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Wer eine Firma auflösen will, muss je nach Rechtsform andere gesetzliche Regelungen beachten. Für die Auflösung einer GmbH, OHG oder KG gelten jeweils unterschiedliche Reguliaren. Unabhängig von der Rechtsform ist es bei einer Firmenschließung nötig, den Betriebsaufgabegewinn zu ermitteln und eine Schlussbilanz zu erstellen. Unser Beispiel zeigt, wie das funktioniert:
Schlussbilanz und Aufgabegewinn
Der Inhaber eines Handwerksbetriebs, nennen wir ihn Peter Petersen, schließt mit 59 Jahren sein Geschäft, um fortan seinen Ruhestand zu genießen. Doch zuerst einmal muss er zum 31. Dezember 2019 für das Finanzamt eine Schlussbilanz erstellen. Dazu stellt er unter den Aktiva die Buchwerte der Wertgegenstände zusammen, die noch nicht komplett abgeschrieben sind. Unter Passiva werden Eigenkapital und Fremdkapital aufgeführt.
Die Bilanz könnte bei Peter Petersen beispielsweise so aussehen:
Bilanz Handwerksbetrieb Peter Petersen zum 31.12.2019
Beispielrechnung | |||
Aktiva | Euro | Passiva | Euro |
Grund und Boden | 50.000 | Eigenkapital | 200.000 |
Gebäude (Werkstatt) | 100.000 | Verbindlichkeiten | 10.000 |
Einrichtung | 50.000 | ||
Firmen-LKW | 1000 | ||
Kassen- / Kontobestand | 9000 | ||
Gesamt | 210.000 | 210.000 |
Neben der Schlussbilanz muss der Handwerker auch seinen Betriebsaufgabegewinn ermitteln. Der Aufgabegewinn entsteht, weil Wirtschaftsgüter wie Maschinen oder Fahrzeuge meist durch die steuerlichen Abschreibungen mit einem geringeren Wert als dem Verkehrswert, also dem realistischen Preis bei einem Verkauf, in der Bilanz stehen. Auch bei Grundstücken und Gebäuden können enorme Wertsteigerungen aufgetreten sein, die zum Aufgabegewinn zählen.
Ermittlung des Betriebsaufgabegewinns
Um den Betriebsaufgabegewinn zu ermitteln, werden die Erlöse aus der Betriebsaufgabe sowie der Wert der ins Privatvermögen überführten Güter mit den Aufgabekosten und dem Buchwert des Betriebsvermögens verrechnet. Wer zum Beispiel einen Firmenwagen ins Privatvermögen überführt, schätzt den aktuellen Verkehrswert des Fahrzeugs, zum Beispiel mit Hilfe von Vergleichswerten aus Verkaufsportalen im Internet oder lässt ein Gutachten erstellen. Die Kosten für ein Gutachten zählen dann zu den Aufgabekosten.

In unserem Beispiel hat Peter Petersen sein Betriebsgrundstück für 210.000 Euro verkauft. Der Käufer hat auch die Verbindlichkeiten von 10.000 Euro übernommen, die noch auf dem Grundstück lasten. Die Werkstatteinrichtung hat ein Branchenkollege von Petersen für 30.000 Euro abgekauft. Den Firmenwagen will er in Zukunft privat nutzen, also entnimmt er ihn ins Privatvermögen. Auch die Kassenbestände gehen ins Privatvermögen über. So ergibt sich folgender Aufgabegewinn:
Betriebsaufgabegewinn von Peter Petersen
Beispielrechnung | |
Erlös Grundstücksverkauf | 210.000 Euro |
Erlös Übernahme Verbindlichkeiten | 10.000 Euro |
Erlös Werkstatteinrichtung | 30.000 Euro |
Erlös Entnahme Firmenwagen | 2000 Euro |
Erlös Entnahme Kasse / Bank | 9000 Euro |
Summe | 261.000 Euro |
abzügl. Buchwert des Betriebsvermögens | 200.000 Euro |
Aufgabegewinn | 61.000 Euro |
Steuerermäßigung bei Betriebsaufgabe
Diesen Aufgabegewinn muss Peter Petersen nun versteuern. Weil es sich in dem Beispiel aber um eine Betriebsaufgabe im Ganzen handelt, bei der alle wesentlichen Betriebsgrundlagen innerhalb kurzer Zeit veräußert oder ins Privatvermögen überführt werden, kann Peter Petersen einen Steuerfreibetrag und einen ermäßigten Steuersatz in Anspruch nehmen.
Den Steuerfreibetrag erhält jeder Steuerpflichtige einmalig im Leben, wenn er zum Zeitpunkt der Betriebsaufgabe das 55. Lebensjahr vollendet hat oder dauerhaft berufsunfähig ist. „Wer vor dem vollendeten 55. Lebensjahr aufhören möchte, sollte daher über eine Verpachtung nachdenken, bis diese Altersgrenze erreicht ist“, sagt Steuerberater und Mittelstands-Experte Henning Röttger von der Kanzlei Röttger & Partner aus Unterschleißheim. Außerdem wichtig: Der Freibetrag muss beim Finanzamt beantragt werden.
Bei einem Betriebsaufgabegewinn bis zu 136.000 Euro wird der volle Freibetrag von 45.000 Euro gewährt. Ab einem Aufgabegewinn von 136.000 bis zum Höchstbetrag von 181.000 Euro wird der Freibetrag graduell abgeschmolzen. Bei einem Aufgabegewinn von mehr als 181.000 Euro gibt es keinen Freibetrag bei der Einkommenssteuer mehr.
Freibetrag und ermäßigte Steuer
Weil Peter Petersen über 55 ist, er den Freibetrag noch nie in Anspruch genommen hat und der Gewinn unter 136.000 Euro liegt, kann er vom Aufgabegewinn den vollen Freibetrag abziehen:
Versteuerung mit Freibetrag
Beispielrechnung | |
Aufgabegewinn | 61.000 Euro |
abzügl. Freibetrag | 45.000 Euro |
steuerpflichtiger Aufgabegewinn | 16.000 Euro |
Darüber hinaus kann Peter Petersen entweder die Fünftelregelung, die bei außerordentlichen Einkünften die Steuerprogression abfedert, oder als Unternehmer über 55 einmalig den ermäßigten Steuersatz für Einkünfte von maximal fünf Millionen Euro aus einer Betriebsaufgabe in Anspruch nehmen.

Der ermäßigte Steuersatz beträgt 56 Prozent des durchschnittlichen Steuersatzes des Steuerzahlers, mindestens aber den Eingangssteuersatz von 14 Prozent. Allerdings gilt auch diese Steuerermäßigung nur, wenn die Betriebsaufgabe in einem einheitlichen Vorgang und einem kurzen Zeitraum über die Bühne geht. Mehr als drei Jahre sollte die Betriebsaufgabe daher auf keinen Fall dauern.
Versteuerung mit ermäßigtem Steuersatz
Beispielrechnung | |
Steuerpflichtiger Aufgabegewinn | 16.000 Euro |
individ. Einkommensteuer | 32 Prozent |
davon 56 Prozent | 17,92 Prozent |
Steuer auf außerordentliche Einkünfte | 2867,20 Euro |
Peter Petersen muss also für den Betriebsaufgabegewinn von 61.000 Euro 2867,20 Euro Steuern zahlen. Gewerbesteuerpflichtig ist der Aufgabegewinn übrigens nicht. Umsatzsteuer wird aber sowohl beim Verkauf der einzelnen Wirtschaftsgüter als auch bei der Überführung ins Privatvermögen fällig.
