Inhalt: Darum geht's in diesem Beitrag
- Gibt es ein Recht auf Hitzefrei bei der Arbeit?
- Können Chefs selbst regeln, wann es Hitzefrei am Arbeitsplatz gibt?
- Krankschreiben wegen Hitze: erlaubt?
- Welche Temperaturen am Arbeitsplatz sind zulässig?
- Ab wann sollten Unternehmen Hitzefrei im Büro geben?
- Was müssen Arbeitgeber tun, um die Raumtemperatur zu senken?
- Konsequenzen, wenn Firmen die Arbeitsstättenregeln nicht beachten
- Hitzeschutz im Homeoffice
- Hitzeschutz bei Arbeit im Freien
- Zuschüsse für Schutzhelme und Sonnenbrillen
- Hitzefrei an Schulen – Freistellung für die Eltern?
Wenn die Hitze im Büro steht, wird die Arbeit zur Qual – zumal, wenn der Business-Dresscode lange Hemden und Hosen oder gar Jacketts vorschreibt. Auch im Homeoffice, auf Baustellen, in Werkshallen und Arztpraxen, in Taxen und Cafés gilt kommt man im Sommer bei der Arbeit manchmal gehörig ins Schwitzen.
Schulkinder hoffen bei hohen Temperaturen im Klassenzimmer auf Hitzefrei, und auch Angestellte klagen, es sei „zu heiß zum Arbeiten“. Doch was sagt der Gesetzgeber zum Thema Hitze und hitzefrei bei der Arbeit? Gibt es hitzefrei im Büro, Homeoffice oder auf Baustellen?
Gibt es ein Recht auf Hitzefrei bei der Arbeit?
Selbst bei hochsommerlichen Temperaturen haben Arbeitnehmer – anders als Schüler – keinen Anspruch auf Hitzefrei. „Sie dürfen auch nicht einfach die Arbeit niederlegen, wenn es zu heiß wird“, sagt Kathrin Bürger, Fachanwältin für Arbeitsrecht bei der Kanzlei Seitz in München. Das gelte selbst dann, wenn die Raumtemperatur auf mehr als 35 Grad Celsius steigt. Schließlich können Chefs ihre Mitarbeitenden beispielsweise auch in ein kühleres Büro setzen oder andere Schutzmaßnahmen ergreifen. Sofern dies nicht möglich ist, gilt der Arbeitsraum als ungeeignet.
Ein Teammitglied legt ohne Absprache einfach die Arbeit nieder und geht unter dem Motto „Hitzefrei am Arbeitsplatz“ einfach nach Hause? Mit solch einem Verhalten kommen Angestellte ihrer Vertragspflicht nicht nach, Chefinnen und Chefs können eine Abmahnung aussprechen.
Mal abgesehen davon: Schwitzende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind unkonzentriert und arbeiten weniger produktiv. Gute Chefinnen und Chefs drücken daher bei großer Hitze auch mal ein Auge zu und lassen ihre Angestellten ein bisschen früher Feierabend machen – auch ohne Recht auf Hitzefrei im Büro.
Wenn die Temperaturen unerträglich werden, können Arbeitgeber auch anordnen, dass die Mitarbeitenden kürzer arbeiten und dafür zum Beispiel Überstunden abbauen. Betriebe aus dem Dachdecker-Handwerk haben außerdem die Möglichkeit, ein von der Branche durch Umlage finanziertes Ausfallgeld zu beantragen, wenn aufgrund der Hitze nicht mehr gearbeitet werden kann.
Unter bestimmten Umständen kann der Arbeitgeber auch – unter Anrechnung auf die Urlaubsdauer – Betriebsferien anordnen.
Können Betriebe auch selbst regeln, ab wann es Hitzefrei am Arbeitsplatz gibt?
Arbeitgeber und Betriebsrat können in einer Betriebsvereinbarung festlegen, wann der Arbeitgeber bei Hitze den Mitarbeitenden freigeben kann und welche Maßnahmen er vorher ergreifen muss. Der Betriebsrat darf nämlich laut Betriebsverfassungsgesetz mitreden, wenn es um die Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und allgemein den Gesundheitsschutz der Mitarbeitenden geht.
Krankschreiben wegen Hitze: Dürfen Arbeitnehmer das?
Sobald die Temperaturen steigen, melden sich mehr Arbeitnehmende wegen Kreislaufproblemen oder anderer Hitze- und Sonnenschäden krank – das zeigt eine Auswertung der Krankenkasse DAK aus dem Jahr 2024. Die DAK hatte dafür mehr als 7000 versicherte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer befragt und Daten zu Krankschreibungen mit Daten des Deutschen Wetterdienstes zwischen 2018 und 2023 verglichen. Und dabei festgestellt, dass knapp jeder vierte Beschäftigte sich bei Hitze stark belastet fühlt sowie jede fünfte angestellte Person mit gesundheitlichen Beschwerden wie Abgeschlagenheit, Schlaf- oder Kreislaufprobleme zu kämpfen hat.
Grundsätzlich gilt: Wer wegen der Hitze zum Beispiel Kreislaufprobleme bekommt, der darf sich krankmelden und nach Hause gehen – wie bei jeder anderen Erkrankung auch. Der Arbeitgeber kann jedoch ein ärztliches Attest verlangen.
Arbeitsschutz bei Hitze – ein Thema für Arbeitgeber?
Nach dem Arbeitsschutzgesetz sind Chefinnen und Chefs verpflichtet, Arbeit und Arbeitsplätze so zu gestalten, dass eine gesundheitliche Gefährdung der Mitarbeitenden vermieden wird. Das gilt auch für Risiken, die durch hohe Sommertemperaturen oder UV-Strahlung entstehen.
Welche Temperaturen am Arbeitsplatz sind zulässig?
Wer einen Arbeitsplatz einrichtet, muss die Vorgaben der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) beachten: Von der Arbeitsstätte soll möglichst keine Gefährdung für die Arbeitnehmer ausgehen, auch nicht an heißen Tagen. Allerdings gibt die Verordnung keine konkreten Maßnahmen vor, sondern formuliert lediglich allgemeine Schutzziele.
Hier kommen die Technischen Regeln für Arbeitsstätten (ASR) ins Spiel: Anders als die Arbeitsstättenverordnung sind sie nicht verpflichtend, sondern fassen nur den Stand der Technik in Sachen Arbeitsschutz zusammen. Unternehmer und Unternehmerinnen dürfen sie als Handreichung betrachten, wie sie die Ziele der Verordnung erfüllen können. So heißt es in den ASR:
„Wird die Lufttemperatur im Raum von +35 °C überschritten, so ist der Raum für die Zeit der Überschreitung ohne
- technische Maßnahmen (z. B. Luftduschen, Wasserschleier),
- organisatorische Maßnahmen (z. B. Entwärmungsphasen) oder
- persönliche Schutzausrüstungen (z. B. Hitzeschutzkleidung), wie bei Hitzearbeit,
nicht als Arbeitsraum geeignet.“
Ab wann sollten Unternehmen Hitzefrei im Büro geben?
Bei mehr als 35 Grad Celsius soll laut ASR an diesen Arbeitsplätzen also nicht mehr gearbeitet werden. In diesem Fall könnten Chefinnen und Chefs also Hitzefrei geben. Diese Regeln gelten dabei nicht nur für Büros, sondern auch für Lagerräume, Werkstätten und Werkshallen. Auch Pausenräume und Kantinen fallen darunter.
Wichtig: Schwerbehinderte oder chronisch kranke Mitarbeitende sowie Schwangere müssen aus gesundheitlichen Gründen gegebenenfalls schon bei niedrigeren Temperaturen die Arbeit niederlegen. Hierzu ist aber ein ärztliches Attest erforderlich, welches besagt, dass der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin ab einer bestimmten Temperatur nicht mehr arbeiten darf.
Tipp für die Temperaturmessung:
Die ASR geben genau vor, wie die Raumtemperatur zu messen ist. Die Temperatur muss mit einem strahlungsgeschützten Thermometer gemessen werden, damit das Resultat nicht durch die direkte Sonneneinstrahlung beeinflusst wird.
Bei sitzenden Tätigkeiten soll die Temperatur in Höhe von 60 Zentimetern und bei stehenden Tätigkeiten in einer Höhe von 1,1 Metern über dem Boden gemessen werden. Liegt der Arbeitsplatz im Freien, so ist die Temperatur im Schatten zu messen. Die Außenlufttemperatur sollte etwa 4 Meter von der Gebäudeaußenwand entfernt und in einer Höhe von 2 Metern gemessen werden.
Was müssen Arbeitgeber tun, um die Raumtemperatur zu senken?
Der Arbeitnehmerschutz beginnt nicht erst bei 35 Grad Celsius. Ist es draußen wärmer als 26 Grad und heizt sich das Büro oder die Werkstatt trotz geeignetem Sonnenschutz (etwa Jalousien) auf über 26 Grad auf, sollen „zusätzliche Maßnahmen“ ergriffen werden, heißt es in den ASR.
Übersteigt die Temperatur im Raum gar die 30-Grad-Marke, werden die Technischen Regeln sehr deutlich: Nun müssen wirksame Maßnahmen ergriffen werden. Beispielhaft aufgeführt sind hier:
- Jalousien auch nach der Arbeitszeit geschlossen halten
- elektrische Geräte nur bei Bedarf betreiben
- in den frühen Morgenstunden lüften
- Arbeitszeit verlagern (zum Beispiel in die Morgen- und Abendstunden)
- Bekleidungsregeln lockern
- Trinkwasser bereitstellen
Was ein Arbeitgeber konkret in Sachen Arbeitsschutz gegen die Hitze im Büro oder an anderen Arbeitsstätten unternimmt, kann er jedoch selbst entscheiden. „Chefs und Chefinnen sind nicht verpflichtet, sämtliche Arbeitsplätze beispielsweise mit Ventilatoren auszustatten“, sagt Arbeitsrechtlerin Kathrin Bürger. Auch einen Anspruch auf Gratisgetränke hätten Arbeitnehmer nicht, falls der Chef andere Maßnahmen umsetze, um sein Team zu schützen.
Weitere Tipps zum Umgang mit Sommerhitze im Büro gibt es auf der Website der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA).
Welche Konsequenzen drohen Arbeitgebern, wenn sie die Arbeitsstättenregeln nicht beachten?
Vergleichbar mit einem Gesetz sind die ASR nicht. Falls es jedoch zu einem Zwischenfall im Betrieb käme, müsste ein Arbeitgeber nachweisen, dass er seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vergleichbar gut geschützt hat, wie in den ASR beschrieben wird. Wenn sich Arbeitgeber an die darin enthaltenen Vorgaben und Empfehlungen halten, seien sie aber auf der sicheren Seite und würden ihrer Fürsorgepflicht gerecht, sagt Bürger.
Kann dem Arbeitgeber nachgewiesen werden, dass er Gesundheit oder Leben wiederholt oder vorsätzlich gefährdet hat, droht ihm eine Geldstrafe oder sogar eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr (§26 ArbSchG).
Wie sieht es mit dem Hitzeschutz im Homeoffice aus?
Zwar achten viele Unternehmer penibel auf den Arbeitsschutz im Betrieb, doch im Homeoffice sieht es anders aus. Viele Arbeitgeber wissen nicht, ob sie den Arbeitsschutz beim Mitarbeiter zuhause kontrollieren dürfen – oder müssen. Die Antwort fällt juristisch aus: Es kommt darauf an.
Der Gesetzgeber hat das Homeoffice in der Arbeitsstättenverordnung nicht wirklich definiert, in dem Regelwerk ist von „Telearbeitsplätzen“ die Rede. Ein Telearbeitsplatz liegt immer dann vor, wenn Arbeitgeber und Mitarbeitende eine formale Vereinbarung über das Homeoffice geschlossen haben und der Arbeitsplatz vom Arbeitgeber eingerichtet und ausgestattet wurde (§ 2 Absatz 7 ArbStättV).
In diesem Fall gelten dieselben Regeln wie für einen Arbeitsplatz im Betrieb. Der Unternehmer muss sich also theoretisch bei der Mitarbeiterin oder dem Mitarbeiter zuhause davon überzeugen, dass der Hitzeschutz am Arbeitsplatz sichergestellt ist. Dafür muss er die Wohnung oder das Haus betreten können. So ein Betretungsrecht kann in der Homeoffice-Vereinbarung geregelt werden, die Arbeitgeber und Arbeitnehmer abschließen.
Anders ist es, wenn Beschäftigte nur ab und zu im Homeoffice arbeiten. Der provisorisch am Küchentisch aufgeschlagene Laptop ist kein Telearbeitsplatz im Sinne des Gesetzes – mit der Folge, dass Arbeitsstättenverordnung und ASR nicht gelten. Es handelt sich dann vielmehr um einen mobilen Arbeitsplatz.
In diesem Fall muss der Arbeitnehmer selbstständig sein Homeoffice von der Temperatur her so halten, dass er dort arbeiten kann. „Der Arbeitgeber ist aber über seine Fürsorgepflicht und die Vorgaben des Arbeitsschutzgesetzes gehalten, die Mitarbeiter im Hitzeschutz zu unterweisen“, sagt Jörn Kuhn, Fachanwalt für Arbeitsrecht in der Kanzlei Oppenhoff in Frankfurt. Das könnten etwa Empfehlungen sein, viel zu trinken und öfter kurze Pausen zu machen.
Eine Kontrollpflicht habe der Arbeitgeber aber nicht, sagt Kuhn, die Unterweisung müsse in solchen Fällen reichen. „In der Regel hat der Arbeitgeber auch gar keine Rechtsgrundlage, um die Wohnung zu betreten.“
Was gilt, wenn Mitarbeiter bei Hitze im Freien arbeiten?
Dann kann es für sie gefährlich werden. Denn insbesondere bei schwerer körperlicher Arbeit – beispielsweise auf Baustellen – drohen Sonnenstich oder ein Hitzschlag, im schlimmsten Fall sogar der Tod. In den vergangenen Jahren habe es mehrere Hitzetote auf Baustellen gegeben, sagt Frank Werner, stellvertretender Präventionsleiter der Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft (BG BAU). „Das ist eine sehr große Gefahr, auch für Menschen, die sich gesund fühlen.“ Chefs, aber auch alle Beschäftigten sollten deshalb auf Warnsignale und Symptome bei sich selbst und bei Kolleginnen und Kollegen achten, die auf Hitzeerkrankungen hindeuten, und im Ernstfall schnell handeln.
Arbeitgebern rät der Präventionsexperte, frühzeitig Vorkehrungen zu treffen, wenn Hitzetage angekündigt sind, spätestens jedoch, wenn die Temperatur auf 26 Grad Celsius oder mehr steigt. Um die Mitarbeitenden zu schützen, könnten Chefs beispielsweise ein Sonnensegel über die Arbeitsplätze im Freien spannen oder einen Pavillon aufbauen. Sei das nicht möglich, sollten Vorgesetzte die Arbeit so organisieren, dass Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in der Mittagshitze im Schatten arbeiten oder leichtere Aufgaben erledigen.
Enorm wichtig sei außerdem, viel zu trinken. Ein guter Chef spendiere seinen Teammitgliedern eine Kiste Wasser, auch wenn er nicht dazu verpflichtet sei, sagt Werner.
Arbeitnehmern, die ständig im Freien arbeiten, droht auch Gefahr durch UV-Strahlen. Besonders leichte, dicht gewebte Baumwollkleidung biete einen guten Schutz vor der Strahlung, sagt Werner. Sie sollte neben dem Oberkörper möglichst auch die Arme und Beine komplett bedecken. Ratsam sei außerdem, eine Sonnencreme mit Lichtschutzfaktor von mindestens 30 zu verwenden.
Gibt es Zuschüsse für Schutzhelme und Sonnenbrillen?
Für Maßnahmen zum Arbeitsschutz können Arbeitgeber Zuschüsse bekommen. Die BG Bau beispielsweise unterstützt ihre Mitgliedsunternehmen mit bis zu 50 Prozent der Anschaffungskosten – etwa, wenn sie spezielle UV-Schutzkleidung für die Beschäftigten bereitstellen. Aber auch UV-Schutzbrillen und Kühlkleidung werden gefördert, ebenso wie genormte Schutzhelme mit Nackenschutz.
Hitzefrei an Schulen – Freistellung für die Eltern?
Bekommen Kinder in der Schule Hitzefrei, müssen berufstätige Eltern die Betreuung neu organisieren. In diesem Fall muss der Arbeitgeber Mitarbeitende mit Kindern unbezahlt freistellen.
Das gilt allerdings nur, wenn die Eltern darum bitten, keine andere Betreuung finden können und die Entscheidung für Hitzefrei von den Schulen kurzfristig getroffen wurde.
