Inhalt: Das erwartet Sie in diesem Artikel
Muss ein Arbeitgeber Ausreden wie „Ich bin zu spät, weil Stau war“ gelten lassen?
Nein. Arbeitsleistung ist Bringschuld. Der Mitarbeiter muss die Arbeitsleistung vor Ort erbringen, das heißt: Er muss bei Stau ebenso pünktlich zur Arbeit kommen wie bei Wind und Wetter. Wie er das macht, ist Sache des Arbeitnehmers. Kommt er zu spät, kann der Arbeitgeber den Lohn kürzen, es sei denn, im Tarifvertrag steht explizit etwas anderes. Bei flexiblen Arbeitszeiten hingegen kann der Arbeitnehmer länger arbeiten, wenn er später als geplant zur Arbeit kommt.
Ausnahmen gelten allerdings bei unvorhergesehenen Ereignissen wie einem Unfall, einem nicht im Wetterbericht vorhergesagten Wintereinbruch oder einem unangekündigten Streik: In diesen Fällen ist die Verspätung zu entschuldigen. Die Rechtsgrundlage hierfür ist Paragraf 616, Absatz 1 BGB.
Ist häufiges Zu-Spät-Kommen ein Grund für eine Abmahnung?
Wenn die Arbeit um acht Uhr beginnt, der Mitarbeiter aber fünf Minuten später erscheint, ist das ein Abmahnungsgrund – zumindest theoretisch. In der Praxis werfen Arbeitgeber aber nicht mit Abmahnungen um sich – man sucht das Gespräch. Tipps für das Gespräch mit notorischen Zu-Spät-Kommern lesen Sie in unserem Artikel über unpünktliche Mitarbeiter.
Zu einer Abmahnung kommt es eher in Extremfällen, etwa wenn ein Mitarbeiter mehrere Male unentschuldigt mehrere Stunden zu spät kommt.
Hat der Grund für die Verspätung Einfluss darauf, ob eine Abmahnung gerechtfertigt ist?
In der Tat. Für die Arbeitsgerichte macht es durchaus einen Unterschied, ob der Arbeitnehmer verschlafen hat oder ob er nicht zur Arbeit kommen konnte, weil nach einem Unwetter ein Baum auf der Straße lag.

Grundsätzlich trägt der Arbeitnehmer das so genannte Wegerisiko: Sind ein Streik oder ein Unwetter angekündigt, muss er früher losfahren, um eine Verspätung zu verhindern. Tut er das nicht, riskiert er eine Abmahnung. In Streitfällen gilt allerdings der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit: Hat der Mitarbeiter ehrlich versucht, pünktlich zur Arbeit zu kommen, bekommt er in der Regel vor Gericht Recht.
Unverschuldet verspätet kommt beispielsweise ein Mitarbeiter, der auf dem Arbeitsweg in einen Unfall verwickelt wurde. Hier ist eine Abmahnung nicht gerechtfertigt.
Wie spricht ein Arbeitgeber eine Abmahnung wegen Unpünktlichkeit aus?
Grundsätzlich ist auch eine mündliche Abmahnung möglich. Die Abmahnung in Schriftform ist aber empfehlenswert, falls es zu einem Rechtsstreit kommt. Der Arbeitgeber sollte sich den Empfang der Abmahnung quittieren lassen und eine Kopie der Abmahnung mit Empfangsvermerk in die Personalakte des Mitarbeiters aufnehmen.
Eine Abmahnung verfolgt drei Ziele:
- dokumentieren
- beanstanden
- warnen
Entsprechend sollten diese drei Aspekte in der Abmahnung auftauchen.
Dokumentieren:
Wann ist der Arbeitnehmer zu spät gekommen und wie groß war die Verspätung? Datum und Uhrzeit müssen konkret benannt werden. Es reicht nicht zu schreiben: „Herr Müller kommt immer zu spät.“

Beanstanden:
Mit Hinweis auf den Arbeitsvertrag muss die Pflichtverletzung des Arbeitnehmers beanstandet und der Arbeitnehmer aufgefordert werden, künftig pünktlich bei der Arbeit zu erscheinen. Im Betreff sollte der Begriff „Abmahnung“ auftauchen, damit der Inhalt des Schreibens unmissverständlich klar wird.
Warnen:
Mögliche arbeitsrechtliche Konsequenzen wie eine Kündigung bei weiteren Vorfällen müssen aufgeführt werden.

Worauf es bei einer rechtssicheren Abmahnung ankommt, erfahren Sie hier: Rechtssicher abmahnen: 8 Fehler, die eine Abmahnung unwirksam machen können
Wie kann der Arbeitgeber handeln, wenn der Mitarbeiter nach der Abmahnung weiterhin zu spät kommt?
Nach der dritten Abmahnung kommt die Kündigung – das hört man immer wieder. Tatsächlich ist diese Aussage nicht unbedingt richtig. Wie viele Abmahnungen vor einer Kündigung angemessen sind, hängt der Rechtsprechung zufolge von verschiedenen Faktoren ab, darunter:
- Wie oft kam der Mitarbeiter zu spät?
- Wie viel kam der Mitarbeiter zu spät?
- Warum kam der Mitarbeiter zu spät?
- Wie lang lag die letzte Abmahnung deswegen zurück?
Bezogen auf das Thema Unpünktlichkeit heißt das beispielsweise: Kommt ein langjähriger Mitarbeiter zwei Mal fünf Minuten zu spät, rechtfertigt das noch keine verhaltensbedingte Kündigung. Anders sieht es aus, wenn ein Arbeitnehmer etwa auch nach der Abmahnung regelmäßig verschläft und unentschuldigt erst nachmittags am Arbeitsplatz erscheint.
Außerdem beziehen die Gerichte in ihr Urteil mit ein, ob die betrieblichen Abläufe durch die Unpünktlichkeit gestört werden.
Es empfiehlt sich, zur konkreten Einschätzung des Einzelfalls einen auf Arbeitsrecht spezialisierten Rechtsanwalt hinzuzuziehen.
Hat eine außerordentliche Kündigung wegen Unpünktlichkeit Aussicht auf Erfolg?
Ohne vorherige Abmahnung: in der Regel nicht. Eine Ausnahme stellt Arbeitszeitbetrug dar: Manipuliert der Arbeitnehmer etwa die Stechuhr, um seine Unpünktlichkeit zu verschleiern, stellt dies eine Straftat dar. Eine fristlose Kündigung ist in diesem Fall rechtens.
Was tun, wenn Mitarbeiter dauerhaft schlecht oder gar nicht mehr arbeiten? Lesen Sie hier alles zum Thema Arbeitsverweigerung.