Corona-Update
„Jetzt kann ich wieder klarer denken“

Bei impulse-Bloggerin Vanessa Weber hat sich nach Wochen im Krisen-Modus eine neue Routine eingestellt. Viel Anspannung ist von ihr abgefallen. Wie sie sich auf die Veränderungen einstellt hat.

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© MissTuni / iStock / Getty Images Plus

In den vergangenen Wochen hat sich bei mir etwas verändert. Zu Beginn der Corona-Krise fühlte sich jeder Tag an wie ein wiederkehrender Albtraum. Inzwischen hat sich eine Routine eingestellt. Das war ein Prozess. Im April waren wir vor allem damit beschäftigt, alle Regelungen umzusetzen. Man hat sich auf die Schutzmaßnahmen konzentriert und gebannt auf die Fallzahlen geschaut. Wir hatten einen Umsatzeinbruch von 50 Prozent. Durch die Kurzarbeit, die ich direkt im März beantragt hatte, konnten wir das zum Glück einigermaßen abfangen.

Meine Stimmung schwankte in den ersten Wochen täglich zwischen Optimismus und Existenzangst. Inzwischen bin ich an einem Punkt, an dem ich die Situation so akzeptieren kann, wie sie ist. Ich kann wieder denken, entscheiden und agieren. Endlich wieder ein Stück Stabilität.

Es geht jetzt darum, Erfahrungen zu sammeln und daraus zu lernen

Im Moment ist es aber wichtiger denn je, meine Entscheidungen zu hinterfragen und wenn nötig anzupassen. Wir haben in den vergangenen Wochen viele Erfahrungen gesammelt – und daraus gelernt. Ein Beispiel: Der Thekenverkäufer im Ladengeschäft meines Werkzeughandels war anfangs komplett in Kurzarbeit, obwohl unsere Kunden im Ladengeschäft weiter Bestellungen abholen konnten. Das stellte sich als sehr hohe Belastung für den Innendienst und die Lagermitarbeiter heraus, die ständig einspringen mussten. Teilweise wurde es richtig stressig, weil wir die anfallende Arbeit auf weniger Mitarbeiter verteilt haben. Dazu kamen viel mehr Anrufe als sonst. Wir mussten uns also eine andere Lösung überlegen.

Zuerst war geplant, dass unser Thekenverkäufer wieder von 9 bis 15 Uhr im Einsatz sein soll. Aber das hat sich bei unseren Kunden nicht durchgesetzt. Handwerker kommen eher ganz früh oder ganz spät zu uns ins Geschäft. Jetzt passen wir seine Arbeitszeit flexibel tageweise an. So entlasten wir das Büro. Und mein Verkäufer ist damit auch zufrieden. Wie bei allen Mitarbeitern merke ich, dass er froh ist, wieder arbeiten zu können. Es musste sich einpegeln. In Corona-Zeiten ist es nicht leicht, alle Bedürfnisse zu befriedigen – die der Kunden, der Mitarbeiter und der Geschäftsleitung. Aber es geht, wenn man bereit ist, Lösungen zu suchen und Entscheidungen zu revidieren.

Wir suchen flexible Lösungen

Ein anderes Beispiel: Meine Mitarbeiter im Innendienst waren zu Beginn der Krise in 50-prozentiger Kurzarbeit. Aber auch da haben wir inzwischen eine flexiblere Lösung gefunden, weil wir gemerkt haben, dass uns diese starre Regelung einschränkt. Die Mitarbeiter sind zwar weiterhin angehalten, 50 Prozent zu arbeiten, gehen jetzt im Mai aber eigenverantwortlich damit um. Das bedeutet: Einige arbeiten 50 Prozent, andere 70 oder 80 Prozent – je nachdem, wie hoch ihr Arbeitsaufkommen gerade ist. Das geschieht komplett auf Vertrauensbasis.

Wir haben eine Excel-Liste, in die alle ihre tatsächlich geleisteten Stunden eintragen. Darin wird auch erfasst, wie viele Urlaubstage sie haben und wie viele Stunden sie laut Vertrag da sein sollen. Das Gute beim Kurzarbeitergeld ist, dass man erst am Ende des jeweiligen Monats entscheiden muss, wieviel man anmeldet. Es wird immer nach den gearbeiteten Stunden geschaut. Das verschafft uns die Möglichkeit, so flexibel zu sein.

Homeoffice oder Büro? Die Flexibilität werden wir dauerhaft beibehalten

Anfangs waren bei uns fast alle im Homeoffice, inzwischen arbeiten einige wieder im Büro. Viele Mitarbeiter haben danach gefragt und sich über diesen Schritt hin zu mehr Normalität sehr gefreut. Wir haben zum Glück so viele Räumlichkeiten, dass wir das gut umsetzen können. Natürlich muss ich dabei immer im Auge haben, dass wir niemanden gefährden. Es wäre verheerend, wenn wir alle 14 Tage in Quarantäne gehen müssten. Aber ich merke, dass da wirklich alle an einem Strang ziehen und meine Mitarbeiter Rücksicht aufeinander nehmen.

Was die Einstellung zum Homeoffice angeht, hat sich in den vergangenen Wochen etwas verändert. Ich glaube, alle haben erkannt, dass das eine gute Option ist. Neulich hatte zum Beispiel eine Mitarbeiterin Rückenschmerzen. Sie wollte weiterarbeiten, aber auch die Möglichkeit haben, sich zwischendurch einmal hinzulegen. Das kann sie, wenn sie zu Hause bleibt. Oder wenn jemand einen Schnupfen hat und niemanden anstecken will, Handwerker erwartet oder sich um Kinder kümmern muss. Das kann nach Absprache jetzt alles stattfinden; diese Flexibilität werden wir auf jeden Fall beibehalten.

Ich kann jetzt endlich wieder klarer denken

Zu Beginn der Corona-Krise fühlte sich mein Hirn wie blockiert an. Alles war neu und ungewohnt und ich hatte das Gefühl, keinen klaren Gedanken fassen zu können. In dieser ersten Zeit habe ich mich unheimlich angestrengt gefühlt. Abends bin ich um halb 9 ins Bett gefallen, nachts wurde ich ständig wach. Es gab einfach so viele Fragezeichen. Ich finde, diese allgemeine Anstrengung und Anspannung hat man jedem, auch mir, angemerkt.

Inzwischen ist die Anstrengung ein Stück weit von mir abgefallen. Ich kann jetzt endlich wieder klarer denken. Wir waren zum Beispiel vor der Krise mitten im Marken-Relaunch. Am Anfang der Corona-Zeit habe ich keinen Gedanken daran verschwenden können, es ging ja nur darum, schnell auf die neuen Gegebenheiten zu reagieren. Jetzt kann ich mich endlich wieder voll in das neue Konzept hineindenken.

Seit ich mich gedanklich wieder freier fühle, kann ich mich auch wieder auf Neues einlassen. Vor Kurzem bin ich etwa zum ersten Mal als Speakerin bei einem Online-Wissensforum aufgetreten. Das war natürlich ungewohnt, ich kannte solche Auftritte bislang nur analog vor Publikum. Und jetzt redet man da einfach in sein Handy rein. Der Austausch mit dem Publikum fehlt. Aber es war auch interessant zu merken, dass das funktioniert.

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Zusammenhalt: Ein Dankeschön für meine Mitarbeiter

Vieles hat sich normalisiert. Wir wissen inzwischen besser, wie wir mit der neuen Situation umzugehen haben. Aber natürlich bleiben viele Fragen. Wie wird unser Alltag in Zukunft aussehen? Und wie kommen wir als Unternehmen weiter einigermaßen gut durch diese Krise? Durch die Kurzarbeit konnten wir den Umsatzeinbruch zum Glück auffangen. Aber ich weiß natürlich auch nicht, was die nächsten Monate bringen werden.

Mir war es jetzt wichtig, mich bei meinen Mitarbeitern dafür zu bedanken, dass sie so gut mitziehen. Deswegen habe ich allen eine kleine steuerfreie Prämie ausgezahlt, verbunden mit dem Hinweis, dass ich es toll fände, wenn sie mit diesem Geld die Gastronomie hier vor Ort unterstützen würden. Ich finde, das ist ein schönes Zeichen. Wir müssen jetzt alle zusammenhalten. Es ist jetzt nicht die Zeit, nur an sich zu denken. Wir haben Verantwortung für das große Ganze, für die eigenen Lieferketten, aber auch für den Handel um die Ecke oder den Lieblingsitaliener. Gemeinsam lässt sich vieles retten. Auch das ist eine wertvolle Erkenntnis.

In den vergangenen Wochen hat sich bei mir etwas verändert. Zu Beginn der Corona-Krise fühlte sich jeder Tag an wie ein wiederkehrender Albtraum. Inzwischen hat sich eine Routine eingestellt. Das war ein Prozess. Im April waren wir vor allem damit beschäftigt, alle Regelungen umzusetzen. Man hat sich auf die Schutzmaßnahmen konzentriert und gebannt auf die Fallzahlen geschaut. Wir hatten einen Umsatzeinbruch von 50 Prozent. Durch die Kurzarbeit, die ich direkt im März beantragt hatte, konnten wir das zum Glück einigermaßen abfangen. Meine Stimmung schwankte in den ersten Wochen täglich zwischen Optimismus und Existenzangst. Inzwischen bin ich an einem Punkt, an dem ich die Situation so akzeptieren kann, wie sie ist. Ich kann wieder denken, entscheiden und agieren. Endlich wieder ein Stück Stabilität. Es geht jetzt darum, Erfahrungen zu sammeln und daraus zu lernen Im Moment ist es aber wichtiger denn je, meine Entscheidungen zu hinterfragen und wenn nötig anzupassen. Wir haben in den vergangenen Wochen viele Erfahrungen gesammelt – und daraus gelernt. Ein Beispiel: Der Thekenverkäufer im Ladengeschäft meines Werkzeughandels war anfangs komplett in Kurzarbeit, obwohl unsere Kunden im Ladengeschäft weiter Bestellungen abholen konnten. Das stellte sich als sehr hohe Belastung für den Innendienst und die Lagermitarbeiter heraus, die ständig einspringen mussten. Teilweise wurde es richtig stressig, weil wir die anfallende Arbeit auf weniger Mitarbeiter verteilt haben. Dazu kamen viel mehr Anrufe als sonst. Wir mussten uns also eine andere Lösung überlegen. Zuerst war geplant, dass unser Thekenverkäufer wieder von 9 bis 15 Uhr im Einsatz sein soll. Aber das hat sich bei unseren Kunden nicht durchgesetzt. Handwerker kommen eher ganz früh oder ganz spät zu uns ins Geschäft. Jetzt passen wir seine Arbeitszeit flexibel tageweise an. So entlasten wir das Büro. Und mein Verkäufer ist damit auch zufrieden. Wie bei allen Mitarbeitern merke ich, dass er froh ist, wieder arbeiten zu können. Es musste sich einpegeln. In Corona-Zeiten ist es nicht leicht, alle Bedürfnisse zu befriedigen – die der Kunden, der Mitarbeiter und der Geschäftsleitung. Aber es geht, wenn man bereit ist, Lösungen zu suchen und Entscheidungen zu revidieren. Wir suchen flexible Lösungen Ein anderes Beispiel: Meine Mitarbeiter im Innendienst waren zu Beginn der Krise in 50-prozentiger Kurzarbeit. Aber auch da haben wir inzwischen eine flexiblere Lösung gefunden, weil wir gemerkt haben, dass uns diese starre Regelung einschränkt. Die Mitarbeiter sind zwar weiterhin angehalten, 50 Prozent zu arbeiten, gehen jetzt im Mai aber eigenverantwortlich damit um. Das bedeutet: Einige arbeiten 50 Prozent, andere 70 oder 80 Prozent – je nachdem, wie hoch ihr Arbeitsaufkommen gerade ist. Das geschieht komplett auf Vertrauensbasis. Wir haben eine Excel-Liste, in die alle ihre tatsächlich geleisteten Stunden eintragen. Darin wird auch erfasst, wie viele Urlaubstage sie haben und wie viele Stunden sie laut Vertrag da sein sollen. Das Gute beim Kurzarbeitergeld ist, dass man erst am Ende des jeweiligen Monats entscheiden muss, wieviel man anmeldet. Es wird immer nach den gearbeiteten Stunden geschaut. Das verschafft uns die Möglichkeit, so flexibel zu sein. Homeoffice oder Büro? Die Flexibilität werden wir dauerhaft beibehalten Anfangs waren bei uns fast alle im Homeoffice, inzwischen arbeiten einige wieder im Büro. Viele Mitarbeiter haben danach gefragt und sich über diesen Schritt hin zu mehr Normalität sehr gefreut. Wir haben zum Glück so viele Räumlichkeiten, dass wir das gut umsetzen können. Natürlich muss ich dabei immer im Auge haben, dass wir niemanden gefährden. Es wäre verheerend, wenn wir alle 14 Tage in Quarantäne gehen müssten. Aber ich merke, dass da wirklich alle an einem Strang ziehen und meine Mitarbeiter Rücksicht aufeinander nehmen. Was die Einstellung zum Homeoffice angeht, hat sich in den vergangenen Wochen etwas verändert. Ich glaube, alle haben erkannt, dass das eine gute Option ist. Neulich hatte zum Beispiel eine Mitarbeiterin Rückenschmerzen. Sie wollte weiterarbeiten, aber auch die Möglichkeit haben, sich zwischendurch einmal hinzulegen. Das kann sie, wenn sie zu Hause bleibt. Oder wenn jemand einen Schnupfen hat und niemanden anstecken will, Handwerker erwartet oder sich um Kinder kümmern muss. Das kann nach Absprache jetzt alles stattfinden; diese Flexibilität werden wir auf jeden Fall beibehalten. Ich kann jetzt endlich wieder klarer denken Zu Beginn der Corona-Krise fühlte sich mein Hirn wie blockiert an. Alles war neu und ungewohnt und ich hatte das Gefühl, keinen klaren Gedanken fassen zu können. In dieser ersten Zeit habe ich mich unheimlich angestrengt gefühlt. Abends bin ich um halb 9 ins Bett gefallen, nachts wurde ich ständig wach. Es gab einfach so viele Fragezeichen. Ich finde, diese allgemeine Anstrengung und Anspannung hat man jedem, auch mir, angemerkt. Inzwischen ist die Anstrengung ein Stück weit von mir abgefallen. Ich kann jetzt endlich wieder klarer denken. Wir waren zum Beispiel vor der Krise mitten im Marken-Relaunch. Am Anfang der Corona-Zeit habe ich keinen Gedanken daran verschwenden können, es ging ja nur darum, schnell auf die neuen Gegebenheiten zu reagieren. Jetzt kann ich mich endlich wieder voll in das neue Konzept hineindenken. Seit ich mich gedanklich wieder freier fühle, kann ich mich auch wieder auf Neues einlassen. Vor Kurzem bin ich etwa zum ersten Mal als Speakerin bei einem Online-Wissensforum aufgetreten. Das war natürlich ungewohnt, ich kannte solche Auftritte bislang nur analog vor Publikum. Und jetzt redet man da einfach in sein Handy rein. Der Austausch mit dem Publikum fehlt. Aber es war auch interessant zu merken, dass das funktioniert. Zusammenhalt: Ein Dankeschön für meine Mitarbeiter Vieles hat sich normalisiert. Wir wissen inzwischen besser, wie wir mit der neuen Situation umzugehen haben. Aber natürlich bleiben viele Fragen. Wie wird unser Alltag in Zukunft aussehen? Und wie kommen wir als Unternehmen weiter einigermaßen gut durch diese Krise? Durch die Kurzarbeit konnten wir den Umsatzeinbruch zum Glück auffangen. Aber ich weiß natürlich auch nicht, was die nächsten Monate bringen werden. Mir war es jetzt wichtig, mich bei meinen Mitarbeitern dafür zu bedanken, dass sie so gut mitziehen. Deswegen habe ich allen eine kleine steuerfreie Prämie ausgezahlt, verbunden mit dem Hinweis, dass ich es toll fände, wenn sie mit diesem Geld die Gastronomie hier vor Ort unterstützen würden. Ich finde, das ist ein schönes Zeichen. Wir müssen jetzt alle zusammenhalten. Es ist jetzt nicht die Zeit, nur an sich zu denken. Wir haben Verantwortung für das große Ganze, für die eigenen Lieferketten, aber auch für den Handel um die Ecke oder den Lieblingsitaliener. Gemeinsam lässt sich vieles retten. Auch das ist eine wertvolle Erkenntnis.
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