Self-Nudging
4 Strategien, mit denen Sie Ihren inneren Schweinehund austricksen

Weniger auf dem Smartphone daddeln oder gesünder essen: „Self-Nudging“ kann es Ihnen leichter machen, Ihr Verhalten zu ändern. Diese vier Strategien können Sie sofort anwenden.

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Self-Nudging
© the_burtons/Moment/Getty Images

Statt zum Buch wandert die Hand zum Smartphone und der Schokoriegel schlägt den Apfel, wenn beide nebeneinander in der Kaffeeküche liegen.

Kein Mensch schafft es, immer die beste Entscheidung für sich selbst zu treffen. Aber Sie können Situationen so verändern, dass Selbstkontrolle leichter gelingt.

Was ist Self-Nudging?

Liegt das Buch vor dem Einschlafen neben dem Bett und das Smartphone ist in einem anderen Zimmer, stehen die wenigsten noch einmal auf und holen das Handy. Genauso essen mehr Menschen Äpfel, wenn der Obstkorb gut sichtbar auf dem Tisch steht und die Schokolade verborgen im Schrank liegt.

Dieses Prinzip nennt sich Nudging. Es geht dabei darum, das Verhalten ohne Verbote zu beeinflussen. Ein Nudge ist sozusagen ein Schubs in Richtung einer besseren Entscheidung.

Staaten nutzen Nudging. In Spanien oder den Niederlanden sind zum Beispiel alle automatisch Organspender. Wer nicht möchte, muss widersprechen. Die Zahl der gespendeten Nieren, Lebern oder Herzen ist in den Ländern höher als in Deutschland.

Der Schubs muss jedoch nicht von außen kommen, damit Nudging funktioniert. Beim Self-Nudging gestalten Sie selbst Ihr Umfeld so, dass Sie sich leichter für das Verhalten entscheiden, das Sie Ihrem Ziel näherbringt.

Der Psychologe Ralph Hertwig, Geschäftsführender Direktor des Max-Planck-Institut für Bildungsforschung in Berlin, und der finnische Philosoph Samuli Reijula beschreiben in einem Artikel im Journal „Behavioural Public Policy“ vier Self-Nudging-Strategien:

Strategie 1: Erinnerungen platzieren

Die meisten Menschen nutzen kleine Tricks, um sich selbst an Aufgaben zu erinnern, die sie nicht vergessen wollen. Sie legen zuhause ihre Tabletten neben die Zahnbürste, damit sie an die Einnahme denken, und kleben im Büro Post-its mit To-dos an ihre Computerbildschirme.

Solche Reminder funktionieren jedoch nicht nur für Aufgaben, sondern auch für Ziele, die man erreichen möchte. Sie können zum Beispiel so aussehen:

  • Eine Grafik am Kühlschrank, die den CO2-Abdruck unterschiedlicher Lebensmittel zeigt, motiviert dazu, klimafreundlicher einzukaufen.
  • Ein Unternehmer, der weniger Überstunden schieben möchte, kann sich jeden Tag den anvisierten Feierabend als Erinnerung in den Kalender eintragen.
  • Der Helm neben der Haustür erinnert daran, dass man lieber mit dem Fahrrad ins Büro fahren möchte als mit dem Auto.

Strategie 2: Den Rahmen wählen

Der Rahmen, in dem sich Alternativen präsentieren, beeinflusst Entscheidungen – auf dieser Annahme basiert Framing. Menschen sind zum Beispiel eher bereit zu spenden, wenn die Spende ihnen als außergewöhnliche Ausgabe präsentiert wird und nicht als regelmäßige. Das konnten amerikanische Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in Experimenten nachweisen.

In eigener Sache
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Auch Sie können Ihre eigenen Entscheidungen framen, indem Sie sich die Konsequenzen der verschiedenen Alternativen vor Augen führen. Zwei Beispiele:

  • Ein Unternehmer möchte vor der Arbeit joggen gehen, bleibt aber bei Regen morgens lieber im Bett liegen. Er kann seinen Blick auf die beiden Alternativen ändern. Zum Beispiel als Entscheidung darüber, wer er in zukünftig sein möchte: jemand, der nur bei gutem Wetter joggt, oder eine Person, die auch bei schlechtem Wetter ihr Fitnessprogramm durchzieht.
  • Eine Unternehmerin drückt sich vor einem unangenehmen Feedbackgespräch mit einem Mitarbeiter. Sie könnte sich klarmachen, dass ihre Rückmeldung dem Beschäftigten hilft, in Zukunft seine Aufgaben besser zu erledigen.

Strategie 3: Ungewolltes unbequem machen

Besonders im Stress fallen Menschen in Verhaltensmuster zurück, die sie sich abgewöhnen wollten. Sorgen Sie vor, indem Sie sich das, was Sie tun wollen, besonders einfach machen – und Hürden vor die Handlungen setzen, die Sie sein lassen wollen.

  • Eine Unternehmerin, die sich weniger vom Smartphone ablenken lassen möchte, legt es während der Arbeit in die Schreibtischschublade.
  • Social-Media-Junkies können die Apps von Instagram und Facebook vom Startbildschirm verbannen. Ebenfalls hilfreich können Impulsblocker-Apps sein, die das Öffnen der App um ein paar Sekunden verzögern.
  • Wer Nuss-Nougat-Creme besonders gern mag, aber weniger davon essen möchte, sollte den Wissenschaftlern zufolge das Glas in den Kühlschrank stellen. Kalt schmeckt die Nougatcreme schlechter und lässt sich nicht gut aufs Brot schmieren. Bis sie Zimmertemperatur erreicht hat, ist der Heißhunger verflogen.

Strategie 4: Sich selbst sozialen Druck aufbauen­­­

Versprechen an einen selbst lassen sich leichter brechen als jene, die man anderen macht. Darum kann es helfen, sich bei anderen zu verpflichten oder gar eine Strafe für den Fall zu vereinbaren, dass man seinen Vorsatz nicht durchzieht.

Hertwig und Reijula schlagen dazu vor: Wer regelmäßig Sport treiben möchte, erzählt zuerst seinen Kolleginnen und Kollegen davon. So schafft die Person sich selbst Verbindlichkeit, weil die anderen zum Beispiel nachfragen, wie es mit dem Sport läuft.

Als Steigerung davon könnte die Person für das Nichteinhalten der Pläne eine Strafe vereinbaren. Ein Schalke Fan-könnte sich als drohende Strafe vornehmen, einen Tag lang ein Dortmund-Trikot zu tragen. Es darf etwas Unangenehmes sein.

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Statt zum Buch wandert die Hand zum Smartphone und der Schokoriegel schlägt den Apfel, wenn beide nebeneinander in der Kaffeeküche liegen. Kein Mensch schafft es, immer die beste Entscheidung für sich selbst zu treffen. Aber Sie können Situationen so verändern, dass Selbstkontrolle leichter gelingt. Was ist Self-Nudging? Liegt das Buch vor dem Einschlafen neben dem Bett und das Smartphone ist in einem anderen Zimmer, stehen die wenigsten noch einmal auf und holen das Handy. Genauso essen mehr Menschen Äpfel, wenn der Obstkorb gut sichtbar auf dem Tisch steht und die Schokolade verborgen im Schrank liegt. Dieses Prinzip nennt sich Nudging. Es geht dabei darum, das Verhalten ohne Verbote zu beeinflussen. Ein Nudge ist sozusagen ein Schubs in Richtung einer besseren Entscheidung. Staaten nutzen Nudging. In Spanien oder den Niederlanden sind zum Beispiel alle automatisch Organspender. Wer nicht möchte, muss widersprechen. Die Zahl der gespendeten Nieren, Lebern oder Herzen ist in den Ländern höher als in Deutschland. Der Schubs muss jedoch nicht von außen kommen, damit Nudging funktioniert. Beim Self-Nudging gestalten Sie selbst Ihr Umfeld so, dass Sie sich leichter für das Verhalten entscheiden, das Sie Ihrem Ziel näherbringt. Der Psychologe Ralph Hertwig, Geschäftsführender Direktor des Max-Planck-Institut für Bildungsforschung in Berlin, und der finnische Philosoph Samuli Reijula beschreiben in einem Artikel im Journal „Behavioural Public Policy“ vier Self-Nudging-Strategien: Strategie 1: Erinnerungen platzieren Die meisten Menschen nutzen kleine Tricks, um sich selbst an Aufgaben zu erinnern, die sie nicht vergessen wollen. Sie legen zuhause ihre Tabletten neben die Zahnbürste, damit sie an die Einnahme denken, und kleben im Büro Post-its mit To-dos an ihre Computerbildschirme. Solche Reminder funktionieren jedoch nicht nur für Aufgaben, sondern auch für Ziele, die man erreichen möchte. Sie können zum Beispiel so aussehen: Eine Grafik am Kühlschrank, die den CO2-Abdruck unterschiedlicher Lebensmittel zeigt, motiviert dazu, klimafreundlicher einzukaufen. Ein Unternehmer, der weniger Überstunden schieben möchte, kann sich jeden Tag den anvisierten Feierabend als Erinnerung in den Kalender eintragen. Der Helm neben der Haustür erinnert daran, dass man lieber mit dem Fahrrad ins Büro fahren möchte als mit dem Auto. [mehr-zum-thema] Strategie 2: Den Rahmen wählen Der Rahmen, in dem sich Alternativen präsentieren, beeinflusst Entscheidungen – auf dieser Annahme basiert Framing. Menschen sind zum Beispiel eher bereit zu spenden, wenn die Spende ihnen als außergewöhnliche Ausgabe präsentiert wird und nicht als regelmäßige. Das konnten amerikanische Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in Experimenten nachweisen. Auch Sie können Ihre eigenen Entscheidungen framen, indem Sie sich die Konsequenzen der verschiedenen Alternativen vor Augen führen. Zwei Beispiele: Ein Unternehmer möchte vor der Arbeit joggen gehen, bleibt aber bei Regen morgens lieber im Bett liegen. Er kann seinen Blick auf die beiden Alternativen ändern. Zum Beispiel als Entscheidung darüber, wer er in zukünftig sein möchte: jemand, der nur bei gutem Wetter joggt, oder eine Person, die auch bei schlechtem Wetter ihr Fitnessprogramm durchzieht. Eine Unternehmerin drückt sich vor einem unangenehmen Feedbackgespräch mit einem Mitarbeiter. Sie könnte sich klarmachen, dass ihre Rückmeldung dem Beschäftigten hilft, in Zukunft seine Aufgaben besser zu erledigen. Strategie 3: Ungewolltes unbequem machen Besonders im Stress fallen Menschen in Verhaltensmuster zurück, die sie sich abgewöhnen wollten. Sorgen Sie vor, indem Sie sich das, was Sie tun wollen, besonders einfach machen – und Hürden vor die Handlungen setzen, die Sie sein lassen wollen. Eine Unternehmerin, die sich weniger vom Smartphone ablenken lassen möchte, legt es während der Arbeit in die Schreibtischschublade. Social-Media-Junkies können die Apps von Instagram und Facebook vom Startbildschirm verbannen. Ebenfalls hilfreich können Impulsblocker-Apps sein, die das Öffnen der App um ein paar Sekunden verzögern. Wer Nuss-Nougat-Creme besonders gern mag, aber weniger davon essen möchte, sollte den Wissenschaftlern zufolge das Glas in den Kühlschrank stellen. Kalt schmeckt die Nougatcreme schlechter und lässt sich nicht gut aufs Brot schmieren. Bis sie Zimmertemperatur erreicht hat, ist der Heißhunger verflogen. Strategie 4: Sich selbst sozialen Druck aufbauen­­­ Versprechen an einen selbst lassen sich leichter brechen als jene, die man anderen macht. Darum kann es helfen, sich bei anderen zu verpflichten oder gar eine Strafe für den Fall zu vereinbaren, dass man seinen Vorsatz nicht durchzieht. Hertwig und Reijula schlagen dazu vor: Wer regelmäßig Sport treiben möchte, erzählt zuerst seinen Kolleginnen und Kollegen davon. So schafft die Person sich selbst Verbindlichkeit, weil die anderen zum Beispiel nachfragen, wie es mit dem Sport läuft. Als Steigerung davon könnte die Person für das Nichteinhalten der Pläne eine Strafe vereinbaren. Ein Schalke Fan-könnte sich als drohende Strafe vornehmen, einen Tag lang ein Dortmund-Trikot zu tragen. Es darf etwas Unangenehmes sein.