Kritikfähigkeit verbessern
So lernen Sie, mit Kritik von Mitarbeitern besser umzugehen

Kritik von Mitarbeitern empfinden viele Chefs als lästig oder gar als Angriff. Warum es sich lohnt, die eigene Kritikfähigkeit zu verbessern - und wie Sie Kritik positiv annehmen.

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Abwehr ist bei vielen Chefs die erste Reaktion bei Kritik. Es lohnt sich aber, seine Kritikfähigkeit  zu verbessern - denn in fast jeder Kritik steckt etwas, das einen weiterbringt.
Abwehr ist bei vielen Chefs die erste Reaktion bei Kritik. Es lohnt sich aber, seine Kritikfähigkeit zu verbessern - denn in fast jeder Kritik steckt etwas, das einen weiterbringt.

Welcher Chef wünscht sich das nicht: erfolgreicher und stressfreier am Arbeitsplatz mit Kritik umgehen. Konfliktmanagement-Experte Timo Müller unterstützt Führungskräfte dabei, ihre Kritikfähigkeit zu verbessern. Im Interview erklärt er, wo Sie konkret ansetzen können – ein Gespräch über Mitarbeiter, die sich im Ton vergreifen, Ich-Botschaften und die Basta-Mentalität von Chefs.

impulse: Herr Müller, warum sollte ich als Chef lernen, mit Kritik von Mitarbeitern besser umzugehen?

Timo Müller (IKuF): Wenn Sie mit Kritik nicht gut umgehen können, erleben Sie mehr Stress als nötig. Darauf könnte man erwidern: „Dazu brauche ich keine Kritikfähigkeit: Ich lasse einfach keine Kritik zu und schon habe ich keinen Stress.“ Das aber wäre wirtschaftlich kontraproduktiv.

Wieso das?

Immer mehr Mitarbeiter gehören der Generation Y an, sind also ab 1980 geboren. Sie erwarten, auf Augenhöhe mitzusprechen oder wenigstens eingebunden zu werden. Eine Basta-Mentalität des Vorgesetzten – „Es wird so gemacht, wie ich es sage. Ich will von euch nichts hören.“ – demotiviert sie. Die Folge: verminderte Leistungen, Dienst nach Vorschrift, Bildung von Konfliktlagern, Fehlzeiten und sogar Kündigungen. Und dann gibt es noch einen weiteren Grund …

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Nämlich?

Ihre Mitarbeiter werden Ihnen vermutlich kein Feedback mehr geben, wenn Sie laut oder aggressiv werden oder Kritiker auf andere Weise abwerten. Ohne Feedback fehlt Ihnen aber Ihr „Treibstoff“ zur Optimierung: Um Ihr Team und sich als Führungskraft weiterzuentwickeln, brauchen Sie kritische Sichtweisen und Ideen von anderen Menschen.

Unser Experte

timo-mueller

Timo Müller ist Experte für Feedback-Kommunikation und Konfliktmanagement und leitet das private Institut für Konfliktmanagement und Führungskommunikation (IKuF) in Köln. Müller hat über Konfliktforschung promoviert und arbeitet als Business-Trainer, Vortragsreferent und Coach/Berater. Sein neues Buch „Bevor der Sturm beginnt. Wie Führungskräfte effektiv Konflikte verhindern und bewältigen" erscheint im August 2018.

Als Führungskraft habe ich aber doch den besten inhaltlichen Überblick.

Das mag zwar sein. Es wird aber immer Mitarbeiter geben, die sich zumindest in Detailfragen besser auskennen – oder auch innovative Gedanken haben, die Sie nicht hatten. Der größte Fehler im Umgang mit Kritik ist deshalb, wenn ein Chef denkt, er wüsste alles (!) besser als seine Mitarbeiter: Wenn er alle fremden Gedanken als Kritik erlebt und vom Tisch wischt. Als Führungskraft ist es Ihre Aufgabe, einen kritischen Austausch zuzulassen, die produktiven Gedanken anderer herauszufiltern und in Ihre Überlegungen zu integrieren.

Viele Chefs empfinden es aber als demütigend, von einem Untergebenen kritisiert zu werden …

Schon der Begriff „Untergebener“ führt in die Irre. Ich spreche von „Mitarbeiter“, denn das erste Ziel ist die Mitarbeit – Unterordnung ist nicht notwendig.

Aber was kann ich denn tun, wenn ich die Kritik meiner Mitarbeiter nun mal als Angriff erlebe?

In diesem Fall empfehle ich, in einem Coaching oder Training daran zu arbeiten. Es gibt verschiedene Gründe, warum eine Kritik jemanden stresst. Diese herauszuarbeiten, macht Sinn. Tatsächlich leben Sie danach stressfreier – und können Ihre Energie sinnvoller nutzen.

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Manchmal vergreift sich aber auch ein Mitarbeiter bei seiner Kritik im Ton. Wie reagiere ich in einer solchen Situation richtig?

Ich sage ihm, dass ich seine Sichtweise gerne hören möchte, aber bitte mit weniger Lautstärke. Selbst in einer solchen Kritik gibt es nämlich häufig Aspekte, die ich nutzen kann, um als Organisationseinheit besser zu werden. Teilweise macht es aber auch Sinn, dem Mitarbeiter die Gelegenheit zu geben, sich lautstark zu ärgern.

Wieso das?

Wenn sich ein Mitarbeiter im Ton vergreift, scheint er durch etwas sehr gestresst zu werden. Als Führungskraft sollten Sie ergründen, woher diese negative Energie kommt. Manchmal werden auf diese Weise auch private Probleme am Arbeitsplatz ausagiert – oder auch negative Prägungen aus der Kindheit.

Manchmal liegt der Mitarbeiter auch einfach falsch mit seiner Kritik. Wie reagiere ich dann?

Werten Sie die Kritik nicht ab. Fragen Sie sich: Wie würde ich in einer solchen Situation gerne behandelt werden? Sie hätten vielleicht ähnlich kritisiert, wenn Sie den Erfahrungs- und Kenntnisstand Ihres Mitarbeiters gehabt hätten. Erklären Sie sachlich, warum die Kritik aus Ihrer Sicht nicht tragfähig ist. Und schauen Sie auch, welches Wissen Ihr Mitarbeiter braucht, um beim nächsten Mal eine bessere Rückmeldung geben zu können. Aus meinen Coachings weiß ich: Oft führt ein unzureichender Erfahrungs- oder Kenntnisstand zu Kritik. Deshalb sollte ein Vorgesetzter seine Entscheidungen zumindest kurz erläutern.

Frühkindliche Prägung, Mangel an Informationen: Offenbar fällt der Umgang mit Kritik leichter, wenn man versteht, warum der Mitarbeiter sie äußert. Können noch andere Gründe dahinter stecken?

Häufig geht es – direkt oder indirekt – um Respekt: Der Mitarbeiter stuft den Tonfall des Chefs als unangemessen ein – zum Beispiel als aggressiv oder barsch. Der Mitarbeiter findet das Handeln des Vorgesetzten nicht berechenbar. Er fühlt sich nicht gehört. Vielleicht fehlen ihm auch Lob und konstruktive Kritik von Seiten der Führungskraft.

Bei allem Verständnis für die Mitarbeiter sind Chefs aber auch nur Menschen. Wie schaffe ich es, meine Emotionen zu zügeln, wenn ich bei einer Kritik merke: „Gleich überkommt es mich“?

Es ist durchaus professionell, ein Gespräch abzubrechen, wenn Sie kurz davor sind, emotional zu entgleisen. Beenden Sie die Unterhaltung mit einem sachlichen Kommentar und beschreiben Sie kurz mit einer Ich-Botschaft, warum es nötig ist, später weiterzureden. Wichtig und oft von Führungskräften übersehen: Ich muss als Führungskraft auch in Kommunikationssituationen den langfristigen Erfolg im Blick haben. Und aus dieser Perspektive ist es durchaus sinnvoll, manches Gespräch zu vertagen.

Angenommen, ich habe nun durchgeatmet und mich abgeregt. Der Mitarbeiter auch – er äußert seine Kritik sachlich und ruhig. Worauf kommt es jetzt an?

Hören Sie aktiv zu. Reagieren Sie sachlich und nehmen Sie die Kritik nicht als Angriff. Idealerweise bedanken Sie sich am Ende für das Feedback, wenn es sachlich formuliert war. So etabliert sich eine gewinnbringende, konstruktive Feedback-Kultur.

Sollte man seine Mitarbeiter zur Kritik am Chef ermutigen?

Ein klares „Ja“ – aber mit einer wichtigen Einschränkung: Ich brauche Mitarbeiter, die Feedback geben können. Mitarbeiter, die mich als Person angreifen, produzieren nur zusätzlichen Stress, auf den ich gut verzichten kann. Ich empfehle daher: Etablieren Sie in Ihrem Team eine professionelle Feedback-Kultur. Alle Beteiligten sollten in der Lage sein, sachlich-konstruktiv Feedback zu geben und Kritik anzunehmen.

Kann jeder Mensch lernen, seine Kritikfähigkeit zu verbessern?

Die gute Nachricht: Jeder kann seine Fähigkeiten verbessern. Ich habe sogar schon einer Führungskraft, die sich selbst als cholerisch eingestuft hatte, einen besseren Umgang mit Kritik antrainiert.


Richtig Kritik üben

Kritik an den Leistungen der Mitarbeiter ist manchmal nötig – aber wie äußert man sie richtig? Warum Druck ausüben kontraproduktiv ist und wie Sie als Führungskraft erfolgreicher kommunizieren, erfahren Sie in unserem Artikel: „Konfliktkommunikation: Wie Sie Kritik üben, ohne Ihre Mitarbeiter zu verärgern“.

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Welcher Chef wünscht sich das nicht: erfolgreicher und stressfreier am Arbeitsplatz mit Kritik umgehen. Konfliktmanagement-Experte Timo Müller unterstützt Führungskräfte dabei, ihre Kritikfähigkeit zu verbessern. Im Interview erklärt er, wo Sie konkret ansetzen können - ein Gespräch über Mitarbeiter, die sich im Ton vergreifen, Ich-Botschaften und die Basta-Mentalität von Chefs. impulse: Herr Müller, warum sollte ich als Chef lernen, mit Kritik von Mitarbeitern besser umzugehen? Timo Müller (IKuF): Wenn Sie mit Kritik nicht gut umgehen können, erleben Sie mehr Stress als nötig. Darauf könnte man erwidern: "Dazu brauche ich keine Kritikfähigkeit: Ich lasse einfach keine Kritik zu und schon habe ich keinen Stress." Das aber wäre wirtschaftlich kontraproduktiv. Wieso das? Immer mehr Mitarbeiter gehören der Generation Y an, sind also ab 1980 geboren. Sie erwarten, auf Augenhöhe mitzusprechen oder wenigstens eingebunden zu werden. Eine Basta-Mentalität des Vorgesetzten – "Es wird so gemacht, wie ich es sage. Ich will von euch nichts hören." – demotiviert sie. Die Folge: verminderte Leistungen, Dienst nach Vorschrift, Bildung von Konfliktlagern, Fehlzeiten und sogar Kündigungen. Und dann gibt es noch einen weiteren Grund ... Nämlich? Ihre Mitarbeiter werden Ihnen vermutlich kein Feedback mehr geben, wenn Sie laut oder aggressiv werden oder Kritiker auf andere Weise abwerten. Ohne Feedback fehlt Ihnen aber Ihr "Treibstoff" zur Optimierung: Um Ihr Team und sich als Führungskraft weiterzuentwickeln, brauchen Sie kritische Sichtweisen und Ideen von anderen Menschen. Als Führungskraft habe ich aber doch den besten inhaltlichen Überblick. Das mag zwar sein. Es wird aber immer Mitarbeiter geben, die sich zumindest in Detailfragen besser auskennen - oder auch innovative Gedanken haben, die Sie nicht hatten. Der größte Fehler im Umgang mit Kritik ist deshalb, wenn ein Chef denkt, er wüsste alles (!) besser als seine Mitarbeiter: Wenn er alle fremden Gedanken als Kritik erlebt und vom Tisch wischt. Als Führungskraft ist es Ihre Aufgabe, einen kritischen Austausch zuzulassen, die produktiven Gedanken anderer herauszufiltern und in Ihre Überlegungen zu integrieren. Viele Chefs empfinden es aber als demütigend, von einem Untergebenen kritisiert zu werden ... Schon der Begriff "Untergebener" führt in die Irre. Ich spreche von "Mitarbeiter", denn das erste Ziel ist die Mitarbeit – Unterordnung ist nicht notwendig. Aber was kann ich denn tun, wenn ich die Kritik meiner Mitarbeiter nun mal als Angriff erlebe? In diesem Fall empfehle ich, in einem Coaching oder Training daran zu arbeiten. Es gibt verschiedene Gründe, warum eine Kritik jemanden stresst. Diese herauszuarbeiten, macht Sinn. Tatsächlich leben Sie danach stressfreier – und können Ihre Energie sinnvoller nutzen. Manchmal vergreift sich aber auch ein Mitarbeiter bei seiner Kritik im Ton. Wie reagiere ich in einer solchen Situation richtig? Ich sage ihm, dass ich seine Sichtweise gerne hören möchte, aber bitte mit weniger Lautstärke. Selbst in einer solchen Kritik gibt es nämlich häufig Aspekte, die ich nutzen kann, um als Organisationseinheit besser zu werden. Teilweise macht es aber auch Sinn, dem Mitarbeiter die Gelegenheit zu geben, sich lautstark zu ärgern. Wieso das? Wenn sich ein Mitarbeiter im Ton vergreift, scheint er durch etwas sehr gestresst zu werden. Als Führungskraft sollten Sie ergründen, woher diese negative Energie kommt. Manchmal werden auf diese Weise auch private Probleme am Arbeitsplatz ausagiert – oder auch negative Prägungen aus der Kindheit. Manchmal liegt der Mitarbeiter auch einfach falsch mit seiner Kritik. Wie reagiere ich dann? Werten Sie die Kritik nicht ab. Fragen Sie sich: Wie würde ich in einer solchen Situation gerne behandelt werden? Sie hätten vielleicht ähnlich kritisiert, wenn Sie den Erfahrungs- und Kenntnisstand Ihres Mitarbeiters gehabt hätten. Erklären Sie sachlich, warum die Kritik aus Ihrer Sicht nicht tragfähig ist. Und schauen Sie auch, welches Wissen Ihr Mitarbeiter braucht, um beim nächsten Mal eine bessere Rückmeldung geben zu können. Aus meinen Coachings weiß ich: Oft führt ein unzureichender Erfahrungs- oder Kenntnisstand zu Kritik. Deshalb sollte ein Vorgesetzter seine Entscheidungen zumindest kurz erläutern. Frühkindliche Prägung, Mangel an Informationen: Offenbar fällt der Umgang mit Kritik leichter, wenn man versteht, warum der Mitarbeiter sie äußert. Können noch andere Gründe dahinter stecken? Häufig geht es – direkt oder indirekt – um Respekt: Der Mitarbeiter stuft den Tonfall des Chefs als unangemessen ein – zum Beispiel als aggressiv oder barsch. Der Mitarbeiter findet das Handeln des Vorgesetzten nicht berechenbar. Er fühlt sich nicht gehört. Vielleicht fehlen ihm auch Lob und konstruktive Kritik von Seiten der Führungskraft. Bei allem Verständnis für die Mitarbeiter sind Chefs aber auch nur Menschen. Wie schaffe ich es, meine Emotionen zu zügeln, wenn ich bei einer Kritik merke: "Gleich überkommt es mich"? Es ist durchaus professionell, ein Gespräch abzubrechen, wenn Sie kurz davor sind, emotional zu entgleisen. Beenden Sie die Unterhaltung mit einem sachlichen Kommentar und beschreiben Sie kurz mit einer Ich-Botschaft, warum es nötig ist, später weiterzureden. Wichtig und oft von Führungskräften übersehen: Ich muss als Führungskraft auch in Kommunikationssituationen den langfristigen Erfolg im Blick haben. Und aus dieser Perspektive ist es durchaus sinnvoll, manches Gespräch zu vertagen. Angenommen, ich habe nun durchgeatmet und mich abgeregt. Der Mitarbeiter auch – er äußert seine Kritik sachlich und ruhig. Worauf kommt es jetzt an? Hören Sie aktiv zu. Reagieren Sie sachlich und nehmen Sie die Kritik nicht als Angriff. Idealerweise bedanken Sie sich am Ende für das Feedback, wenn es sachlich formuliert war. So etabliert sich eine gewinnbringende, konstruktive Feedback-Kultur. Sollte man seine Mitarbeiter zur Kritik am Chef ermutigen? Ein klares "Ja" – aber mit einer wichtigen Einschränkung: Ich brauche Mitarbeiter, die Feedback geben können. Mitarbeiter, die mich als Person angreifen, produzieren nur zusätzlichen Stress, auf den ich gut verzichten kann. Ich empfehle daher: Etablieren Sie in Ihrem Team eine professionelle Feedback-Kultur. Alle Beteiligten sollten in der Lage sein, sachlich-konstruktiv Feedback zu geben und Kritik anzunehmen. Kann jeder Mensch lernen, seine Kritikfähigkeit zu verbessern? Die gute Nachricht: Jeder kann seine Fähigkeiten verbessern. Ich habe sogar schon einer Führungskraft, die sich selbst als cholerisch eingestuft hatte, einen besseren Umgang mit Kritik antrainiert. Richtig Kritik üben Kritik an den Leistungen der Mitarbeiter ist manchmal nötig - aber wie äußert man sie richtig? Warum Druck ausüben kontraproduktiv ist und wie Sie als Führungskraft erfolgreicher kommunizieren, erfahren Sie in unserem Artikel: "Konfliktkommunikation: Wie Sie Kritik üben, ohne Ihre Mitarbeiter zu verärgern".