Chefs und Chefinnen sollten ihr Team tatkräftig unterstützen. Doch nicht immer ist gut gemeinte Hilfe auch tatsächlich sinnvoll. Warum Führungskräfte, die ihrem Team stets beispringen, für Unternehmen schädlich sein können, beschreibt der US-amerikanische Führungsexperte Dan Rockwell in seinem Blog Leadership Freak.
„Menschen wachsen an Herausforderungen“, schreibt der Coach und Buchautor. Fehlten diese, bekämen talentierte Mitarbeiter schnell Langeweile, weil sie ihre Komfortzone nicht verlassen müssen. Sein Rat an alle Menschen mit Führungsverantwortung lautet: „Hilf nicht überstürzt.“
10 Nachteile von gut gemeinter Hilfe
Dan Rockwell zählt insgesamt zehn negative Konsequenzen auf, mit denen Führungskräfte rechnen müssen, die bei der Arbeit gern Feuerwehr spielen:
- Ablehnung: Wenn du anderen ungefragt zu Hilfe kommst, suggeriert das: „Du kannst das nicht.“ Darauf reagieren Menschen verständlicherweise ablehnend.
- Misstrauen: Unaufgeforderte Hilfe kann als Hinweis verstanden werden, dass du deinem Team nicht vertraust.
- Fehlende Wertschätzung: Wenn du zu viel hilfst, haben die Teammitglieder möglicherweise das Gefühl, dass ihre Arbeit nicht wertgeschätzt wird.
- Geringeres Selbstwertgefühl: Mitarbeiter, denen ständig Aufgaben abgenommen werden, stellen ihre eigenen Kompetenzen infrage.
- Inkompetenz: Wer Hindernisse nicht selbst überwindet, wird auch bestimmte Fähigkeiten nicht erwerben.
- Gefühl, überflüssig zu sein: Wenn du dein Team brauchst, warum springst du dann ständig ein, um dessen Arbeit zu übernehmen?
- Mangel an Verantwortung: Wenn du Menschen ständig aus der Patsche hilfst, sinkt deren Bereitschaft, selbst Verantwortung zu übernehmen.
- Fehlende Lernbereitschaft: Aus Fehlern wird man klug. Wer keine Fehler machen darf, wird auch wenig dazulernen.
- Kritik: Ungewollte Hilfe fühlt sich für einige Teammitglieder wie Kritik an ihrer Arbeit an.
- Abhängigkeit: Mitarbeiter, die gewohnt sind, dass ihre Vorgesetzten alles selbst machen, bleiben von ihnen abhängig.
Stell erst diese Fragen, bevor du hilfst (oder auch nicht)
Echte Hilfe sollte Rockwell zufolge Menschen in die Lage versetzen, Probleme selbst zu lösen. Idealerweise wird der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin künftig selbstständiger.
Führungskräfte sollten sich selbst und den Mitarbeitern sieben Fragen stellen, bevor sie Hilfe anbieten.
- Warum will ich helfen?
Frage dich, was du erreichen willst – für dich selbst, für den Mitarbeiter und für das Team. Geht es darum, eine lästige Aufgabe schnell vom Tisch zu haben, oder eine Möglichkeit zur Weiterentwicklung zu nutzen?
- Wenn alles perfekt laufen würde, was wäre das Ergebnis?
Diese Frage dient dazu, die Erwartungen zu klären. Was willst du von dem Mitarbeiter und sieht er das genauso?
- Was hast du schon versucht?
Das solltest du den Mitarbeiter immer fragen, bevor du einspringst. Auf diese Weise machst du deutlich, dass du vom Team Initiative erwartest.
- Wer im Team könnte noch helfen?
Diese Frage drückt Wertschätzung gegenüber dem Team aus. Es muss nicht immer die Führungskraft sein, die einspringt. Vielleicht ist ja ein Kollege oder eine Kollegin viel besser dafür geeignet.
- Wie hast du vergleichbare Situationen gelöst?
Mit dieser Frage an den Mitarbeiter machen Führungskräfte deutlich, dass sie seine Erfahrung schätzen, und ihn ermuntern, selbst nach einer Lösung zu suchen.
- Was hast du zur Situation beigetragen?
Diese Frage appelliert an die Selbstreflexion des Mitarbeiters: Welche seiner Handlungen und Einstellungen haben einen Einfluss auf das Ergebnis? Und: Was kann er daran ändern?
- Wie groß ist die Herausforderung für dich auf einer Skala von 1 bis 10?
Diese Frage hilft ihm, ein Problem realistisch einzuschätzen – und ins Verhältnis zu den eigenen Fähigkeiten zu setzen. Vielleicht steht ja am Ende die Erkenntnis, dass die Herausforderung durchaus zu bewältigen ist. Auch ohne Hilfe.
