Psychologische Spiele
So reagieren Sie entspannt auf manipulative Psycho-Tricks

Zeigen Teammitglieder manipulatives Verhalten im Job, kann das Führungskräfte viele Nerven kosten. Woran Sie psychologische Spiele erkennen und wie Sie auf die fünf häufigsten Manipulationsversuche reagieren.

27. September 2021, 06:00 Uhr, von Gesche Peters

Psychospiele
© go2/Photocase

Sie vergiften die Stimmung, stören die Produktivität und führen am Ende zu nichts: psychologische Spiele. So bezeichnet man unbewusste Kommunikationsmuster, die viele Menschen bereits in der Kindheit lernen. „Ziel dieser Spiele ist, sein Gegenüber zu manipulieren. Entweder um sich Aufmerksamkeit zu verschaffen, sich aus unangenehmen Situationen zu winden oder um sich vor Aufgaben zu drücken“, sagt Ulrich Dehner, Coach und Autor in Konstanz. Das Problem: Wenn diese Art der Kommunikation am Arbeitsplatz stattfindet, ist das auf Dauer schädlich für das ganze Unternehmen. „In Teams, in denen viele psychologische Spiele gespielt werden, ist die Stimmung oft sehr schlecht“, so Dehner.

Denn nach dem Spiel merkt man häufig, dass man manipuliert wurde und anders reagiert hat, als man wollte. Was diese manipulative Kommunikation schwierig macht, ist, dass sie nicht offen, sondern verdeckt stattfindet. Es wird etwas anderes gesagt, als gemeint ist, um bei seinem Gesprächspartner zum gewünschten Ergebnis zu kommen. Wenn Sie jedoch die Muster durchschaut haben, fällt es Ihnen leichter, Spielangebote zu erkennen und nicht darauf einzugehen.

Diesem Muster folgen Spiele

Spiele folgen laut Dehner immer dem gleichen Muster: Ein Köder wird ausgelegt, der auf den wunden Punkt des Gegenübers abzielt.

Dieser wunde Punkt ist zum Beispiel die Angst, keine gerechte Führungskraft zu sein, nicht von allen Angestellten gemocht zu werden oder als unfähig zu erscheinen. Dieser Köder bringt den Angesprochenen oder die Angesprochene in eine schwierige Situation: Er oder sie hat das Bedürfnis, sich zu verteidigen, das eigene Selbstbild zu wahren.

Wer diesem Bedürfnis jedoch nachgibt, lässt sich manipulieren, und der Spieler oder die Spielerin erreicht damit das Ziel. „Wer seine wunden Punkte kennt, kann nicht so leicht geködert werden“, erklärt Dehner.

Es gibt außerdem drei Rollen, an denen man erkennen kann, dass jemand ein psychologisches Spiel startet: Opfer, Retter oder Angreifer, das sogenannte Drama-Dreieck.

  • Das Opfer macht sich kleiner, als es ist. Wenn es ein Spiel startet, geht es ihm darum, eine Aufgabe oder Verantwortung abzugeben oder sich vor Kritik zu schützen. Die Hoffnung ist hier, dass das Gegenüber die Rolle des Retters einnimmt.
  • Der Retter möchte gern der Held in einer Situation sein. Wenn er ein Spiel startet, drängt er andere in die Opferrolle und macht sie künstlich klein, um selbst besser dazustehen. Wenn jemand in die Retterrolle gedrängt wird, ist er gezwungen zu helfen, auch wenn er in dem Moment keine Zeit oder Lust dazu hat.
  • Der Angreifer agiert aggressiv. Er steigt mit Sarkasmus oder verdeckten Anschuldigungen in ein Spiel ein und zwingt sein Gegenüber so zur Rechtfertigung. Er zielt besonders auf die wunden Punkte des anderen ab. Der Angreifer lässt sich daran erkennen, dass er übertreibt und Worte benutzt wie immer, nur oder nie.

In einem typischen Spiel bleiben die Rollen nicht gleich, es findet ein Wechsel statt. Ein Angreifer kann zum Beispiel in die Rolle des Opfers wechseln, wenn sein Gegenüber auf Gegenangriff setzt. Dadurch dass der Spieler plötzlich eine andere Rolle hat, ist der andere überrascht. Das Spiel endet dann entweder damit, dass einer von beiden sich entschuldigt, oder damit, dass ein neues Spiel mit anderen Rollen startet. Es hinterlässt aber in jedem Fall schlechte Gefühle auf allen Seiten.

Spiel 1: Ja, aber …

Ablauf: Bei diesem Spiel, das laut Dehner am häufigsten gespielt wird, geht es vor allem darum, Aufgaben oder Verantwortung abzugeben. Spieler finden für jede Aufgabe ein Argument, warum sie sie nicht ausführen können, ein „Ja, aber …“. Sie bieten jedoch keine Alternative oder Lösung dazu an. Ziel ist, dass das Gegenüber genervt aufgibt und die Aufgabe an jemand anderen vergibt. Sie begeben sich damit in die Opferrolle und erwarten von Ihnen, in die des Retters zu schlüpfen.

Lösung: Wenn Sie merken, dass jemand aus Ihrem Team das „Ja, aber-Spiel“ spielt, empfiehlt Dehner, nicht selbst nach Alternativen zu suchen. „Egal, was Sie ihr vorschlagen, diese Person wird ein Gegenargument finden.“ Geht es zum Beispiel darum, einen neuen Kunden zu betreuen und der Mitarbeiter drückt sich mit einer Ausrede nach der anderen, würden Sie viel Zeit vergeuden, wenn Sie immer neue Argumente suchen würden.

Stattdessen sollten Sie den anderen eine Lösung entwickeln lassen. „Sobald ein ‚Aber‘ kommt, fragen Sie, welche Möglichkeiten Ihrem Gegenüber sonst noch einfallen. Lassen Sie sich nicht in die Position bringen, dass Sie eine Lösung für sein Problem finden müssen.“

Spiel 2: Blöd stellen

Ablauf: Hier geben sich die Spieler mit Absicht schwer von Begriff, um sich vor einer Aufgabe zu drücken. Dehner: „Wenn man genau weiß, dass man dem Teammitglied etwas bereits dreimal erklärt hat und es das scheinbar immer noch nicht verstanden hat, könnte ein ‚Blödstellen-Spiel‘ stattfinden.“ Die Hoffnung sei hier, dass Führungskräfte die Aufgabe an jemand anderen geben, um es dem Spieler nicht erneut erklären zu müssen.

Lösung: Dehner empfiehlt bei diesem Spiel, den Menschen zum Denken zu bringen. Das schaffe man eher durch Fragen als dadurch, dass man ihm die Aufgabe abnimmt: „Wie könnten Sie es denn machen? Wie haben Sie es bisher gemacht?“

Und wenn Angestellte vorgeben, sich nicht mehr daran zu erinnern? „Dann lassen Sie sie mal raten, wie es gehen könnte. Meistens treffen sie damit ins Schwarze“, so Dehner. Er berichtet von einer Mitarbeiterin, die bei einem neuen Kunden anrufen sollte. „Nach kurzer Zeit kam sie wieder in mein Büro und sagte, sie hätte niemanden erreicht, da die Telefonnummer anscheinend falsch sei.“

In dieser Situation sei ihre Hoffnung vermutlich gewesen, die Aufgabe möglichst schnell wieder loszuwerden. „Stattdessen habe ich sie gefragt, was sie jetzt machen könnte. Nach kurzem Überlegen ist sie auf die Idee gekommen, auf der Website des Kunden nachzuschauen.“

Spiel 3: Gerichtssaal

Ablauf: Ziel dieses Spiels ist nicht, Aufgaben abzugeben, sondern Schuld von sich zu anderen zu schieben. Wenn etwas schiefläuft, möchte es niemand gewesen sein, die Teammitglieder beschuldigen sich gegenseitig. „Die Führungskraft soll in diesem Spiel als Richter agieren und entscheiden, wer schuld ist“, sagt Dehner. Das könne man sich wie im Gericht vorstellen, mit Anklage, Gegenklage und Revision. „Wer sich darauf einlässt, verschwendet seine Zeit.“

Lösung: „Nur nach einem oder einer Schuldigen zu suchen ist sehr unproduktiv. Stattdessen sollten Sie Lösungen finden, die das Problem beheben“, so Dehner. Danach können Sie immer noch nach Ursachen suchen, nicht jedoch nach einzelnen Personen, die womöglich Schuld haben. Wenn Sie merken, dass Sie in dieses Spiel hineingezogen werden, empfiehlt er die Frage: „Brauchen wir jetzt einen Schuldigen oder eine Problemlösung?“

Spiel 4: Ach, wie schrecklich

Ablauf: Bei diesem Spiel wird die Opferrolle eingenommen, um Verantwortlichkeiten abzugeben. Das Gegenüber soll in die Retterrolle schlüpfen. Dabei setzt der Spieler darauf, dass der Mitspieler Mitleid mit seiner Situation hat und ihm deswegen Arbeit abnimmt.

Lösung: Beim „Ach-wie-schrecklich-Spiel“ dürfen Sie auf keinen Fall lockerlassen. Statt Mitleid empfiehlt Dehner Hilfe zur Selbsthilfe. „Schlagen Sie dem Mitarbeiter oder der Mitarbeiterin vor, die Aufgabe so lange zu üben, bis er oder sie sich damit sicher fühlt.“

Er erzählt: „Vor einer Messe mussten wir viele Broschüren zusammenheften. Einer meiner Mitarbeiter beschwerte sich, dass ihm diese Aufgabe wirklich schwerfiele und er außerdem absolut kein Talent dafür habe. Statt ihm diese ungeliebte Tätigkeit abzunehmen, habe ich ihm angeboten, dass er die nächsten Monate alle Broschüren allein zusammenbaut. Danach ging ihm das Heften plötzlich leicht von der Hand.“

Spiel 5: Wenn du nicht wärst

Ablauf: Dieses Spiel hat das Ziel, ungeliebte Aufgaben abzuwälzen. Jemand wird geködert, indem er in die Rolle des Retters gedrängt wird. Der Spieler nimmt wie beim vorherigen Spiel die Opferrolle ein und gibt vor, ohne den anderen aufgeschmissen zu sein. Suggeriert wird: „Wenn du nicht wärst, würde ich das alles gar nicht schaffen!“

Bei diesem Spiel wird darauf gesetzt, dass sich das Gegenüber in der Rolle des Retters wohlfühlt und sie aus diesem Grund gern übernimmt. Schließlich fühlt es sich erst mal gut an, jemandem zu helfen. Problematisch wird es allerdings dann, wenn der Spieler es sich zur Gewohnheit macht, andere so zu manipulieren.

Lösung: „Sobald Sie den Satz ,Wenn du nicht wärst‘ hören, fragen Sie, wie es der Mitarbeiter macht, wenn Sie nicht da sind“, rät Dehner. Dadurch werde er gezwungen, sich Alternativen zu überlegen.

Was alle Spiele gemeinsam haben, ist, dass Sie sie verhindern können, indem Sie nicht auf Spielangebote eingehen und stattdessen auf offene Kommunikation setzen.

Mehr lesen über