Mitarbeitergespräch
7 Fehler, die clevere Chefs vermeiden

Das alljährliche Mitarbeitergespräch mit Notenvergabe ist ein Auslaufmodell. Was sich ändert, warum Sie nicht über Geld reden sollten und welche Fragen sich zu stellen lohnen.

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Schreien und auf dem Boden wälzen ist natürlich immer eine Option fürs Mitarbeitergespräch.
Schreien und auf dem Boden wälzen ist natürlich immer eine Option fürs Mitarbeitergespräch.
© soupstock / fotolia.com

Lange war es so sicher wie das Amen in der Kirche: Einmal im Jahr baten Chefs ihre Mitarbeiter zum Gespräch. Sie füllten dieselben Fragebögen aus wie beim letzten Mal, vergaben Noten, vielen Dank, bis zum nächsten Jahr. Das Ritual passt nicht mehr zu moderner Feedback-Kultur, finden inzwischen immer mehr Unternehmen.

„Das klassische Mitarbeitergespräch ist ein sehr starres System der Personalführung ohne kontinuierliche Interaktion“, sagt etwa Stefan Ries, Personalchef beim Softwarehersteller SAP. Stattdessen sollen sich Führungskräfte und Mitarbeiter stetig austauschen. Auch kleinere Firmen gehen in diese Richtung. „Gerade im Mittelstand haben Unternehmer sowieso dauernd Kontakt zu Mitarbeitern. Die kennen ihre Leute“, sagt Christian Scholz, Gründer von Deutschlands erstem Uni-Lehrstuhl für Personalmanagement an der Universität des Saarlandes. „In so einer Konstellation ein ritualisiertes Jahresgespräch abzuhalten ist verkehrt.“

Natürlich sind Rückmeldungen zwischen Chef und Mitarbeiter wichtig. Als Instrument zur Personalentwicklung müsste das Mitarbeitergespräch aber Teil einer modernen Feedback-Kultur sein. „Es dient dazu, sich außerhalb des Tagesgeschäfts die Zeit zu nehmen, die Leistung eines Mitarbeiters zu beurteilen und strukturiert Feedback zu geben“, sagt Elke Eller vom Bundesverband der Personalmanager. Das Ziel: Die Arbeit im Team kontinuierlich zu verbessern.

Worauf Chefs bei Mitarbeitergesprächen achten sollten, welche Fehler sich leicht vermeiden lassen – und welche Fragen Führungskräfte stellen sollten.

Fehler 1: Nur alle zwölf Monate reden.

In einem Jahr ändert sich oft so viel, dass einst getroffene Verabredungen überholt sind. „Einmal festgelegte Ziele für den Mitarbeiter für ein ganzes Jahr nützen nichts, wenn sich das Geschäft in diesem Zeitraum viel schneller entwickelt“, sagt Katharina Heuer von der Deutschen Gesellschaft für Personalführung. Durch die Globalisierung, das Internet und andere technologische Möglichkeiten würden Arbeitsabläufe beschleunigt und Geschäftsmodelle änderten sich radikal. Daher gebe es einen Trend weg vom klassischen jährlichen Mitarbeitergespräch, hin zum Austausch in kürzeren Abständen.

Wie oft ein Austausch erfolgt, sollte von der Art der Produkte abhängen oder des Markts, auf dem sich ein Unternehmen bewegt: „Handelt es sich etwa um ein Modeunternehmen mit zwei Kollektionen pro Jahr, wäre ein Halbjahres-Turnus sinnvoll“, empfiehlt Personalmanagement-Experte Scholz.

2. Alles auf einmal besprechen.

„Mein Veto gegen das große, klassische Jahresgespräch lautet: Es ist immer jährlich, in diesem Gespräch sind alle Themen drin, und es wird immer in eine Richtung geführt“, sagt Scholz. Wenn zu viele Themen auf einmal auf dem Tisch landeten, gebe es keinen Fokus.

3. Gehalt verhandeln.

Um Geld sollte es in Mitarbeitergesprächen auf keinen Fall gehen. „Wenn Mitarbeiter wissen, dass sich dieses Gespräch auf ihre Bezahlung auswirkt, werden sie nie selbstkritisch sagen, dass sie an bestimmten Stellen Probleme hatten“, erklärt Wirtschaftsprofessor Scholz. „Das heißt, die ganze Idee der Weiterbildung, der Qualifizierung und der Persönlichkeitsbildung wird schiefgehen, wenn sie gekoppelt ist mit Entscheidungen über Leistungszielerreichung und Entlohnung.“

Deshalb sollte die Gespräche über Entwicklung und Gehalt voneinander getrennt sein. ­“Gespräche, die mit Geld zu tun haben, ­dürfen nie zeitnah zu anderen Gesprächen stattfinden, die etwas mit Feedback, Qualifizierung oder Motivierung zu tun haben. Weil das die Akzeptanz des reinen Feedbackgespräches reduziert“, so Scholz.

4. Über Versetzungen reden.

„Mitarbeitergespräche sollen Mitarbeiter besser machen“, sagt Scholz. „Das sollte man nicht mit Karrierethemen verweben.“ Beförderung oder Versetzung seien zudem auch allein wichtig genug, um einen eigenen Termin dafür anzusetzen.

5. Noten geben.

Wie in der Schule läuft es auch in vielen Firmen: Beim Mitarbeitergespräch vergibt der Chef Noten oder die Mitarbeiter müssen sich selbst einschätzen, oft auf einer Skala. „Die Erwartung, so ein Gespräch mit numerischen Werten quasi messbar machen zu können, ist falsch“, sagt Experte Scholz. „Es muss halt so dokumentiert sein, dass man damit arbeiten kann. Es geht hier um Beziehungsfragen – aber ohne dafür Punktwerte wie 3,5 oder 4,0 zu vergeben. Derartige Bewertungsnoten sind nicht valide und lenken auch ab. Denn das wäre der Versuch, einen nicht messbaren Wert, eine Beziehung, künstlich messbar machen zu wollen.“

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Beim Softwarekonzern SAP werden Noten deshalb künftig abgeschafft. Dadurch werde die Kommunikation zwischen Chef und Mitarbeiter offener und zukunftsorientierter, hofft SAP-Betriebsrätin Sabine Deimel. „Der Mitarbeiter kann auch über eigene Schwächen und generelle Verbesserungsmöglichkeiten sprechen, ohne gleich eine schlechte Note zu riskieren.“

6. Zu viele Mitarbeitergespräche pro Chef führen.

„Keine Führungskraft sollte mehr als 20 solcher Gespräche führen“, sagt Scholz. „Wegen der Intensität der Gespräche und weil es ja darum geht, nur mit den Mitarbeitern zu sprechen, die man als Vorgesetzter persönlich erlebt hat. Bei mehr als 20 Mitarbeitern muss man diese Aufgabe also ohnehin an eine andere Führungskraft delegieren.“

7. Die falschen Fragen stellen.

„Es geht im Mitarbeitergespräch darum, wie die Beziehung zwischen Mitarbeiter und Vorgesetztem verbessert werden kann“, sagt Scholz – und nicht etwa um die Frage, ob der Mitarbeiter möglicherweise an einer anderen Stelle besser aufgehoben wäre. Im Gespräch helfen ein standardisiertes Vorgehen, etwa ein Formular, in dem wichtige Punkte festgehalten sind, und die richtigen Fragen – wie diese von Christian Scholz:

  • Organisationsklima: Fühlen Sie sich bei uns ausreichend gefordert?
  • Teamarbeit: Wie klappt die fachliche Zusammenarbeit?
  • Arbeitsorganisation: Wo würden Sie sich in Ihrem Job mehr Freiraum und Flexibilität wünschen?
  • Führung durch die Vorgesetzten: Wo genau fühlen Sie sich unterfordert? Oder überfordert?
  • Arbeitsumfeld: Welche Hilfsmittel zur Arbeit brauchen Sie zusätzlich?
  • Work-Life-Balance: Wie funktionieren bei Ihnen die Übergänge zwischen Berufsleben und Privatleben?
  • Rückblick: Wo waren Sie in der letzten Zeit am erfolgreichsten? Wo hat es nicht geklappt?
  • Entwicklung: Wie sehen Sie sich selbst bei Ihrer Karriere? Welche Schritte sollten die nächsten sein?
Lange war es so sicher wie das Amen in der Kirche: Einmal im Jahr baten Chefs ihre Mitarbeiter zum Gespräch. Sie füllten dieselben Fragebögen aus wie beim letzten Mal, vergaben Noten, vielen Dank, bis zum nächsten Jahr. Das Ritual passt nicht mehr zu moderner Feedback-Kultur, finden inzwischen immer mehr Unternehmen. "Das klassische Mitarbeitergespräch ist ein sehr starres System der Personalführung ohne kontinuierliche Interaktion", sagt etwa Stefan Ries, Personalchef beim Softwarehersteller SAP. Stattdessen sollen sich Führungskräfte und Mitarbeiter stetig austauschen. Auch kleinere Firmen gehen in diese Richtung. "Gerade im Mittelstand haben Unternehmer sowieso dauernd Kontakt zu Mitarbeitern. Die kennen ihre Leute", sagt Christian Scholz, Gründer von Deutschlands erstem Uni-Lehrstuhl für Personalmanagement an der Universität des Saarlandes. "In so einer Konstellation ein ritualisiertes Jahresgespräch abzuhalten ist verkehrt." Natürlich sind Rückmeldungen zwischen Chef und Mitarbeiter wichtig. Als Instrument zur Personalentwicklung müsste das Mitarbeitergespräch aber Teil einer modernen Feedback-Kultur sein. "Es dient dazu, sich außerhalb des Tagesgeschäfts die Zeit zu nehmen, die Leistung eines Mitarbeiters zu beurteilen und strukturiert Feedback zu geben", sagt Elke Eller vom Bundesverband der Personalmanager. Das Ziel: Die Arbeit im Team kontinuierlich zu verbessern. Worauf Chefs bei Mitarbeitergesprächen achten sollten, welche Fehler sich leicht vermeiden lassen - und welche Fragen Führungskräfte stellen sollten. Fehler 1: Nur alle zwölf Monate reden. In einem Jahr ändert sich oft so viel, dass einst getroffene Verabredungen überholt sind. "Einmal festgelegte Ziele für den Mitarbeiter für ein ganzes Jahr nützen nichts, wenn sich das Geschäft in diesem Zeitraum viel schneller entwickelt", sagt Katharina Heuer von der Deutschen Gesellschaft für Personalführung. Durch die Globalisierung, das Internet und andere technologische Möglichkeiten würden Arbeitsabläufe beschleunigt und Geschäftsmodelle änderten sich radikal. Daher gebe es einen Trend weg vom klassischen jährlichen Mitarbeitergespräch, hin zum Austausch in kürzeren Abständen. Wie oft ein Austausch erfolgt, sollte von der Art der Produkte abhängen oder des Markts, auf dem sich ein Unternehmen bewegt: "Handelt es sich etwa um ein Modeunternehmen mit zwei Kollektionen pro Jahr, wäre ein Halbjahres-Turnus sinnvoll", empfiehlt Personalmanagement-Experte Scholz. 2. Alles auf einmal besprechen. "Mein Veto gegen das große, klassische Jahresgespräch lautet: Es ist immer jährlich, in diesem Gespräch sind alle Themen drin, und es wird immer in eine Richtung geführt", sagt Scholz. Wenn zu viele Themen auf einmal auf dem Tisch landeten, gebe es keinen Fokus. 3. Gehalt verhandeln. Um Geld sollte es in Mitarbeitergesprächen auf keinen Fall gehen. "Wenn Mitarbeiter wissen, dass sich dieses Gespräch auf ihre Bezahlung auswirkt, werden sie nie selbstkritisch sagen, dass sie an bestimmten Stellen Probleme hatten", erklärt Wirtschaftsprofessor Scholz. "Das heißt, die ganze Idee der Weiterbildung, der Qualifizierung und der Persönlichkeitsbildung wird schiefgehen, wenn sie gekoppelt ist mit Entscheidungen über Leistungszielerreichung und Entlohnung." Deshalb sollte die Gespräche über Entwicklung und Gehalt voneinander getrennt sein. ­"Gespräche, die mit Geld zu tun haben, ­dürfen nie zeitnah zu anderen Gesprächen stattfinden, die etwas mit Feedback, Qualifizierung oder Motivierung zu tun haben. Weil das die Akzeptanz des reinen Feedbackgespräches reduziert", so Scholz. 4. Über Versetzungen reden. "Mitarbeitergespräche sollen Mitarbeiter besser machen", sagt Scholz. "Das sollte man nicht mit Karrierethemen verweben." Beförderung oder Versetzung seien zudem auch allein wichtig genug, um einen eigenen Termin dafür anzusetzen. 5. Noten geben. Wie in der Schule läuft es auch in vielen Firmen: Beim Mitarbeitergespräch vergibt der Chef Noten oder die Mitarbeiter müssen sich selbst einschätzen, oft auf einer Skala. "Die Erwartung, so ein Gespräch mit numerischen Werten quasi messbar machen zu können, ist falsch", sagt Experte Scholz. "Es muss halt so dokumentiert sein, dass man damit arbeiten kann. Es geht hier um Beziehungsfragen – aber ohne dafür Punktwerte wie 3,5 oder 4,0 zu vergeben. Derartige Bewertungsnoten sind nicht valide und lenken auch ab. Denn das wäre der Versuch, einen nicht messbaren Wert, eine Beziehung, künstlich messbar machen zu wollen." Beim Softwarekonzern SAP werden Noten deshalb künftig abgeschafft. Dadurch werde die Kommunikation zwischen Chef und Mitarbeiter offener und zukunftsorientierter, hofft SAP-Betriebsrätin Sabine Deimel. "Der Mitarbeiter kann auch über eigene Schwächen und generelle Verbesserungsmöglichkeiten sprechen, ohne gleich eine schlechte Note zu riskieren." 6. Zu viele Mitarbeitergespräche pro Chef führen. "Keine Führungskraft sollte mehr als 20 solcher Gespräche führen", sagt Scholz. "Wegen der Intensität der Gespräche und weil es ja darum geht, nur mit den Mitarbeitern zu sprechen, die man als Vorgesetzter persönlich erlebt hat. Bei mehr als 20 Mitarbeitern muss man diese Aufgabe also ohnehin an eine andere Führungskraft delegieren." 7. Die falschen Fragen stellen. "Es geht im Mitarbeitergespräch darum, wie die Beziehung zwischen Mitarbeiter und Vorgesetztem verbessert werden kann", sagt Scholz - und nicht etwa um die Frage, ob der Mitarbeiter möglicherweise an einer anderen Stelle besser aufgehoben wäre. Im Gespräch helfen ein standardisiertes Vorgehen, etwa ein Formular, in dem wichtige Punkte festgehalten sind, und die richtigen Fragen - wie diese von Christian Scholz: Organisationsklima: Fühlen Sie sich bei uns ausreichend gefordert? Teamarbeit: Wie klappt die fachliche Zusammenarbeit? Arbeitsorganisation: Wo würden Sie sich in Ihrem Job mehr Freiraum und Flexibilität wünschen? Führung durch die Vorgesetzten: Wo genau fühlen Sie sich unterfordert? Oder überfordert? Arbeitsumfeld: Welche Hilfsmittel zur Arbeit brauchen Sie zusätzlich? Work-Life-Balance: Wie funktionieren bei Ihnen die Übergänge zwischen Berufsleben und Privatleben? Rückblick: Wo waren Sie in der letzten Zeit am erfolgreichsten? Wo hat es nicht geklappt? Entwicklung: Wie sehen Sie sich selbst bei Ihrer Karriere? Welche Schritte sollten die nächsten sein?
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