Service-Exzellenz
Das Service-Geheimnis des besten Hotels in Deutschland

In Deutschlands bestem Hotel fand Carsten K. Rath die Erfolgsformel für glückliche und treue Kunden. Sie lässt sich auch auf Unternehmen anderer Branchen übertragen.

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Hotelchef Frank Marrenbach und sein „Brenners Park-Hotel und Spa“ sind bekannt für exzellenten Service. Carsten K. Rath ist sicher: Der Grund dafür ist, dass Marrenbach auf das Führungsprinzip V4 setzt.
Hotelchef Frank Marrenbach und sein „Brenners Park-Hotel und Spa“ sind bekannt für exzellenten Service. Carsten K. Rath ist sicher: Der Grund dafür ist, dass Marrenbach auf das Führungsprinzip V4 setzt.
© Judith Hilgenstöhler

Den folgenden exklusiven Vorabdruck aus dem Buch „Für Herzlichkeit gibt’s keine App“ veröffentlichen wir mit freundlicher Genehmigung des Verlages.

Mein Freund Frank Marrenbach leitet das meiner Meinung nach und vielen Expertenurteilen zufolge beste Hotel Deutschlands, das „Brenners Park-Hotel und Spa“ in Baden-Baden. Außerdem ist er CEO der Oetker Collection.

Jedes Mal, wenn ich in seinem Hotel zu Gast bin, passiert dasselbe: Frank bringt mich persönlich auf mein Zimmer. Dort ist alles perfekt für mich vorbereitet, liebevoll und detailversessen. Sogar eine persönliche Karte von Frank liegt neben den frischen Blumen auf dem Tisch. Ein kleines Paradies nur für mich. So weit, so professionell.

Doch jedes Mal gibt es einen kleinen Wermutstropfen. Irgendetwas mit dem Zimmer stimmt nicht, irgendeine Kleinigkeit passt nicht ins perfekte Bild – ein ums andere Mal. Meistens ist es die Stehlampe neben dem Sofa. Alle anderen Lampen sind an, wenn wir das Zimmer betreten, so wie auch entspannende Musik im Hintergrund läuft, damit ich als Gast mit einem schönen Ambiente empfangen werde. Nur diese eine Lampe ist aus. Als wäre sie vergessen worden. Und das ist seltsam, denn in diesem Hotel wird nichts dem Zufall überlassen.

Und dann macht der Hotelier des Jahres, denn diese Auszeichnung ist Frank wiederholt verliehen worden, Folgendes: Er kniet sich in seinem Maßanzug auf den Boden und knipst diese Lampe an.

Bleibt Lampe mit Absicht ausgeschaltet?

Ich verrate Ihnen ein Geheimnis: Ich glaube nicht, dass die Lampe oder irgendein anderes Detail jedes Mal vergessen wird. Ich glaube, dass Frank diesen Fehler mit Absicht einbaut. Nicht nur für mich, weil wir befreundet sind, sondern genauso für andere Gäste.

Und für noch jemanden: für seine Mitarbeiter. Frank sitzt nicht oben in seinem Büro, schreibt ein paar schlaue Maximen über Service an eine Pinnwand und hält sich ansonsten raus. Frank sucht den Kontakt mit dem Gast. Nicht nur, weil der Gast sich dann gebauchpinselt fühlt. Sondern auch, damit seine Mitarbeiter sehen: Wir ziehen hier alle an einem Strang. Was Frank mit diesem kleinen Makel demonstriert, ist Demut gegenüber der Sache, Demut gegenüber der Aufgabe der Führung.

Der Autor
Carsten K. RathWie begeistert man Kunden? Mit dieser Frage beschäftigt sich Carsten K. Rath seit 30 Jahren: Der gelernte Hotelfachmann hat Dutzende Grand Hotels eröffnet und war der erste Hotelmanager des Adlon in Berlin. Später gründete er seine eigene Hotelgesellschaft. Heute gibt er als Vortragsredner, Autor und mit seiner Managementberatung RichtigRichtig.com sein Wissen über Service und Führung an andere Führungskräfte weiter.

Und diese Demut gegenüber der Sache ist ein Ausdruck der Vorbildrolle, die Frank ausübt. Sie zeigt sein Verantwortungsgefühl gegenüber Kunden und Mitarbeitern. Damit demonstriert Frank nicht nur den Kunden, dass er seine Aufgabe ernst nimmt, sondern fördert auch das Vertrauen seiner Mitarbeiter in seine Führung.

Er zeigt ihnen damit nämlich, dass er sich der gemeinsamen Sache verpflichtet fühlt: Wir ziehen hier alle an einem Strang. Alles, was wir tun, dient dem Gast – und das gilt auch für alles, was ich als Führender tue. Frank lebt vor, was Führung bedeutet und welchen Einfluss sie auf den Service hat.

V4 als Führungsprinzip

Die Formel der Führung für Service-Excellence lautet V4. Alle vier V beschreiben die Rolle des Leaders. Sie sind die Voraussetzung dafür, dass unsere Mitarbeiter ihre Freiheiten richtig nutzen.

V wie Vertrauen

Vertrauen demonstriert eine Führungskraft ihren Mitarbeitern, indem sie ihnen die nötigen Entscheidungsbefugnisse und Handlungsfreiheiten überträgt. Ein Chef, der seinen Mitarbeitern nicht vertraut, hat Mitarbeiter, die sich nichts trauen. Vertrauensvolle Führung setzt einen ideellen Rahmen, innerhalb dessen die Mitarbeiter maximale Freiheiten und volles Vertrauen genießen.

In eigener Sache
Machen ist wie wollen, nur krasser
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V wie Vorbild

Wenn ich will, dass meine Mitarbeiter freiwillig und selbstbestimmt handeln, erreiche ich das, indem ich es ihnen vorlebe. Als Leader bin ich ein Vorbild: Alles, was ich einfordere, ohne selbst glaubwürdig dafür zu stehen, kaufen meine Mitarbeiter mir nicht ab und werden es auch nicht übernehmen. Im Service-Bereich gibt es sehr viele Führungskräfte, die von ihren Mitarbeitern absolute Kundenorientierung verlangen – und dann bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit über die Kunden lästern oder Entscheidungen treffen, die eben nicht kundenorientiert sind.

V wie Verantwortung

Wenn ich als Führungskraft erwarte, dass meine Mitarbeiter Verantwortung für gemeinsame Ziele übernehmen, gelingt mir das nur, indem ich mich als verantwortungsbewusster Chef zeige. Knicke ich dagegen in der schwierigsten Phase eines Projekts ein, etwa weil eine Budget-Kürzung nötig ist, kann ich nicht von meinem Team erwarten, dass es die Einschränkungen gegenüber dem Kunden für mich ausgleicht.

V wie Verpflichtung

Wenn ich will, dass meine Mitarbeiter sich dem Unternehmen verpflichtet fühlen, kann ich ihnen demonstrieren, dass ich mich der gemeinsamen Mission verpflichtet fühle.

Wie sich V4 auf den Service auswirkt

Franks Beispiel zeigt, wie sich V4 auf den Service auswirkt: Er kümmert sich selbst um den Gast, weil er seinen Leuten ein Vorbild sein will. Weil er ihnen zeigen will, wie man Verantwortung für den Kunden übernimmt, denn dann kann er seinen Mitarbeitern vertrauen. Und weil er sich der gemeinsamen Mission verpflichtet fühlt.

Frank führt, indem er das alles vorlebt. Deshalb geht er vor dem Gast auf die Knie. Und deshalb ist sein Hotel das beste in Deutschland.

Buchcover: Für Herzlichkeit gibt's keine App

Das Buch „Für Herzlichkeit gibt’s keine App. Service-Excellence in digitalen Zeiten“ (Gabal-Verlag, 24,90 Euro) erscheint am 28. Februar 2018.

Den folgenden exklusiven Vorabdruck aus dem Buch „Für Herzlichkeit gibt's keine App" veröffentlichen wir mit freundlicher Genehmigung des Verlages. Mein Freund Frank Marrenbach leitet das meiner Meinung nach und vielen Expertenurteilen zufolge beste Hotel Deutschlands, das „Brenners Park-Hotel und Spa“ in Baden-Baden. Außerdem ist er CEO der Oetker Collection. Jedes Mal, wenn ich in seinem Hotel zu Gast bin, passiert dasselbe: Frank bringt mich persönlich auf mein Zimmer. Dort ist alles perfekt für mich vorbereitet, liebevoll und detailversessen. Sogar eine persönliche Karte von Frank liegt neben den frischen Blumen auf dem Tisch. Ein kleines Paradies nur für mich. So weit, so professionell. Doch jedes Mal gibt es einen kleinen Wermutstropfen. Irgendetwas mit dem Zimmer stimmt nicht, irgendeine Kleinigkeit passt nicht ins perfekte Bild – ein ums andere Mal. Meistens ist es die Stehlampe neben dem Sofa. Alle anderen Lampen sind an, wenn wir das Zimmer betreten, so wie auch entspannende Musik im Hintergrund läuft, damit ich als Gast mit einem schönen Ambiente empfangen werde. Nur diese eine Lampe ist aus. Als wäre sie vergessen worden. Und das ist seltsam, denn in diesem Hotel wird nichts dem Zufall überlassen. Und dann macht der Hotelier des Jahres, denn diese Auszeichnung ist Frank wiederholt verliehen worden, Folgendes: Er kniet sich in seinem Maßanzug auf den Boden und knipst diese Lampe an. Bleibt Lampe mit Absicht ausgeschaltet? Ich verrate Ihnen ein Geheimnis: Ich glaube nicht, dass die Lampe oder irgendein anderes Detail jedes Mal vergessen wird. Ich glaube, dass Frank diesen Fehler mit Absicht einbaut. Nicht nur für mich, weil wir befreundet sind, sondern genauso für andere Gäste. Und für noch jemanden: für seine Mitarbeiter. Frank sitzt nicht oben in seinem Büro, schreibt ein paar schlaue Maximen über Service an eine Pinnwand und hält sich ansonsten raus. Frank sucht den Kontakt mit dem Gast. Nicht nur, weil der Gast sich dann gebauchpinselt fühlt. Sondern auch, damit seine Mitarbeiter sehen: Wir ziehen hier alle an einem Strang. Was Frank mit diesem kleinen Makel demonstriert, ist Demut gegenüber der Sache, Demut gegenüber der Aufgabe der Führung. Und diese Demut gegenüber der Sache ist ein Ausdruck der Vorbildrolle, die Frank ausübt. Sie zeigt sein Verantwortungsgefühl gegenüber Kunden und Mitarbeitern. Damit demonstriert Frank nicht nur den Kunden, dass er seine Aufgabe ernst nimmt, sondern fördert auch das Vertrauen seiner Mitarbeiter in seine Führung. Er zeigt ihnen damit nämlich, dass er sich der gemeinsamen Sache verpflichtet fühlt: Wir ziehen hier alle an einem Strang. Alles, was wir tun, dient dem Gast – und das gilt auch für alles, was ich als Führender tue. Frank lebt vor, was Führung bedeutet und welchen Einfluss sie auf den Service hat. V4 als Führungsprinzip Die Formel der Führung für Service-Excellence lautet V4. Alle vier V beschreiben die Rolle des Leaders. Sie sind die Voraussetzung dafür, dass unsere Mitarbeiter ihre Freiheiten richtig nutzen. V wie Vertrauen Vertrauen demonstriert eine Führungskraft ihren Mitarbeitern, indem sie ihnen die nötigen Entscheidungsbefugnisse und Handlungsfreiheiten überträgt. Ein Chef, der seinen Mitarbeitern nicht vertraut, hat Mitarbeiter, die sich nichts trauen. Vertrauensvolle Führung setzt einen ideellen Rahmen, innerhalb dessen die Mitarbeiter maximale Freiheiten und volles Vertrauen genießen. V wie Vorbild Wenn ich will, dass meine Mitarbeiter freiwillig und selbstbestimmt handeln, erreiche ich das, indem ich es ihnen vorlebe. Als Leader bin ich ein Vorbild: Alles, was ich einfordere, ohne selbst glaubwürdig dafür zu stehen, kaufen meine Mitarbeiter mir nicht ab und werden es auch nicht übernehmen. Im Service-Bereich gibt es sehr viele Führungskräfte, die von ihren Mitarbeitern absolute Kundenorientierung verlangen – und dann bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit über die Kunden lästern oder Entscheidungen treffen, die eben nicht kundenorientiert sind. V wie Verantwortung Wenn ich als Führungskraft erwarte, dass meine Mitarbeiter Verantwortung für gemeinsame Ziele übernehmen, gelingt mir das nur, indem ich mich als verantwortungsbewusster Chef zeige. Knicke ich dagegen in der schwierigsten Phase eines Projekts ein, etwa weil eine Budget-Kürzung nötig ist, kann ich nicht von meinem Team erwarten, dass es die Einschränkungen gegenüber dem Kunden für mich ausgleicht. V wie Verpflichtung Wenn ich will, dass meine Mitarbeiter sich dem Unternehmen verpflichtet fühlen, kann ich ihnen demonstrieren, dass ich mich der gemeinsamen Mission verpflichtet fühle. Wie sich V4 auf den Service auswirkt Franks Beispiel zeigt, wie sich V4 auf den Service auswirkt: Er kümmert sich selbst um den Gast, weil er seinen Leuten ein Vorbild sein will. Weil er ihnen zeigen will, wie man Verantwortung für den Kunden übernimmt, denn dann kann er seinen Mitarbeitern vertrauen. Und weil er sich der gemeinsamen Mission verpflichtet fühlt. Frank führt, indem er das alles vorlebt. Deshalb geht er vor dem Gast auf die Knie. Und deshalb ist sein Hotel das beste in Deutschland. Das Buch „Für Herzlichkeit gibt's keine App. Service-Excellence in digitalen Zeiten“ (Gabal-Verlag, 24,90 Euro) erscheint am 28. Februar 2018.
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