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Was hat Herr Müller gerade gesagt? Und wo ist nochmal der verdammte Autoschlüssel? Vergesslichkeit kostet Nerven und bringt nicht selten auch Ärger. Die Ursache für die Merkschwierigkeiten liegt in unserem Arbeitsgedächtnis. Was es ist und wie Sie Ihr Arbeitsgedächtnis trainieren können, um sich den Alltag zu erleichtern.
Das steckt hinter dem Begriff Arbeitsgedächtnis: Definition
Das Arbeitsgedächtnis ist ein Teil des Gehirns, das über die Vernetzung verschiedener Hirnareale funktioniert. Es ähnelt dem RAM-Speicher im PC: Das Arbeitsgedächtnis speichert Dinge, die wir jetzt, in diesem Moment, brauchen und uns merken wollen. Danach gelangen die Informationen ins Langzeitgedächtnis – oder sie werden überschrieben.
Das Problem: Die Kapazität des Arbeitsgedächtnisses ist stark begrenzt. Wie stark genau, ist in der Forschung umstritten. Einige Fachleute gehen von drei bis fünf Informationseinheiten („Chunks“) aus, die sich Menschen gleichzeitig merken können. Andere von sieben oder sogar neun.
Möglicherweise spielt es für die Speicherkapazität des Arbeitsgedächtnisses eine Rolle, inwieweit Chunks miteinander verbunden sind: Beispielsweise können sich Menschen in Experimenten Sätze mit 15 Wörtern merken. Eine andere Überlegung geht davon aus, dass die Länge der Chunks ein besseres Maß ist, um die Speicherkapazität des Arbeitsgedächtnisses auszudrücken: Alle Informationseinheiten, die sich innerhalb von zwei Sekunden aussprechen lassen, könnten sich Menschen merken.
Lässt sich das Arbeitsgedächtnis überhaupt trainieren?
Inwieweit Arbeitsgedächtnis und Intelligenz zusammenhängen und sich das Arbeitsgedächtnis verbessern lässt, ist ebenfalls Gegenstand der Forschung – etwa in dieser Dissertation. Eine Annahme: Der menschliche Intellekt besteht aus verschiedenen Konstrukten, wie dem Arbeitsgedächtnis und der sogenannten fluiden Intelligenz. Das Arbeitsgedächtnis ist zuständig für Prozesse wie das Speichern, Aufrechterhalten und Manipulieren von Informationen. Die fluide Intelligenz dagegen für höhere kognitive Funktionen, wie beispielsweise das Schlussfolgern, Planen, Probleme lösen und abstraktes Denken. Forschungen zufolge lassen sich beide trainieren.
Das auch zu tun, kann das Leben deutlich entspannter machen. Denn die Begrenztheit des Arbeitsgedächtnisses hat konkrete, meist nervige Auswirkungen im Alltag. Angenommen, Sie wollen beim Verlassen der Wohnung an viele Dinge gleichzeitig denken: Portemonnaie, Autoschlüssel, Brotdose, Smartphone, Ausdrucke fürs Kundenmeeting, Abschiedsküsschen für das Kind, Sporttasche für den abendlichen Lauftreff. Wenn Sie dann noch einen Gedanken an einen möglichen Stau auf der Fahrt ins Büro verschwenden, ist es sehr wahrscheinlich, dass Sie ohne Portemonnaie losziehen.
Zum Glück es viele Möglichkeiten, mit denen Sie Ihr Arbeitsgedächtnis trainieren und Ihr Gehirn entlasten können. Mit den folgenden fünf Tipps klappt es besonders leicht.
Tipp 1: Die Konzentrationsfähigkeit stärken
Wer in der Lage ist, äußere Reize auszublenden und sich gut zu konzentrieren, kann sich mehr merken. Das heißt: Ihr Arbeitsgedächtnis verbessern Sie auch, indem Sie Ihre Aufmerksamkeit schulen. Doch wie kann man sich besser konzentrieren? Regelmäßige Meditationen, Autogenes Training und Achtsamkeitsübungen etwa helfen dabei, den Fokus langfristig besser halten zu können. Auch, wer versucht, Multitasking zu vermeiden, stärkt damit die eigene Konzentrationsfähigkeit.
Tipp 2: Mit Spielen das Arbeitsgedächtnis trainieren
Bei vielen Spielen müssen Sie mehrere Schritte im Voraus planen, um erfolgreich zu sein. Damit können Sie auf angenehme Art die Zahl der Chunks erhöhen, die Ihr Arbeitsgedächtnis zu speichern vermag. Für Gemeinschaftsspiele eignen sich etwa Schach, Snooker oder die Siedler von Catan, bei Einzelspielen beispielsweise Sudoku.
Tipp 3: Musizieren zum Training des Arbeitsgedächtnisses nutzen
Ob Geige, Klavier oder Xylophon: Wer musiziert oder ein Instrument komplett neu lernt, muss sich konzentrieren und spielt zugleich. Verknüpft also gleich zwei Tipps, sein Arbeitsgedächtnis zu trainieren.
Tipp 4: Entspannung suchen
Stress und Schlafmangel stören das Arbeitsgedächtnis empfindlich. Denn beides versetzt das Gehirn in eine Art Alarmmodus. Dieser Modus kostet viel Energie. Und da das Arbeitsgedächtnis ein echter Energiefresser ist, setzt der Organismus es in solchen Situationen kurzzeitig quasi außer Betrieb.
Das erklärt, warum wir unausgeschlafen oder gestresst noch mehr vergessen als sowieso schon. Umgekehrt gilt: Betreiben Menschen beispielsweise Stressprävention am Arbeitsplatz, sind sie nicht nur entspannter, sondern können sich auch mehr merken.
Wenn Sie also Ihr Arbeitsgedächtnis verbessern wollen, sollten Sie abschalten lernen. Außerdem kann es helfen, Ablenkung am Arbeitsplatz zu reduzieren.
Tipp 5: Das Gehirn entlasten
Neben dem direkten Training des Arbeitsgedächtnisses ist es wichtig, möglichst nur so viele Informationseinheiten aufzunehmen, wie das Arbeitsgedächtnis verarbeiten kann. So können Sie es üben:
1. Die Zahl dessen, was Sie sich merken wollen, reduzieren
Ja, es gibt sie, die Gedächtnis-Weltmeister, die scheinbar mühelos alles Mögliche behalten. Bei Otto-Normal-Merkern indes setzt das Arbeitsgedächtnis zuverlässig aus. Wenn der Speicher mal wieder voll ist. Oder aber eine Ablenkung den Speichervorgang unterbricht. Gedanken wie: „Ach, das brauche ich mir nicht aufschreiben, das kann ich mir gut auch so merken“ führen daher zuverlässig ins Vergessen.
Wenn Sie sich das nächste Mal etwas merken wollen, sollten Sie sich daher besser zwei Fragen stellen. Frage 1: „Könnte jetzt gleich etwas passieren, das mich ablenkt und so mein Arbeitsgedächtnis überfordert?“ Lautet die Antwort Ja, sollten Sie sich das To-do, die Idee oder den Gedanken auf der Stelle notieren. Frage 2: „Ist es möglich, diese Aufgabe oder das Vorhaben, an das ich mich erinnern will, jetzt sofort umzusetzen?“ Können Sie auch hier mit Ja antworten, sollten Sie die Aufgabe direkt erledigen. Bei Nein heißt es wieder: notieren!
Gewöhnen Sie sich an, wirklich jede Kleinigkeit aufzuschreiben – und Ihre Notizen mehrfach am Tag durchzugehen.
2. Äußere Reize verringern
Ein Smartphone-Ping hier, vor dem Bürofenster der Baulärm und dann noch die Nachrichten des Deutschlandfunk im Hintergrund: Bei solch einer Informationsflut hat es unser Gehirn schwer, zwischen „wichtig“ und „unwichtig“ zu sortieren – und speichert Dinge im Arbeitsgedächtnis ab, die eigentlich unnötig sind.
Ein Beispiel: Der Signalton Ihres Mail-Postfachs weist Sie auf eine neue Nachricht hin. Sie lesen diese und denken sich: „Ach, die muss ich nachher unbedingt beantworten.“ Gut möglich, dass dieses To-do eine wichtigere andere Information aus Ihrem Arbeitsgedächtnis verdrängt. Würden Sie Ihre Mails nur einmal pro Stunde checken, würde das Ihr Gehirn entlasten und das Risiko, etwas zu vergessen, reduzieren.
Wenn Sie also Ihr Arbeitsgedächtnis verbessern wollen, sollten Sie die Menge an Reizen bewusst so weit wie möglich reduzieren. Machen Sie dafür zunächst an einem typischen Arbeitstag eine Bestandsaufnahme, welchen Reizen Sie ausgesetzt sind – und welche davon Ihr Arbeitsgedächtnis ungünstig beeinflussen können. Und versuchen Sie dann, die Ablenkungsherde so gut wie möglich zu reduzieren.
Eine stille Stunde beispielsweise kann helfen, sich zu disziplinieren – und zu erkennen, dass sich die vermeintlich alternativlose Reizflut sehr wohl eindämmen lässt. Auch die Pomodoro-Technik ist eine Möglichkeit, Ablenkungen zu verringern, so indirekt das Arbeitsgedächtnis zu trainieren und auf lange Sicht konzentrierter zu arbeiten.
