Finanzen
Vorsicht, Abzocker!

Niedrige Zinsen, lange Laufzeiten, keine Bonitätsprüfung - derzeit kursieren in den sozialen Netzwerken wie Xing und Facebook überaus verlockende Kreditangebote. Die Polizei warnt vor organisierter Kriminalität. Die Masche: Erst zahlt der Kunde Provision, dann bricht der Kontakt ab.

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© dpa

Klingt das verlockend für Sie? „Wir sind bereit, Ihnen Darlehen mit Zinssatz von 3% zu geben, bieten wir Kredite an gewerbliche und private Organisationen, die von 5.000 bis maximal 8.000.000 in Zeiten von 1-20 Jahren bieten wir Darlehen mit niedrigen Zinsen keine Bonitätsprüfung.“ Dieses in schwachem Deutsch abgefasste Angebot unterbreitete im Herbst ein gewisser Brune Carine in einem Forum des Karrierenetzwerks Xing.

Unkomplizierte Kreditvergabe zu günstigen Konditionen, selbst bei langfristigen Krediten – Offerten wie diese tauchten in den vergangenen Monaten vermehrt in sozialen Netzwerken wie Xing oder Facebook auf. Wer hinter den Postings steht bleibt dubios. Die Profile der Kredit-Anbieter verschwinden meist nach kurzer Zeit wieder. Auch Brune Carine ist auf Xing inzwischen nicht mehr auffindbar.

Die Polizei und Verbraucherschützer raten zu größter Vorsicht. Zumeist dürfte es sich um Betrüger handeln. Nach dem ersten Kontakt verlangen die Anbieter oft Geld, angeblich für Provision, Steuern oder Gebühren für den Geldtransfer. So berichtet ein Nutzer, der sich Rodi nennt, im Internetforum Computerbetrug.de, er habe gleich zweimal Gebühren an eine Firma namens Ragusa in Schweden gezahlt. Den erhofften Kredit habe er aber nie gesehen. Angeblich gebe es Probleme mit der internationalen Überweisung, sei ihm am Telefon gesagt worden. Als ihm angeboten wurde, die vermeintlichen Gebühren ein drittes Mal zu überweisen, brach er den Kontakt ab. Über seine Erlebnisse sprechen wollte er auf Anfrage von impulse.de nicht mehr.

Eine Investment-Firma namens Ragusa hat es in London tatsächlich gegeben. Die allerdings wurde im Jahr 2007 von einer südamerikanischen Firma geschluckt; aktuelle Dokumente gibt es nicht. Sicheres Anzeichen dafür, dass die Darlehensangebote unter dem Namen Ragusa von Abzockern stammen ist die Email-Adresse: ragusacapitalplc@yahoo.co.uk. Eine Email-Adresse bei einem Gratisanbieter wie Yahoo, Web.de oder googlemail sollte Warnung genug sein.

„Lehrgeld, schreiben Sie es ab“

Täglich streuen die angeblichen Kreditanbieter ihre Angebote bei Xing und Facebook. Eine technische Lösung, sie auszusperren, gibt es bislang nicht. Die Betreiber der Plattform Xing setzen auf ihre Nutzer, heißt es vonseiten des Unternehmens. Moderatoren löschen die Beiträge und melden die Urheber, die Betreiber sperren die Accounts.

Und wenn doch mal jemand in die Falle tappt und zahlt? „Das war Lehrgeld, schreiben Sie es ab“, rät Harald Wiggenhorn, Professor für Wirtschaftsrecht an der Hochschule Aschaffenburg. „Sonst werfen Sie noch gutes Geld dem schlechten hinterher, wenn Sie versuchen, es mit Hilfe der Justiz zurückzuholen.“ Und die Justiz würde wohl an der Geschäftsfähigkeit eines Unternehmers zweifeln, der im Internet dubiose Kredite abschließt.

„Für Unternehmer gibt es auch kein Widerrufsrecht“, warnt Wiggenhorn. „Und selbst wenn: Er müsste sein Recht ja durchsetzen.“ Seiner Erfahrung nach sei das Geld mit vertretbarem finanziellem Aufwand nicht mehr wiederzubeschaffen.

Ermittlungen enden oft an der Grenze Deutschlands

Einige Geprellte habe Anzeige wegen Betrugs erstattet. Auch wenn es in der Regel das Geld nicht zurück gibt, jeder gemeldete Betrug oder Betrugsversuch unterstütze die Ermittlungen, sagt Andreas Mayer, der die Kriminalprävention der Polizei der Länder und des Bundes koordiniert. „Die Betrugsdezernate der Kriminalpolizei bearbeiten diese Fälle. Dort werden eventuelle Tatzusammenhänge erkannt und zusammengeführt. Über Konten, Telefonnummern und IP-Adressen werden die Täter verfolgt.“

Beziffern lassen sich diese Fälle nicht – es seien in jedem Jahr tausende Geschädigte und Betrugsversuche, sagt Mayer. Und es gebe zu viele Arten: „In Betracht kommen Warenbetrug, Leistungsbetrug, Kreditbetrug, Kreditvermittlungsbetrug“, und die Liste verlängert sich mit steigender Kreativität der Täter.

Nicht selten sind die Betrüger im Ausland zu vermuten. Was die Arbeit der Polizei erschwert. Die Zusammenarbeit mit Ermittlern im Ausland „funktioniert mal besser, mal schlechter“, sagt Polizist Mayer.

Hinter den Anzeigen im Netz vermutet er die organisierte Kriminalität. Er warnt, dass hier selbst zugeschickte Belege, wie Kontoauszüge oder Ausweisdokumente, häufig gefälscht seien. Sicherheit gibt es also praktisch nicht. Mayer rät daher das Offensichtliche – das dennoch immer wieder vergessen wird: „Man sollte kein Geld an jemanden überweisen, den man nicht oder nur virtuell kennt.“

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Kreditvermittlung wird nicht überwacht

An Kreditgeber außerhalb unserer Hausbanken haben wir uns in Zeiten von Crowdfunding und –investing längst gewöhnt. Aber das gewerbliche Kreditgeschäft bleibt ein Bankgeschäft, erläutert Sven Gebauer, Sprecher der Bankenaufsicht BaFin. „Das heißt: Sie brauchen dafür eine Erlaubnis.“

Häufig werden Kredite im Netz daher lediglich vermittelt. „Portale zur Vermittlung sind nicht erlaubnispflichtig“, sagt Gebauer. Er rät, vorab zu prüfen: „Wer macht da was?“ Auch wo keine Betrüger am Werk sind sei nicht immer auf den ersten Blick erkennbar, ob eine Bank hinter dem Angebot steht, oder ein Vermittler.

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Nach dem ersten Kontakt verlangen die Anbieter oft Geld, angeblich für Provision, Steuern oder Gebühren für den Geldtransfer. So berichtet ein Nutzer, der sich Rodi nennt, im Internetforum Computerbetrug.de, er habe gleich zweimal Gebühren an eine Firma namens Ragusa in Schweden gezahlt. Den erhofften Kredit habe er aber nie gesehen. Angeblich gebe es Probleme mit der internationalen Überweisung, sei ihm am Telefon gesagt worden. Als ihm angeboten wurde, die vermeintlichen Gebühren ein drittes Mal zu überweisen, brach er den Kontakt ab. Über seine Erlebnisse sprechen wollte er auf Anfrage von impulse.de nicht mehr. Eine Investment-Firma namens Ragusa hat es in London tatsächlich gegeben. Die allerdings wurde im Jahr 2007 von einer südamerikanischen Firma geschluckt; aktuelle Dokumente gibt es nicht. Sicheres Anzeichen dafür, dass die Darlehensangebote unter dem Namen Ragusa von Abzockern stammen ist die Email-Adresse: ragusacapitalplc@yahoo.co.uk. Eine Email-Adresse bei einem Gratisanbieter wie Yahoo, Web.de oder googlemail sollte Warnung genug sein. „Lehrgeld, schreiben Sie es ab“ Täglich streuen die angeblichen Kreditanbieter ihre Angebote bei Xing und Facebook. Eine technische Lösung, sie auszusperren, gibt es bislang nicht. Die Betreiber der Plattform Xing setzen auf ihre Nutzer, heißt es vonseiten des Unternehmens. Moderatoren löschen die Beiträge und melden die Urheber, die Betreiber sperren die Accounts. Und wenn doch mal jemand in die Falle tappt und zahlt? „Das war Lehrgeld, schreiben Sie es ab“, rät Harald Wiggenhorn, Professor für Wirtschaftsrecht an der Hochschule Aschaffenburg. „Sonst werfen Sie noch gutes Geld dem schlechten hinterher, wenn Sie versuchen, es mit Hilfe der Justiz zurückzuholen.“ Und die Justiz würde wohl an der Geschäftsfähigkeit eines Unternehmers zweifeln, der im Internet dubiose Kredite abschließt. „Für Unternehmer gibt es auch kein Widerrufsrecht“, warnt Wiggenhorn. „Und selbst wenn: Er müsste sein Recht ja durchsetzen.“ Seiner Erfahrung nach sei das Geld mit vertretbarem finanziellem Aufwand nicht mehr wiederzubeschaffen. Ermittlungen enden oft an der Grenze Deutschlands Einige Geprellte habe Anzeige wegen Betrugs erstattet. Auch wenn es in der Regel das Geld nicht zurück gibt, jeder gemeldete Betrug oder Betrugsversuch unterstütze die Ermittlungen, sagt Andreas Mayer, der die Kriminalprävention der Polizei der Länder und des Bundes koordiniert. „Die Betrugsdezernate der Kriminalpolizei bearbeiten diese Fälle. Dort werden eventuelle Tatzusammenhänge erkannt und zusammengeführt. Über Konten, Telefonnummern und IP-Adressen werden die Täter verfolgt.“ Beziffern lassen sich diese Fälle nicht – es seien in jedem Jahr tausende Geschädigte und Betrugsversuche, sagt Mayer. Und es gebe zu viele Arten: „In Betracht kommen Warenbetrug, Leistungsbetrug, Kreditbetrug, Kreditvermittlungsbetrug“, und die Liste verlängert sich mit steigender Kreativität der Täter. Nicht selten sind die Betrüger im Ausland zu vermuten. Was die Arbeit der Polizei erschwert. Die Zusammenarbeit mit Ermittlern im Ausland „funktioniert mal besser, mal schlechter“, sagt Polizist Mayer. Hinter den Anzeigen im Netz vermutet er die organisierte Kriminalität. Er warnt, dass hier selbst zugeschickte Belege, wie Kontoauszüge oder Ausweisdokumente, häufig gefälscht seien. Sicherheit gibt es also praktisch nicht. Mayer rät daher das Offensichtliche – das dennoch immer wieder vergessen wird: „Man sollte kein Geld an jemanden überweisen, den man nicht oder nur virtuell kennt.“ Kreditvermittlung wird nicht überwacht An Kreditgeber außerhalb unserer Hausbanken haben wir uns in Zeiten von Crowdfunding und –investing längst gewöhnt. Aber das gewerbliche Kreditgeschäft bleibt ein Bankgeschäft, erläutert Sven Gebauer, Sprecher der Bankenaufsicht BaFin. „Das heißt: Sie brauchen dafür eine Erlaubnis.“ Häufig werden Kredite im Netz daher lediglich vermittelt. „Portale zur Vermittlung sind nicht erlaubnispflichtig“, sagt Gebauer. 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