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Es gibt Tage, an denen schon kleine Auslöser reichen, um uns aus der Bahn zu werfen. Dabei wäre es hilfreich, ruhiger zu bleiben, besonnen zu handeln und schneller zu spüren, was Kraft nimmt oder gibt.
Manchen Menschen wurden diese Fähigkeiten scheinbar in die Wiege gelegt. Für alle anderen gilt: Die eigene Widerstandsfähigkeit, also die Resilienz, lässt sich trainieren. Therapeutin und Coach Andrea vorm Walde nutzt in ihrer Arbeit mit Unternehmerinnen und Unternehmern dafür die sogenannte „Was stärkt mich, was schwächt mich“-Methode.
Was ist das Ziel der Methode?
„Ziel der Methode ist, sich selber auf die Schliche zu kommen, die eigenen Muster besser kennenzulernen und Abwärtsspiralen frühzeitig gegenzusteuern“, sagt vorm Walde. Unternehmerinnen und Unternehmer lernen dabei, welche Handlungen oder Gedanken sie schwächen und welche ihnen guttun.
Der Hintergrund: Oft wissen wir der Expertin zufolge am Ende eines Tages nicht genau, warum wir denken: „Gut, dass dieser Tag vorbei ist“ oder „Der Tag war gelungen“. Diese Gefühle lägen meist an bestimmten, teils scheinbar unbedeutenden Ereignissen. Ein Bewusstsein dafür zu entwickeln, welche Ereignisse das sind, sei Voraussetzung, um gegenzusteuern, bessere Prioritäten zu setzen und resilienter zu werden.
Wie funktioniert die Methode?
1. Schritt: Ablauf eines zurückliegenden Tages genau notieren
Wer die „Was stärkt mich, was schwächt mich“-Methode anwendet, sucht einen Tag aus der nahen Vergangenheit aus und notiert genau, was an diesem Tag passiert ist. „Am besten nimmt man den gestrigen oder vorgestrigen Tag“, sagt vorm Walde, sonst vergesse man Details.
Denn genau um die geht es: Du schreibst Schritt für Schritt auf, was du wann erlebt hast – vom Aufwachen und Frühstücken über den Arbeitsweg, kurze Gespräche, Meetings, Freizeitaktivitäten, bis zum Schlafengehen. „Das ist sehr kleinteilig und dauert eine Weile“, sagt die Therapeutin.
2. Schritt: Aktivitäten bewerten
Die detailreiche Auflistung hat ihren Sinn: Hast du alle Aktivitäten notiert, bewertest du sie mit
- hat mich gestärkt,
- hat mich geschwächt
- oder neutral.
Nach der Erfahrung der Expertin haben viele Menschen beim Bewerten immer wieder Aha-Erlebnisse: „Man erkennt Dinge, von denen einem gar nicht bewusst war, dass sie nicht guttun oder schaden. Manchmal fällt meinen Klienten zum Beispiel auf, dass ein bestimmter Kollege sie immer wieder verärgert.“ Oder aber, dass es ihnen Schwung für den Tag gibt, wenn sie morgens ihr Kind in die Schule bringen.
Was stärkt und bei welchen Aktivitäten die Stimmung kippt, ist natürlich von Person zu Person verschieden. Dem einen tut ein Sportkurs abends gut, für den anderen kann das bloß ein weiteres To-do sein, das ihn stresst, so vorm Walde.
3. Schritt: Wiederholen
Diese Übung wiederholst du mehrere Tage lang. Dabei erkennst du voraussichtlich nach und nach Muster: Etwa, dass dir ein bestimmter Mitarbeiter regelmäßig die Laune verdirbt. Dass du besser in den Tag startest, wenn du nicht zehnmal den Snooze-Knopf auf dem Wecker drückst, sondern gleich aufstehst. Oder auch, dass es dich stresst, wenn du abends verabredet bist, aber noch einen Stapel Aufgaben bewältigen musst.
Andrea vorm Walde: „Mit der Zeit erkennt man schon mitten in einer Handlung, dass sie stärkt oder schwächt. Wenn ich weiß, woraus ich Kraft ziehen kann und was meine Stolpersteine sind, kann ich entsprechend reagieren.“
4. Schritt: Erkenntnisse ziehen und reagieren
Wichtig ist, dass du aus diesen Erkenntnissen Konsequenzen ziehst: Etwa dass du mit der Kollegin sprichst, über die du dich immer wieder ärgerst. Wer sich häufig von einer Flut an Aufgaben erschlagen fühlt, müsse lernen zu delegieren oder sich besser zu strukturieren.
Häufig, so vorm Walde, helfen auch schon ganz kleine Änderungen: beispielsweise morgens nicht sofort aus dem Bett zu springen, sondern sich bewusst ein paar Minuten zu nehmen, um über den kommenden Tag nachzudenken. Oder aber sofort aufzustehen, statt zu grübeln. Dem einen tut es vielleicht gut, sich zwei Abende die Woche freizuhalten, um den Arbeitstag gelassener angehen zu können. Denn im Zweifelsfall kann er länger arbeiten und setzt sich selbst nicht durch private Termine unter Druck. Und dem anderen tun feste Feierabende gut, weil er sich sonst überarbeitet. Was hilft, ist individuell unterschiedlich.
Manchmal kann die Konsequenz auch lauten, dass man einen Mitarbeiter entlassen muss. So beriet vorm Walde die Inhaberin einer Agentur mit fünf Mitarbeitern, die sich von ihrem Team nicht ernstgenommen fühlte und dachte, sie sei eine schlechte Führungskraft. Vorm Walde: „Dann kam heraus, dass ihr Unwohlsein nur an einem einzigen Mitarbeiter lag, der sie nicht anerkannte und schlechte Stimmung verbreitete. Sie führte mehrere fruchtlose Gespräche mit ihm, dann entließ sie ihn. Mit den anderen Mitarbeitern sprach sie offen – seitdem ist die Stimmung viel besser.“
Für wen ist die Methode geeignet?
Grundsätzlich kann jeder die Methode anwenden. Besonders hilfreich kann sie sein, wenn Unternehmerinnen und Unternehmer anhand typischer Anzeichen merken, dass sie sich um sich selbst kümmern müssen: Etwa wenn sie dauernd gereizt sind, schlecht schlafen, häufig Kopf- oder Rückenschmerzen haben oder morgens ungern zur Arbeit gehen.
Wichtig: Du musst bereit sein, etwas zu ändern. Wer das nicht ist, dem kann laut vorm Walde auch diese Methode nicht helfen.
Sie empfiehlt, die „Was stärkt mich, was schwächt mich“-Methode zumindest beim ersten Mal mit einer zweiten Person anzugehen. Idealerweise mit jemandem, mit dem man im Alltag keine Berührungspunkte hat, oder mit einem Profi. Mit Kollegen oder dem Partner sollte man die Übung nicht machen, denn sie sind Teil des Tagesablaufs. Laut Andrea vorm Walde ist es dann unwahrscheinlich, dass die Wahrheit auf den Tisch kommt.

Andrea vorm Walde berät seit mehr als zehn Jahren Unternehmer, Führungskräfte und Soloselbstständige hinsichtlich eines authentischen Außenauftritts. Sie ist Coach, Therapeutin und PR-Beraterin.
