Gründen ohne Fremdkapital
Start-ups, backt kleinere Brötchen!

Als Gründer, heißt es, soll man groß denken. Stimmt nicht, sagt impulse-Blogger Sven L. Franzen. Er findet: Am Anfang solle man lieber auf Fremdkapital verzichten und sparsam sein.

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Auch ohne fremde Gründungsfinanzierung kann man gründen - man muss dann halt einfach kleinere Brötchen backen.
Auch ohne fremde Gründungsfinanzierung kann man gründen - man muss dann halt einfach kleinere Brötchen backen.

Als ich vor 13 Jahren als 16-Jähriger gegründet habe, da hatte ich 1500 Euro. Das war das, was ich brauchte. Das Geld habe ich in den Druck von Visitenkarten gesteckt, um zu netzwerken, und in Briefpapier für die Rechnungen. Das ist ja erstmal das Wichtigste. Ja, ich hatte auch ein Telefon und einen Computer, aber die gab es schon vorher.

Ich bin Mentor für verschiedene Start-ups, auch bei jenen, die ich schon begleitet habe, sehe ich, dass heutige junge Gründer das ein bisschen anders handhaben. Da herrscht die Denke, wir machen jetzt eine Finanzierungsrunde und dann kommt da Geld. Und das kommt auch tatsächlich, denn das Thema Start-ups ist momentan aktueller denn je. In Deutschland gibt es viele Unternehmer, die ihr Geld angesichts niedriger Zinsen anders anlegen. Also stecken sie es in Start-ups. Diese Geldgeber lassen sich auch ziemlich schnell überzeugen. Die schauen oft nicht richtig hin oder sie sagen, ich bin gar nicht mehr so innovativ im Kopf wie die jungen Leute. Also vertraue ich auf sie und ihre Idee. An Geld zu kommen, ist meiner Erfahrung nach für viele Gründer weniger das Problem.

Tolle Hochrechnungen auf fragwürdiger Basis

Die jungen Gründer  – also ich rede von 19- bis 25-Jährigen – machen beeindruckende Hochrechnungen, wie viel sie wert sind. Da gibt es Formeln im Internet, die sie dafür nutzen. Die Referenz sind meistens ein, zwei Deals, die sie abgeschlossen haben. Das dient dann als repräsentativer Wert, was natürlich statistisch nicht sinnvoll ist. Das, was sie an einem Kunden verdient haben, wird dann auf 100.000 Kunden hochgerechnet und so kommen sie darauf, dass sie Millionen wert sein könnten. Der Investor sagt dann „Geil, ich gebe da 100.000 Euro rein und nach zwei Jahren habe ich die wieder raus und noch ein bisschen on top“.  So kommt es, dass Start-ups in Deutschland im vergangenen Jahr so viel Geld erhalten haben wie noch nie zuvor: 4,3 Milliarden Euro.

In einzelne Start-ups werden locker sechsstellige Summen reingepumpt. Und dann geht das Geld kurze Zeit später aus und es wird nochmal Geld reingepumpt. Oder das Unternehmen ist pleite. Oder es funktioniert. Diese drei Optionen gibt es da meist.

Schnell ist das Geld wieder weg

Das führt dazu, dass die Gründer sich dann nicht wie ich damals – ich war ja gezwungen dazu, weil ich kein Geld hatte – sehr genau überlegen, wohin sie gehen, was sie machen und welche Aktivitäten überhaupt Sinn ergeben. Sie haben dann einen sechsstelligen Betrag auf dem Konto und machen erstmal ein Teamevent. Oder eine Finanzierungsparty. Oder wir machen Teambuilding-Maßnahmen, denn wir müssen als Team ja stark sein und zusammenwachsen. Und ehe sie sich versehen, ist das Geld aufgebraucht. Das ist eigentlich schade, denn man könnte so viel mehr daraus machen.

Da fehlt es meist – das weiß ich aus eigener Erfahrung – an Lebens- und Unternehmererfahrung. Die hatte ich damals auch nicht. Aber weil ich sie nicht hatte, habe ich erstmal ganz klein angefangen und sehr aufs Geld geachtet. Und das ist mein Aufruf, und zwar nicht nur an junge Gründer, sondern an alle.

Ja, ich weiß. Viele zeigen mir jetzt einen Vogel. Denn es heißt doch immer, dass man als Gründer groß denken soll. Aber im Ernst: Das gilt doch nur für ganz wenige Geschäftsideen. Für die allermeisten Gründer ist es keine gute Idee, gleich mit hunderttausenden Fremdkapital – und damit meist auch Schulden – zu starten. Für sie wäre es schlauer, erst einmal Erfahrungen zu sammeln, einige echte Kunden zu gewinnen, auszuprobieren, ob es für das Produkt und die Dienstleistung überhaupt einen Markt gibt.

Auch ohne viel Geld kann man gründen

Man kann auch mit wenig Geld gründen, man muss dann einfach kleinere Brötchen backen. Und wenn es mal eine Zeit lang nicht gut läuft, schaffen Sie sich Kosten vom Hals.

Es gibt viele Möglichkeiten, Geld zu sparen: Wenn ich eine Kaffeemaschine kaufe, dann kann ich mir eine ganz tolle, moderne Siebträger-Kaffeemaschine kaufen – oder ich kann gucken, ob ich die gebraucht bekomme. Muss ich mit der Bahn 1. Klasse fahren, nur weil ich jetzt Unternehmer bin? Oder fahre ich einfach mit einem Sparticket 2. Klasse? Brauche ich wirklich einen Neuwagen als Leasingfahrzeug? Oder nehme ich einen Gebrauchtwagen? Jede Entscheidung, die man trifft, sollte man mal hinterfragen (Mein Buchtipp: „Frage immer erst warum“ von Simon Sinek).

Was ist der Nutzen, den ich daraus ziehe? Der Nutzen eines Autos ist, dass ich von A nach B komme.  Da tut es auch der alte, gebrauchte Opel für 300 Euro, rein theoretisch. Und dann parke ich halt um die Ecke, damit mich der Geschäftspartner nicht sieht und es auf mein Geschäft überträgt. Oder ich mache Carsharing, das kann anfangs interessant sein, wenn man nur auf Abruf ein Auto benötigt. Oder ich kaufe mir ein gebrauchtes, gutes Fahrrad für 400 Euro und fahre damit, weil ich damit innerhalb der Stadt eh schneller bin. Und wenn ich mir das Fahrrad nicht leisten kann, dann nehme ich eben diese Bikesharing-Räder.

Die Kosten klein zu halten ist das A und O. Das nimmt einem auch viel Druck und ist das Geheimnis großer Unternehmer und Reicher: Sie halten ihr Geld zusammen, bedenken jede Ausgabe und geben nur dort Geld aus, wo es sich auch multipliziert.

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Geschickt verhandeln

Als nächstes kann ich schauen, wie ich Dinge geschickt verhandele. Ich habe beispielsweise einen Kunden, der nur ein kleines Marketing-Budget hat, das er ausgeben kann und will. Er bot uns also an, dass wir eine Grundvergütung bekommen, die uns mehr oder minder zufrieden stellt. Aber damit wir das Marketing gut machen und auch motiviert sind, bot er zusätzlich eine Beteiligung an den Umsätzen und am Gewinn an. Ich finde das schlau: Er holt Leute ins Boot, deren Erfahrung er braucht, und gibt denen dafür Beteiligungen am Umsatz und Gewinn.

Mich motiviert das natürlich als Unternehmer: Wir geben Manpower rein und Expertise, wenn das Unternehmen wächst, dann habe ich etwas davon. Wächst das Unternehmen nicht, haben wir entweder keine gute Arbeit geleistet oder nach einer Zeit muss man sagen, wir trennen uns, denn irgendwie scheint das nicht zu funktionieren.

Brauche ich das wirklich?

Und dann muss man vorsichtig sein mit allem, was an einen als Unternehmer so herangetragen wird. Mir ist da selbst ein großer Fehler passiert: Ich habe mir eine Telefonanlage aufschwatzen lassen, die war so groß, dass wir damit die nächsten 100 Jahre hätten wachsen können.

Das Geld war dann weg und im Nachhinein ist das ärgerlich. Aber es war mein eigenes Geld. Wenn es sich um Finanzierungsgelder handelt, dann ist das nochmal etwas anderes. Die verwalte ich ja eigentlich nur und wenn ich zu viel sinnlos ausgebe, dann veruntreue ich sie.

Von vornherein profitabel sein

Ich plädiere daher dafür, anfangs kleine Brötchen zu backen, erstmal zu testen, wie das Geschäft läuft, um dann so schnell wie möglich profitabel zu arbeiten und das Wachstum aus dem Cashflow zu finanzieren. Man wächst dann vielleicht langsamer. Aber das hat auch Vorteile. Man bleibt Herr seines Unternehmens. Mit einem Geldgeber verkauft man nämlich immer auch Anteile und Mitsprache – und manchmal auch die eigene Seele beziehungsweise die des gegründeten Unternehmens.

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Als ich vor 13 Jahren als 16-Jähriger gegründet habe, da hatte ich 1500 Euro. Das war das, was ich brauchte. Das Geld habe ich in den Druck von Visitenkarten gesteckt, um zu netzwerken, und in Briefpapier für die Rechnungen. Das ist ja erstmal das Wichtigste. Ja, ich hatte auch ein Telefon und einen Computer, aber die gab es schon vorher. Ich bin Mentor für verschiedene Start-ups, auch bei jenen, die ich schon begleitet habe, sehe ich, dass heutige junge Gründer das ein bisschen anders handhaben. Da herrscht die Denke, wir machen jetzt eine Finanzierungsrunde und dann kommt da Geld. Und das kommt auch tatsächlich, denn das Thema Start-ups ist momentan aktueller denn je. In Deutschland gibt es viele Unternehmer, die ihr Geld angesichts niedriger Zinsen anders anlegen. Also stecken sie es in Start-ups. Diese Geldgeber lassen sich auch ziemlich schnell überzeugen. Die schauen oft nicht richtig hin oder sie sagen, ich bin gar nicht mehr so innovativ im Kopf wie die jungen Leute. Also vertraue ich auf sie und ihre Idee. An Geld zu kommen, ist meiner Erfahrung nach für viele Gründer weniger das Problem. Tolle Hochrechnungen auf fragwürdiger Basis Die jungen Gründer  – also ich rede von 19- bis 25-Jährigen – machen beeindruckende Hochrechnungen, wie viel sie wert sind. Da gibt es Formeln im Internet, die sie dafür nutzen. Die Referenz sind meistens ein, zwei Deals, die sie abgeschlossen haben. Das dient dann als repräsentativer Wert, was natürlich statistisch nicht sinnvoll ist. Das, was sie an einem Kunden verdient haben, wird dann auf 100.000 Kunden hochgerechnet und so kommen sie darauf, dass sie Millionen wert sein könnten. Der Investor sagt dann „Geil, ich gebe da 100.000 Euro rein und nach zwei Jahren habe ich die wieder raus und noch ein bisschen on top“.  So kommt es, dass Start-ups in Deutschland im vergangenen Jahr so viel Geld erhalten haben wie noch nie zuvor: 4,3 Milliarden Euro. In einzelne Start-ups werden locker sechsstellige Summen reingepumpt. Und dann geht das Geld kurze Zeit später aus und es wird nochmal Geld reingepumpt. Oder das Unternehmen ist pleite. Oder es funktioniert. Diese drei Optionen gibt es da meist. Schnell ist das Geld wieder weg Das führt dazu, dass die Gründer sich dann nicht wie ich damals – ich war ja gezwungen dazu, weil ich kein Geld hatte – sehr genau überlegen, wohin sie gehen, was sie machen und welche Aktivitäten überhaupt Sinn ergeben. Sie haben dann einen sechsstelligen Betrag auf dem Konto und machen erstmal ein Teamevent. Oder eine Finanzierungsparty. Oder wir machen Teambuilding-Maßnahmen, denn wir müssen als Team ja stark sein und zusammenwachsen. Und ehe sie sich versehen, ist das Geld aufgebraucht. Das ist eigentlich schade, denn man könnte so viel mehr daraus machen. Da fehlt es meist - das weiß ich aus eigener Erfahrung - an Lebens- und Unternehmererfahrung. Die hatte ich damals auch nicht. Aber weil ich sie nicht hatte, habe ich erstmal ganz klein angefangen und sehr aufs Geld geachtet. Und das ist mein Aufruf, und zwar nicht nur an junge Gründer, sondern an alle. Ja, ich weiß. Viele zeigen mir jetzt einen Vogel. Denn es heißt doch immer, dass man als Gründer groß denken soll. Aber im Ernst: Das gilt doch nur für ganz wenige Geschäftsideen. Für die allermeisten Gründer ist es keine gute Idee, gleich mit hunderttausenden Fremdkapital - und damit meist auch Schulden - zu starten. Für sie wäre es schlauer, erst einmal Erfahrungen zu sammeln, einige echte Kunden zu gewinnen, auszuprobieren, ob es für das Produkt und die Dienstleistung überhaupt einen Markt gibt. Auch ohne viel Geld kann man gründen Man kann auch mit wenig Geld gründen, man muss dann einfach kleinere Brötchen backen. Und wenn es mal eine Zeit lang nicht gut läuft, schaffen Sie sich Kosten vom Hals. Es gibt viele Möglichkeiten, Geld zu sparen: Wenn ich eine Kaffeemaschine kaufe, dann kann ich mir eine ganz tolle, moderne Siebträger-Kaffeemaschine kaufen – oder ich kann gucken, ob ich die gebraucht bekomme. Muss ich mit der Bahn 1. Klasse fahren, nur weil ich jetzt Unternehmer bin? Oder fahre ich einfach mit einem Sparticket 2. Klasse? Brauche ich wirklich einen Neuwagen als Leasingfahrzeug? Oder nehme ich einen Gebrauchtwagen? Jede Entscheidung, die man trifft, sollte man mal hinterfragen (Mein Buchtipp: "Frage immer erst warum" von Simon Sinek). Was ist der Nutzen, den ich daraus ziehe? Der Nutzen eines Autos ist, dass ich von A nach B komme.  Da tut es auch der alte, gebrauchte Opel für 300 Euro, rein theoretisch. Und dann parke ich halt um die Ecke, damit mich der Geschäftspartner nicht sieht und es auf mein Geschäft überträgt. Oder ich mache Carsharing, das kann anfangs interessant sein, wenn man nur auf Abruf ein Auto benötigt. Oder ich kaufe mir ein gebrauchtes, gutes Fahrrad für 400 Euro und fahre damit, weil ich damit innerhalb der Stadt eh schneller bin. Und wenn ich mir das Fahrrad nicht leisten kann, dann nehme ich eben diese Bikesharing-Räder. Die Kosten klein zu halten ist das A und O. Das nimmt einem auch viel Druck und ist das Geheimnis großer Unternehmer und Reicher: Sie halten ihr Geld zusammen, bedenken jede Ausgabe und geben nur dort Geld aus, wo es sich auch multipliziert. Geschickt verhandeln Als nächstes kann ich schauen, wie ich Dinge geschickt verhandele. Ich habe beispielsweise einen Kunden, der nur ein kleines Marketing-Budget hat, das er ausgeben kann und will. Er bot uns also an, dass wir eine Grundvergütung bekommen, die uns mehr oder minder zufrieden stellt. Aber damit wir das Marketing gut machen und auch motiviert sind, bot er zusätzlich eine Beteiligung an den Umsätzen und am Gewinn an. Ich finde das schlau: Er holt Leute ins Boot, deren Erfahrung er braucht, und gibt denen dafür Beteiligungen am Umsatz und Gewinn. Mich motiviert das natürlich als Unternehmer: Wir geben Manpower rein und Expertise, wenn das Unternehmen wächst, dann habe ich etwas davon. Wächst das Unternehmen nicht, haben wir entweder keine gute Arbeit geleistet oder nach einer Zeit muss man sagen, wir trennen uns, denn irgendwie scheint das nicht zu funktionieren. Brauche ich das wirklich? Und dann muss man vorsichtig sein mit allem, was an einen als Unternehmer so herangetragen wird. Mir ist da selbst ein großer Fehler passiert: Ich habe mir eine Telefonanlage aufschwatzen lassen, die war so groß, dass wir damit die nächsten 100 Jahre hätten wachsen können. Das Geld war dann weg und im Nachhinein ist das ärgerlich. Aber es war mein eigenes Geld. Wenn es sich um Finanzierungsgelder handelt, dann ist das nochmal etwas anderes. Die verwalte ich ja eigentlich nur und wenn ich zu viel sinnlos ausgebe, dann veruntreue ich sie. Von vornherein profitabel sein Ich plädiere daher dafür, anfangs kleine Brötchen zu backen, erstmal zu testen, wie das Geschäft läuft, um dann so schnell wie möglich profitabel zu arbeiten und das Wachstum aus dem Cashflow zu finanzieren. Man wächst dann vielleicht langsamer. Aber das hat auch Vorteile. Man bleibt Herr seines Unternehmens. Mit einem Geldgeber verkauft man nämlich immer auch Anteile und Mitsprache – und manchmal auch die eigene Seele beziehungsweise die des gegründeten Unternehmens.
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