Wann Urlaub verfällt und wann Unternehmen ihn auszahlen müssen
Ein Mitarbeiter wird im Urlaub krank und will ihn nachholen – darf er das? Was mit dem Urlaubsanspruch bei Krankheit passiert, was bei langer Krankheit gilt und wann Urlaub verjährt.
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Inhalt: Das erwartet Sie in diesem Artikel
Was passiert mit dem Urlaubsanspruch, wenn Arbeitnehmer während ihres Urlaubs krank werden?
Ein Arbeitnehmer bekommt während seines zweiwöchigen Urlaubs die Grippe – da er den Urlaub bereits eingereicht hat, hat er Pech gehabt, könnte man meinen. Doch der Gesetzgeber sieht das anders: Der Arbeitnehmer darf die Urlaubstage, an denen er krank war, zu einem anderen Zeitpunkt nachholen (§9 Bundesurlaubsgesetz, kurz BUrlG). „Das ist dem Umstand geschuldet, dass Urlaub der Erholung dienen soll“, sagt Albrecht Lauf, Fachanwalt für Arbeitsrecht bei der Kanzlei white ip | Patent & Legal in Dresden. „Wenn man krank ist, erholt man sich nicht von der Arbeit. Erkrankt man während des Urlaubs, werden die Urlaubstage daher nicht auf den Jahresurlaub angerechnet.“
Dabei gelten die gleichen Regeln wie bei jeder Krankschreibung:
Mitarbeiter müssen zum Arzt gehen und sich die Arbeitsunfähigkeit attestieren lassen – auch, wenn sie im Ausland sind. Das Attest müssen sie ihrem Arbeitgeber schicken.
Sie müssen dem Arbeitgeber ihre Krankheit ab Tag eins melden.
Wichtig: Reicht ein Arbeitnehmer kein Attest ein, obwohl er im Urlaub krank war, gilt der Urlaub als genommen – sein Arbeitgeber muss ihm die Krankheitstage nicht gutschreiben.
Ein Mitarbeiter erkrankt im Urlaub und reicht ein Attest ein – verlängert sich sein Urlaub automatisch?
Nein. Mitarbeiter müssen den Urlaub mit ihrem Chef oder ihrer Chefin neu vereinbaren. Lauf: „Der Urlaub ist nur für einen bestimmten Zeitraum genehmigt worden. Arbeitnehmer dürfen sich nicht selbst beurlauben. Das ist ein Abmahnungsgrund und im Zweifel auch ein Kündigungsgrund.“
Vereinbaren Chefin und Mitarbeiter einen neuen Urlaubszeitraum, müssen Arbeitgeber grundsätzlich den Wünschen des Mitarbeiters nachkommen – es sei denn, dringende betriebliche Gründe sprechen dagegen. Das kann laut Arbeitsrechtler Lauf beispielsweise ein Großauftrag sein, für den der Arbeitgeber im gefragten Zeitraum jeden Mitarbeiter braucht.
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Chefs können den neuen Urlaubswunsch auch dann verweigern, wenn zum gewünschten Zeitraum bereits mehrere Mitarbeiter Urlaub nehmen. Gerade kleine Betriebe sind sonst schnell unterbesetzt. In beiden Fällen müssen Vorgesetzte und Mitarbeiter einen anderen Zeitraum für den Urlaub finden. In manchem Fällen können Arbeitgeber auch eine Urlaubssperre anordnen.
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Albrecht Lauf ist Fachanwalt für Arbeitsrecht sowie für Handels- und Gesellschaftsrecht bei der Kanzlei white ip | Patent & Legal in Dresden. Er berät Arbeitgeber unter anderem in Personalangelegenheiten, erstellt und prüft Arbeitsverträge.
Verfällt der Urlaubsanspruch, wenn ein Mitarbeiter kurz vor Jahresende im Urlaub krank wird?
Grundsätzlich müssen Arbeitnehmer ihren Urlaub im laufenden Kalenderjahr nehmen. Das Bundesurlaubsgesetz erlaubt Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern aber in Ausnahmen, Resturlaub auf das nächste Jahr zu übertragen:
Wenn laut 7 BUrlG „dringende in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen“. Das ist beispielsweise der Fall, wenn ein Mitarbeiter wegen einer Krankheit nicht seinen gesamten Jahresurlaub nehmen konnte.
Wenn dringende betriebliche Gründe verhindern, dass ein Mitarbeiter seinen gesamten Jahresurlaub nehmen kann. Das kann passieren, wenn ein Mitarbeiter im Urlaub krank war, ein Attest eingereicht hat und kurz vor Jahresende einen neuen Urlaubszeitraum vereinbaren möchte – die Chefin seinen Wünschen aber wegen Unterbesetzung nicht nachkommen kann.
Wird Urlaub aufs nächste Jahr übertragen, müssen Arbeitnehmer ihn innerhalb der ersten drei Monate nehmen, also bis einschließlich zum 31. März – sonst verfällt er.
Achtung: Früher verfiel nicht genommener Urlaub automatisch am Jahresende. Versäumten Mitarbeiter also, Urlaubstage nachzuholen, die ihnen wegen Krankheit wieder gutgeschrieben wurden, verfielen diese. Das ist seit Ende 2018 anders: „Wenn noch Urlaubsansprüche offen sind zum Ende des Jahres, muss der Arbeitgeber die Arbeitnehmer darauf hinweisen“, sagt Lauf.
„Das bedeutet: Versäumt ein Arbeitgeber bis zum Jahresende, in einem Anschreiben oder in einer E-Mail darauf hinzuweisen, dass nicht genommener Urlaub grundsätzlich Ende des Jahres verfällt, dann ist er nach der neuen Rechtsprechung nicht verfallen. Gerne werden für diesen Hinweis auch die Lohn- oder Gehaltsabrechnungen verwendet. Wichtig ist, dass der Hinweis auffallen muss, also nicht unbedingt in Schriftgröße 6 geschrieben sein sollte.“
In diesem Fall können Arbeitnehmer dem Rechtsanwalt zufolge den Urlaub auch über den 31. März des Folgejahres hinaus nehmen. Das hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) im November 2018 entschieden. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat die Vorgaben ins deutsche Recht übertragen. Auch eine Verjährung kommt ohne entsprechenden Hinweis nicht in Betracht. Diese Vorgabe des EuGH aus dem Jahr 2022 wurde vom BAG inzwischen ebenfalls ins deutsche Recht übertragen (9 AZR 266/20).
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Ohne Hinweis könnten erkrankte Arbeitnehmer auch Urlaub geltend machen, der mehr als drei Jahre zurück liegt. Die Hinweispflicht zum Verfall von Urlaub gilt übrigens für jegliche offene Urlaubstage – also nicht nur für wegen Krankheit nicht genommener Urlaubstage.
Haben Arbeitnehmer Ersatzanspruch, wenn sie im Urlaub ein krankes Kind pflegen müssen?
Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg entschied 2010 über einen Fall, in dem eine Arbeitnehmerin im Urlaub ihr krankes Kind pflegen musste. Wegen der Krankheit ihres Kindes habe sie sich nicht erholen können, sagte sie – und verlangte von ihrem Arbeitgeber, ihr die Urlaubstage wieder gutzuschreiben. Das Gericht entschied zugunsten des Arbeitgebers: Er musste den Urlaub nicht nachgewähren (LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 10.11.2010, 11 Sa 1475/10). Dem Urteil nach haben Arbeitnehmer also nur Ersatzanspruch, wenn sie selbst im Urlaub krank werden.
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Arbeitgeber können sich Rechtsanwalt Lauf zufolge zwar auf dieses Urteil berufen – er hält es aber für möglich, dass ein anderes Arbeitsgericht einen ähnlichen Fall anders beurteilen könnte.
Verfällt Urlaub bei Langzeiterkrankungen?
Sind Mitarbeiter mehrere Monate oder sogar jahrelang krank, können sie ihren Urlaub zwangsläufig nicht nehmen. Sie können ihre offenen Urlaubstage zunächst bis Ende März des Folgejahres übertragen. Kann ein Arbeitnehmer sie bis Ende März nicht nehmen, weil er immer noch krank ist, würden die Tage normalerweise verfallen. Der Europäische Gerichtshof hat allerdings entschieden, dass bei andauernder Langzeitkrankheit der Urlaubsanspruch erst später verfällt: nämlich frühestens 15 Monate nach Ende des Urlaubsjahres (das sogenannte Schultz-Hoff-Urteil vom 20.1.2009, EuGH, Az.: C-350/06 C-520/06, und EuGH, Urteil vom 22.11.2011, Az.: C-214/10).
Ab wann eine Erkrankung als Langzeiterkrankung gilt, ist nicht genau definiert. Laut Lauf kommt es dabei auf den Einzelfall an. Erkrankungen, die kürzer als sechs Wochen dauern, würden aber nicht als Langzeiterkrankung gelten.
Beispiel: Herr Kranz, Mitarbeiter einer kleinen Brauerei, hat 30 Tage Urlaub im Jahr. Er wurde im Februar 2022 krank. Zu diesem Zeitpunkt hatte er noch keinen Urlaub genommen. Er ist das gesamte Jahr 2022 und 2023 krankgeschrieben. Anfang 2024 hat er Anspruch auf den Urlaub des laufenden Jahres und der beiden vergangenen Jahre – insgesamt 90 Tage. Ende März 2024 verfällt allerdings sein Urlaubsanspruch von 2022, danach bleiben 60 Tage Urlaub (je 30 Tage aus 2022 und 2023).
Würde die Brauerei Herrn Kranz zum 31.3.2024 kündigen, berechnet sich sein Urlaubsanspruch aus 2024 anteilig – jeweils ein Zwölftel von 30 Urlaubstagen pro vollem Monat, den er noch angestellt ist. Für die drei Monate bis Ende März wären das aufgerundet 8 Tage. Er hat damit also noch 68 offene Urlaubstage.
Kündigt ihm sein Arbeitgeber so, dass das Arbeitsverhältnis nach dem 31.3., aber vor dem 1.7.2024 endet, dann stehen dem Arbeitnehmer die 30 Tage aus 2023 zu und der anteilige Urlaub aus 2024 – nicht mehr jedoch der Urlaub aus 2022.
Kündigt der Arbeitgeber hingegen so, dass das Arbeitsverhältnis in der 2. Jahreshälfte 2024 endet (ab 1.7.), stehen Herrn Kranz noch 60 Tage Urlaub zu. Zu diesem Zeitpunkt ist zwar der Anspruch aus 2022 verfallen, weil er aber erst in der zweiten Hälfte des Jahres 2024 ausscheidet, steht ihm laut Lauf der gesamte Jahresurlaub 2024 zu.
Müssen Arbeitgeber Langzeiterkrankte auf die Verfallsfrist hinweisen?
„Es empfiehlt sich in jedem Fall, auch Langzeiterkrankte auf die Verfallfristen hinzuweisen“, sagt der Arbeitsrechtsexperte Lauf. Der Verfall des Urlaubs nach 15 Monaten bei Langzeiterkrankung trete zwar auch ohne Hinweispflicht ein. „Allerdings führt ein unterlassender Hinweis dazu, dass noch offene Urlaubstage aus der Zeit vor der Krankheit nicht verfallen, sondern bestehen bleiben und nach einer etwaigen Genesung genommen werden könnten“, weist Lauf darauf hin.
Scheidet der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin aus dem Unternehmen aus, müssten die Urlaubstage abgegolten werden. Dies ist inzwischen durch den EuGH entschieden und auch vom BAG bestätigt (9 AZR 245/19).
Gilt die Verfallsfrist für den gesetzlichen Mindesturlaub oder für den vertraglichen vereinbarten Urlaub?
Gemäß §3 BUrlG haben Arbeitnehmer bei einer Sechs-Tage-Woche Anspruch auf einen Mindesturlaub von 24 Tagen, bei einer Fünf-Tage-Woche entsprechend einen Anspruch auf 20 Tage. Viele Arbeitgeber gewähren ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Arbeitsvertrag aber zusätzliche Urlaubstage. Ob Arbeitnehmer den vertraglich vereinbarten Urlaub oder nur den gesetzlichen Mindesturlaub bei Langzeiterkrankungen übertragen können, hängt vom Arbeitsvertrag ab.
Albrecht Lauf zufolge kommt es dabei auf die Formulierung an: „Trifft man keine zusätzlichen Regelungen und schreibt einfach: ‚Der Arbeitnehmer hat Anspruch auf 30 Tage Urlaub‘, dann folgt dieser zusätzliche vertragliche Urlaub den Regeln des gesetzlichen Urlaubs. Das heißt: Er verfällt grundsätzlich nicht, sondern überträgt sich bei Langzeiterkrankung auf 15 Monate nach Ablauf des Urlaubsjahres.“
Arbeitgeber können für den Urlaub, den sie über den gesetzlichen Mindesturlaub hinaus gewähren, auch abweichende Regelungen treffen, die sie im Arbeitsvertrag festhalten. Etwa mit einer Formulierung wie dieser, so Lauf: „Der Arbeitnehmer hat Anspruch auf den gesetzlichen Mindesturlaub von 20 Arbeitstagen bei einer Beschäftigung von einer 5-Tage-Woche. Zusätzlich gewährt der Arbeitgeber einen vertraglichen Urlaub von X Tagen.“
„Man kann dann beispielsweise in den Vertrag schreiben, dass der zusätzliche vertragliche Urlaub unabhängig vom gesetzlichen Urlaub Ende des Jahres verfällt. Das muss aber explizit im Arbeitsvertrag stehen“, sagt Lauf.
Beispiel: Frau Schmidt hat bei einer 5-Tage-Woche 28 Tage Urlaub – zusätzlich zum gesetzlichen Mindesturlaub also acht vertraglich vereinbarte Urlaubstage. Ihr Arbeitgeber legt in ihrem Arbeitsvertrag explizit fest, dass zum Jahresende der zusätzlich gewährte vertragliche Urlaub verfällt. Hat Frau Schmidt also Ende Dezember noch zwei offene Urlaubstage, die durch Krankheit während einer Reise entstanden sind, verfällt dieser Urlaub.
Können Arbeitgeber offenen Urlaub auszahlen, wenn Langzeiterkrankte zurückkehren?
Angenommen, ein Angestellter hat laut Vertrag jährlich 30 Urlaubstage und ist die ganzen Jahre 2022 und 2023 krank. Im Januar 2024 kehrt er gesund in die Firma zurück. Damit sein Urlaubsanspruch aus 2022 nicht verfällt, müsste er bis Ende März 30 Tage Urlaub nehmen – er würde also direkt wieder einen Monat fehlen.
Arbeitgeber, die so einen Fall verhindern wollen, dürfen den offenen Urlaubsanspruch allerdings nicht auszahlen. Lauf: „Auf Urlaub darf nicht verzichtet werden und Urlaub darf man während eines bestehenden Arbeitsverhältnisses nicht abgelten.“
Arbeitgeber und Arbeitnehmer können laut Lauf allerdings eine alternative Lösung vereinbaren, mit der der Urlaubsanspruch weder verfällt, noch der Mitarbeiter direkt wieder fehlt: Sie können beispielsweise festlegen, dass der Mitarbeiter den aufgestauten Urlaub in den nächsten zwei bis drei Jahren nehmen kann.
Müssen Arbeitgeber einen offenen Urlaubsanspruch abgelten, wenn sie Langzeiterkrankten kündigen?
Wer Langzeiterkrankten beispielsweise personenbedingt kündigt, muss ihnen die offenen Urlaubstage auszahlen – das regelt §7 Absatz 4 BUrlG. Auch hier gilt: Je nachdem, was im Arbeitsvertrag steht, müssen entweder der vertraglich vereinbarten Urlaub oder der gesetzliche Mindesturlaub abgegolten werden.
Eine Möglichkeit, diesen sogenannten Abgeltungsanspruch zu umgehen, ist über einen Aufhebungsvertrag: „Darin sollte stehen, dass der Mitarbeiter eine Abfindung in Höhe X bekommt und damit alle Ansprüche abgegolten sind“, so Lauf. „Die Abfindung muss auch nicht so hoch sein, wie die Urlaubsabgeltungsansprüche eigentlich wären.“
Der Rechtsanwalt rät: Wer langzeiterkrankte Mitarbeiter entlässt, sollte auf das Kündigungsdatum achten. Wer einem jahrelang kranken Mitarbeiter etwa zu Mitte März kündigt, muss eventuell offene Urlaubsansprüche aus zwei zurückliegenden und dem laufenden Jahr abgelten. Wer dagegen einem Mitarbeiter erst im April kündigt, muss ihm nur den Urlaub des vergangenen und laufenden Jahres (siehe Beispiel des Brauerei-Mitarbeiters oben) auszahlen.
Ein lang erkrankter Mitarbeiter kündigt – müssen Chefs auch dann die offenen Urlaubstage auszahlen?
Wird ein Mitarbeiter nach langer Krankheit wieder gesund und kündigt, weil er beispielsweise in eine andere Stadt zieht, muss sein Chef ihm trotzdem die offenen Urlaubstage auszahlen, soweit diese nicht anderweitig abgegolten werden können – zum Beispiel im Rahmen eines Aufhebungsvertrags oder einer Freistellung.
Was passiert mit dem Urlaubsanspruch, wenn Arbeitnehmer während ihres Urlaubs krank werden?
Ein Arbeitnehmer bekommt während seines zweiwöchigen Urlaubs die Grippe – da er den Urlaub bereits eingereicht hat, hat er Pech gehabt, könnte man meinen. Doch der Gesetzgeber sieht das anders: Der Arbeitnehmer darf die Urlaubstage, an denen er krank war, zu einem anderen Zeitpunkt nachholen (§9 Bundesurlaubsgesetz, kurz BUrlG). „Das ist dem Umstand geschuldet, dass Urlaub der Erholung dienen soll“, sagt Albrecht Lauf, Fachanwalt für Arbeitsrecht bei der Kanzlei white ip | Patent & Legal in Dresden. „Wenn man krank ist, erholt man sich nicht von der Arbeit. Erkrankt man während des Urlaubs, werden die Urlaubstage daher nicht auf den Jahresurlaub angerechnet.“
Dabei gelten die gleichen Regeln wie bei jeder Krankschreibung:
Mitarbeiter müssen zum Arzt gehen und sich die Arbeitsunfähigkeit attestieren lassen – auch, wenn sie im Ausland sind. Das Attest müssen sie ihrem Arbeitgeber schicken.
Sie müssen dem Arbeitgeber ihre Krankheit ab Tag eins melden.
Wichtig: Reicht ein Arbeitnehmer kein Attest ein, obwohl er im Urlaub krank war, gilt der Urlaub als genommen – sein Arbeitgeber muss ihm die Krankheitstage nicht gutschreiben.
Ein Mitarbeiter erkrankt im Urlaub und reicht ein Attest ein – verlängert sich sein Urlaub automatisch?
Nein. Mitarbeiter müssen den Urlaub mit ihrem Chef oder ihrer Chefin neu vereinbaren. Lauf: „Der Urlaub ist nur für einen bestimmten Zeitraum genehmigt worden. Arbeitnehmer dürfen sich nicht selbst beurlauben. Das ist ein Abmahnungsgrund und im Zweifel auch ein Kündigungsgrund.“
Vereinbaren Chefin und Mitarbeiter einen neuen Urlaubszeitraum, müssen Arbeitgeber grundsätzlich den Wünschen des Mitarbeiters nachkommen – es sei denn, dringende betriebliche Gründe sprechen dagegen. Das kann laut Arbeitsrechtler Lauf beispielsweise ein Großauftrag sein, für den der Arbeitgeber im gefragten Zeitraum jeden Mitarbeiter braucht.
Chefs können den neuen Urlaubswunsch auch dann verweigern, wenn zum gewünschten Zeitraum bereits mehrere Mitarbeiter Urlaub nehmen. Gerade kleine Betriebe sind sonst schnell unterbesetzt. In beiden Fällen müssen Vorgesetzte und Mitarbeiter einen anderen Zeitraum für den Urlaub finden. In manchem Fällen können Arbeitgeber auch eine Urlaubssperre anordnen.
Verfällt der Urlaubsanspruch, wenn ein Mitarbeiter kurz vor Jahresende im Urlaub krank wird?
Grundsätzlich müssen Arbeitnehmer ihren Urlaub im laufenden Kalenderjahr nehmen. Das Bundesurlaubsgesetz erlaubt Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern aber in Ausnahmen, Resturlaub auf das nächste Jahr zu übertragen:
Wenn laut 7 BUrlG „dringende in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen“. Das ist beispielsweise der Fall, wenn ein Mitarbeiter wegen einer Krankheit nicht seinen gesamten Jahresurlaub nehmen konnte.
Wenn dringende betriebliche Gründe verhindern, dass ein Mitarbeiter seinen gesamten Jahresurlaub nehmen kann. Das kann passieren, wenn ein Mitarbeiter im Urlaub krank war, ein Attest eingereicht hat und kurz vor Jahresende einen neuen Urlaubszeitraum vereinbaren möchte – die Chefin seinen Wünschen aber wegen Unterbesetzung nicht nachkommen kann.
Wird Urlaub aufs nächste Jahr übertragen, müssen Arbeitnehmer ihn innerhalb der ersten drei Monate nehmen, also bis einschließlich zum 31. März – sonst verfällt er.
Achtung: Früher verfiel nicht genommener Urlaub automatisch am Jahresende. Versäumten Mitarbeiter also, Urlaubstage nachzuholen, die ihnen wegen Krankheit wieder gutgeschrieben wurden, verfielen diese. Das ist seit Ende 2018 anders: „Wenn noch Urlaubsansprüche offen sind zum Ende des Jahres, muss der Arbeitgeber die Arbeitnehmer darauf hinweisen“, sagt Lauf.
„Das bedeutet: Versäumt ein Arbeitgeber bis zum Jahresende, in einem Anschreiben oder in einer E-Mail darauf hinzuweisen, dass nicht genommener Urlaub grundsätzlich Ende des Jahres verfällt, dann ist er nach der neuen Rechtsprechung nicht verfallen. Gerne werden für diesen Hinweis auch die Lohn- oder Gehaltsabrechnungen verwendet. Wichtig ist, dass der Hinweis auffallen muss, also nicht unbedingt in Schriftgröße 6 geschrieben sein sollte.“
In diesem Fall können Arbeitnehmer dem Rechtsanwalt zufolge den Urlaub auch über den 31. März des Folgejahres hinaus nehmen. Das hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) im November 2018 entschieden. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat die Vorgaben ins deutsche Recht übertragen. Auch eine Verjährung kommt ohne entsprechenden Hinweis nicht in Betracht. Diese Vorgabe des EuGH aus dem Jahr 2022 wurde vom BAG inzwischen ebenfalls ins deutsche Recht übertragen (9 AZR 266/20).
Ohne Hinweis könnten erkrankte Arbeitnehmer auch Urlaub geltend machen, der mehr als drei Jahre zurück liegt. Die Hinweispflicht zum Verfall von Urlaub gilt übrigens für jegliche offene Urlaubstage – also nicht nur für wegen Krankheit nicht genommener Urlaubstage.
Haben Arbeitnehmer Ersatzanspruch, wenn sie im Urlaub ein krankes Kind pflegen müssen?
Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg entschied 2010 über einen Fall, in dem eine Arbeitnehmerin im Urlaub ihr krankes Kind pflegen musste. Wegen der Krankheit ihres Kindes habe sie sich nicht erholen können, sagte sie – und verlangte von ihrem Arbeitgeber, ihr die Urlaubstage wieder gutzuschreiben. Das Gericht entschied zugunsten des Arbeitgebers: Er musste den Urlaub nicht nachgewähren (LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 10.11.2010, 11 Sa 1475/10). Dem Urteil nach haben Arbeitnehmer also nur Ersatzanspruch, wenn sie selbst im Urlaub krank werden.
Arbeitgeber können sich Rechtsanwalt Lauf zufolge zwar auf dieses Urteil berufen – er hält es aber für möglich, dass ein anderes Arbeitsgericht einen ähnlichen Fall anders beurteilen könnte.
Verfällt Urlaub bei Langzeiterkrankungen?
Sind Mitarbeiter mehrere Monate oder sogar jahrelang krank, können sie ihren Urlaub zwangsläufig nicht nehmen. Sie können ihre offenen Urlaubstage zunächst bis Ende März des Folgejahres übertragen. Kann ein Arbeitnehmer sie bis Ende März nicht nehmen, weil er immer noch krank ist, würden die Tage normalerweise verfallen. Der Europäische Gerichtshof hat allerdings entschieden, dass bei andauernder Langzeitkrankheit der Urlaubsanspruch erst später verfällt: nämlich frühestens 15 Monate nach Ende des Urlaubsjahres (das sogenannte Schultz-Hoff-Urteil vom 20.1.2009, EuGH, Az.: C-350/06 C-520/06, und EuGH, Urteil vom 22.11.2011, Az.: C-214/10).
Ab wann eine Erkrankung als Langzeiterkrankung gilt, ist nicht genau definiert. Laut Lauf kommt es dabei auf den Einzelfall an. Erkrankungen, die kürzer als sechs Wochen dauern, würden aber nicht als Langzeiterkrankung gelten.
[mehr-zum-thema]
Beispiel: Herr Kranz, Mitarbeiter einer kleinen Brauerei, hat 30 Tage Urlaub im Jahr. Er wurde im Februar 2022 krank. Zu diesem Zeitpunkt hatte er noch keinen Urlaub genommen. Er ist das gesamte Jahr 2022 und 2023 krankgeschrieben. Anfang 2024 hat er Anspruch auf den Urlaub des laufenden Jahres und der beiden vergangenen Jahre – insgesamt 90 Tage. Ende März 2024 verfällt allerdings sein Urlaubsanspruch von 2022, danach bleiben 60 Tage Urlaub (je 30 Tage aus 2022 und 2023).
Würde die Brauerei Herrn Kranz zum 31.3.2024 kündigen, berechnet sich sein Urlaubsanspruch aus 2024 anteilig – jeweils ein Zwölftel von 30 Urlaubstagen pro vollem Monat, den er noch angestellt ist. Für die drei Monate bis Ende März wären das aufgerundet 8 Tage. Er hat damit also noch 68 offene Urlaubstage.
Kündigt ihm sein Arbeitgeber so, dass das Arbeitsverhältnis nach dem 31.3., aber vor dem 1.7.2024 endet, dann stehen dem Arbeitnehmer die 30 Tage aus 2023 zu und der anteilige Urlaub aus 2024 - nicht mehr jedoch der Urlaub aus 2022.
Kündigt der Arbeitgeber hingegen so, dass das Arbeitsverhältnis in der 2. Jahreshälfte 2024 endet (ab 1.7.), stehen Herrn Kranz noch 60 Tage Urlaub zu. Zu diesem Zeitpunkt ist zwar der Anspruch aus 2022 verfallen, weil er aber erst in der zweiten Hälfte des Jahres 2024 ausscheidet, steht ihm laut Lauf der gesamte Jahresurlaub 2024 zu.
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Müssen Arbeitgeber Langzeiterkrankte auf die Verfallsfrist hinweisen?
„Es empfiehlt sich in jedem Fall, auch Langzeiterkrankte auf die Verfallfristen hinzuweisen“, sagt der Arbeitsrechtsexperte Lauf. Der Verfall des Urlaubs nach 15 Monaten bei Langzeiterkrankung trete zwar auch ohne Hinweispflicht ein. „Allerdings führt ein unterlassender Hinweis dazu, dass noch offene Urlaubstage aus der Zeit vor der Krankheit nicht verfallen, sondern bestehen bleiben und nach einer etwaigen Genesung genommen werden könnten“, weist Lauf darauf hin.
Scheidet der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin aus dem Unternehmen aus, müssten die Urlaubstage abgegolten werden. Dies ist inzwischen durch den EuGH entschieden und auch vom BAG bestätigt (9 AZR 245/19).
Gilt die Verfallsfrist für den gesetzlichen Mindesturlaub oder für den vertraglichen vereinbarten Urlaub?
Gemäß §3 BUrlG haben Arbeitnehmer bei einer Sechs-Tage-Woche Anspruch auf einen Mindesturlaub von 24 Tagen, bei einer Fünf-Tage-Woche entsprechend einen Anspruch auf 20 Tage. Viele Arbeitgeber gewähren ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Arbeitsvertrag aber zusätzliche Urlaubstage. Ob Arbeitnehmer den vertraglich vereinbarten Urlaub oder nur den gesetzlichen Mindesturlaub bei Langzeiterkrankungen übertragen können, hängt vom Arbeitsvertrag ab.
Albrecht Lauf zufolge kommt es dabei auf die Formulierung an: „Trifft man keine zusätzlichen Regelungen und schreibt einfach: ‚Der Arbeitnehmer hat Anspruch auf 30 Tage Urlaub‘, dann folgt dieser zusätzliche vertragliche Urlaub den Regeln des gesetzlichen Urlaubs. Das heißt: Er verfällt grundsätzlich nicht, sondern überträgt sich bei Langzeiterkrankung auf 15 Monate nach Ablauf des Urlaubsjahres.“
Arbeitgeber können für den Urlaub, den sie über den gesetzlichen Mindesturlaub hinaus gewähren, auch abweichende Regelungen treffen, die sie im Arbeitsvertrag festhalten. Etwa mit einer Formulierung wie dieser, so Lauf: „Der Arbeitnehmer hat Anspruch auf den gesetzlichen Mindesturlaub von 20 Arbeitstagen bei einer Beschäftigung von einer 5-Tage-Woche. Zusätzlich gewährt der Arbeitgeber einen vertraglichen Urlaub von X Tagen.“
„Man kann dann beispielsweise in den Vertrag schreiben, dass der zusätzliche vertragliche Urlaub unabhängig vom gesetzlichen Urlaub Ende des Jahres verfällt. Das muss aber explizit im Arbeitsvertrag stehen“, sagt Lauf.
Beispiel: Frau Schmidt hat bei einer 5-Tage-Woche 28 Tage Urlaub – zusätzlich zum gesetzlichen Mindesturlaub also acht vertraglich vereinbarte Urlaubstage. Ihr Arbeitgeber legt in ihrem Arbeitsvertrag explizit fest, dass zum Jahresende der zusätzlich gewährte vertragliche Urlaub verfällt. Hat Frau Schmidt also Ende Dezember noch zwei offene Urlaubstage, die durch Krankheit während einer Reise entstanden sind, verfällt dieser Urlaub.
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Können Arbeitgeber offenen Urlaub auszahlen, wenn Langzeiterkrankte zurückkehren?
Angenommen, ein Angestellter hat laut Vertrag jährlich 30 Urlaubstage und ist die ganzen Jahre 2022 und 2023 krank. Im Januar 2024 kehrt er gesund in die Firma zurück. Damit sein Urlaubsanspruch aus 2022 nicht verfällt, müsste er bis Ende März 30 Tage Urlaub nehmen – er würde also direkt wieder einen Monat fehlen.
Arbeitgeber, die so einen Fall verhindern wollen, dürfen den offenen Urlaubsanspruch allerdings nicht auszahlen. Lauf: „Auf Urlaub darf nicht verzichtet werden und Urlaub darf man während eines bestehenden Arbeitsverhältnisses nicht abgelten.“
Arbeitgeber und Arbeitnehmer können laut Lauf allerdings eine alternative Lösung vereinbaren, mit der der Urlaubsanspruch weder verfällt, noch der Mitarbeiter direkt wieder fehlt: Sie können beispielsweise festlegen, dass der Mitarbeiter den aufgestauten Urlaub in den nächsten zwei bis drei Jahren nehmen kann.
Müssen Arbeitgeber einen offenen Urlaubsanspruch abgelten, wenn sie Langzeiterkrankten kündigen?
Wer Langzeiterkrankten beispielsweise personenbedingt kündigt, muss ihnen die offenen Urlaubstage auszahlen – das regelt §7 Absatz 4 BUrlG. Auch hier gilt: Je nachdem, was im Arbeitsvertrag steht, müssen entweder der vertraglich vereinbarten Urlaub oder der gesetzliche Mindesturlaub abgegolten werden.
Eine Möglichkeit, diesen sogenannten Abgeltungsanspruch zu umgehen, ist über einen Aufhebungsvertrag: „Darin sollte stehen, dass der Mitarbeiter eine Abfindung in Höhe X bekommt und damit alle Ansprüche abgegolten sind“, so Lauf. „Die Abfindung muss auch nicht so hoch sein, wie die Urlaubsabgeltungsansprüche eigentlich wären.“
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Der Rechtsanwalt rät: Wer langzeiterkrankte Mitarbeiter entlässt, sollte auf das Kündigungsdatum achten. Wer einem jahrelang kranken Mitarbeiter etwa zu Mitte März kündigt, muss eventuell offene Urlaubsansprüche aus zwei zurückliegenden und dem laufenden Jahr abgelten. Wer dagegen einem Mitarbeiter erst im April kündigt, muss ihm nur den Urlaub des vergangenen und laufenden Jahres (siehe Beispiel des Brauerei-Mitarbeiters oben) auszahlen.
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Wird ein Mitarbeiter nach langer Krankheit wieder gesund und kündigt, weil er beispielsweise in eine andere Stadt zieht, muss sein Chef ihm trotzdem die offenen Urlaubstage auszahlen, soweit diese nicht anderweitig abgegolten werden können - zum Beispiel im Rahmen eines Aufhebungsvertrags oder einer Freistellung.
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