Minusstunden im Arbeitsrecht
So regeln Sie den Umgang mit Minusstunden

Überstunden kennt jeder – aber was, wenn Mitarbeitende weniger arbeiten und Minusstunden machen? Welche Bestimmungen laut Arbeitsrecht gelten und welche Regelungen Sie für Minusstunden treffen können.

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Mann mit Uhr vor dem Kopf
Wenn Mitarbeitende zu wenig arbeiten, sammeln sich die Minusstunden auf ihrem Arbeitszeitkonto. Aber regelt das das Arbeitsrecht?
© Francesco Carta fotografo / Moment / Getty Images

Was sind Minusstunden?

Minusstunden entstehen, wenn Mitarbeitende weniger als die vertraglich festgelegte Arbeitszeit arbeiten. „Sie sind das Gegenteil von Überstunden“, sagt Rechtsanwalt Thomas Dorando von der Wirtschaftskanzlei Seitz und nennt ein Beispiel: Wenn ein Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin bei einer vereinbarten Wochenarbeitszeit von 40 Stunden nur 36 Stunden arbeitet, entstehen grundsätzlich erst einmal vier Minusstunden. Dies passiert etwa, indem Mitarbeitende später kommen, die Arbeit für einen privaten Termin unterbrechen oder früher gehen.

Darf ein Arbeitnehmer laut Arbeitsrecht ohne Erlaubnis Minusstunden machen?

Laut Arbeitsrecht haben Arbeitnehmer keinen Anspruch auf Minusstunden. Bestehe kein Arbeitszeitkonto und erfülle ein Mitarbeitender dann nicht die im Vertrag festgelegte Arbeitszeit, liege eine Verletzung seiner Leistungspflicht vor, sagt Cornelia-Cristina Scupra, Rechtsanwältin bei der Kanzlei Oppenhoff in Frankfurt am Main. „Der Arbeitgeber kann den Mitarbeitenden dann abmahnen oder das Arbeitsverhältnis unter bestimmten Voraussetzungen sogar kündigen.“

Wann dürfen Mitarbeiter Minusstunden machen?

Nur, wenn ein Unternehmen Arbeitszeitkonten führt und ein festes Gehalt für die vereinbarte Arbeitszeit bezahlt, können überhaupt „echte“ Minusstunden entstehen, also Stunden, die zu einem anderen Zeitpunkt durch Mehrarbeit wieder auszugleichen sind, so Thomas Dorando. Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen sollten im Arbeitsvertrag klar festlegen, ob und in welchem Umfang Minusstunden zulässig sind.

Eine Formulierung im Arbeitsvertrag könnte laut Arbeitsrechtlerin Scupra lauten: „Das höchstzulässige Zeitguthaben beträgt plus 50 Stunden, die höchstzulässige Zeitschuld beträgt minus 20 Stunden.“ Ebenso sollten Unternehmen im Arbeitsvertrag oder, wenn ein Betriebsrat besteht, in einer Betriebsvereinbarung detailliert regeln, wie die Minusstunden ausgeglichen werden sollen.

Müssen Mitarbeiter Minusstunden nachholen, um das Arbeitszeitkonto auszugleichen?

Welche Konsequenzen Minusstunden haben, hängt davon ab, was Arbeitgeber im Arbeitsvertrag oder einer Betriebsvereinbarung geregelt haben. Mitarbeitende könnten, wenn sie mit ihren Stunden ins Minus rutschen, die Zeit in der Regel nacharbeiten, sagt der auf Arbeitsrecht spezialisierte Anwalt Dorando. Denn bei einem flexiblen Arbeitszeitkonto werden meist Unterstunden und Überstunden verrechnet. Dadurch haben Beschäftigte die Möglichkeit, Überstunden abzubauen – müssen aber auch selbst verursachte Unterstunden wieder ausgleichen.

Können Minusstunden verfallen?

Grundsätzlich können Minusstunden laut Cupra nicht verfallen. Es besteht jedoch die Möglichkeit, dass eine Regelung zwischen den Parteien vereinbart wird, die vorsieht, in welchem Zeitraum Beschäftigte durch Überstunden die Minusstunden ausgleichen müssen.”

Die Zeitspanne, in der Minusstunden nachgearbeitet werden müssen, können Unternehmen individuell regeln. Arbeitgeber sollten idealerweise drei Monate vor Ablauf dieser Frist ihre Mitarbeiter daran erinnern, empfiehlt Scupra. Viele Arbeitgeber würden den Mitarbeitenden erlauben, ihre Arbeitszeitkonten auch noch in den ersten drei Monaten des Folgejahres auszugleichen.

Wie viele Minusstunden dürfen Mitarbeiter machen?

Den Umfang der erlaubten Minusstunden sollten Arbeitgeber auf jeden Fall vertraglich spezifizieren. Rechtsanwältin Scupra empfiehlt eine Obergrenze von 10 bis 20 Stunden.

Für einen Mitarbeitenden, der beispielsweise 50 Minusstunden hat, wäre es schwer, diese zusätzlich zur normalen Arbeitszeit nachzuleisten – insbesondere, weil Arbeitnehmer nicht die Höchstarbeitsgrenzen von acht beziehungsweise zehn Stunden pro Tag überschreiten dürfen.

Dürfen Arbeitgeber Minusstunden vom Lohn abziehen?

Unter bestimmten Voraussetzungen ist es möglich, Minusstunden vom Gehalt abzuziehen. „Das muss aber ausdrücklich vertraglich geregelt werden“, sagt Thomas Dorando. Das heißt, es reicht nicht aus, wenn nur geregelt ist, dass Minusstunden entstehen und mit Überstunden verrechnet werden können. Sondern es sollte außerdem im Arbeitsvertrag festgelegt werden, wann es darüber hinaus zu einer Lohnkürzung kommen kann. Beispiele hierfür sind, wenn Mitarbeitende auf eigene Veranlassung mehr Minusstunden auf dem Arbeitszeitkonto angesammelt haben als vertraglich zulässig ist oder wenn die Minusstunden bis zum Ende des festgelegten Ausgleichszeitraums nicht nachgearbeitet wurden.

Wann dürfen Arbeitgeber einen Mitarbeiter wegen Minusstunden abmahnen?

Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen dürfen Beschöftigte grundsätzlich ab der ersten Minusstunde abmahnen. “Das gilt aber nur, wenn es eine Regelung zum Umgang mit Minusstunden gibt, in der eine zulässige Höchstzahl geregelt ist”, sagt Arbeitsrechtlerin Scupra. Wurde diese Zahl überschritten, könne der Arbeitgeber den Arbeitnehmer theoretisch abmahnen. Es sei aber wohl nicht verhältnismäßig, den Arbeitnehmer bereits ab der ersten die Regelung überschreitende Minusstunde abzumahnen.

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Was passiert mit Minusstunden bei einer Kündigung?

Arbeitgeber sollten in Arbeitsverträgen regeln, was bei der Kündigung mit Minusstunden passiert. Falls die Minusstunden nicht mehr ausgeglichen werden können, werde dies meist über eine Lohnkürzung geregelt, so Scupra. Dies sei besonders bei Freistellungen relevant, da in dieser Zeit keine Unter- oder Überstunden durch den Arbeitnehmer mehr gemacht werden können.

Können Minusstunden mit Urlaub verrechnet werden?

Minusstunden können nicht mit dem Urlaub verrechnet werden. „Der Sinn und Zweck eines Urlaubs ist die Erholung“, sagt Rechtsanwältin Scupra. Den gesetzlichen Urlaubsanspruch zu kürzen, um Minusstunden auszugleichen, würde dem widersprechen. Urlaub könne außerdem ohnehin nicht rückwirkend genommen werden.

Darf der Arbeitgeber Minusstunden anordnen?

Ein Arbeitgeber kann seine Beschäftigten bei Auftragsflaute nach Hause schicken – dadurch würden aber keine auszugleichenden Minusstunden entstehen, sagt Thomas Dorando. Die Beschäftigten müssen dann weniger arbeiten – bei gleicher Bezahlung, das folge aus Paragraf 615 BGB. Durch diese Regelung stellt der Gesetzgeber sicher, dass das unternehmerische Risiko nicht auf die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen übertragen wird: „Echte Minusstunden dürfen nur dann im Konto berücksichtigt werden, wenn die Beschäftigten ihre Entstehung beeinflussen können,“ so der Anwalt. Ist das nicht der Fall, müssen diese Stunden also grundsätzlich auch nicht nachgeholt werden.

Warum erlauben viele Arbeitgeber Minusstunden?

In vielen Unternehmen wird mit flexibler Arbeitszeit gearbeitet – und dazu gehören in der Regel auch Minusstunden. Wenn der Arbeitgeber kommuniziert: „Hier kannst du dir im vereinbarten Rahmen die Arbeitszeit selbst einteilen und zum Beispiel bei einem privaten Termin auch einmal eine Stunde weniger arbeiten als vereinbart und diese später nachholen“, dann sei diese Flexibilität für viele Arbeitnehmer attraktiv, sagt Dorando. Hiervon profitieren wiederum die Arbeitgeber, die grundsätzlich aber nicht laut Arbeitsrecht verpflichtet sind, ihren Beschäftigten Minusstunden zu ermöglichen.

Der Experte
Thomas DorandoThomas Dorando ist Rechtsanwalt und Partner in der Kanzlei Seitz in Köln. Er berät Unternehmen in allen Fragen des Arbeitsrechts. Hierzu gehört auch die Beratung bei der Einführung oder Anpassung von flexiblen Arbeitszeitmodellen.

Was sind Minusstunden? Minusstunden entstehen, wenn Mitarbeitende weniger als die vertraglich festgelegte Arbeitszeit arbeiten. "Sie sind das Gegenteil von Überstunden", sagt Rechtsanwalt Thomas Dorando von der Wirtschaftskanzlei Seitz und nennt ein Beispiel: Wenn ein Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin bei einer vereinbarten Wochenarbeitszeit von 40 Stunden nur 36 Stunden arbeitet, entstehen grundsätzlich erst einmal vier Minusstunden. Dies passiert etwa, indem Mitarbeitende später kommen, die Arbeit für einen privaten Termin unterbrechen oder früher gehen. [mehr-zum-thema] Darf ein Arbeitnehmer laut Arbeitsrecht ohne Erlaubnis Minusstunden machen? Laut Arbeitsrecht haben Arbeitnehmer keinen Anspruch auf Minusstunden. Bestehe kein Arbeitszeitkonto und erfülle ein Mitarbeitender dann nicht die im Vertrag festgelegte Arbeitszeit, liege eine Verletzung seiner Leistungspflicht vor, sagt Cornelia-Cristina Scupra, Rechtsanwältin bei der Kanzlei Oppenhoff in Frankfurt am Main. "Der Arbeitgeber kann den Mitarbeitenden dann abmahnen oder das Arbeitsverhältnis unter bestimmten Voraussetzungen sogar kündigen.“ Wann dürfen Mitarbeiter Minusstunden machen? Nur, wenn ein Unternehmen Arbeitszeitkonten führt und ein festes Gehalt für die vereinbarte Arbeitszeit bezahlt, können überhaupt „echte“ Minusstunden entstehen, also Stunden, die zu einem anderen Zeitpunkt durch Mehrarbeit wieder auszugleichen sind, so Thomas Dorando. Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen sollten im Arbeitsvertrag klar festlegen, ob und in welchem Umfang Minusstunden zulässig sind. Eine Formulierung im Arbeitsvertrag könnte laut Arbeitsrechtlerin Scupra lauten: „Das höchstzulässige Zeitguthaben beträgt plus 50 Stunden, die höchstzulässige Zeitschuld beträgt minus 20 Stunden.“ Ebenso sollten Unternehmen im Arbeitsvertrag oder, wenn ein Betriebsrat besteht, in einer Betriebsvereinbarung detailliert regeln, wie die Minusstunden ausgeglichen werden sollen. Müssen Mitarbeiter Minusstunden nachholen, um das Arbeitszeitkonto auszugleichen? Welche Konsequenzen Minusstunden haben, hängt davon ab, was Arbeitgeber im Arbeitsvertrag oder einer Betriebsvereinbarung geregelt haben. Mitarbeitende könnten, wenn sie mit ihren Stunden ins Minus rutschen, die Zeit in der Regel nacharbeiten, sagt der auf Arbeitsrecht spezialisierte Anwalt Dorando. Denn bei einem flexiblen Arbeitszeitkonto werden meist Unterstunden und Überstunden verrechnet. Dadurch haben Beschäftigte die Möglichkeit, Überstunden abzubauen – müssen aber auch selbst verursachte Unterstunden wieder ausgleichen. Können Minusstunden verfallen? Grundsätzlich können Minusstunden laut Cupra nicht verfallen. Es besteht jedoch die Möglichkeit, dass eine Regelung zwischen den Parteien vereinbart wird, die vorsieht, in welchem Zeitraum Beschäftigte durch Überstunden die Minusstunden ausgleichen müssen.” Die Zeitspanne, in der Minusstunden nachgearbeitet werden müssen, können Unternehmen individuell regeln. Arbeitgeber sollten idealerweise drei Monate vor Ablauf dieser Frist ihre Mitarbeiter daran erinnern, empfiehlt Scupra. Viele Arbeitgeber würden den Mitarbeitenden erlauben, ihre Arbeitszeitkonten auch noch in den ersten drei Monaten des Folgejahres auszugleichen. Wie viele Minusstunden dürfen Mitarbeiter machen? Den Umfang der erlaubten Minusstunden sollten Arbeitgeber auf jeden Fall vertraglich spezifizieren. Rechtsanwältin Scupra empfiehlt eine Obergrenze von 10 bis 20 Stunden. Für einen Mitarbeitenden, der beispielsweise 50 Minusstunden hat, wäre es schwer, diese zusätzlich zur normalen Arbeitszeit nachzuleisten – insbesondere, weil Arbeitnehmer nicht die Höchstarbeitsgrenzen von acht beziehungsweise zehn Stunden pro Tag überschreiten dürfen. Dürfen Arbeitgeber Minusstunden vom Lohn abziehen? Unter bestimmten Voraussetzungen ist es möglich, Minusstunden vom Gehalt abzuziehen. „Das muss aber ausdrücklich vertraglich geregelt werden“, sagt Thomas Dorando. Das heißt, es reicht nicht aus, wenn nur geregelt ist, dass Minusstunden entstehen und mit Überstunden verrechnet werden können. Sondern es sollte außerdem im Arbeitsvertrag festgelegt werden, wann es darüber hinaus zu einer Lohnkürzung kommen kann. Beispiele hierfür sind, wenn Mitarbeitende auf eigene Veranlassung mehr Minusstunden auf dem Arbeitszeitkonto angesammelt haben als vertraglich zulässig ist oder wenn die Minusstunden bis zum Ende des festgelegten Ausgleichszeitraums nicht nachgearbeitet wurden. Wann dürfen Arbeitgeber einen Mitarbeiter wegen Minusstunden abmahnen? Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen dürfen Beschöftigte grundsätzlich ab der ersten Minusstunde abmahnen. “Das gilt aber nur, wenn es eine Regelung zum Umgang mit Minusstunden gibt, in der eine zulässige Höchstzahl geregelt ist”, sagt Arbeitsrechtlerin Scupra. Wurde diese Zahl überschritten, könne der Arbeitgeber den Arbeitnehmer theoretisch abmahnen. Es sei aber wohl nicht verhältnismäßig, den Arbeitnehmer bereits ab der ersten die Regelung überschreitende Minusstunde abzumahnen. Was passiert mit Minusstunden bei einer Kündigung? Arbeitgeber sollten in Arbeitsverträgen regeln, was bei der Kündigung mit Minusstunden passiert. Falls die Minusstunden nicht mehr ausgeglichen werden können, werde dies meist über eine Lohnkürzung geregelt, so Scupra. Dies sei besonders bei Freistellungen relevant, da in dieser Zeit keine Unter- oder Überstunden durch den Arbeitnehmer mehr gemacht werden können. Können Minusstunden mit Urlaub verrechnet werden? Minusstunden können nicht mit dem Urlaub verrechnet werden. „Der Sinn und Zweck eines Urlaubs ist die Erholung“, sagt Rechtsanwältin Scupra. Den gesetzlichen Urlaubsanspruch zu kürzen, um Minusstunden auszugleichen, würde dem widersprechen. Urlaub könne außerdem ohnehin nicht rückwirkend genommen werden. Darf der Arbeitgeber Minusstunden anordnen? Ein Arbeitgeber kann seine Beschäftigten bei Auftragsflaute nach Hause schicken – dadurch würden aber keine auszugleichenden Minusstunden entstehen, sagt Thomas Dorando. Die Beschäftigten müssen dann weniger arbeiten – bei gleicher Bezahlung, das folge aus Paragraf 615 BGB. Durch diese Regelung stellt der Gesetzgeber sicher, dass das unternehmerische Risiko nicht auf die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen übertragen wird: „Echte Minusstunden dürfen nur dann im Konto berücksichtigt werden, wenn die Beschäftigten ihre Entstehung beeinflussen können,“ so der Anwalt. Ist das nicht der Fall, müssen diese Stunden also grundsätzlich auch nicht nachgeholt werden. Warum erlauben viele Arbeitgeber Minusstunden? In vielen Unternehmen wird mit flexibler Arbeitszeit gearbeitet – und dazu gehören in der Regel auch Minusstunden. Wenn der Arbeitgeber kommuniziert: "Hier kannst du dir im vereinbarten Rahmen die Arbeitszeit selbst einteilen und zum Beispiel bei einem privaten Termin auch einmal eine Stunde weniger arbeiten als vereinbart und diese später nachholen", dann sei diese Flexibilität für viele Arbeitnehmer attraktiv, sagt Dorando. Hiervon profitieren wiederum die Arbeitgeber, die grundsätzlich aber nicht laut Arbeitsrecht verpflichtet sind, ihren Beschäftigten Minusstunden zu ermöglichen. [zur-person]