Doreen Huber von Lemoncat
„Wer nur Anfänger beschäftigt, der zahlt am Ende drauf“

Unternehmen, die schnell wachsen, haben oft Schwierigkeiten, schnell genug neues Personal zu finden. Oft setzen sie dann auf junge, unerfahrene Mitarbeiter. Unternehmerin Doreen Huber geht einen anderen Weg.

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Doreen Huber (Mitte, in rot), Gründerin von Lemoncat, schwört auf eine gute Mischung in ihrem Start-up-Team. Sie sagt: "Wer nur Anfänger beschäftigt, zahlt am Ende drauf."
Doreen Huber (Mitte, in rot), Gründerin von Lemoncat, schwört auf eine gute Mischung in ihrem Start-up-Team. Sie sagt: "Wer nur Anfänger beschäftigt, zahlt am Ende drauf."
© Lemoncat

impulse: Frau Huber, Sie sagen: „Für mich ist Schluss mit Praktikanten.“ Warum?

Doreen Huber: Ich bin aus dem Alter raus, in dem ich ständig einen wilden Hühnerhaufen dressieren möchte. Denn in Start-ups ist es ja üblich, auf Probleme einfach eine unglaubliche Menge Praktikanten drauf zu schmeißen. Das war für mich keine Option. Ich möchte mit Profis arbeiten.

Klingt, als hätten Sie schlechte Erfahrungen gemacht.

Das Food-Start-up Lemoncat ist meine vierte Firma. Vorher habe ich unter anderem Lieferheld, beziehungsweise Delivery Hero, als Gesellschafterin und Geschäftsführerin mit aufgebaut. Personal, und wie man Leute in ein junges Start-up holt, wenn man noch nicht so viel zu bieten hat, ist seit Jahren ein irre wichtiges Thema für mich. Eine Firma steht und fällt mit einem guten Team, da kann die Geschäftsidee noch so toll sein. Als ich nun Lemoncat angefangen habe, war für mich klar: Ich will nur noch Mitarbeiter, die wissen, was sie tun.

Und wie ist das?

Es macht mich total glücklich, wenn ich in einem Meeting sitze und merke, dass mein Gegenüber versteht, wovon ich rede und was ich von ihm will. Der marschiert dann los und hat viel, viel bessere Arbeitsergebnisse, als wenn ich zehnmal so viele Leute hätte und alle keine Ahnung haben, was sie eigentlich tun sollen. Wir wollen die Probleme smart lösen. Dafür brauche ich Leute, die schlau sind, die die Prozesse verstehen. Am Ende brauche ich dann gar nicht mehr zehn Bienchen, sondern nur noch ein oder zwei Leute, die mit guten Prozessen und guter Technologie dasselbe Ergebnis erzielen. Wir sind sogar schneller mit weniger Leuten.

In Berlin gibt es Unternehmen, die fast ausschließlich von Praktikanten betrieben werden.

Zur Person
Doreen Huber von LemoncatDoreen Huber hat mehrere Start-ups mit aufgebaut und war fünf Jahre lang Chief Operations Officer bei Lieferheld/Delivery Hero. 2016 gründete sie Lemoncat, einen Online-Marktplatz für Business Catering. Heute hat Lemoncat 40 Mitarbeiter, offeriert 500 Caterer in 280 Städten und hat über 100.000 Bestellungen ausgeliefert.

In der Start-up-Szene ist das teilweise verrückt. Manche Mitarbeiter haben pompöse Titel – Head of Marketing, Head of Sales. Dabei haben sie nur einen Praktikantenarbeitsvertrag. Da wird fehlendes Gehalt mit Titeln kompensiert. Wer scheiße bezahlt wird, der kriegt einen coolen Jobtitel. Ich glaube, dass in der Start-up-Welt viel zu schnell viel zu viele Mitarbeiter eingestellt werden, die dann irgendwann wieder rausgeschmissen werden müssen – was auch schmerzhaft ist. Bei Lemoncat haben wir bisher quasi keine Fluktuation.

Warum nicht?

Wenn ich einen Profi habe und setze dem dann fünf Anfänger hin, die ihm ein Klotz am Bein sind, dann hat er keine Lust mehr. Profis wollen mit Profis arbeiten. Dann ist man in einem richtigen Speedboot unterwegs.

Hat man als Anfänger bei Ihnen gar keine Chance?

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Doch, aber es kommt auf die Ratio an. Wir haben etwa in einer Abteilung einen sehr guten Profi. Und dieser Profi kann dann einen Junior ausbilden, der gerade von der Uni kommt. So wird auch der Junior viel schneller leistungsfähig. Weil der nicht mit zehn anderen Juniors arbeitet, von denen keiner was weiß. Er hat die Chance, zu lernen, sich Dinge abzugucken.

Profis kosten aber auch mehr.

In Berlin sind zumindest in der Start-up-Szene die Gehälter für einschlägige Positionen in Marketing oder Sales in den letzten drei Jahren bestimmt um 30 Prozent gestiegen. Das ist hart. Aber: Ich bin überzeugt, dass Profis am Ende günstiger sind. Denn wer nur Anfänger beschäftigt, der zahlt am Ende drauf – weil er nicht die richtigen Ergebnisse bekommt. Keine Firma der Welt ist skalierbar mit einer Horde an unausgebildeten Leuten, die direkt von der Uni kommen. Das ist schlichtweg nicht möglich, da fehlt das Know-how.

Wie finden Sie Ihre Leute?

Wir sind sehr wählerisch. Mir ist Diversity wichtig. Ich will Teams, die einen guten Mix haben, weil ich glaube, dass sich Menschen, die verschieden sind, befruchten. Dann gehe ich immer nach zwei Kriterien: Ganz oben steht fachliche Kompetenz. Genauso wichtig ist aber, dass die Person zu uns passt. Ich glaube, das wird in vielen Firmen vernachlässigt. Da wird nur auf die Kompetenz geguckt. Ich frage also: Kann die Person den Spirit dieser Firma transportieren? Glaubt diese Person an das Geschäftsmodell?

Woran machen Sie denn fest, ob jemand passt?

Wir haben uns vorher überlegt: Was macht uns aus? Uns macht aus, dass bei uns Menschen arbeiten, die interessant sind. Wir wollen nicht nur Banker und BWLer, sondern Leute, die vielleicht etwas eher Abseitiges studiert haben, die einen anderen Blickwinkel einbringen. Und ganz wichtig:  Sie müssen eine Leidenschaft fürs Essen mitbringen, müssen gerne gute Gastgeber sein. Ich habe mit grandiosen Entwicklern gesprochen. Und da habe ich gefragt: ‚Und, wie stehst Du so zum Essen?‘ Wenn dann jemand antwortet, dass er nur Tiefkühlpizza isst, dann muss ich den nach Hause schicken. Denn der kann nicht verstehen, was unsere Kunden umtreibt. Mein Team mault dann natürlich: ‚Mensch, wir brauchen hier aber jemanden.‘ Ich sage: ‚Passt nicht, wir suchen weiter.‘

Wer nur Topleute will, braucht bei der Suche einen langen Atem.

Ich würde lieber langsamer einstellen, als dass ich nochmal bei irgendwem einen Kompromiss mache. Ich will nicht morgens in Büro kommen und denken: ‚Meeting jetzt mit dem? Oh Gott, da habe ich ja gar keine Lust drauf.‘ Tolle Leute kreieren einen tollen Spirit – und den braucht man in einem Start-up.

impulse: Frau Huber, Sie sagen: „Für mich ist Schluss mit Praktikanten." Warum? Doreen Huber: Ich bin aus dem Alter raus, in dem ich ständig einen wilden Hühnerhaufen dressieren möchte. Denn in Start-ups ist es ja üblich, auf Probleme einfach eine unglaubliche Menge Praktikanten drauf zu schmeißen. Das war für mich keine Option. Ich möchte mit Profis arbeiten. Klingt, als hätten Sie schlechte Erfahrungen gemacht. Das Food-Start-up Lemoncat ist meine vierte Firma. Vorher habe ich unter anderem Lieferheld, beziehungsweise Delivery Hero, als Gesellschafterin und Geschäftsführerin mit aufgebaut. Personal, und wie man Leute in ein junges Start-up holt, wenn man noch nicht so viel zu bieten hat, ist seit Jahren ein irre wichtiges Thema für mich. Eine Firma steht und fällt mit einem guten Team, da kann die Geschäftsidee noch so toll sein. Als ich nun Lemoncat angefangen habe, war für mich klar: Ich will nur noch Mitarbeiter, die wissen, was sie tun. Und wie ist das? Es macht mich total glücklich, wenn ich in einem Meeting sitze und merke, dass mein Gegenüber versteht, wovon ich rede und was ich von ihm will. Der marschiert dann los und hat viel, viel bessere Arbeitsergebnisse, als wenn ich zehnmal so viele Leute hätte und alle keine Ahnung haben, was sie eigentlich tun sollen. Wir wollen die Probleme smart lösen. Dafür brauche ich Leute, die schlau sind, die die Prozesse verstehen. Am Ende brauche ich dann gar nicht mehr zehn Bienchen, sondern nur noch ein oder zwei Leute, die mit guten Prozessen und guter Technologie dasselbe Ergebnis erzielen. Wir sind sogar schneller mit weniger Leuten. In Berlin gibt es Unternehmen, die fast ausschließlich von Praktikanten betrieben werden. In der Start-up-Szene ist das teilweise verrückt. Manche Mitarbeiter haben pompöse Titel - Head of Marketing, Head of Sales. Dabei haben sie nur einen Praktikantenarbeitsvertrag. Da wird fehlendes Gehalt mit Titeln kompensiert. Wer scheiße bezahlt wird, der kriegt einen coolen Jobtitel. Ich glaube, dass in der Start-up-Welt viel zu schnell viel zu viele Mitarbeiter eingestellt werden, die dann irgendwann wieder rausgeschmissen werden müssen – was auch schmerzhaft ist. Bei Lemoncat haben wir bisher quasi keine Fluktuation. Warum nicht? Wenn ich einen Profi habe und setze dem dann fünf Anfänger hin, die ihm ein Klotz am Bein sind, dann hat er keine Lust mehr. Profis wollen mit Profis arbeiten. Dann ist man in einem richtigen Speedboot unterwegs. Hat man als Anfänger bei Ihnen gar keine Chance? Doch, aber es kommt auf die Ratio an. Wir haben etwa in einer Abteilung einen sehr guten Profi. Und dieser Profi kann dann einen Junior ausbilden, der gerade von der Uni kommt. So wird auch der Junior viel schneller leistungsfähig. Weil der nicht mit zehn anderen Juniors arbeitet, von denen keiner was weiß. Er hat die Chance, zu lernen, sich Dinge abzugucken. Profis kosten aber auch mehr. In Berlin sind zumindest in der Start-up-Szene die Gehälter für einschlägige Positionen in Marketing oder Sales in den letzten drei Jahren bestimmt um 30 Prozent gestiegen. Das ist hart. Aber: Ich bin überzeugt, dass Profis am Ende günstiger sind. Denn wer nur Anfänger beschäftigt, der zahlt am Ende drauf – weil er nicht die richtigen Ergebnisse bekommt. Keine Firma der Welt ist skalierbar mit einer Horde an unausgebildeten Leuten, die direkt von der Uni kommen. Das ist schlichtweg nicht möglich, da fehlt das Know-how. Wie finden Sie Ihre Leute? Wir sind sehr wählerisch. Mir ist Diversity wichtig. Ich will Teams, die einen guten Mix haben, weil ich glaube, dass sich Menschen, die verschieden sind, befruchten. Dann gehe ich immer nach zwei Kriterien: Ganz oben steht fachliche Kompetenz. Genauso wichtig ist aber, dass die Person zu uns passt. Ich glaube, das wird in vielen Firmen vernachlässigt. Da wird nur auf die Kompetenz geguckt. Ich frage also: Kann die Person den Spirit dieser Firma transportieren? Glaubt diese Person an das Geschäftsmodell? Woran machen Sie denn fest, ob jemand passt? Wir haben uns vorher überlegt: Was macht uns aus? Uns macht aus, dass bei uns Menschen arbeiten, die interessant sind. Wir wollen nicht nur Banker und BWLer, sondern Leute, die vielleicht etwas eher Abseitiges studiert haben, die einen anderen Blickwinkel einbringen. Und ganz wichtig:  Sie müssen eine Leidenschaft fürs Essen mitbringen, müssen gerne gute Gastgeber sein. Ich habe mit grandiosen Entwicklern gesprochen. Und da habe ich gefragt: ‚Und, wie stehst Du so zum Essen?‘ Wenn dann jemand antwortet, dass er nur Tiefkühlpizza isst, dann muss ich den nach Hause schicken. Denn der kann nicht verstehen, was unsere Kunden umtreibt. Mein Team mault dann natürlich: ‚Mensch, wir brauchen hier aber jemanden.‘ Ich sage: ‚Passt nicht, wir suchen weiter.‘ Wer nur Topleute will, braucht bei der Suche einen langen Atem. Ich würde lieber langsamer einstellen, als dass ich nochmal bei irgendwem einen Kompromiss mache. Ich will nicht morgens in Büro kommen und denken: ‚Meeting jetzt mit dem? Oh Gott, da habe ich ja gar keine Lust drauf.‘ Tolle Leute kreieren einen tollen Spirit - und den braucht man in einem Start-up.
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