Feedback an Führungskräfte
Auch wenn’s wehtut: Mit diesen 3 Fragen erhalten Sie ungeschöntes Feedback

Nur, wer auf Fehler und blinde Flecken hingewiesen wird, kann besser werden. Doch Führungskräfte haben es durch ihre Position schwer, ehrliches Feedback zu erhalten. Mit diesen drei Fragen klappt’s.

, von

Feedback an Führungskräfte
© MirageC / Moment / Gettyimages

Sich ungeschöntes Feedback einholen – das ist für Führungskräfte heute nicht mehr Kür, sondern Pflicht, meint Anne Schüller, Business-Coachin und Expertin für kundenzentrierte Unternehmensführung. Denn: „Weil sich unsere Welt rasant ändert und immer rasanter ändern wird, sind Veränderungsbereitschaft und Anpassungsvermögen die Kernkompetenzen der Zukunft. Und dafür ist es unerlässlich, ehrliches Feedback zu bekommen“, sagt Schüller.

Feedback aktiv einfordern

Um ehrliche Rückmeldungen zu sich persönlich und zum Unternehmen bekommen, reicht es der Expertin zufolge nicht, dem Team zu sagen, die eigene Tür stände immer offen und Feedback sei willkommen.

Chefs und Chefinnen sind immer noch Respektspersonen, verantwortlich für Dinge wie Gehaltserhöhungen und Urlaubsanträge. Das hält Menschen davon ab, ihren Führungskräften weniger erfreuliche Rückmeldungen zu geben – selbst, wenn sie es eigentlich gern täten.“

Deshalb empfiehlt Schüller, sich aktiv Feedback einzuholen. Ein Weg sei, offene Fragen zu stellen anstatt Fragebögen mit Aussagen zum Ankreuzen zu verteilen. Schüller: „Damit erhalten Sie nicht nur inhaltlich wertvollere Rückmeldungen zu Dingen, bei denen es hakt. Sie vermitteln außerdem, dass Sie wirklich an den Meinungen und der Kritik Ihrer Teammitglieder interessiert sind.“

Besonders drei Fragen für ungeschöntes Feedback empfiehlt die Expertin. Was diese konkret bringen und wie Sie sie stellen sollten:

1. Die Gewissensfrage: „Stell dir vor, du wärst unser Unternehmensgewissen. Was würdest du uns/mir sagen? Was könnten wir/könnte ich besser machen – und was müsste sich zügig verändern?“

Das bringt die Frage: Die Gewissensfrage gibt Schüller zufolge Teammitgliedern den Raum, einmal offen zu sagen, was sie denken: „Die Frage regt sie dazu an, aus sich herauszukommen, eventuelle Unzufriedenheiten deutlich zu benennen – und auch die Gründe, die dahinterliegen.“

Vor allem innerbetriebliche Reibungspunkte kämen in den Antworten typischerweise zur Sprache. Konflikte wie etwa Mobbing, die Tatsache, dass jemand wegen Personalmangels einen Kunden verloren hat – oder Beobachtungen dazu, dass Kolleginnen oder Kollegen auf der Baustelle regelmäßig schlampen. „Kurz: Sie erfahren dank dieser Frage so ziemlich alles, worüber man sonst nur hintenrum oder gar nicht spricht und von dem man ausgeht, dass Sie es nicht wissen können“, so Schüller.

So sollten Sie die Frage stellen: Wer das erste Mal als Führungskraft ungeschöntes Feedback einholt, sollte die Frage schriftlich stellen. „Sie könnten Teammitglieder etwa bitten, die Frage in einem Office-Dokument zu beantworten, auszudrucken und irgendwo einzuwerfen“, so Schüller.

Das möge manchen überzogen erscheinen, erhöhe aber den Wert des Ergebnisses. „Es gibt immer wieder Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die befürchten, jemand könnte sie an ihrer Handschrift erkennen. Deshalb gilt: Je anonymer die Frage gestellt wird, desto ehrlicher antworten alle“, erklärt die Expertin.

Gibt es dagegen bereits eine ausgeprägte offene Feedbackkultur, könnten Chefs und Chefinnen die Gewissensfrage auch in einem kleineren Meeting oder einem Weiterentwicklungs-Workshop stellen. „Lassen Sie die Teilnehmer die Frage auf einem Blatt Papier beantworten und dieses dann nacheinander an eine umgedrehte Pinnwand heften – damit man nicht sieht, wer was genau anbringt. Und anschließend besprechen Sie gemeinsam die Ergebnisse“, rät Schüller.

2. Die Forumsfrage: „Wenn wir ein Forum hätten mit dem Namen: „Was bei uns total nervt“ – welche drei Hauptdiskussionspunkte würdest du nennen?“

Das bringt die Frage: Die Forumsfrage hilft, herauszufinden, wo es im Unternehmen hakt. Schüller zufolge würden Mitarbeitende dabei meist operative Themen ansprechen. Also etwa Prozesse aufzählen, die im Tagesablauf unrund laufen oder Zeit rauben. Sich über die Unpünktlichkeit des Chefs beklagen. Anmerken, dass eine Führungskraft Dienstpläne nach Schema F erstellt – obwohl das Team es selbst viel besser könnte. Oder aber eine zu hohe Fluktuation monieren oder den Druck, viele Überstunden machen zu müssen.

In eigener Sache
Machen ist wie wollen, nur krasser
Machen ist wie wollen, nur krasser
Die impulse-Mitgliedschaft - Rückenwind für Unternehmerinnen und Unternehmer

Schüller dazu: „Der große Vorteil dieser Frage liegt in ihrer Konkretheit. Indem Sie nach drei Punkten fragen, bekommen Sie die Priorität direkt mitgeliefert, mit der Sie das, was Ihr Team nervt, aus der Welt schaffen sollten.“

So sollten Sie die Frage stellen: Weil die Forumsfrage eher auf Prozesse zielt, lässt sie sich Schüller zufolge gut in einem Workshop oder in einer Arbeitsgruppe stellen. Die Teammitglieder könnten ihre drei Punkte etwa auf drei Kärtchen schreiben und diese an eine umgedrehte Pinnwand heften. „Anschließend drehen Sie die Wand um, clustern die Punkte – und besprechen jene drei, die am häufigsten genannt wurden.“

3. Die Gummibaumfrage: „Wenn der Gummibaum in unserer Kaffeeküche/Cafeteria oder in unserem Empfangsbereich reden könnte, was würde er sagen?“

Das bringt die Frage: Die Gummibaumfrage nutzt das Stellvertreter-Prinzip: Sie fingiert, dass nicht das Teammitglied selbst ein Thema anspricht, sondern eben der Gummibaum. Das macht es Menschen Schüller zufolge sehr viel leichter, deutlich zu sagen, was ihnen auf dem Herzen liegt. Und weil die Frage in einem Raum wie der Kaffeeküche verortet ist, erhielten Chefs und Chefinnen damit vor allem Rückmeldungen zu Klatsch-und-Tratsch-Themen.

„In den Antworten erfahren Sie Dinge, die meist jeder im Team irgendwie mitkriegt – nur Sie selbst nicht“, erklärt Schüller. Beispielsweise könnte über die Gummibaumfrage herauskommen, dass eine Mitarbeiterin oft über Sie als Chefin lästert, immer nur negative Stimmung verbreitet und andere damit ansteckt. Oder Sie sich in Meetings regelmäßig zu viel Raum in Gesprächen nehmen. „Sie erfahren Dinge, von denen alle denken, dass Sie das wissen müssten. Doch das ist nicht der Fall – denn Sie stehen ja meist nicht mit in der Kaffeeküche und niemand spricht sonst mit Ihnen über diese Themen“, so Schüller.

So sollten Sie die Frage stellen: Weil bei der Gummibaumfrage oft heikle Dinge zur Sprache kommen, sollten Sie diese Frage, ähnlich wie die Gewissensfrage, anonym und schriftlich stellen. Und zwar auch in Unternehmen, die in Sachen Feedbackkultur schon weit vorangekommen sind.

Das Buch
Mit ihrem Ratgeber „Bahn frei für Übermorgengestalter! 25 Quick Wins für Innovatoren und Zukunftsversteher“ (Gabal, 24,90 Euro) will Anne Schüller Unternehmerinnen und Unternehmer dazu anregen, im Alltag kühner zu denken – und beispielsweise für eine offene Feedbackkultur zu sorgen. Um Menschen zu stärken, die Zusammenarbeit zu verbessern und Innovationskraft in Unternehmen zu vergrößern – für eine bessere Zukunft.

Wie sollten Führungskräfte auf Feedback reagieren, das wehtut?

Wer sich ungeschöntes Feedback einholt, muss damit rechnen, Dinge zu hören, die einen richtig treffen. Schüller rät dazu, sich für solches Feedback ebenso zu bedanken wie für positive Rückmeldungen. „Auch, wenn es schwerfällt und viel menschliche Größe verlangt, sollten Sie das unbedingt tun. Nur so zeigen Sie, dass Ihnen Feedback wirklich wichtig ist, Sie sich maximale Offenheit wünschen – und diese wertschätzen“, sagt Schüller.

Kämen Gefühle hoch wie Verletztheit, Enttäuschung oder Scham, könnte man diese ruhig zeigen und ansprechen. „Das macht Sie menschlich und nahbar – etwas, das gute Führungskräfte auszeichnet“, so Schüller weiter.

In eigener Sache
Das ChatGPT-Prompt-Handbuch
Für Unternehmerinnen und Unternehmer
Das ChatGPT-Prompt-Handbuch
17 Seiten Prompt-Tipps, Anwendungsbeispiele und über 100 Beispiel-Prompts

Formulieren ließe sich das zum Beispiel so: „Leute, ganz ehrlich, die Rückmeldung XY hat mir richtig wehgetan. Aber ich danke der Person, die den Mut hatte, mir das Problem in der ganzen Tragweite offen mitzuteilen. Ich werde daran arbeiten. Und wenn das nicht gleich klappen sollte, gebt mir bitte nochmal einen Hinweis.“

Oder: „Ich bin ehrlich gesagt traurig darüber, dass Projekt XY manchen von euch so schlecht in Erinnerung geblieben ist. Ich habe damit so viel Gutes bewirken wollen und finde es schade, dass es in die andere Richtung gegangen ist. Aber ich bin dankbar, dass ihr so offen seid und wir über solche Dinge sprechen können. Ich werde mir jetzt überlegen, was ich tun kann, damit ich es das nächste Mal besser mache – und dann auch das Projekt besser läuft.“

Was gibt es noch zu beachten?

Schüller empfiehlt, die Fragen für ehrliches Feedback einzeln zu stellen, anstatt sie beispielsweise über einen Fragebogen gesammelt beantworten zu lassen. „Die Fragen zielen auf sehr unterschiedliche Bereiche, haben einen Fokus – den sollten Sie nicht verwässern“, so die Management-Expertin.

Zudem gäben die Antworten auf jede einzelne Frage Chefs und Chefinnen in der Regel genug Arbeit auf. „Das Wichtigste ist, dass Sie auf die Rückmeldungen reagieren. Kommen Sie als Chefin etwa immer zehn Minuten zu spät und jemand äußert das in seinem Feedback, dann müssen Sie das abstellen.“

Nur, wenn Mitarbeitende sähen, dass ihr Feedback etwas bewirkt, werde sich eine wirklich offene Feedbackkultur etablieren. So dass Teammitglieder irgendwann von selbst kämen, wenn sie etwas stört – und nicht auf den nächsten Feedback-Workshop damit warten.

Was Schüller außerdem noch empfiehlt: Beim Sichten des Feedbacks bewusst entscheiden, bei welchen Punkten man selbst aktiv werden will – und welche man an die Teammitglieder zurückspielt. „Die Gummibaumfrage etwa wird Dinge zutage fördern, um die Sie sich als Chef oder Chefin nicht kümmern müssen. Etwa, wenn zwei Kollegen einen Konflikt haben, weil einer immer sein Mittagsessen am Schreibtisch isst oder nie die Spülmaschine in der Kaffeeküche ausräumt“, rät Schüller.

Wer auf jedes Feedback reagiere, gerate nicht nur schnell ins Mikromanagement. „Sie spielen sich zudem öfter als Richter auf. Und das ist die schlechteste Position, die Sie einnehmen können – weil dann eine Konfliktpartei verliert und diese Person fortan sehr wahrscheinlich intrigieren wird“, so die Expertin.

Sie sind impulse-Mitglied? Dann nutzen Sie diesen Selbsttest zu Ihrer persönlichen Kritikfähigkeit, um herauszufinden, ob Sie überhaupt angemessen auf negatives Feedback reagieren können: „Schnauze!“ Dieser Fragebogen zeigt, wie kritikfähig Sie sind“.

Sich ungeschöntes Feedback einholen – das ist für Führungskräfte heute nicht mehr Kür, sondern Pflicht, meint Anne Schüller, Business-Coachin und Expertin für kundenzentrierte Unternehmensführung. Denn: „Weil sich unsere Welt rasant ändert und immer rasanter ändern wird, sind Veränderungsbereitschaft und Anpassungsvermögen die Kernkompetenzen der Zukunft. Und dafür ist es unerlässlich, ehrliches Feedback zu bekommen“, sagt Schüller. Feedback aktiv einfordern Um ehrliche Rückmeldungen zu sich persönlich und zum Unternehmen bekommen, reicht es der Expertin zufolge nicht, dem Team zu sagen, die eigene Tür stände immer offen und Feedback sei willkommen. Chefs und Chefinnen sind immer noch Respektspersonen, verantwortlich für Dinge wie Gehaltserhöhungen und Urlaubsanträge. Das hält Menschen davon ab, ihren Führungskräften weniger erfreuliche Rückmeldungen zu geben – selbst, wenn sie es eigentlich gern täten.“ Deshalb empfiehlt Schüller, sich aktiv Feedback einzuholen. Ein Weg sei, offene Fragen zu stellen anstatt Fragebögen mit Aussagen zum Ankreuzen zu verteilen. Schüller: „Damit erhalten Sie nicht nur inhaltlich wertvollere Rückmeldungen zu Dingen, bei denen es hakt. Sie vermitteln außerdem, dass Sie wirklich an den Meinungen und der Kritik Ihrer Teammitglieder interessiert sind.“ Besonders drei Fragen für ungeschöntes Feedback empfiehlt die Expertin. Was diese konkret bringen und wie Sie sie stellen sollten: 1. Die Gewissensfrage: „Stell dir vor, du wärst unser Unternehmensgewissen. Was würdest du uns/mir sagen? Was könnten wir/könnte ich besser machen – und was müsste sich zügig verändern?“ Das bringt die Frage: Die Gewissensfrage gibt Schüller zufolge Teammitgliedern den Raum, einmal offen zu sagen, was sie denken: „Die Frage regt sie dazu an, aus sich herauszukommen, eventuelle Unzufriedenheiten deutlich zu benennen – und auch die Gründe, die dahinterliegen.“ Vor allem innerbetriebliche Reibungspunkte kämen in den Antworten typischerweise zur Sprache. Konflikte wie etwa Mobbing, die Tatsache, dass jemand wegen Personalmangels einen Kunden verloren hat – oder Beobachtungen dazu, dass Kolleginnen oder Kollegen auf der Baustelle regelmäßig schlampen. „Kurz: Sie erfahren dank dieser Frage so ziemlich alles, worüber man sonst nur hintenrum oder gar nicht spricht und von dem man ausgeht, dass Sie es nicht wissen können“, so Schüller. So sollten Sie die Frage stellen: Wer das erste Mal als Führungskraft ungeschöntes Feedback einholt, sollte die Frage schriftlich stellen. „Sie könnten Teammitglieder etwa bitten, die Frage in einem Office-Dokument zu beantworten, auszudrucken und irgendwo einzuwerfen“, so Schüller. Das möge manchen überzogen erscheinen, erhöhe aber den Wert des Ergebnisses. „Es gibt immer wieder Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die befürchten, jemand könnte sie an ihrer Handschrift erkennen. Deshalb gilt: Je anonymer die Frage gestellt wird, desto ehrlicher antworten alle“, erklärt die Expertin. Gibt es dagegen bereits eine ausgeprägte offene Feedbackkultur, könnten Chefs und Chefinnen die Gewissensfrage auch in einem kleineren Meeting oder einem Weiterentwicklungs-Workshop stellen. „Lassen Sie die Teilnehmer die Frage auf einem Blatt Papier beantworten und dieses dann nacheinander an eine umgedrehte Pinnwand heften – damit man nicht sieht, wer was genau anbringt. Und anschließend besprechen Sie gemeinsam die Ergebnisse“, rät Schüller. [mehr-zum-thema] 2. Die Forumsfrage: „Wenn wir ein Forum hätten mit dem Namen: „Was bei uns total nervt“ – welche drei Hauptdiskussionspunkte würdest du nennen?“ Das bringt die Frage: Die Forumsfrage hilft, herauszufinden, wo es im Unternehmen hakt. Schüller zufolge würden Mitarbeitende dabei meist operative Themen ansprechen. Also etwa Prozesse aufzählen, die im Tagesablauf unrund laufen oder Zeit rauben. Sich über die Unpünktlichkeit des Chefs beklagen. Anmerken, dass eine Führungskraft Dienstpläne nach Schema F erstellt – obwohl das Team es selbst viel besser könnte. Oder aber eine zu hohe Fluktuation monieren oder den Druck, viele Überstunden machen zu müssen. Schüller dazu: „Der große Vorteil dieser Frage liegt in ihrer Konkretheit. Indem Sie nach drei Punkten fragen, bekommen Sie die Priorität direkt mitgeliefert, mit der Sie das, was Ihr Team nervt, aus der Welt schaffen sollten.“ So sollten Sie die Frage stellen: Weil die Forumsfrage eher auf Prozesse zielt, lässt sie sich Schüller zufolge gut in einem Workshop oder in einer Arbeitsgruppe stellen. Die Teammitglieder könnten ihre drei Punkte etwa auf drei Kärtchen schreiben und diese an eine umgedrehte Pinnwand heften. „Anschließend drehen Sie die Wand um, clustern die Punkte – und besprechen jene drei, die am häufigsten genannt wurden.“ 3. Die Gummibaumfrage: „Wenn der Gummibaum in unserer Kaffeeküche/Cafeteria oder in unserem Empfangsbereich reden könnte, was würde er sagen?“ Das bringt die Frage: Die Gummibaumfrage nutzt das Stellvertreter-Prinzip: Sie fingiert, dass nicht das Teammitglied selbst ein Thema anspricht, sondern eben der Gummibaum. Das macht es Menschen Schüller zufolge sehr viel leichter, deutlich zu sagen, was ihnen auf dem Herzen liegt. Und weil die Frage in einem Raum wie der Kaffeeküche verortet ist, erhielten Chefs und Chefinnen damit vor allem Rückmeldungen zu Klatsch-und-Tratsch-Themen. „In den Antworten erfahren Sie Dinge, die meist jeder im Team irgendwie mitkriegt – nur Sie selbst nicht“, erklärt Schüller. Beispielsweise könnte über die Gummibaumfrage herauskommen, dass eine Mitarbeiterin oft über Sie als Chefin lästert, immer nur negative Stimmung verbreitet und andere damit ansteckt. Oder Sie sich in Meetings regelmäßig zu viel Raum in Gesprächen nehmen. „Sie erfahren Dinge, von denen alle denken, dass Sie das wissen müssten. Doch das ist nicht der Fall – denn Sie stehen ja meist nicht mit in der Kaffeeküche und niemand spricht sonst mit Ihnen über diese Themen“, so Schüller. So sollten Sie die Frage stellen: Weil bei der Gummibaumfrage oft heikle Dinge zur Sprache kommen, sollten Sie diese Frage, ähnlich wie die Gewissensfrage, anonym und schriftlich stellen. Und zwar auch in Unternehmen, die in Sachen Feedbackkultur schon weit vorangekommen sind. [zur-person] Wie sollten Führungskräfte auf Feedback reagieren, das wehtut? Wer sich ungeschöntes Feedback einholt, muss damit rechnen, Dinge zu hören, die einen richtig treffen. Schüller rät dazu, sich für solches Feedback ebenso zu bedanken wie für positive Rückmeldungen. „Auch, wenn es schwerfällt und viel menschliche Größe verlangt, sollten Sie das unbedingt tun. Nur so zeigen Sie, dass Ihnen Feedback wirklich wichtig ist, Sie sich maximale Offenheit wünschen – und diese wertschätzen“, sagt Schüller. Kämen Gefühle hoch wie Verletztheit, Enttäuschung oder Scham, könnte man diese ruhig zeigen und ansprechen. „Das macht Sie menschlich und nahbar – etwas, das gute Führungskräfte auszeichnet“, so Schüller weiter. Formulieren ließe sich das zum Beispiel so: „Leute, ganz ehrlich, die Rückmeldung XY hat mir richtig wehgetan. Aber ich danke der Person, die den Mut hatte, mir das Problem in der ganzen Tragweite offen mitzuteilen. Ich werde daran arbeiten. Und wenn das nicht gleich klappen sollte, gebt mir bitte nochmal einen Hinweis.“ Oder: „Ich bin ehrlich gesagt traurig darüber, dass Projekt XY manchen von euch so schlecht in Erinnerung geblieben ist. Ich habe damit so viel Gutes bewirken wollen und finde es schade, dass es in die andere Richtung gegangen ist. Aber ich bin dankbar, dass ihr so offen seid und wir über solche Dinge sprechen können. Ich werde mir jetzt überlegen, was ich tun kann, damit ich es das nächste Mal besser mache – und dann auch das Projekt besser läuft.“ Was gibt es noch zu beachten? Schüller empfiehlt, die Fragen für ehrliches Feedback einzeln zu stellen, anstatt sie beispielsweise über einen Fragebogen gesammelt beantworten zu lassen. „Die Fragen zielen auf sehr unterschiedliche Bereiche, haben einen Fokus – den sollten Sie nicht verwässern“, so die Management-Expertin. Zudem gäben die Antworten auf jede einzelne Frage Chefs und Chefinnen in der Regel genug Arbeit auf. „Das Wichtigste ist, dass Sie auf die Rückmeldungen reagieren. Kommen Sie als Chefin etwa immer zehn Minuten zu spät und jemand äußert das in seinem Feedback, dann müssen Sie das abstellen.“ Nur, wenn Mitarbeitende sähen, dass ihr Feedback etwas bewirkt, werde sich eine wirklich offene Feedbackkultur etablieren. So dass Teammitglieder irgendwann von selbst kämen, wenn sie etwas stört – und nicht auf den nächsten Feedback-Workshop damit warten. Was Schüller außerdem noch empfiehlt: Beim Sichten des Feedbacks bewusst entscheiden, bei welchen Punkten man selbst aktiv werden will – und welche man an die Teammitglieder zurückspielt. „Die Gummibaumfrage etwa wird Dinge zutage fördern, um die Sie sich als Chef oder Chefin nicht kümmern müssen. Etwa, wenn zwei Kollegen einen Konflikt haben, weil einer immer sein Mittagsessen am Schreibtisch isst oder nie die Spülmaschine in der Kaffeeküche ausräumt“, rät Schüller. Wer auf jedes Feedback reagiere, gerate nicht nur schnell ins Mikromanagement. „Sie spielen sich zudem öfter als Richter auf. Und das ist die schlechteste Position, die Sie einnehmen können – weil dann eine Konfliktpartei verliert und diese Person fortan sehr wahrscheinlich intrigieren wird“, so die Expertin. Sie sind impulse-Mitglied? Dann nutzen Sie diesen Selbsttest zu Ihrer persönlichen Kritikfähigkeit, um herauszufinden, ob Sie überhaupt angemessen auf negatives Feedback reagieren können: „Schnauze!“ Dieser Fragebogen zeigt, wie kritikfähig Sie sind“.