfte sind grundsätzlich nicht anfechtbar – das war auch schon vor der Reform so. Anders war es jedoch, wenn Lieferanten von der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Geschäftspartners wussten. „Dann konnten Insolvenzverwalter die Zahlung dennoch anfechten“, sagt Urlaub. Das ändert sich nun mit der Gesetzesreform. Künftig ist eine Anfechtung in solchen Fällen nur noch möglich, wenn der Schuldner unlauter handelte. „Das ist eine wirkliche Verbesserung“, sagt die Insolvenzexpertin. Unlauter handelt ein Schuldner zum Beispiel, wenn er sein Geld verschleudert und flüchtige Luxusausgaben macht. Wenn ein Unternehmen also eine Luxusyacht ausliefert, wäre die Zahlung anfechtbar, auch wenn der Empfänger sie per Vorkasse bezahlt hat.

Liefert ein Unternehmen dagegen Schrauben, die der Geschäftspartner für die tägliche Arbeit braucht, ist eine Zahlung per Vorkasse künftig rechtssicher. Wichtig zu beachten: Zwischen Leistung und Lieferung dürfen lediglich zwischen 14 und 30 Tagen liegen. „Das ist eine echte Erleichterung, denn auch bei Vorkasse konnte es bisher unter Umständen kritisch werden“, sagt Urlaub.

Und was gilt bei Zwangsvollstreckungen?

Zwangsvollstreckungen außerhalb des Drei-Monats-Zeitraums vor einem Insolvenzantrag sind nicht anfechtbar. Das sollte mit der Reform ursprünglich auch auf den Drei-Monats-Zeitraum ausgeweitet werden. „Denn wenn man gegen einen Kunden eine Zwangsvollstreckung einleitet, ist das eine harte Maßnahme“, sagt Jasmin Urlaub. „Wenn der Insolvenzverwalter die Zahlung innerhalb des Drei-Monatszeitraums trotzdem noch anfechten kann, ist das extrem ärgerlich.“ Hier ändert sich nun aber nichts. Zwangsvollstreckungen innerhalb des Drei-Monatszeitraums sind also auch künftig komplett anfechtbar.

Wann tritt die Reform der Insolvenzanfechtung in Kraft?

Der Bundesrat hat der Reform der Insolvenzanfechtung am 10. März 2017 zugestimmt. Hat der Bundespräsident die Gesetzesänderung unterschrieben, tritt sie am Tag nach der Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt in Kraft.

Mitarbeit: Uwe-Schmidt-Kasparek

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15 Jahre lang machte ein Elektrofachhändler Geschäfte mit einem Handwerksbetrieb. Als er von dessen Zahlungsschwierigkeiten erfuhr, lieferte er weiter – und erhielt auch sein Geld. „Es ist die ureigene Aufgabe eines Händlers, die Kunden zu unterstützen, wenn es ihnen wirtschaftlich nicht gut geht“, sagt der Unternehmenschef, der seinen Namen nicht veröffentlicht sehen möchte. „Von einer Bank bekommt ein schwächelnder Betrieb doch keinen Kredit!“ Als der Kunde schließlich den Offenbarungseid leistete, bat der Insolvenzverwalter den Elektrofachhändler zur Kasse: 250.000 Euro wurden fällig – der Umsatz mit dem Handwerker aus den vorangegangenen vier Jahren. Der Unternehmer klagte bis zum Oberlandesgericht – ohne Erfolg. Der Richter teilte die Begründung des Insolvenzverwalters und berief sich auf Paragraf 133 der Insolvenzordnung: Der Elektrofachhändler habe von der drohenden Zahlungsunfähigkeit gewusst und in Kauf genommen, dass die übrigen Gläubiger leer ausgehen. Wie oft eine Insolvenzanfechtung vorkommt Die sogenannte Vorsatzanfechtung stellt Unternehmen, die mit Pleitefirmen Geschäfte gemacht haben, vor ein großes Problem. Von rund 3000 Insolvenzverfahren, die der Verband der Insolvenzverwalter Deutschlands (VID) vor wenigen Jahren geprüft hat, wurde in 12 Prozent der Fälle eine Insolvenzanfechtung erfolgreich durchgesetzt. Im Durchschnitt verlangten die Verwalter 38.760 Euro zurück, in zahlreichen Fällen aber auch deutlich mehr. Setzt sich der Insolvenzverwalter mit seiner Behauptung durch, der Lieferant habe aufgrund bestimmter Indizien um mögliche Liquiditätsprobleme des Kunden wissen müssen, kann er Zahlungen zurückfordern – und zwar nicht nur aus einem einzelnen gestundeten Geschäft, sondern aus allen Verträgen, die danach in einem Zeitraum von zehn Jahren bis zum Insolvenzantrag geschlossen wurden. Ein unkalkulierbares Risiko, das vor allem Einzelunternehmer und Mini-Mittelständler gefährdet. Was sich durch die Reform der Insolvenzanfechtung ändert Eine nun vom Bundestag beschlossene Gesetzesreform der Insolvenzanfechtung soll hier für mehr Rechtssicherheit sorgen. Der Zeitraum für eine Insolvenzanfechtung soll demnach von zehn auf vier Jahre verkürzt werden. „Für Lieferanten bringt die Verkürzung auf den ersten Blick eine Erleichterung, weil das Risiko nicht mehr besteht, dass sie womöglich Zahlungen aus bis zu zehn Jahren zurückzahlen müssen“, sagt Jasmin Urlaub, Partnerin und Fachanwältin für Insolvenzrecht bei der Stuttgarter Kanzlei Menold Bezler. „Das hört sich aber besser an als es eigentlich ist. Denn es tut Lieferanten immer noch immens weh, wenn Insolvenzverwalter vier Jahre zurückgehen und längst erhaltene Zahlungen anfechten können.“ Eine wirkliche Verbesserung zum Status quo sei die Gesetzesänderung nicht. Denn bisher sei es ohnehin kaum vorgekommen, dass Insolvenzverwalter Zahlungen zurückgefordert hätten, die mehr als 4 Jahre zurücklagen. Immerhin gilt künftig aber: Zahlungen, die wie vertraglich geschuldet geleistet werden, sollen Insolvenzverwalter nur noch dann zurückfordern können, wenn der Lieferant tatsächlich von der Zahlungsunfähigkeit des Kunden wusste. Die Kenntnis einer drohenden Pleite genügt nach der Gesetzesänderung in Zukunft nicht mehr für Zahlungen, die wie im Vertrag vereinbart geleistet werden. Im Fachjargon werden diese auch als sogenannte „kongruente Deckungen“ bezeichnet. „Das ist eine echte Verbesserung“, sagt Insolvenzexpertin Urlaub. Was künftig für Ratenzahlungen bei einer Insolvenzanfechtung gilt Ratenzahlungen oder Zahlungsaufschübe galten nach bisheriger Rechtslage als Hinweis darauf, dass die bevorstehende Schieflage des Kunden abzusehen war. Wer Geschäftspartnern den Gepflogenheiten entsprechend entgegenkommt, kann in letzter Konsequenz die eigene Zukunft riskieren. Die vom Bundestag beschlossene Reform der Innsolvenzanfechtung soll nun zumindest bei einer ersten Zahlungsvereinbarung für Rechtssicherheit sorgen. Zahlungserleichterungen sollen dann künftig nicht mehr als Hinweis darauf gelten, dass ein Kunde vor der Pleite steht. „Eine Ratenzahlungsvereinbarung dient ja gerade dazu, dass der Schuldner nicht zahlungsunfähig wird“, sagt Urlaub. „Wenn der Schuldner diese Raten dann auch pünktlich bezahlt, ist der Gläubiger künftig auf der sicheren Seite.“ Das gilt aber nur für eine erste Zahlungsvereinbarung. „Wenn man mit dem Schuldner eine zweite Vereinbarung treffen muss, weil er die Zahlungen nicht pünktlich oder gar nicht leisten kann, ist man sofort wieder voll im Risiko einer Insolvenzanfechtung. Das ist nicht mehr von dieser Erleichterung gedeckt.“ Jasmin Urlaub rät Lieferanten deshalb, Zahlungserleichterungen oder Ratenzahlung so zu gestalten, dass der Schuldner die Raten auch tatsächlich pünktlich bezahlen kann. Und wenn es weitere Indizien für eine Zahlungsunfähigkeit gibt? Doch aufgepasst: Wenn weitere Indizien dafür sprechen, dass man als Lieferant von der Zahlungsunfähigkeit hätte wissen können – wie zum Beispiel wenn man bereits mehrere Mahnungen ausstellen musste –, ist das Risiko der Insolvenzanfechtung wieder da: Der Insolvenzverwalter kann die Zahlung zurückfordern. Wie Sie sich zusätzlich gegen eine Insolvenzanfechtung absichern können Um bei Zahlungserleichterungen auf der sicheren Seite zu sein, empfiehlt Jasmin Urlaub Lieferanten grundsätzlich immer danach zu fragen, ob es schon ein Sanierungsgutachten, eine Fortbestehungsprognose oder zumindest eine Liquiditätsplanung gibt. Eine positive Fortbestehungssprognose setzt voraus, dass das Unternehmen im laufenden und dem folgenden Geschäftsjahr mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zahlungsfähig bleiben wird. „Wenn es noch keine gibt, würde ich eine verlangen, wenn eine mögliche Rückforderung an die Schmerzgrenze oder die Substanz des eigenen Unternehmens geht.“ Bestätigt ein Dritter, dass keine Zahlungsunfähigkeit vorliegt oder droht, könne sich der Lieferant im Fall einer Insolvenzanfechtung darauf berufen. Wann Sie grundsätzlich vorsichtig sein sollten Wenn sich die Bonität bei Creditreform-Auskünften verschlechtert, Zahlungen nicht pünktlich kommen oder keine Skonti mehr gezogen werden, sollte man das kritisch beobachten. Anwältin Jasmin Urlaub rät, in solchen Fällen im Zweifel auf Vorkasse umzustellen. Was bei Vorkasse gilt Bargeschäfte sind grundsätzlich nicht anfechtbar - das war auch schon vor der Reform so. Anders war es jedoch, wenn Lieferanten von der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Geschäftspartners wussten. „Dann konnten Insolvenzverwalter die Zahlung dennoch anfechten“, sagt Urlaub. Das ändert sich nun mit der Gesetzesreform. Künftig ist eine Anfechtung in solchen Fällen nur noch möglich, wenn der Schuldner unlauter handelte. „Das ist eine wirkliche Verbesserung“, sagt die Insolvenzexpertin. Unlauter handelt ein Schuldner zum Beispiel, wenn er sein Geld verschleudert und flüchtige Luxusausgaben macht. Wenn ein Unternehmen also eine Luxusyacht ausliefert, wäre die Zahlung anfechtbar, auch wenn der Empfänger sie per Vorkasse bezahlt hat. Liefert ein Unternehmen dagegen Schrauben, die der Geschäftspartner für die tägliche Arbeit braucht, ist eine Zahlung per Vorkasse künftig rechtssicher. Wichtig zu beachten: Zwischen Leistung und Lieferung dürfen lediglich zwischen 14 und 30 Tagen liegen. „Das ist eine echte Erleichterung, denn auch bei Vorkasse konnte es bisher unter Umständen kritisch werden“, sagt Urlaub. Und was gilt bei Zwangsvollstreckungen? Zwangsvollstreckungen außerhalb des Drei-Monats-Zeitraums vor einem Insolvenzantrag sind nicht anfechtbar. Das sollte mit der Reform ursprünglich auch auf den Drei-Monats-Zeitraum ausgeweitet werden. „Denn wenn man gegen einen Kunden eine Zwangsvollstreckung einleitet, ist das eine harte Maßnahme“, sagt Jasmin Urlaub. „Wenn der Insolvenzverwalter die Zahlung innerhalb des Drei-Monatszeitraums trotzdem noch anfechten kann, ist das extrem ärgerlich.“ Hier ändert sich nun aber nichts. Zwangsvollstreckungen innerhalb des Drei-Monatszeitraums sind also auch künftig komplett anfechtbar. Wann tritt die Reform der Insolvenzanfechtung in Kraft? Der Bundesrat hat der Reform der Insolvenzanfechtung am 10. März 2017 zugestimmt. Hat der Bundespräsident die Gesetzesänderung unterschrieben, tritt sie am Tag nach der Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt in Kraft. Mitarbeit: Uwe-Schmidt-Kasparek