Mehr Beiträge von Freunden, weniger Inhalte von Firmen – so lassen sich die Änderungen zusammenfassen, die Facebook-Gründer und CEO Mark Zuckerberg kürzlich bekanntgegeben hat. Viele Unternehmen fürchten nun, ihre Kunden künftig nicht mehr über das soziale Netzwerk zu erreichen. Ist diese Sorge berechtigt? Antworten auf die wichtigsten Fragen.
Was genau will Facebook ändern?
Facebook ändert den Algorithmus, der die Beiträge für den Newsfeed zusammenstellt – so nennt man den Teil der persönlichen Startseite jedes Nutzers, in dem aktuelle Beiträge angezeigt werden. Solche Änderungen am Sortiermechanismus gibt es zwar immer wieder; diesmal sind sie aber besonders einschneidend, wie Zuckerberg erklärte: Facebooks Ziel sei künftig nicht mehr, dass die Nutzer relevante Inhalte finden, sondern dass sie „bedeutungsvolle soziale Interaktionen“ haben.
„Wir haben Facebook aufgebaut, um Menschen dabei zu helfen, in Verbindung zu bleiben, und um uns näher zusammenzubringen mit den Menschen, die uns wichtig sind“, begründete Zuckerberg den Schritt. Zuletzt hätten aber Beiträge von Unternehmen und Medienanbietern überhand genommen.
Was bedeutet das für Unternehmen?
Facebook-Seitenbetreiber müssen damit rechnen, dass ihre Postings seltener an ihre Fans ausgespielt werden. „Sie [die Nutzer] werden weniger öffentliche Inhalte sehen, wie Beiträge von Unternehmen, Marken und Medien“, kündigte Zuckerberg an. Stattdessen solle der Newsfeed künftig „mehr von ihren Freunden, ihrer Familie und ihren Gruppen“ enthalten.
Was kann ich tun, damit meine Reichweite auf Facebook nun nicht völlig einbricht?
Erst mal Ruhe bewahren, rät Thomas Knüwer, Gründer und Partner der Digitalberatung kpunktnull. Seitenbetreiber sollten die Facebook-eigenen Statistiken genau im Blick behalten: „Wichtig ist, sich anzugucken: Was ist eigentlich auf meiner Seite los? Wie verändert sich meine Reichweite – und inwiefern könnte das mit den Änderungen zusammenhängen?“ Vor allem kleine Unternehmen nutzen diese Möglichkeit seiner Erfahrung nach nicht intensiv genug.
Im Übrigen sei es nach größeren Updates wie diesem üblich, dass der Algorithmus später nachjustiert werde. Selbst wenn die Reichweite also vorübergebend in den Keller rauscht, kann es gut sein, dass sie sich wieder erholt.
Wie schaffe ich es, dass die Beiträge meiner Seite weiterhin im Newsfeed meiner Fans aufzutauchen?
Nutzer können selbst einstellen, dass sie alle Beiträge einer Seite in ihrem Newsfeed sehen wollen. „Auf diese Funktion sollten Marken hinweisen“, empfiehlt Knüwer – am besten nicht nur einmal, sondern regelmäßig, damit die Nachricht möglichst viele Fans erreicht. „Und: Erklären Sie Ihren Fans auch, wo sie klicken müssen, um die Funktion zu aktivieren.“
Unser Experte
Thomas Knüwer ist Gründer und Partner von kpunktnull, einer Düsseldorfer Unternehmensberatung mit den Themenschwerpunkten digitale Strategie, Social Media, Content Marketing und digitale Transformation.Wer beispielsweise keine Nachrichten von impulse bei Facebook verpassen will, klickt auf unserer Facebook-Seite auf „Abonniert“ und wählt dann die Option „In deinem Newsfeed als Erstes anzeigen“.
Die „bedeutungsvollen sozialen Interaktionen“, die Zuckerberg fördern will – können die nicht auch auf meiner Facebook-Seite stattfinden?
Knüwer hält das für absolut machbar – wenn man auf die richtigen Inhalte setzt: „Wer ständig nur platte Werbung postet, erntet dafür in der Regel kaum oder keine Kommentare.“ Für Seitenbetreiber werde es noch wichtiger als bisher, mit ihren Fans interagieren: „Sie sollten versuchen, eine Community um sich herum aufzubauen, mit der sie im ständigen Dialog sind.“
Diesen öffentlichen Dialog scheuen immer noch viele Unternehmen: Sie fürchten kritische Kommentare – und sehen das Kommentieren und Reagieren auf Facebook als Zeitfresser. Eine Haltung, für die Knüwer kein Verständnis aufbringen kann: „Wenn mir der Aufwand zu groß ist, mich mit meinen Kunden zu unterhalten, dann muss ich mich fragen, ob mir das Betreiben eines Unternehmens nicht vielleicht auch zu viel Aufwand ist.“ Immerhin seien Facebook-Fans treue Kunden, die Lust darauf haben, mit einem Unternehmen, einer Marke in Kontakt zu treten.
Was kann ich tun, um eine Community aufzubauen?
„Nichts begeistert Menschen mehr als Menschen, die mit Herzblut bei der Sache sind“, sagt Knüwer. Sein Rat für kleine Unternehmen lautet daher: nahbar und authentisch sein. „Wenn ich mein Herz öffne und zeige, wie ich und mein Unternehmen ticken, fangen die Leute an, mit mir zu reden.“ Ein Dachdecker könne beispielsweise ein Bild posten, auf dem er mit dem Bauherren vor dem neuen Haus steht, ein Umzugsunternehmer zeigen, wie er ein ungewöhnliches Möbelstück transportiert.
Oft könne es sich auch lohnen, die sozialen Netzwerke nach Beiträgen über das eigene Unternehmen durchsuchen, empfiehlt Knüwer. „Wenn ein Kunde ein Foto von sich und meinem Produkt am Strand von Mauritius postet, wird sich dieser Kunde geehrt fühlen, wenn ich ihn frage, ob ich das Foto auch auf meiner Seite teilen kann.“
Lokalen Unternehmen wie Handwerkern, Restaurants oder Einzelhändlern empfiehlt Knüwer, Social-Media-Stars aus der eigenen Region kennen zu lernen, egal ob Blogger, Podcaster, Youtuber oder leidenschaftlicher Networker. Solche Mikro-Influencer haben eine besonders hohe Glaubwürdigkeit und oft glühende Fans. „Ein Restaurantbesitzer könnte beispielsweise einem Food-Blogger aus seiner Stadt folgen und ein paar seiner Beiträge kommentieren. Oder fünf Blogger zum Essen in sein Restaurant einladen.“
Welche Möglichkeiten habe ich neben einer Seite, meine Zielgruppe über Facebook zu erreichen?
Mitarbeiter einbeziehen:
Beiträge von privaten Profilen erreichen künftig mehr Menschen. Diese Tatsache könnten sich Unternehmen zunutze machen, rät Knüwer: „Ich kann zum Beispiel meine Mitarbeiter bitten: ‚Leute, wenn wir was Schönes posten, dann teilt das doch bitte.’“
Privates Profil nutzen:
Unternehmer, die bei Facebook schon gut vernetzt sind, können auch das eigene private Profil nutzen, um ihre Botschaften zu verbreiten. Auf diese Strategie setzt beispielsweise die Unternehmerin Vanessa Weber.
Facebook-Gruppe eröffnen:
Beiträge aus Facebook-Gruppen sollen laut Zuckerberg künftig verstärkt in den Newsfeeds landen. Dennoch hält Digitalexperte Knüwer Facebook-Gruppen nicht für ein Allheilmittel, um die Reichweite von Unternehmen auf Facebook zu retten. „Gruppen leben vom Austausch“, sagt er. Sie seien daher nur für Themen geeignet, mit denen sich die Mitglieder über einen längeren Zeitraum beschäftigen. „Wenn ich zum Beispiel ein Umzugsunternehmen habe: Worüber sollten meine Kunden denn in meiner Facebook-Gruppe diskutieren?“
Für Unternehmen mit einer lebendigen Community könnten Facebook-Gruppen laut Knüwer durchaus interessant sein – allerdings als zusätzliches Angebot neben der Facebook-Seite. „Ich komme nicht drum herum, trotzdem eine Facebook-Page zu betreiben. Die Seite ist sozusagen mein Schankraum. Die Gruppe ist das Hinterzimmer, in dem meine Stammgäste sitzen.“
2023 nichts mehr versäumen!
Vom richtigen Zeitpunkt, den Resturlaub zu prüfen, bis zu wichtigen Steuerterminen und Abgabefristen: Dieser kostenlose interaktive Kalender hilft Ihnen, nichts zu versäumen. Jetzt keine Termine mehr verpassen!
Der Artikel – und leider wohl auch Herr Knüwer, den ich sonst als Experten sehr schätze – lassen leider nur den wichtigsten Aspekt komplett weg: Facebook möchte Geld verdienen. Reichweite gab es schon bisher nur gegen Geld, jetzt wird es Reichweite nur noch gegen sehr viel Geld geben. Für kleine und mittelständische Unternehmen ist Facebook damit uninteressant geworden und es werden nur noch die großen Marken mit großem Budget auf Facebook wahrgenommen werden. Der bessere Tipp wäre also, seine Ressourcen auf andere Plattformen zu konzentrieren.
Lieber Herr Piecha,
über diese Frage habe ich mit Herrn Knüwer gesprochen. Die These, dass Mark Zuckerberg mit der Änderung in erster Linie die Werbeeinnahmen hochtreiben wolle, hält Knüwer für zynisch. Er sagte wörtlich: „Ebenso wie Inhaber kleiner Unternehmen mit Leidenschaft bei der Sache sind, gibt es auch Manager, die eine Mission haben. Zuckerberg hat eine humanistische Erziehung genossen; er glaubt, dass die Welt ein friedlicherer Ort werden kann, wenn Menschen sich besser kennen lernen. Würde es ihm um Geld gehen, hätte er Facebook verkauft, als Yahoo eine Milliarde Euro dafür geboten hat.“
Herzliche Grüße
Angelika Unger
Diese Ansicht von Herrn Knüwer halte ich dann doch für…äh…nennen wir es „interessant „. Gutmensch Zuckerberg, der natürlich nur für den Weltfrieden und ein einfaches Abendessen andere Netzwerke versucht, platt zu machen und Daten am Rande der Legalität sammelt.
Sagen wir so: Herr Knüwer hat mit seiner Agentur jetzt eine Menge Kunden bei Laune zu halten, für die er Facebook-Seiten betreut. Da müssen dann natürlich schnell ein paar Argumente her. ;-)
Vielleicht ist es aber auch an der Zeit Facebook mal ‚beiseite‘ zu lassen? Ich finde es wird sich Marketer Seiten, allzusehr an FB geklammert. Ich meine FB’s Methoden sich ein Maximum an Daten zu verschaffen und dabei schon leicht an der Illegalität zu kratzen… (z.B. WhatsUp oder das FB Pixel) Ein Unternehmen, das sich um die persönlichen Einstellungen nur mittels Augenwischerei kümmert, denn FB wertet natürlich dennoch alle Daten aus.
Meine Frage: Wie soll ich die Firmen, die auf FB vertreten sind sehen? Die Firmen, denen es anscheinend egal ist, mit welchen Methoden sie die Daten gewinnen?
Ehrlicher herüberkommen würden Firmen meiner Meinung nach: Ohne Facebook Auftritt.
Das ist ja alles schön und gut, aber welcher Nutzer nimmt in den Einstellungen seines Profils schon so gezielt Änderungen vor? In der Realität werden die Unternehmensposts schlicht wegfallen. Übrigens haben ja bereits vergangene Algorithmen dafür gesorgt, dass das passierte. Und sicher kann man mit kreativ aufbereiteten Posts, die Interaktivität generieren, Plätze gut machen. Solche Posts können aber nicht die Regel sein, weil die Social Media in Deutschland nicht derart in der deutschen Unternehmenskultur verankert sind und Kreativität bei Online-Managern nicht derart stark ausgeprägt ist. Die meisten von uns sind eben Mittelmaß. Helfen können da nur Kampagnen, bei denen Agenturen helfen. Das ist es wohl, was Herr Knüwer meint.