Geldsorgen bei Mitarbeitern
„Pleite?!“ Geldprobleme anderer erkennen – und sensibler ansprechen

Geldprobleme sorgen für Stress und können die Arbeitsleistung schwächen. Eine Psychologin erklärt, wie Chefs und Chefinnen reagieren sollten, wenn sie solche Sorgen bei Teammitgliedern vermuten.

, von

Geldsorgen bei Mitarbeitern
© Snezhana Kudryavtseva / iStock / Getty Images Plus

impulse: Frau Kaschub, viele Unternehmerinnen und Unternehmer scheuen sich, mit Angestellten über mögliche Geldprobleme zu sprechen. Geld ist ja Privatsache. Was meinen Sie als Psychologin und Führungskräfte-Coachin?
Franziska Kaschub:
Gerade in kleineren Unternehmen ist sich ein Team ja häufig relativ eng verbunden. Bei mutmaßlichen Problemen dann zu sagen, die seien Privatsache, passt nicht zu der Verantwortung, die man in solchen Betrieben sonst füreinander übernimmt.

Außerdem haben Sie als Chefin oder Chef eine gewisse Fürsorgepflicht. Und wenn etwa ein Mitarbeiter eine Maschine bedient, die ein Risiko mit sich bringt, müssen Sie aktiv werden, wenn jemand in der Arbeitsleistung nachlässt, vielleicht fahrig wirkt, gestresst und kaputt – wie es bei Geldsorgen sein kann.

Hinzu kommt: Dauern Geldsorgen an und werden massiv, führt das oft zu Folgeproblemen – und nicht selten dazu, dass jemand langzeitkrank wird und Wochen oder Monate ausfällt. Das lässt sich oft verhindern, wenn jemand früh Hilfe bekommt.

Woran lassen sich Geldsorgen bei Mitarbeitenden erkennen?
Häufig schlagen sich solche privaten Probleme auf die Arbeitsleistung nieder. Die Produktivität sinkt, die Betroffenen schaffen weniger als sonst. Viele machen auch mehr Fehler als üblich, insbesondere Flüchtigkeitsfehler – selbst bei einfachen Aufgaben. Außerdem lassen Geldsorgen Menschen häufig sehr viel schlechter schlafen, weshalb sie dann müde wirken, unkonzentriert, schlapp.

Die Expertin
Franziska Kaschub ist Psychologin und Business-Coachin in Hamburg. Sie trainiert Führungskräfte unter anderem darin, einen authentischen Führungsstil zu entwickeln und die psychologische Sicherheit in ihren Teams zu stärken.

All das kann aber auch andere Ursachen haben, oder?
Unbedingt! Eine Krankheit, eine Scheidung, Ärger mit den Kindern – so ziemlich alles kann die genannten Anzeichen erklären. Es gibt aber auch spezifischere Hinweise.

Welche sind das?
Angestellte, die Geldsorgen haben, ziehen sich nicht selten sozial zurück. Sie melden sich von Teamevents ab, reagieren nicht, wenn für ein Geschenk gesammelt wird, meiden die spontanen Treffen nach Feierabend. Oder: Sie kommen plötzlich mit dem Bus oder dem Fahrrad zur Arbeit statt wie früher mit dem Auto. Oder versuchen, häufiger die besser bezahlten Nacht- und Wochenendschichten zu bekommen.

Gibt es Menschen, die gefährdeter für Geldprobleme sind als andere?
Wir sind bei solchen Themen schnell in Stereotypen gefangen. Vermuten also etwa bei alleinerziehenden Pflegekräften eher finanzielle Probleme als bei verheirateten Führungskräften ohne Kinder.

Tatsächlich aber kann es alle treffen! Auch deshalb, weil Geldsorgen häufig mit weiteren, oft psychischen Problemen einhergehen oder darauf beruhen – etwa Alkohol-, Spiel- oder Kaufsucht. Und die können, platt gesprochen, eine Personalleiterin mit geerbtem Eigenheim genauso in die Geldnot treiben wie den Arbeiter in der Produktion, der zur Miete wohnt.

Um diesen Stereotypen zu entgehen, sollten Chefs und Chefinnen einfach immer im Kopf behalten: Die Anzeichen für Geldsorgen sind häufig klein – und verdichten sich über längere Zeit. Um sie überhaupt bemerken zu können, müssen sie deshalb nah dran sein an ihren Angestellten.

Wie kann ich diese Nähe als Chefin denn schaffen?
Einfach zu sagen: „Hey, meine Türen stehen euch offen“ reicht nicht, um eine Führungsbeziehung aufzubauen, in der sich andere bei sensiblen Themen offenbaren.

Je nach Größe des Teams sollten Sie sich die Zeit nehmen, mindestens alle zwei Wochen, besser wöchentlich mit jedem Teammitglied zu sprechen, wenigstens über einen Videocall. Um allen regelmäßig ins Gesicht blicken zu können.

In eigener Sache
Machen ist wie wollen, nur krasser
Machen ist wie wollen, nur krasser
Die impulse-Mitgliedschaft - Rückenwind für Unternehmerinnen und Unternehmer

Auch wöchentliche Meetings mit der ganzen Mannschaft sind wichtig. Nur so können Sie die Einzelnen im Team erleben – und erkennen, wenn sich jemand verändert.

Solche regelmäßigen Kommunikationsformen sollten bis zu einer Teamgröße von zehn, zwölf Leuten gut machbar sein. Ist Ihr Team größer, brauchen Sie Führungskräfte, die sich die Arbeit mit Ihnen teilen.

Was ist noch wichtig?
Dass Sie dafür sorgen, im Alltag nicht im Strudel der To-dos unterzugehen. Damit Sie noch genug Energie übrig haben, um Ihre Teammitglieder überhaupt geschärft wahrnehmen zu können.

Und: Erzählen Sie selbst ab und an auch mal was Persönliches. Wenn Sie andere nach dem Motto führen: „Privates hat im Job nichts zu suchen“, dann schaffen Sie eine Atmosphäre, in der Menschen versuchen werden, Probleme so gut es geht zu verbergen.

Angenommen, ich bekomme all das hin und bemerke irgendwann: Mit Herrn Meier stimmt etwas nicht – vielleicht hat er Geldsorgen. Wie sollte ich reagieren?
Suchen Sie vertrauensvoll das Vier-Augen-Gespräch – also so, dass es sonst niemand mitbekommt. Wenn Sie Herrn Meier nur zeigen wollen, dass Sie sich sorgen und für ihn da sein wollen, könnten Sie etwas sagen wie: „Hey, wenn du Probleme hast oder etwas brauchst, ich bin da! Und immer ansprechbar!“

Wenn die vermuteten Probleme sich dagegen schon auf die Leistung ausgewirkt haben, vielleicht sogar gefährliche Fehler passiert sind, dann ist ein Gespräch ein Muss. In dem Fall könnten Sie es fixieren mit Worten wie: „Ich würde gern zeitnah mit dir sprechen – wann würde es dir gut passen?“

Und wie führe ich so ein Gespräch dann klug?
Wichtig ist zunächst, es gut vorzubereiten! Überlegen Sie, was genau Sie beobachtet haben an Verhaltensweisen und konkreten Situationen. Außerdem sollten Sie sich schlau machen zur Frage, wie Sie denn helfen könnten, wenn Ihr Teammitglied tatsächlich Geldsorgen haben sollte.

In eigener Sache
Das ChatGPT-Prompt-Handbuch
Für Unternehmerinnen und Unternehmer
Das ChatGPT-Prompt-Handbuch
17 Seiten Prompt-Tipps, Anwendungsbeispiele und über 100 Beispiel-Prompts

Es klingt vielleicht allzu simpel, aber: Es ist immer hilfreich, sich allerlei Broschüren zu besorgen und parat liegen zu haben. Etwa von Schuldnerberatungen, von Pro Familia oder anderen psychosozialen Stellen, die in schwierigen Situationen helfen können.

Aber: Konzentrieren Sie sich nicht allein auf Geldprobleme. Denken Sie andere möglichen Ursachen schon mit – wie etwa Scheidung, einen Trauerfall, Depressionen, chronische Krankheiten.

Und im Gespräch selbst, was muss ich da beachten?
Wichtig ist, mit einer offenen Haltung in das Gespräch zu gehen, also ehrliches Interesse zu bekunden, mehr erfahren und Unterstützung anbieten zu wollen. Sie sollten nur das schildern, was Sie beobachtet und wahrgenommen haben – nicht aber, was Sie als Ursache vermuten. Anschließend können Sie etwas fragen wie: „Ich wollte mich jetzt einfach einmal erkundigen – gibt es dazu einen Hintergrund?“

Wenn die vermuteten Geldsorgen schon gefährliche Situationen oder Fehler provoziert haben, sollten Sie im Gespräch außerdem klarmachen: Was auch immer das Problem dahinter ist, deine Arbeit muss besser werden – wenn es etwas gibt, was du dafür von mir brauchst, sag es mir bitte!

Auf welche Reaktionen sollte ich vorbereitet sein?
Private Probleme wie Geldsorgen sind sehr schambehaftet – deshalb reagieren die wenigsten souverän, wenn sie darauf angesprochen werden.

Zwei Reaktionen sind typisch: Entweder alle Dämme brechen und den Angestellten kommen die Emotionen hoch. Sie können etwa wütend werden oder traurig, möglicherweise fangen sie sogar an zu weinen. Oder umgekehrt: Sie blocken ab und verweigern das Gespräch.

Was mache ich denn, wenn jemand sagt: Es ist nix los, du täuschst dich …
Falls durch die beobachteten Verhaltensweisen keine üblen Konsequenzen drohen, könnten Sie das Gespräch offen beenden, etwa mit Worten wie: „Alles klar, kann sein, dass ich mich getäuscht habe. Du sollst nur wissen: Komm gern auf mich zu, wenn etwas ist, wenn du sprechen magst. Ich unterstütze dich immer, wenn es Probleme gibt.“

Wenn Sie aber dafür sorgen müssen, dass sich die Arbeit des Teammitglieds schnell verbessert, etwa, weil es sonst gefährlich werden könnte, dann sollten Sie nachhaken. Oder aber ein weiteres Gespräch fordern – und die Person in der Zwischenzeit eventuell sogar freistellen.

Und wenn das Gegenüber nicht abblockt, sondern sehr emotional reagiert?
Dann sollten Sie Verständnis und Empathie zeigen. Und Unterstützung anbieten, eventuell sogar schon gemeinsam nach Lösungen suchen – sofern Ihr Teammitglied dazu bereits in der Lage ist. Etwa, indem Sie gemeinsam die Broschüren oder Infos durchgehen, die Sie im Vorfeld zusammengestellt haben.

Und wenn sich mein Gegenüber gar nicht wieder einkriegt?
Dann könnten Sie etwas sagen wie: „Ich sehe, du bist gerade sehr emotional. Das kann ich gut verstehen. Nimm dir erstmal die Zeit, die du brauchst – und dann sprechen wir später weiter.“

Welche Fehler sollte ich als Chefin in so einem Gespräch vermeiden?
Zu viel Tatendrang an den Tag zu legen. Es ist gut, Unterstützung anzubieten – aber viele gehen in einem ersten Gespräch zu weit. Angestellte, die auf mögliche Probleme angesprochen werden und diese dann womöglich offenlegen, haben viel geleistet. Und sind mit mehr in dem Moment im Zweifelsfall überfordert.

Wenn ich als Chefin aber doch helfen will, wie mache ich das dann?
Wenn Sie merken: Mein Teammitglied ist im Augenblick nicht in der Lage, schon an Lösungen zu arbeiten, dann vereinbaren Sie einen Folgetermin. Idealerweise sprechen Sie auch ein erstes kleines To-do ab, das bis zum zweiten Termin erledigt sein sollte. Etwa, sich einen Flyer durchzulesen.

Was abgesehen davon im ersten Gespräch auf jeden Fall hilft: dem Gegenüber zu signalisieren, dass sein Job erstmal sicher ist. Denn selbst, wenn es für Sie als Chefin gar nicht zur Debatte steht, das Teammitglied zu entlassen – Menschen mit Geldsorgen plagt oft die irrationale Angst, durch die finanziellen Probleme auch noch den Job zu verlieren. Diese Angst zu nehmen, ist unheimlich wertvoll als erster unterstützender Schritt.

Wichtig, bei alldem zu bedenken: Als Arbeitgeberin oder Arbeitgeber sind Sie nicht der Schuldnerberater. Sie müssen Angestellten nicht konkret aus den Geldproblemen heraushelfen. Erste Unterstützung anzubieten und an kompetente Stellen zu vermitteln, genügt.

Was aber alle Chefs und Chefinnen sinnvollerweise tun könnten, ist, präventiv tätig zu werden.

Wie meinen Sie das?
Unternehmerinnen und Unternehmer könnten beispielsweise mal einen Tag zur Verfügung stellen, damit Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein Seminar zu Finanzkompetenzen absolvieren können. Oder in Vorträgen und Workshops etwa über Alkoholsucht und Depressionen aufklären – und thematisieren, dass private Probleme wie Geldsorgen oder eine Scheidung häufig damit zusammenhängen. Auch gut: Auf Teamebene darüber diskutieren, welche Rahmenbedingungen und gemeinsamen Werte beim Umgang mit persönlichen Angelegenheiten gelten sollen.

Auf diese Weise sensible Themen niedrigschwellig ins Bewusstsein zu bringen, ohne dass es dafür einen aktuellen personellen Anlass gibt, sorgt für psychologische Sicherheit im Team. Und damit dafür, dass Menschen sich leichter öffnen und helfen lassen, sollten sie wirklich einmal Probleme bekommen.

impulse: Frau Kaschub, viele Unternehmerinnen und Unternehmer scheuen sich, mit Angestellten über mögliche Geldprobleme zu sprechen. Geld ist ja Privatsache. Was meinen Sie als Psychologin und Führungskräfte-Coachin? Franziska Kaschub: Gerade in kleineren Unternehmen ist sich ein Team ja häufig relativ eng verbunden. Bei mutmaßlichen Problemen dann zu sagen, die seien Privatsache, passt nicht zu der Verantwortung, die man in solchen Betrieben sonst füreinander übernimmt. Außerdem haben Sie als Chefin oder Chef eine gewisse Fürsorgepflicht. Und wenn etwa ein Mitarbeiter eine Maschine bedient, die ein Risiko mit sich bringt, müssen Sie aktiv werden, wenn jemand in der Arbeitsleistung nachlässt, vielleicht fahrig wirkt, gestresst und kaputt – wie es bei Geldsorgen sein kann. Hinzu kommt: Dauern Geldsorgen an und werden massiv, führt das oft zu Folgeproblemen – und nicht selten dazu, dass jemand langzeitkrank wird und Wochen oder Monate ausfällt. Das lässt sich oft verhindern, wenn jemand früh Hilfe bekommt. Woran lassen sich Geldsorgen bei Mitarbeitenden erkennen? Häufig schlagen sich solche privaten Probleme auf die Arbeitsleistung nieder. Die Produktivität sinkt, die Betroffenen schaffen weniger als sonst. Viele machen auch mehr Fehler als üblich, insbesondere Flüchtigkeitsfehler – selbst bei einfachen Aufgaben. Außerdem lassen Geldsorgen Menschen häufig sehr viel schlechter schlafen, weshalb sie dann müde wirken, unkonzentriert, schlapp. [zur-person] All das kann aber auch andere Ursachen haben, oder? Unbedingt! Eine Krankheit, eine Scheidung, Ärger mit den Kindern – so ziemlich alles kann die genannten Anzeichen erklären. Es gibt aber auch spezifischere Hinweise. Welche sind das? Angestellte, die Geldsorgen haben, ziehen sich nicht selten sozial zurück. Sie melden sich von Teamevents ab, reagieren nicht, wenn für ein Geschenk gesammelt wird, meiden die spontanen Treffen nach Feierabend. Oder: Sie kommen plötzlich mit dem Bus oder dem Fahrrad zur Arbeit statt wie früher mit dem Auto. Oder versuchen, häufiger die besser bezahlten Nacht- und Wochenendschichten zu bekommen. Gibt es Menschen, die gefährdeter für Geldprobleme sind als andere? Wir sind bei solchen Themen schnell in Stereotypen gefangen. Vermuten also etwa bei alleinerziehenden Pflegekräften eher finanzielle Probleme als bei verheirateten Führungskräften ohne Kinder. Tatsächlich aber kann es alle treffen! Auch deshalb, weil Geldsorgen häufig mit weiteren, oft psychischen Problemen einhergehen oder darauf beruhen – etwa Alkohol-, Spiel- oder Kaufsucht. Und die können, platt gesprochen, eine Personalleiterin mit geerbtem Eigenheim genauso in die Geldnot treiben wie den Arbeiter in der Produktion, der zur Miete wohnt. Um diesen Stereotypen zu entgehen, sollten Chefs und Chefinnen einfach immer im Kopf behalten: Die Anzeichen für Geldsorgen sind häufig klein – und verdichten sich über längere Zeit. Um sie überhaupt bemerken zu können, müssen sie deshalb nah dran sein an ihren Angestellten. Wie kann ich diese Nähe als Chefin denn schaffen? Einfach zu sagen: „Hey, meine Türen stehen euch offen“ reicht nicht, um eine Führungsbeziehung aufzubauen, in der sich andere bei sensiblen Themen offenbaren. Je nach Größe des Teams sollten Sie sich die Zeit nehmen, mindestens alle zwei Wochen, besser wöchentlich mit jedem Teammitglied zu sprechen, wenigstens über einen Videocall. Um allen regelmäßig ins Gesicht blicken zu können. Auch wöchentliche Meetings mit der ganzen Mannschaft sind wichtig. Nur so können Sie die Einzelnen im Team erleben – und erkennen, wenn sich jemand verändert. Solche regelmäßigen Kommunikationsformen sollten bis zu einer Teamgröße von zehn, zwölf Leuten gut machbar sein. Ist Ihr Team größer, brauchen Sie Führungskräfte, die sich die Arbeit mit Ihnen teilen. Was ist noch wichtig? Dass Sie dafür sorgen, im Alltag nicht im Strudel der To-dos unterzugehen. Damit Sie noch genug Energie übrig haben, um Ihre Teammitglieder überhaupt geschärft wahrnehmen zu können. Und: Erzählen Sie selbst ab und an auch mal was Persönliches. Wenn Sie andere nach dem Motto führen: „Privates hat im Job nichts zu suchen“, dann schaffen Sie eine Atmosphäre, in der Menschen versuchen werden, Probleme so gut es geht zu verbergen. Angenommen, ich bekomme all das hin und bemerke irgendwann: Mit Herrn Meier stimmt etwas nicht – vielleicht hat er Geldsorgen. Wie sollte ich reagieren? Suchen Sie vertrauensvoll das Vier-Augen-Gespräch – also so, dass es sonst niemand mitbekommt. Wenn Sie Herrn Meier nur zeigen wollen, dass Sie sich sorgen und für ihn da sein wollen, könnten Sie etwas sagen wie: „Hey, wenn du Probleme hast oder etwas brauchst, ich bin da! Und immer ansprechbar!“ Wenn die vermuteten Probleme sich dagegen schon auf die Leistung ausgewirkt haben, vielleicht sogar gefährliche Fehler passiert sind, dann ist ein Gespräch ein Muss. In dem Fall könnten Sie es fixieren mit Worten wie: „Ich würde gern zeitnah mit dir sprechen – wann würde es dir gut passen?“ Und wie führe ich so ein Gespräch dann klug? Wichtig ist zunächst, es gut vorzubereiten! Überlegen Sie, was genau Sie beobachtet haben an Verhaltensweisen und konkreten Situationen. Außerdem sollten Sie sich schlau machen zur Frage, wie Sie denn helfen könnten, wenn Ihr Teammitglied tatsächlich Geldsorgen haben sollte. Es klingt vielleicht allzu simpel, aber: Es ist immer hilfreich, sich allerlei Broschüren zu besorgen und parat liegen zu haben. Etwa von Schuldnerberatungen, von Pro Familia oder anderen psychosozialen Stellen, die in schwierigen Situationen helfen können. Aber: Konzentrieren Sie sich nicht allein auf Geldprobleme. Denken Sie andere möglichen Ursachen schon mit – wie etwa Scheidung, einen Trauerfall, Depressionen, chronische Krankheiten. Und im Gespräch selbst, was muss ich da beachten? Wichtig ist, mit einer offenen Haltung in das Gespräch zu gehen, also ehrliches Interesse zu bekunden, mehr erfahren und Unterstützung anbieten zu wollen. Sie sollten nur das schildern, was Sie beobachtet und wahrgenommen haben – nicht aber, was Sie als Ursache vermuten. Anschließend können Sie etwas fragen wie: „Ich wollte mich jetzt einfach einmal erkundigen – gibt es dazu einen Hintergrund?“ Wenn die vermuteten Geldsorgen schon gefährliche Situationen oder Fehler provoziert haben, sollten Sie im Gespräch außerdem klarmachen: Was auch immer das Problem dahinter ist, deine Arbeit muss besser werden – wenn es etwas gibt, was du dafür von mir brauchst, sag es mir bitte! [mehr-zum-thema] Auf welche Reaktionen sollte ich vorbereitet sein? Private Probleme wie Geldsorgen sind sehr schambehaftet – deshalb reagieren die wenigsten souverän, wenn sie darauf angesprochen werden. Zwei Reaktionen sind typisch: Entweder alle Dämme brechen und den Angestellten kommen die Emotionen hoch. Sie können etwa wütend werden oder traurig, möglicherweise fangen sie sogar an zu weinen. Oder umgekehrt: Sie blocken ab und verweigern das Gespräch. Was mache ich denn, wenn jemand sagt: Es ist nix los, du täuschst dich … Falls durch die beobachteten Verhaltensweisen keine üblen Konsequenzen drohen, könnten Sie das Gespräch offen beenden, etwa mit Worten wie: „Alles klar, kann sein, dass ich mich getäuscht habe. Du sollst nur wissen: Komm gern auf mich zu, wenn etwas ist, wenn du sprechen magst. Ich unterstütze dich immer, wenn es Probleme gibt.“ Wenn Sie aber dafür sorgen müssen, dass sich die Arbeit des Teammitglieds schnell verbessert, etwa, weil es sonst gefährlich werden könnte, dann sollten Sie nachhaken. Oder aber ein weiteres Gespräch fordern – und die Person in der Zwischenzeit eventuell sogar freistellen. Und wenn das Gegenüber nicht abblockt, sondern sehr emotional reagiert? Dann sollten Sie Verständnis und Empathie zeigen. Und Unterstützung anbieten, eventuell sogar schon gemeinsam nach Lösungen suchen – sofern Ihr Teammitglied dazu bereits in der Lage ist. Etwa, indem Sie gemeinsam die Broschüren oder Infos durchgehen, die Sie im Vorfeld zusammengestellt haben. Und wenn sich mein Gegenüber gar nicht wieder einkriegt? Dann könnten Sie etwas sagen wie: „Ich sehe, du bist gerade sehr emotional. Das kann ich gut verstehen. Nimm dir erstmal die Zeit, die du brauchst – und dann sprechen wir später weiter.“ Welche Fehler sollte ich als Chefin in so einem Gespräch vermeiden? Zu viel Tatendrang an den Tag zu legen. Es ist gut, Unterstützung anzubieten – aber viele gehen in einem ersten Gespräch zu weit. Angestellte, die auf mögliche Probleme angesprochen werden und diese dann womöglich offenlegen, haben viel geleistet. Und sind mit mehr in dem Moment im Zweifelsfall überfordert. Wenn ich als Chefin aber doch helfen will, wie mache ich das dann? Wenn Sie merken: Mein Teammitglied ist im Augenblick nicht in der Lage, schon an Lösungen zu arbeiten, dann vereinbaren Sie einen Folgetermin. Idealerweise sprechen Sie auch ein erstes kleines To-do ab, das bis zum zweiten Termin erledigt sein sollte. Etwa, sich einen Flyer durchzulesen. Was abgesehen davon im ersten Gespräch auf jeden Fall hilft: dem Gegenüber zu signalisieren, dass sein Job erstmal sicher ist. Denn selbst, wenn es für Sie als Chefin gar nicht zur Debatte steht, das Teammitglied zu entlassen – Menschen mit Geldsorgen plagt oft die irrationale Angst, durch die finanziellen Probleme auch noch den Job zu verlieren. Diese Angst zu nehmen, ist unheimlich wertvoll als erster unterstützender Schritt. Wichtig, bei alldem zu bedenken: Als Arbeitgeberin oder Arbeitgeber sind Sie nicht der Schuldnerberater. Sie müssen Angestellten nicht konkret aus den Geldproblemen heraushelfen. Erste Unterstützung anzubieten und an kompetente Stellen zu vermitteln, genügt. Was aber alle Chefs und Chefinnen sinnvollerweise tun könnten, ist, präventiv tätig zu werden. Wie meinen Sie das? Unternehmerinnen und Unternehmer könnten beispielsweise mal einen Tag zur Verfügung stellen, damit Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein Seminar zu Finanzkompetenzen absolvieren können. Oder in Vorträgen und Workshops etwa über Alkoholsucht und Depressionen aufklären – und thematisieren, dass private Probleme wie Geldsorgen oder eine Scheidung häufig damit zusammenhängen. Auch gut: Auf Teamebene darüber diskutieren, welche Rahmenbedingungen und gemeinsamen Werte beim Umgang mit persönlichen Angelegenheiten gelten sollen. Auf diese Weise sensible Themen niedrigschwellig ins Bewusstsein zu bringen, ohne dass es dafür einen aktuellen personellen Anlass gibt, sorgt für psychologische Sicherheit im Team. Und damit dafür, dass Menschen sich leichter öffnen und helfen lassen, sollten sie wirklich einmal Probleme bekommen.