Existenzangst
Angst vorm Scheitern – das hilft

Selbst wenn es gut läuft, lässt sie viele Unternehmer nicht los: die Existenzangst. Gerade nachts frisst sie sich ins Hirn. Wie kann man das Gedankenkarussell stoppen?

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Vor lauter Angst, die eigene Firma könnte scheitern, sehen manche Unternehmer kein Licht am Ende des Tunnels. Wie Sie die Existenzangst überwinden können.
Vor lauter Angst, die eigene Firma könnte scheitern, sehen manche Unternehmer kein Licht am Ende des Tunnels. Wie Sie die Existenzangst überwinden können.
© sdominick / E+ / Getty Images

Kann ich nächstes Jahr meine Rechnungen zahlen und meine Familie ernähren? Ist die Konkurrenz besser als ich? Was, wenn der Großkunde abspringt? Was, wenn die Bank mir keinen Kredit mehr gibt? Was, wenn ich pleitegehe? Stehe ich dann als Versager da?

Hin und wieder darüber nachzudenken, wie es wäre, wenn man sein Unternehmen gegen die Wand fährt, ist normal. Doch was, wenn diese Angst so groß wird, dass man sich nicht mehr auf das Tagesgeschäft konzentrieren kann? Wenn sie einem die Luft abschnürt? Wie können Unternehmer mit Existenzängsten umgehen – und sie überwinden?

Auf die Lösung konzentrieren statt auf die Ängste

Manche Menschen lassen sich von nichts unterkriegen: Sie stecken die schlimmsten Krisen locker weg, während andere schon bei leichten Umsatzschwankungen den Bankrott befürchten. Das liegt an sogenannten Resilienzfaktoren, sagt Denis Mourlane. Der Psychotherapeut und Unternehmensberater hat sich auf das Thema Resilienz spezialisiert, also die Fähigkeit, Krisen zu überwinden. Er ist einer der deutschen Pioniere auf dem Gebiet.

Für Unternehmer ist diese Eigenschaft zentral: Viele top-erfolgreiche Unternehmer sind schon durch Krisen gegangen und daran gewachsen. Sie haben die Gabe, sich auf Lösungen für das Problem zu konzentrieren, statt sich mit Sorgen zu quälen.

Doch längst nicht alle haben die Fähigkeit, in allen Lagen optimistisch zu bleiben. Viele werden ab und an (oder sogar dauerhaft) von Existenzangst erfasst. Dann ist es wichtig, sich von ihr nicht bestimmen und lähmen zu lassen. Denis Mourlane kennt mehrere Möglichkeiten, mit denen Unternehmer, die Angst vorm Scheitern haben, sich selbst helfen können.

Ausweg 1: akzeptieren, reflektieren, fokussieren

1. Akzeptieren: Ich habe Angst und das ist okay.

Versuchen Sie nicht, die Angst zu verdrängen – Sie sollten sie akzeptieren und ernst nehmen, rät der Psychologe. „Die Angst ist ein sinnvoller Ratgeber und weist darauf hin, dass es irgendwo eine Gefahr gibt.“

2. Reflektieren: Muss ich wirklich Angst haben?

„Glauben Sie nicht alles, was Sie fühlen“, sagt Denis Mourlane. „Ein Mensch hat manchmal sehr viel Angst, obwohl die Gefahr, die droht, gar nicht so groß ist.“ Auch andersrum gilt: Mancher hat gar keine Angst, obwohl er in Gefahr ist – zum Beispiel ein Bergsteiger, der zum x-ten Mal eine Steilwand erklimmt und den Abgrund nicht fürchtet.

Unser Experte
Denis Mourlane ist Psychotherapeut, systemischer Berater und Coach. Er gilt als führender Experte im Bereich Resilienz im Wirtschaftsumfeld. Sein Buch "Resilienz - die unentdeckte Fähigkeit der wirklich Erfolgreichen" erschien im Verlag Business Village.

 

Unternehmer sollten daher überlegen, wie realistisch ihre Angst pleite zu gehen ist, sagt Mourlane. Vielen falle dabei auf, dass die Angst unbegründet ist. Sie besinnen sich auf ihre Stärken oder erinnern sich daran, dass sie in der Vergangenheit ähnliche Krisen überwunden haben.

Wenn die Wahrscheinlichkeit des Scheiterns dagegen sehr real ist, kann es helfen, nachzudenken, welchen Plan B es geben könnte. Die Erkenntnis, dass auch dann nicht alle beruflichen Wege versperrt sind, nimmt dem Szenario den Schrecken.

Mourlane: „Allein dieser Reflektionsprozess kann dazu führen, dass die Angst wieder nachlässt.“

3. Fokussieren: Ich schaue auf das, was ich beeinflussen kann: die Gegenwart.

Oft steigern wir uns in eine Angst hinein, weil wir uns auf Dinge konzentrieren, die wir fürchten: die unsichere Marktlage, der starke Wettbewerb, das wichtige Kundengespräch nächste Woche, bei dem so viel schiefgehen könnte. Drehen sich die Gedanken nur darum, kann man nachts nicht schlafen. Das kostet viel Energie und bringt: nichts!

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Denn man kann weder die Vergangenheit beeinflussen, noch die Zukunft. Das einzige, was man beeinflussen kann, ist die Gegenwart. „Viele erfolgreiche Unternehmer fokussieren sich aufs Hier und Jetzt“, sagt Mourlane. „Sie konzentrieren sich auf das, was jetzt zu tun ist, um zukünftig erfolgreich zu sein – und überlegen nicht, was alles schiefgehen könnte.“

Denis Mourlane empfiehlt eine kleine Übung, die hilft, Versagensängste aus den Gedanken zu streichen und auf das zu fokussieren, was man erreichen will. Denken Sie über folgende Fragen nach:

  • Warum mache ich das? Was ist der Sinn hinter dem, was ich tue?
  • Welche Stärken habe ich, die mir zum Erfolg verhelfen werden?
  • Was ist mein Best-Case-Szenario? Was könnte ich als Unternehmer bestenfalls erreichen?

Aus Ihren persönlichen Antworten können Sie viel Energie und Motivation ziehen und sich besser fokussieren, so Mourlane.

Ausweg 2: Worst-Case-Szenario entwickeln

Überlegen Sie sich, was kann schlimmstenfalls passieren, wenn Sie scheitern?

Was wäre wirklich weg? Was wäre noch da? Welche Möglichkeiten für einen Neuanfang gäbe es? Wie sind andere Unternehmer nach einer Pleite wieder durchgestartet?

Oft vermindert sich so der Schrecken. Weil man die Erkenntnis gewinnt, dass man durch eine Pleite Geld verliert, vielleicht auch Status. Aber man verliert nicht seine Existenz, man ist immer noch da. Man versteht: Die Firma – das bin nicht ich!

Für manche hingegen ist der Gedanke an das Worst-Case-Szenario der blanke Horror.

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„Kommen Sie zu dem Ergebnis: Dann verlier ich mein Haus, dann verlässt mich meine Partnerin, dann stehe ich ohne alles da, gibt Ihnen das keine Energie“, sagt Mourlane. Trotzdem könne es sich lohnen, ein Worst-Case-Szenario gedanklich durchzuspielen: Er kann einen nämlich dazu motivieren, aktiv zu werden. Was kann ich tun, um das Worst-Case-Szenario zu vermeiden? Wie kann ich neue Kunden gewinnen? Wie kann ich meine Kosten senken? Kann mir professionelle Beratung helfen? Und: Was tue ich, wenn ich wirklich insolvent gehe? So ein Notfallplan kann Ruhe schenken.

Ausweg 3: Hilfe suchen

Schlaflose Nächte, die Gedanken drehen sich nur noch ums Scheitern, das eigene Unternehmen wird zur ernsthaften Belastung: Wer merkt, dass er seine Existenzangst nicht alleine loswird, sollte professionelle Hilfe suchen, zum Beispiel einen Coach mit psychologischem Hintergrund. Bei großer psychischer Belastung sollten Unternehmer zum Psychologen gehen. Der sollte idealerweise auch als Wirtschaftscoach arbeiten.

Ausweg 4: Über die Existenzangst sprechen

Das wohl einfachste Mittel gegen Existenzangst klingt banal, gelingt aber vielen nicht: Es hilft, über die Angst zu sprechen. Öffnen Sie sich Freunden oder Verwandten, reden Sie sich die Sorgen von der Seele. „Viele Menschen geben nicht gerne zu, dass sie Angst haben“, sagt Mourlane. „Es ist aber total wichtig, mit anderen darüber zu reden.“

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Das liegt an sogenannten Resilienzfaktoren, sagt Denis Mourlane. Der Psychotherapeut und Unternehmensberater hat sich auf das Thema Resilienz spezialisiert, also die Fähigkeit, Krisen zu überwinden. Er ist einer der deutschen Pioniere auf dem Gebiet. Für Unternehmer ist diese Eigenschaft zentral: Viele top-erfolgreiche Unternehmer sind schon durch Krisen gegangen und daran gewachsen. Sie haben die Gabe, sich auf Lösungen für das Problem zu konzentrieren, statt sich mit Sorgen zu quälen. Doch längst nicht alle haben die Fähigkeit, in allen Lagen optimistisch zu bleiben. Viele werden ab und an (oder sogar dauerhaft) von Existenzangst erfasst. Dann ist es wichtig, sich von ihr nicht bestimmen und lähmen zu lassen. Denis Mourlane kennt mehrere Möglichkeiten, mit denen Unternehmer, die Angst vorm Scheitern haben, sich selbst helfen können. Ausweg 1: akzeptieren, reflektieren, fokussieren 1. Akzeptieren: Ich habe Angst und das ist okay. Versuchen Sie nicht, die Angst zu verdrängen – Sie sollten sie akzeptieren und ernst nehmen, rät der Psychologe. "Die Angst ist ein sinnvoller Ratgeber und weist darauf hin, dass es irgendwo eine Gefahr gibt." 2. Reflektieren: Muss ich wirklich Angst haben? "Glauben Sie nicht alles, was Sie fühlen", sagt Denis Mourlane. "Ein Mensch hat manchmal sehr viel Angst, obwohl die Gefahr, die droht, gar nicht so groß ist." Auch andersrum gilt: Mancher hat gar keine Angst, obwohl er in Gefahr ist – zum Beispiel ein Bergsteiger, der zum x-ten Mal eine Steilwand erklimmt und den Abgrund nicht fürchtet. Unternehmer sollten daher überlegen, wie realistisch ihre Angst pleite zu gehen ist, sagt Mourlane. Vielen falle dabei auf, dass die Angst unbegründet ist. Sie besinnen sich auf ihre Stärken oder erinnern sich daran, dass sie in der Vergangenheit ähnliche Krisen überwunden haben. Wenn die Wahrscheinlichkeit des Scheiterns dagegen sehr real ist, kann es helfen, nachzudenken, welchen Plan B es geben könnte. Die Erkenntnis, dass auch dann nicht alle beruflichen Wege versperrt sind, nimmt dem Szenario den Schrecken. Mourlane: "Allein dieser Reflektionsprozess kann dazu führen, dass die Angst wieder nachlässt." 3. Fokussieren: Ich schaue auf das, was ich beeinflussen kann: die Gegenwart. Oft steigern wir uns in eine Angst hinein, weil wir uns auf Dinge konzentrieren, die wir fürchten: die unsichere Marktlage, der starke Wettbewerb, das wichtige Kundengespräch nächste Woche, bei dem so viel schiefgehen könnte. Drehen sich die Gedanken nur darum, kann man nachts nicht schlafen. Das kostet viel Energie und bringt: nichts! Denn man kann weder die Vergangenheit beeinflussen, noch die Zukunft. Das einzige, was man beeinflussen kann, ist die Gegenwart. "Viele erfolgreiche Unternehmer fokussieren sich aufs Hier und Jetzt", sagt Mourlane. "Sie konzentrieren sich auf das, was jetzt zu tun ist, um zukünftig erfolgreich zu sein – und überlegen nicht, was alles schiefgehen könnte." Denis Mourlane empfiehlt eine kleine Übung, die hilft, Versagensängste aus den Gedanken zu streichen und auf das zu fokussieren, was man erreichen will. Denken Sie über folgende Fragen nach: Warum mache ich das? Was ist der Sinn hinter dem, was ich tue? Welche Stärken habe ich, die mir zum Erfolg verhelfen werden? Was ist mein Best-Case-Szenario? Was könnte ich als Unternehmer bestenfalls erreichen? Aus Ihren persönlichen Antworten können Sie viel Energie und Motivation ziehen und sich besser fokussieren, so Mourlane. Ausweg 2: Worst-Case-Szenario entwickeln Überlegen Sie sich, was kann schlimmstenfalls passieren, wenn Sie scheitern? Was wäre wirklich weg? Was wäre noch da? Welche Möglichkeiten für einen Neuanfang gäbe es? Wie sind andere Unternehmer nach einer Pleite wieder durchgestartet? Oft vermindert sich so der Schrecken. Weil man die Erkenntnis gewinnt, dass man durch eine Pleite Geld verliert, vielleicht auch Status. Aber man verliert nicht seine Existenz, man ist immer noch da. Man versteht: Die Firma – das bin nicht ich! Für manche hingegen ist der Gedanke an das Worst-Case-Szenario der blanke Horror. "Kommen Sie zu dem Ergebnis: Dann verlier ich mein Haus, dann verlässt mich meine Partnerin, dann stehe ich ohne alles da, gibt Ihnen das keine Energie", sagt Mourlane. Trotzdem könne es sich lohnen, ein Worst-Case-Szenario gedanklich durchzuspielen: Er kann einen nämlich dazu motivieren, aktiv zu werden. Was kann ich tun, um das Worst-Case-Szenario zu vermeiden? Wie kann ich neue Kunden gewinnen? Wie kann ich meine Kosten senken? Kann mir professionelle Beratung helfen? Und: Was tue ich, wenn ich wirklich insolvent gehe? So ein Notfallplan kann Ruhe schenken. Ausweg 3: Hilfe suchen Schlaflose Nächte, die Gedanken drehen sich nur noch ums Scheitern, das eigene Unternehmen wird zur ernsthaften Belastung: Wer merkt, dass er seine Existenzangst nicht alleine loswird, sollte professionelle Hilfe suchen, zum Beispiel einen Coach mit psychologischem Hintergrund. Bei großer psychischer Belastung sollten Unternehmer zum Psychologen gehen. Der sollte idealerweise auch als Wirtschaftscoach arbeiten. Ausweg 4: Über die Existenzangst sprechen Das wohl einfachste Mittel gegen Existenzangst klingt banal, gelingt aber vielen nicht: Es hilft, über die Angst zu sprechen. Öffnen Sie sich Freunden oder Verwandten, reden Sie sich die Sorgen von der Seele. "Viele Menschen geben nicht gerne zu, dass sie Angst haben“, sagt Mourlane. „Es ist aber total wichtig, mit anderen darüber zu reden."
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