Cannabisgesetz und Arbeitsrecht
Ist Kiffen am Arbeitsplatz jetzt erlaubt?

Seit Anfang April ist der Konsum von Cannabis legal - mit Folgen auch für den Arbeitsalltag. Was Sie zum Stichwort Cannabis und Arbeitsrecht wissen und was genau Sie regeln sollten.

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Cannabisgesetz
© LARISA SHPINEVA / Photocase

Was regelt das Cannabisgesetz genau?

Mit dem Cannabisgesetz (CanG) wird der kontrollierte Anbau und Konsum von Cannabis legalisiert. Bislang war beides verboten: Cannabis und sein Wirkstoff Tetrahydrocannabinol (THC) standen auf der Liste der verbotenen Betäubungsmittel im Betäubungsmittelgesetz. Eingeschlossen waren dabei auch Pflanzen und Pflanzenteile, wie etwa Samen und Harz.

Laut dem Bundesgesundheitsministerium soll das Gesetz unter anderem dazu beitragen, die Drogenkriminalität einzudämmen, Konsumenten vor verunreinigten Cannabisprodukten zu schützen und den Kinder- und Jugendschutz zu stärken.

Die Regelungen treten in zwei Stufen in Kraft. Zunächst legalisiert das Gesetz den privaten Cannabiskonsum und -anbau, später den gemeinschaftlichen Cannabisanbau und den nicht-gewerblichen Handel mit Cannabis.

Privater Cannabiskonsum und -handel

Seit dem 1. April 2024 ist folgendes erlaubt:

  • Erwachsene ab 18 Jahren dürfen bis zu 50 Gramm getrocknetes Cannabis besitzen und in der Wohnung aufbewahren.
  • Sie dürfen bis zu 25 Gramm getrocknetes Cannabis in der Öffentlichkeit mit sich tragen.
  • Sie dürfen bis zu drei Cannabispflanzen privat anbauen.

Gemeinschaftlicher Cannabisanbau und -handel

Ab dem 1. Juli 2024 wird Folgendes gelten:

  • Wer mindestens 18 Jahre alt ist und seit mindestens sechs Monaten in Deutschland lebt, darf sich mit anderen Personen in sogenannten Anbauvereinigungen (eingetragene, nicht-wirtschaftliche Vereine oder Genossenschaften) zusammentun, um Cannabispflanzen zu ziehen und Cannabis zu erwerben.
  • Diese Einrichtungen dürfen nicht gewerblich und gewinnorientiert sein.
  • Jede Anbauvereinigung darf maximal 500 Mitglieder haben.
  • Jede Person darf nur in einer Vereinigung Mitglied sein.
  • Vereinigungen dürfen an jedes Mitglied maximal 25 Gramm am Tag und 50 Gramm pro Monat ausgeben. Für Mitglieder unter 21 Jahren liegt die maximale monatliche Abgabemenge bei 30 Gramm.

Geänderte Strafrahmen bei Cannabisdelikten

Zum 1. April 2024 sind zudem Änderungen im Zusammenhang mit Cannabisdelikten in Kraft getreten. So bleibt etwa das gewerbsmäßige Handeln mit „nicht geringer Menge“ Cannabis (ab etwa 75 Gramm) zwar weiterhin verboten; allerdings drohen nur noch drei Monate bis fünf Jahre Freiheitsstrafe – statt wie bisher bis zu 15 Jahren.

Bei gewerbsmäßigem Verkauf von Cannabis an Minderjährige drohen dagegen fortan mindestens zwei Jahre Freiheitsstrafe – bisher lag die Mindeststrafe bei einem Jahr.

Cannabisgesetz und Arbeitsrecht: Ist Kiffen am Arbeitsplatz jetzt erlaubt?

Einfach in der Mittagspause einen Joint rauchen? „Da der Konsum von Cannabis grundsätzlich legalisiert ist, dürften Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer theoretisch auch in ihrer Pause kiffen“, sagt Michael Fuhlrott, Professor für Arbeitsrecht an der Hochschule Fresenius in Hamburg.

Fuhlrott empfiehlt Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber daher, den Umgang mit Cannabis am Arbeitsplatz und auf dem Betriebsgelände eindeutig zu regeln – um Konflikte vorzubeugen und Klarheit für alle Seiten zu schaffen.

Dürfen Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen den Konsum von Cannabis am Arbeitsplatz verbieten?

Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen haben ein Weisungsrecht, oft auch Direktionsrecht genannt. Dadurch dürfen sie Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach „billigem Ermessen“ vorgeben. „Daher erlaubt es das Direktionsrecht, den Konsum von Rauschmitteln am Arbeitsplatz zu verbieten“, sagt Arbeitsrechtler Fuhlrott.

Mehr dazu hier: Weisungsrecht: Müssen Arbeitnehmer jede Anweisung befolgen?

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Arbeitgebende dürfen den Cannabiskonsum nicht nur verbieten, in vielen Fällen müssen sie es sogar: Denn neben dem Weisungsrecht haben sie eine Fürsorgepflicht für ihre Angestellten. „Das bedeutet, sie tragen Verantwortung für die Sicherheit und Gesundheit ihrer Mitarbeiter. Um dem gerecht zu werden, empfiehlt es sich in den meisten Betrieben, Rauschmittel und damit auch Cannabis komplett zu verbieten“, so Arbeitsrechtler Fuhlrott.

Ansonsten könnten Arbeitgebende schnell Probleme bekommen – und das nicht nur, wenn im Unternehmen mit Maschinen oder Gefahrstoffen gearbeitet wird. Fuhlrott: „Angenommen, ein Produktionsgebäude hat Treppen. Wenn ich den Cannabiskonsum toleriere und ein Angestellter fällt bekifft und in der Folge reaktionsverzögert die Treppe herunter, kann schon das eine Verletzung der Fürsorgepflicht bedeuten“, so Fuhlrott.

Mehr zum Thema lesen Sie hier: Fürsorgepflicht: Was Arbeitgeber dazu wissen sollten

Der Experte
Michael Fuhlrott CannabisgesetzMichael Fuhlrott lehrt als Professor für Arbeitsrecht an der Hochschule Fresenius in Hamburg. Zudem berät er als Fachanwalt für Arbeitsrecht Unternehmerinnen und Unternehmer.

Kommt jemand aufgrund des Konsums von Cannabis am Arbeitsplatz ernsthaft zu Schaden und weiß das Unternehmen um den Konsum, könnten Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen laut dem Anwalt sogar schadenersatzpflichtig oder straffällig werden.

Denkbar sei beispielsweise folgender Extremfall: Ein Gießerei-Inhaber sieht, dass ein Angestellter bekifft ist, aber weiterhin arbeitet – und schickt ihn nicht nach Hause. In der Folge macht der berauschte Mitarbeiter einen Fehler, wodurch ein Teammitglied schwer verletzt wird oder sogar stirbt. „Dann wäre es durchaus möglich, dass der Chef vor Gericht kommt wegen fahrlässiger Tötung“, sagt Arbeitsrechtler Fuhlrott.

Sollte man Cannabis am Arbeitsplatz besser mündlich oder schriftlich untersagen?

Ein Verbot von illegalen und legalen Rauschmitteln am Arbeitsplatz können Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen schriftlich festlegen, etwa im Arbeitsvertrag, in einer Zusatzvereinbarung, einem Code of Conduct oder – sofern es einen Betriebsrat gibt – in einer Betriebsvereinbarung. „Grundsätzlich nötig ist das aber nicht“, sagt Experte Fuhlrott. Es genüge schon, vor dem Team eine entsprechende Anordnung auszusprechen, etwa so: „Ich will nicht, dass ihr im Unternehmen kifft oder Alkohol trinkt, auch nicht in der Pause auf dem Hof.“ Und anschließend einen entsprechenden Aushang zu erstellen.

Wann dürfen Arbeitgeber Kiffen am Arbeitsplatz sanktionieren?

„Wenn Mitarbeitende am Arbeitsplatz trotz entsprechender Verbote Cannabis konsumieren, ist arbeitsrechtlich von der Abmahnung bis zur fristlosen Kündigung alles denkbar“, so Fuhlrott. In den meisten Fällen lasse sich die Rechtsprechung zu Alkohol am Arbeitsplatz analog auf Cannabis am Arbeitsplatz übertragen.

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„Angestellte schulden Arbeitgebern ihre ‚ungetrübte‘ Arbeitsleistung: Ist das infolge von Cannabiskonsum nicht mehr gegeben, rechtfertigt das arbeitsrechtliche Maßnahmen – und zwar auch dann, wenn der Cannabiskonsum in einem Unternehmen nicht offiziell verboten ist.“

Auch könnten schon geringe Wesens- und Verhaltensänderungen eine Abmahnung begründen. Fuhlrott: „Diese sind bereits gegeben, wenn jemand eigentlich quirlig-agil ist, nach Cannabiskonsum aber plötzlich sehr ruhig und gedämpft im Büro auftritt.“ Denn der Arbeitnehmer müsse seine Leistung frei von allen Einflüssen berauschender Mittel erbringen, so der Arbeitsrechtler.

Für eine ordentliche Kündigung oder eine fristlose Kündigung müsse hingegen regelmäßig eine schwere Pflichtverletzung mit massiven Auswirkungen vorliegen oder es sich um einen Wiederholungsfall handeln. „Dies ist etwa der Fall, wenn eine Busfahrerin bekifft arbeitet, obwohl sie nicht fahrtüchtig ist – und damit sich und die Fahrgäste gefährdet oder vielleicht sogar einen Unfall verursacht“, so der Experte. Dann sei eine verhaltensbedingte Kündigung möglich, auch fristlos.

Mehr dazu hier: Verhaltensbedingte Kündigung: 10 Kündigungsgründe

Dürfen Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber Angestellten verbieten, privat Cannabis zu konsumieren?

„Das Direktionsrecht endet am Werkstor: Dieser Grundsatz gilt auch für den Konsum berauschender Mittel“, erklärt Arbeitsrechtler Fuhlrott. Das heißt: „Als Angestellter kann ich freitagabends sämtliche Drogen einschmeißen, die ich möchte, sofern ich montagmorgens wieder fit bin und meine Normalleistung erbringe.“

Allerdings endet diese Freiheit, wenn sich Teammitglieder unter Drogeneinfluss falsch verhalten und dabei Rückschlüsse auf das arbeitgebende Unternehmen zulassen. „Ein Beispiel: Ein Klempner kifft in Arbeitskleidung mit Firmenlogo auf einer Parkbank, obwohl Kinder in der Nähe sind. Ein Bild davon erscheint in der Zeitung, das Gesicht des Angestellten ist verpixelt, der Unternehmensname auf dem Blaumann aber gut sichtbar. Das würde einen Imageschaden für das Unternehmen bedeuten – und dann dürften Arbeitgeber arbeitsrechtlich aktiv werden“, so Fuhlrott.

Weitere Bestimmungen des Cannabisgesetzes – unabhängig vom Arbeitsrecht

Schutzzonen

Um zu verhindern, dass Kinder und Jugendliche früh mit Cannabis in Kontakt kommen, ist das Kiffen nur außerhalb der Sichtweite von Kitas, Schulen und Jugendzentren erlaubt. Als Orientierung für „Sichtweite“ nennt das Gesetz einen Abstand von etwa 100 Metern.

Cannabis und Auto fahren: Grenzwert für das Verkehrsrecht

Indem das neue Gesetz den Besitz und Konsum von Cannabis grundsätzlich erlaubt, muss auch der Umgang mit Cannabis im Straßenverkehr geändert werden. Bislang durfte niemand unter dem Einfluss von Cannabis beispielsweise Auto fahren. Nun hat das Verkehrsministerium – wie im Cannabisgesetz vorgesehen – auf wissenschaftlicher Basis einen THC-Grenzwert ermitteln lassen, analog zur Promillegrenze für das Fahren unter Alkoholeinfluss. Laut Verkehrsministerium hat eine Expertenkommission einen Grenzwert von 3,5 Nanongramm THC pro Milliliter Blutserum vorgeschlagen.

Damit dieser gültig wird, muss das Straßenverkehrsgesetz angepasst werden. Dafür ist eine Gesetzesänderung durch den Bundestag nötig. Bis es soweit ist, gelten die aktuellen Vorgaben.

Aufklärungsplattform

Um den Kinder- und Jugendschutz zu verbessern, wird laut Cannabisgesetz eine bundesweit einheitliche digitale Plattform errichtet: Diese soll Informationen zum Gesetz, zur Wirkung und zu Risiken von Cannabis sowie zu vorhandenen Präventions-, Beratungs- sowie Behandlungsoptionen bündeln.

Welche Bußgelder drohen?

Das Cannabisgesetz schreibt fest: Wer die erlaubten Mengen für den Anbau und Konsum von Cannabis auch nur geringfügig überschreitet, begeht eine Ordnungswidrigkeit. Die Bußgelder dafür liegen zwischen 10.000 bis 30.000 Euro.

Wie wird die Einhaltung des Cannabisgesetzes kontrolliert?

Es ist Aufgabe der Bundesländer, dafür zu sorgen, dass die Regelungen zum Cannabiskonsum eingehalten werden. Beispielsweise sollen Anbauvereinigungen mindestens einmal jährlich von der zuständigen Landesbehörde kontrolliert werden. „Wie stark die Kontrolldichte ist, lässt sich allerdings nur schwer einschätzen. Es steht aber zu vermuten, dass der Verfolgungseifer in Bayern etwa größer sein wird als in Berlin“, erklärt Arbeitsrechtler Fuhlrott.

Welche Kritik am Cannabisgesetz gibt es?

Umstritten am Cannabisgesetz sind nicht die arbeitsrechtlichen Auswirkungen zu Cannabis am Arbeitsplatz, sondern unter anderem die Amnestieregelung für Altfälle: Strafen für Delikte, die mit Inkrafttreten des Cannabisgesetzes nicht mehr strafbar sind, sollen rückwirkend erlassen werden. Dadurch komme auf die Justiz viel Arbeit zu, kritisierte etwa der Deutsche Richterbund schon lange. Schätzungen zufolge fallen allein in Baden-Württemberg 25000 Verfahren an, die geprüft werden müssen.

Auch Fachverbände von Ärzten und Psychologen sehen das Gesetz kritisch. Laut einer gemeinsamen Erklärung zum Referentenentwurf des Gesetzes befürchten die Fachleute, die Legalisierung könnte „zu einer Gefährdung der psychischen Gesundheit und der Entwicklungschancen junger Menschen in Deutschland“ führen.

Was regelt das Cannabisgesetz genau? Mit dem Cannabisgesetz (CanG) wird der kontrollierte Anbau und Konsum von Cannabis legalisiert. Bislang war beides verboten: Cannabis und sein Wirkstoff Tetrahydrocannabinol (THC) standen auf der Liste der verbotenen Betäubungsmittel im Betäubungsmittelgesetz. Eingeschlossen waren dabei auch Pflanzen und Pflanzenteile, wie etwa Samen und Harz. Laut dem Bundesgesundheitsministerium soll das Gesetz unter anderem dazu beitragen, die Drogenkriminalität einzudämmen, Konsumenten vor verunreinigten Cannabisprodukten zu schützen und den Kinder- und Jugendschutz zu stärken. Die Regelungen treten in zwei Stufen in Kraft. Zunächst legalisiert das Gesetz den privaten Cannabiskonsum und -anbau, später den gemeinschaftlichen Cannabisanbau und den nicht-gewerblichen Handel mit Cannabis. Privater Cannabiskonsum und -handel Seit dem 1. April 2024 ist folgendes erlaubt: Erwachsene ab 18 Jahren dürfen bis zu 50 Gramm getrocknetes Cannabis besitzen und in der Wohnung aufbewahren. Sie dürfen bis zu 25 Gramm getrocknetes Cannabis in der Öffentlichkeit mit sich tragen. Sie dürfen bis zu drei Cannabispflanzen privat anbauen. Gemeinschaftlicher Cannabisanbau und -handel Ab dem 1. Juli 2024 wird Folgendes gelten: Wer mindestens 18 Jahre alt ist und seit mindestens sechs Monaten in Deutschland lebt, darf sich mit anderen Personen in sogenannten Anbauvereinigungen (eingetragene, nicht-wirtschaftliche Vereine oder Genossenschaften) zusammentun, um Cannabispflanzen zu ziehen und Cannabis zu erwerben. Diese Einrichtungen dürfen nicht gewerblich und gewinnorientiert sein. Jede Anbauvereinigung darf maximal 500 Mitglieder haben. Jede Person darf nur in einer Vereinigung Mitglied sein. Vereinigungen dürfen an jedes Mitglied maximal 25 Gramm am Tag und 50 Gramm pro Monat ausgeben. Für Mitglieder unter 21 Jahren liegt die maximale monatliche Abgabemenge bei 30 Gramm. Geänderte Strafrahmen bei Cannabisdelikten Zum 1. April 2024 sind zudem Änderungen im Zusammenhang mit Cannabisdelikten in Kraft getreten. So bleibt etwa das gewerbsmäßige Handeln mit „nicht geringer Menge“ Cannabis (ab etwa 75 Gramm) zwar weiterhin verboten; allerdings drohen nur noch drei Monate bis fünf Jahre Freiheitsstrafe – statt wie bisher bis zu 15 Jahren. Bei gewerbsmäßigem Verkauf von Cannabis an Minderjährige drohen dagegen fortan mindestens zwei Jahre Freiheitsstrafe – bisher lag die Mindeststrafe bei einem Jahr. Cannabisgesetz und Arbeitsrecht: Ist Kiffen am Arbeitsplatz jetzt erlaubt? Einfach in der Mittagspause einen Joint rauchen? „Da der Konsum von Cannabis grundsätzlich legalisiert ist, dürften Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer theoretisch auch in ihrer Pause kiffen“, sagt Michael Fuhlrott, Professor für Arbeitsrecht an der Hochschule Fresenius in Hamburg. Fuhlrott empfiehlt Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber daher, den Umgang mit Cannabis am Arbeitsplatz und auf dem Betriebsgelände eindeutig zu regeln – um Konflikte vorzubeugen und Klarheit für alle Seiten zu schaffen. Dürfen Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen den Konsum von Cannabis am Arbeitsplatz verbieten? Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen haben ein Weisungsrecht, oft auch Direktionsrecht genannt. Dadurch dürfen sie Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach „billigem Ermessen“ vorgeben. „Daher erlaubt es das Direktionsrecht, den Konsum von Rauschmitteln am Arbeitsplatz zu verbieten“, sagt Arbeitsrechtler Fuhlrott. Mehr dazu hier: Weisungsrecht: Müssen Arbeitnehmer jede Anweisung befolgen? Arbeitgebende dürfen den Cannabiskonsum nicht nur verbieten, in vielen Fällen müssen sie es sogar: Denn neben dem Weisungsrecht haben sie eine Fürsorgepflicht für ihre Angestellten. „Das bedeutet, sie tragen Verantwortung für die Sicherheit und Gesundheit ihrer Mitarbeiter. Um dem gerecht zu werden, empfiehlt es sich in den meisten Betrieben, Rauschmittel und damit auch Cannabis komplett zu verbieten“, so Arbeitsrechtler Fuhlrott. Ansonsten könnten Arbeitgebende schnell Probleme bekommen – und das nicht nur, wenn im Unternehmen mit Maschinen oder Gefahrstoffen gearbeitet wird. Fuhlrott: „Angenommen, ein Produktionsgebäude hat Treppen. Wenn ich den Cannabiskonsum toleriere und ein Angestellter fällt bekifft und in der Folge reaktionsverzögert die Treppe herunter, kann schon das eine Verletzung der Fürsorgepflicht bedeuten“, so Fuhlrott. Mehr zum Thema lesen Sie hier: Fürsorgepflicht: Was Arbeitgeber dazu wissen sollten [zur-person] Kommt jemand aufgrund des Konsums von Cannabis am Arbeitsplatz ernsthaft zu Schaden und weiß das Unternehmen um den Konsum, könnten Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen laut dem Anwalt sogar schadenersatzpflichtig oder straffällig werden. Denkbar sei beispielsweise folgender Extremfall: Ein Gießerei-Inhaber sieht, dass ein Angestellter bekifft ist, aber weiterhin arbeitet – und schickt ihn nicht nach Hause. In der Folge macht der berauschte Mitarbeiter einen Fehler, wodurch ein Teammitglied schwer verletzt wird oder sogar stirbt. „Dann wäre es durchaus möglich, dass der Chef vor Gericht kommt wegen fahrlässiger Tötung“, sagt Arbeitsrechtler Fuhlrott. Sollte man Cannabis am Arbeitsplatz besser mündlich oder schriftlich untersagen? Ein Verbot von illegalen und legalen Rauschmitteln am Arbeitsplatz können Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen schriftlich festlegen, etwa im Arbeitsvertrag, in einer Zusatzvereinbarung, einem Code of Conduct oder – sofern es einen Betriebsrat gibt – in einer Betriebsvereinbarung. „Grundsätzlich nötig ist das aber nicht“, sagt Experte Fuhlrott. Es genüge schon, vor dem Team eine entsprechende Anordnung auszusprechen, etwa so: „Ich will nicht, dass ihr im Unternehmen kifft oder Alkohol trinkt, auch nicht in der Pause auf dem Hof.“ Und anschließend einen entsprechenden Aushang zu erstellen. Wann dürfen Arbeitgeber Kiffen am Arbeitsplatz sanktionieren? „Wenn Mitarbeitende am Arbeitsplatz trotz entsprechender Verbote Cannabis konsumieren, ist arbeitsrechtlich von der Abmahnung bis zur fristlosen Kündigung alles denkbar“, so Fuhlrott. In den meisten Fällen lasse sich die Rechtsprechung zu Alkohol am Arbeitsplatz analog auf Cannabis am Arbeitsplatz übertragen. „Angestellte schulden Arbeitgebern ihre 'ungetrübte' Arbeitsleistung: Ist das infolge von Cannabiskonsum nicht mehr gegeben, rechtfertigt das arbeitsrechtliche Maßnahmen – und zwar auch dann, wenn der Cannabiskonsum in einem Unternehmen nicht offiziell verboten ist.“ Auch könnten schon geringe Wesens- und Verhaltensänderungen eine Abmahnung begründen. Fuhlrott: „Diese sind bereits gegeben, wenn jemand eigentlich quirlig-agil ist, nach Cannabiskonsum aber plötzlich sehr ruhig und gedämpft im Büro auftritt.“ Denn der Arbeitnehmer müsse seine Leistung frei von allen Einflüssen berauschender Mittel erbringen, so der Arbeitsrechtler. Für eine ordentliche Kündigung oder eine fristlose Kündigung müsse hingegen regelmäßig eine schwere Pflichtverletzung mit massiven Auswirkungen vorliegen oder es sich um einen Wiederholungsfall handeln. „Dies ist etwa der Fall, wenn eine Busfahrerin bekifft arbeitet, obwohl sie nicht fahrtüchtig ist – und damit sich und die Fahrgäste gefährdet oder vielleicht sogar einen Unfall verursacht“, so der Experte. Dann sei eine verhaltensbedingte Kündigung möglich, auch fristlos. Mehr dazu hier: Verhaltensbedingte Kündigung: 10 Kündigungsgründe Dürfen Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber Angestellten verbieten, privat Cannabis zu konsumieren? „Das Direktionsrecht endet am Werkstor: Dieser Grundsatz gilt auch für den Konsum berauschender Mittel“, erklärt Arbeitsrechtler Fuhlrott. Das heißt: „Als Angestellter kann ich freitagabends sämtliche Drogen einschmeißen, die ich möchte, sofern ich montagmorgens wieder fit bin und meine Normalleistung erbringe.“ Allerdings endet diese Freiheit, wenn sich Teammitglieder unter Drogeneinfluss falsch verhalten und dabei Rückschlüsse auf das arbeitgebende Unternehmen zulassen. „Ein Beispiel: Ein Klempner kifft in Arbeitskleidung mit Firmenlogo auf einer Parkbank, obwohl Kinder in der Nähe sind. Ein Bild davon erscheint in der Zeitung, das Gesicht des Angestellten ist verpixelt, der Unternehmensname auf dem Blaumann aber gut sichtbar. Das würde einen Imageschaden für das Unternehmen bedeuten – und dann dürften Arbeitgeber arbeitsrechtlich aktiv werden“, so Fuhlrott.[mehr-zum-thema] Weitere Bestimmungen des Cannabisgesetzes - unabhängig vom Arbeitsrecht Schutzzonen Um zu verhindern, dass Kinder und Jugendliche früh mit Cannabis in Kontakt kommen, ist das Kiffen nur außerhalb der Sichtweite von Kitas, Schulen und Jugendzentren erlaubt. Als Orientierung für „Sichtweite“ nennt das Gesetz einen Abstand von etwa 100 Metern. Cannabis und Auto fahren: Grenzwert für das Verkehrsrecht Indem das neue Gesetz den Besitz und Konsum von Cannabis grundsätzlich erlaubt, muss auch der Umgang mit Cannabis im Straßenverkehr geändert werden. Bislang durfte niemand unter dem Einfluss von Cannabis beispielsweise Auto fahren. Nun hat das Verkehrsministerium - wie im Cannabisgesetz vorgesehen - auf wissenschaftlicher Basis einen THC-Grenzwert ermitteln lassen, analog zur Promillegrenze für das Fahren unter Alkoholeinfluss. Laut Verkehrsministerium hat eine Expertenkommission einen Grenzwert von 3,5 Nanongramm THC pro Milliliter Blutserum vorgeschlagen. Damit dieser gültig wird, muss das Straßenverkehrsgesetz angepasst werden. Dafür ist eine Gesetzesänderung durch den Bundestag nötig. Bis es soweit ist, gelten die aktuellen Vorgaben. Aufklärungsplattform Um den Kinder- und Jugendschutz zu verbessern, wird laut Cannabisgesetz eine bundesweit einheitliche digitale Plattform errichtet: Diese soll Informationen zum Gesetz, zur Wirkung und zu Risiken von Cannabis sowie zu vorhandenen Präventions-, Beratungs- sowie Behandlungsoptionen bündeln. Welche Bußgelder drohen? Das Cannabisgesetz schreibt fest: Wer die erlaubten Mengen für den Anbau und Konsum von Cannabis auch nur geringfügig überschreitet, begeht eine Ordnungswidrigkeit. Die Bußgelder dafür liegen zwischen 10.000 bis 30.000 Euro. Wie wird die Einhaltung des Cannabisgesetzes kontrolliert? Es ist Aufgabe der Bundesländer, dafür zu sorgen, dass die Regelungen zum Cannabiskonsum eingehalten werden. Beispielsweise sollen Anbauvereinigungen mindestens einmal jährlich von der zuständigen Landesbehörde kontrolliert werden. „Wie stark die Kontrolldichte ist, lässt sich allerdings nur schwer einschätzen. Es steht aber zu vermuten, dass der Verfolgungseifer in Bayern etwa größer sein wird als in Berlin“, erklärt Arbeitsrechtler Fuhlrott. Welche Kritik am Cannabisgesetz gibt es? Umstritten am Cannabisgesetz sind nicht die arbeitsrechtlichen Auswirkungen zu Cannabis am Arbeitsplatz, sondern unter anderem die Amnestieregelung für Altfälle: Strafen für Delikte, die mit Inkrafttreten des Cannabisgesetzes nicht mehr strafbar sind, sollen rückwirkend erlassen werden. Dadurch komme auf die Justiz viel Arbeit zu, kritisierte etwa der Deutsche Richterbund schon lange. Schätzungen zufolge fallen allein in Baden-Württemberg 25000 Verfahren an, die geprüft werden müssen. Auch Fachverbände von Ärzten und Psychologen sehen das Gesetz kritisch. Laut einer gemeinsamen Erklärung zum Referentenentwurf des Gesetzes befürchten die Fachleute, die Legalisierung könnte „zu einer Gefährdung der psychischen Gesundheit und der Entwicklungschancen junger Menschen in Deutschland“ führen.