Vertrag mit dem Betriebsrat
Diese Streitthemen können Sie in einer Betriebsvereinbarung regeln

Eine Betriebsvereinbarung kann für Unternehmen viele Vorteile haben. Was Sie darin alles regeln können – und worauf Sie achten müssen, damit die Vereinbarung auch gültig ist.

, von

Kommentieren
Vertrag mit dem Betriebsrat
© Marie Maerz/photocase

In Ihrem Unternehmen gibt es regelmäßig Streit um Arbeits- und Pausenzeiten? Die Frage, welcher Mitarbeiter wann Urlaub nehmen darf, führt zu Konflikten im Team? Und: In der Belegschaft herrscht Unsicherheit darüber, welche Regelungen nun mit Blick auf das Homeoffice gelten?

Möglicherweise sollten Sie diese Dinge in einer Betriebsvereinbarung regeln und auf diese Weise Klarheit schaffen. In diesem Artikel erfahren Sie, wann eine Betriebsvereinbarung für Unternehmerinnen und Unternehmer sinnvoll ist – und was sich damit regeln lässt.

Was ist eine Betriebsvereinbarung?

Eine Betriebsvereinbarung ist ein Vertrag zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat, der beide Parteien bindet und Regelungen schafft, die für die Mitarbeiter des Betriebs gelten. So kann ein Arbeitnehmer etwa nicht ohne Zustimmung des Betriebsrates auf Rechte verzichten, die in der Betriebsvereinbarung geregelt sind.

Lässt sich die Vereinbarung auch ohne Betriebsrat schließen?

Nein. Hat ein Unternehmen keinen Betriebsrat, kann auch es auch keine Betriebsvereinbarung treffen.

Was können beide Seiten vereinbaren?

In Betriebsvereinbarungen lassen sich viele Dinge regeln, die sonst im Firmenalltag zu Diskussionen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer führen könnten. Dazu zählen zum Beispiel:

  • Beginn und Ende der Arbeitszeit
  • Überstunden
  • Überstundenzuschläge
  • Nacht- oder Schichtarbeit
  • Akkordzuschläge
  • Pausen
  • Bonuszahlungen
  • Sozialpläne / Abfindungen
  • Altersteilzeit
  • Betriebsferien
  • mobiles Arbeiten und Home-Office
  • Befristungen, beispielsweise für die Elternzeit
  • Leiharbeitnehmer
  • Urlaubsregelungen (wer wann vorrangig in den Urlaub fahren darf, beispielsweise in den Sommerferien)
  • Dienstfahrzeuge

Eine Betriebsvereinbarung könne dabei für das ganze Unternehmen gelten oder aber nur für Teile der Belegschaft, beispielsweise den Vertrieb, sagt Martin Pröpper, Fachanwalt für Arbeitsrecht bei der Kanzlei Ulrich Weber & Partner in Köln.

Zur Person
Nathalie Oberthür Nathalie Oberthür ist Fachanwältin für Arbeitsrecht bei der Kanzlei RPO Rechtsanwälte in Köln. Sie berät mittelständische Unternehmen und Betriebsräte – unter anderem bei der Gestaltung von Betriebsvereinbarungen. Oberthür ist Mitherausgeberin des „Handbuchs Betriebsvereinbarungen“. Dr. Proepper Martin Pröpper ist Partner bei der Kanzlei Ulrich Weber & Partner in Köln. Der Fachanwalt für Arbeitsrecht veröffentlicht regelmäßig in Fachpublikationen und hält Vorträge zu arbeitsrechtlichen Themen.

Was lässt sich in einer Betriebsvereinbarung nicht regeln?

Generell darf man keine Dinge vereinbaren, die bereits in einem Tarifvertrag geregelt sind – es sei denn, der Tarifvertrag enthält sogenannte Öffnungsklauseln. Dann steht im Tarifvertrag sinngemäß: „Grundsätzlich gilt für die Versicherungsbranche XY. Die Parteien sind berechtigt, zu dieser Thematik auf betrieblicher Ebene eine Bestimmung dazu vereinbaren.“

Natürlich darf eine Betriebsvereinbarung auch nicht dafür genutzt werden, um geltende arbeitsrechtliche Regelungen oder Vorschriften zum Arbeitsschutz zu unterlaufen.

Kann eine Betriebsvereinbarung auch rückwirkend gelten?

Ja, man kann eine Betriebsvereinbarung auch rückwirkend vereinbaren. „Man darf allerdings nicht in bereits erworbene Ansprüche der Belegschaft eingreifen“, sagt Pröpper. Man dürfte also beispielsweise nicht über eine Betriebsvereinbarung regeln, dass das im November ausgezahlte Weihnachtsgeld für 2021 zurückgezahlt werden muss.

Welche formellen Vorgaben sind zu beachten?

Eine Betriebsvereinbarung muss schriftlich abgeschlossen werden, also von beiden Parteien unterschrieben werden. Alternativ ist es auch möglich, die Vereinbarung mit Hilfe eines entsprechenden Programmes digital zu signieren (qualifizierte digitale Signatur).

Mehr darüber, wie Sie digital Verträge schließen, erfahren Sie hier: Wie Sie auch digital rechtssicher Verträge schließen können.

In eigener Sache
Machen ist wie wollen, nur krasser
Machen ist wie wollen, nur krasser
Die impulse-Mitgliedschaft - Rückenwind für Unternehmerinnen und Unternehmer

Wie lange ist eine Betriebsvereinbarung gültig?

Beide Parteien müssen regeln, wie lange die Betriebsvereinbarung dauern soll. Sie kann entweder unbefristet geschlossen werden oder mit einer bestimmten Laufzeit. Man kann beispielsweise schreiben: „Unsere Betriebsvereinbarung gilt immer nur für das jeweilige Geschäftsjahr, also aktuell für das Geschäftsjahr vom 1. Januar 2021 bis 31. Dezember 2022.“

Man kann aber auch sagen: „Diese Betriebsvereinbarung zur variablen Vergütung gilt auch für die nächsten Geschäftsjahre, wenn nicht eine neue Regelung vereinbart wird.“

Kann eine Betriebsvereinbarung gekündigt werden?

Laut Gesetz können Betriebsvereinbarungen mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden. Man könne aber auch längere Kündigungsfristen vereinbaren, sagt Nathalie Oberthür, Fachanwältin für Arbeitsrecht bei der Kanzlei RPO Rechtsanwälte in Köln. Alternativ ist es auch möglich zu regeln, dass die Vereinbarung für eine bestimmte Laufzeit, zum Beispiel im ersten Jahr, für beide Seiten unkündbar sein soll.

Wenn sie gekündigt ist, gilt sie in Bereichen, in denen der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht hat, so lange weiter, bis eine neue Betriebsvereinbarung geschlossen ist. In Bereichen ohne Mitbestimmungsrecht endet sie mit dem Ende der Laufzeit.

Ein Mitbestimmungsrecht haben Betriebsräte beispielsweise beim Thema Arbeitszeiten, der Anzahl der möglichen Überstunden, Schichtzulagen, dem Vergütungssystem (variable oder feste Vergütung), Gesundheitsschutz, Abfindungen bei Restrukturierungen oder bei Überwachungseinrichtungen.

Wann ist eine Kündigung sinnvoll?

Eine Kündigung ist laut Arbeitsrechtler Martin Pröpper sinnvoll, wenn ein Unternehmen es sich beispielweise nicht mehr leisten kann, bestimmte Dinge zu zahlen. Oder im umgekehrten Fall: Wenn es der Firma sehr gut geht und man den Mitarbeitern etwas Besseres zugestehen will.

Laut Pröpper kann es sich auch lohnen, die Vereinbarung zu kündigen, wenn man mit dem Betriebsrat über weitere Dinge verhandeln will. Beispielsweise, falls man von einer Zweierschicht auf eine Dreierschicht umstellen will, der Betriebsrat aber dagegen ist. „Dann kann man beispielsweise die vom Betriebsrat gern gesehene Betriebsvereinbarung zu Überstundenzuschlägen kündigen und die Kündigung als taktisches Mittel einsetzen, um den Betriebsrat zu Zugeständnissen zu bewegen.“

In eigener Sache
Klar und souverän führen
Onlinekurs für Führungskräfte
Klar und souverän führen
Ihr Fahrplan hin zu mehr Motivation, Produktivität und Zufriedenheit. Für Ihr Team – und für Sie selbst.

Müssen Arbeitgeber die Betriebsvereinbarung zur Einsicht auslegen?

Ja, an irgendeiner Stelle muss die Vereinbarung laut Gesetz öffentlich gemacht werden. Das kann in einem Leitz-Ordner im Personalbüro oder beim Betriebsrat sein, oder auch im Intranet oder am schwarzen Brett.

Was ist der Vorteil einer Betriebsvereinbarung?

Der große Vorteil ist, dass der Arbeitgeber nicht mit jedem einzelnen Arbeitnehmer einzeln verhandeln muss. Sondern man über alle Mitarbeiter hinweg bestimmte Dinge regeln kann.

„Man muss nicht jedem einzelnen sagen: Uns geht es schlecht, wir kürzen das Weihnachts- oder Urlaubsgeld in diesem Jahr“, sagt Pröpper. „Mit einer Betriebsvereinbarung kann man das einmal kollektiv regeln und alle Mitarbeiter sind davon erfasst – ob sie nun wollen oder nicht. Selbst wenn ich Querulanten in der Belegschaft habe, die querschießen und sich dagegen sträuben.“

Ein Vorteil ist laut Oberthür außerdem, dass Arbeitgeber durch eine Vereinbarung mit dem Betriebsrat Arbeitsbedingungen wieder ändern können.

Welche Nachteile hat eine Betriebsvereinbarung?

Arbeitgeber sind über einen längeren Zeitraum an die Betriebsvereinbarung gebunden. Man kann sie zwar mit einer Frist von drei Monaten kündigen. Bei mitbestimmungspflichtigen Themen gilt sie aber weiter, bis eine neue geschlossen ist.

„Das kann ein Problem sein, wenn man versucht, von finanziellen Zugeständnissen, die vor zehn Jahren möglich waren, runterzukommen“, sagt Pröpper. Mit einer gewissen Überzeugungsarbeit werde es aber sicherlich gelingen, in absehbarer Zeit eine neue Vereinbarung zu schließen.

Können Arbeitnehmer gegen die Vereinbarung vorgehen?

Ja. Arbeitnehmer können vor dem Arbeitsgericht gegen die Betriebsvereinbarung klagen. So gab das Bundesarbeitsgericht (1 AZR 499/98) einem Arbeitnehmer Recht, der auf dem Betriebsgelände rauchen wollte; eine Betriebsvereinbarung hatte dies aber komplett untersagt. Das Bundesarbeitsgericht sagte: Irgendwo auf dem Firmengelände muss eine Raucherecke eingerichtet werden.

Was hat Vorrang – Betriebsvereinbarung oder Arbeitsvertrag?

Eine Betriebsvereinbarung hat in der Regel Vorrang vor Regelungen in Arbeitsverträgen – es sei denn ein Arbeitsvertrag enthält eine Klausel, die besagt, dass die Regelung im Arbeitsvertrag gilt, selbst wenn über eine Betriebsvereinbarung etwas Anderes geregelt ist.

Was geschieht, wenn der Betriebsrat sich auflöst?

Die Betriebsvereinbarung gilt weiter, auch wenn es den Betriebsrat nicht mehr gibt. Wenn man sie dann kündigen will, muss man sie gegenüber der Belegschaft kündigen. Pröpper: „Das heißt, der Arbeitgeber müsste im Intranet oder per Aushang am schwarzen Brett sinngemäß sagen: Liebe Belegschaft, inzwischen haben wir keinen Betriebsrat mehr. Ich will die Betriebsvereinbarung zu Überstunden aber nicht fortgelten lassen. Deswegen kündige ich sie hiermit mit der gesetzlichen dreimonatigen Frist, das heißt zum 31. August 2022. Mit freundlichen Grüßen, euer Geschäftsführer.“

In Ihrem Unternehmen gibt es regelmäßig Streit um Arbeits- und Pausenzeiten? Die Frage, welcher Mitarbeiter wann Urlaub nehmen darf, führt zu Konflikten im Team? Und: In der Belegschaft herrscht Unsicherheit darüber, welche Regelungen nun mit Blick auf das Homeoffice gelten? Möglicherweise sollten Sie diese Dinge in einer Betriebsvereinbarung regeln und auf diese Weise Klarheit schaffen. In diesem Artikel erfahren Sie, wann eine Betriebsvereinbarung für Unternehmerinnen und Unternehmer sinnvoll ist – und was sich damit regeln lässt. Was ist eine Betriebsvereinbarung? Eine Betriebsvereinbarung ist ein Vertrag zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat, der beide Parteien bindet und Regelungen schafft, die für die Mitarbeiter des Betriebs gelten. So kann ein Arbeitnehmer etwa nicht ohne Zustimmung des Betriebsrates auf Rechte verzichten, die in der Betriebsvereinbarung geregelt sind. Lässt sich die Vereinbarung auch ohne Betriebsrat schließen? Nein. Hat ein Unternehmen keinen Betriebsrat, kann auch es auch keine Betriebsvereinbarung treffen. Was können beide Seiten vereinbaren? In Betriebsvereinbarungen lassen sich viele Dinge regeln, die sonst im Firmenalltag zu Diskussionen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer führen könnten. Dazu zählen zum Beispiel: Beginn und Ende der Arbeitszeit Überstunden Überstundenzuschläge Nacht- oder Schichtarbeit Akkordzuschläge Pausen Bonuszahlungen Sozialpläne / Abfindungen Altersteilzeit Betriebsferien mobiles Arbeiten und Home-Office Befristungen, beispielsweise für die Elternzeit Leiharbeitnehmer Urlaubsregelungen (wer wann vorrangig in den Urlaub fahren darf, beispielsweise in den Sommerferien) Dienstfahrzeuge Eine Betriebsvereinbarung könne dabei für das ganze Unternehmen gelten oder aber nur für Teile der Belegschaft, beispielsweise den Vertrieb, sagt Martin Pröpper, Fachanwalt für Arbeitsrecht bei der Kanzlei Ulrich Weber & Partner in Köln. Was lässt sich in einer Betriebsvereinbarung nicht regeln? Generell darf man keine Dinge vereinbaren, die bereits in einem Tarifvertrag geregelt sind – es sei denn, der Tarifvertrag enthält sogenannte Öffnungsklauseln. Dann steht im Tarifvertrag sinngemäß: „Grundsätzlich gilt für die Versicherungsbranche XY. Die Parteien sind berechtigt, zu dieser Thematik auf betrieblicher Ebene eine Bestimmung dazu vereinbaren.“ Natürlich darf eine Betriebsvereinbarung auch nicht dafür genutzt werden, um geltende arbeitsrechtliche Regelungen oder Vorschriften zum Arbeitsschutz zu unterlaufen. Kann eine Betriebsvereinbarung auch rückwirkend gelten? Ja, man kann eine Betriebsvereinbarung auch rückwirkend vereinbaren. „Man darf allerdings nicht in bereits erworbene Ansprüche der Belegschaft eingreifen“, sagt Pröpper. Man dürfte also beispielsweise nicht über eine Betriebsvereinbarung regeln, dass das im November ausgezahlte Weihnachtsgeld für 2021 zurückgezahlt werden muss. Welche formellen Vorgaben sind zu beachten? Eine Betriebsvereinbarung muss schriftlich abgeschlossen werden, also von beiden Parteien unterschrieben werden. Alternativ ist es auch möglich, die Vereinbarung mit Hilfe eines entsprechenden Programmes digital zu signieren (qualifizierte digitale Signatur). Mehr darüber, wie Sie digital Verträge schließen, erfahren Sie hier: Wie Sie auch digital rechtssicher Verträge schließen können. Wie lange ist eine Betriebsvereinbarung gültig? Beide Parteien müssen regeln, wie lange die Betriebsvereinbarung dauern soll. Sie kann entweder unbefristet geschlossen werden oder mit einer bestimmten Laufzeit. Man kann beispielsweise schreiben: „Unsere Betriebsvereinbarung gilt immer nur für das jeweilige Geschäftsjahr, also aktuell für das Geschäftsjahr vom 1. Januar 2021 bis 31. Dezember 2022.“ Man kann aber auch sagen: „Diese Betriebsvereinbarung zur variablen Vergütung gilt auch für die nächsten Geschäftsjahre, wenn nicht eine neue Regelung vereinbart wird.“ Kann eine Betriebsvereinbarung gekündigt werden? Laut Gesetz können Betriebsvereinbarungen mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden. Man könne aber auch längere Kündigungsfristen vereinbaren, sagt Nathalie Oberthür, Fachanwältin für Arbeitsrecht bei der Kanzlei RPO Rechtsanwälte in Köln. Alternativ ist es auch möglich zu regeln, dass die Vereinbarung für eine bestimmte Laufzeit, zum Beispiel im ersten Jahr, für beide Seiten unkündbar sein soll. Wenn sie gekündigt ist, gilt sie in Bereichen, in denen der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht hat, so lange weiter, bis eine neue Betriebsvereinbarung geschlossen ist. In Bereichen ohne Mitbestimmungsrecht endet sie mit dem Ende der Laufzeit. Ein Mitbestimmungsrecht haben Betriebsräte beispielsweise beim Thema Arbeitszeiten, der Anzahl der möglichen Überstunden, Schichtzulagen, dem Vergütungssystem (variable oder feste Vergütung), Gesundheitsschutz, Abfindungen bei Restrukturierungen oder bei Überwachungseinrichtungen. Wann ist eine Kündigung sinnvoll? Eine Kündigung ist laut Arbeitsrechtler Martin Pröpper sinnvoll, wenn ein Unternehmen es sich beispielweise nicht mehr leisten kann, bestimmte Dinge zu zahlen. Oder im umgekehrten Fall: Wenn es der Firma sehr gut geht und man den Mitarbeitern etwas Besseres zugestehen will. Laut Pröpper kann es sich auch lohnen, die Vereinbarung zu kündigen, wenn man mit dem Betriebsrat über weitere Dinge verhandeln will. Beispielsweise, falls man von einer Zweierschicht auf eine Dreierschicht umstellen will, der Betriebsrat aber dagegen ist. „Dann kann man beispielsweise die vom Betriebsrat gern gesehene Betriebsvereinbarung zu Überstundenzuschlägen kündigen und die Kündigung als taktisches Mittel einsetzen, um den Betriebsrat zu Zugeständnissen zu bewegen.“ Müssen Arbeitgeber die Betriebsvereinbarung zur Einsicht auslegen? Ja, an irgendeiner Stelle muss die Vereinbarung laut Gesetz öffentlich gemacht werden. Das kann in einem Leitz-Ordner im Personalbüro oder beim Betriebsrat sein, oder auch im Intranet oder am schwarzen Brett. Was ist der Vorteil einer Betriebsvereinbarung? Der große Vorteil ist, dass der Arbeitgeber nicht mit jedem einzelnen Arbeitnehmer einzeln verhandeln muss. Sondern man über alle Mitarbeiter hinweg bestimmte Dinge regeln kann. „Man muss nicht jedem einzelnen sagen: Uns geht es schlecht, wir kürzen das Weihnachts- oder Urlaubsgeld in diesem Jahr“, sagt Pröpper. „Mit einer Betriebsvereinbarung kann man das einmal kollektiv regeln und alle Mitarbeiter sind davon erfasst – ob sie nun wollen oder nicht. Selbst wenn ich Querulanten in der Belegschaft habe, die querschießen und sich dagegen sträuben.“ Ein Vorteil ist laut Oberthür außerdem, dass Arbeitgeber durch eine Vereinbarung mit dem Betriebsrat Arbeitsbedingungen wieder ändern können. Welche Nachteile hat eine Betriebsvereinbarung? Arbeitgeber sind über einen längeren Zeitraum an die Betriebsvereinbarung gebunden. Man kann sie zwar mit einer Frist von drei Monaten kündigen. Bei mitbestimmungspflichtigen Themen gilt sie aber weiter, bis eine neue geschlossen ist. „Das kann ein Problem sein, wenn man versucht, von finanziellen Zugeständnissen, die vor zehn Jahren möglich waren, runterzukommen“, sagt Pröpper. Mit einer gewissen Überzeugungsarbeit werde es aber sicherlich gelingen, in absehbarer Zeit eine neue Vereinbarung zu schließen. Können Arbeitnehmer gegen die Vereinbarung vorgehen? Ja. Arbeitnehmer können vor dem Arbeitsgericht gegen die Betriebsvereinbarung klagen. So gab das Bundesarbeitsgericht (1 AZR 499/98) einem Arbeitnehmer Recht, der auf dem Betriebsgelände rauchen wollte; eine Betriebsvereinbarung hatte dies aber komplett untersagt. Das Bundesarbeitsgericht sagte: Irgendwo auf dem Firmengelände muss eine Raucherecke eingerichtet werden. Was hat Vorrang – Betriebsvereinbarung oder Arbeitsvertrag? Eine Betriebsvereinbarung hat in der Regel Vorrang vor Regelungen in Arbeitsverträgen – es sei denn ein Arbeitsvertrag enthält eine Klausel, die besagt, dass die Regelung im Arbeitsvertrag gilt, selbst wenn über eine Betriebsvereinbarung etwas Anderes geregelt ist. Was geschieht, wenn der Betriebsrat sich auflöst? Die Betriebsvereinbarung gilt weiter, auch wenn es den Betriebsrat nicht mehr gibt. Wenn man sie dann kündigen will, muss man sie gegenüber der Belegschaft kündigen. Pröpper: „Das heißt, der Arbeitgeber müsste im Intranet oder per Aushang am schwarzen Brett sinngemäß sagen: Liebe Belegschaft, inzwischen haben wir keinen Betriebsrat mehr. Ich will die Betriebsvereinbarung zu Überstunden aber nicht fortgelten lassen. Deswegen kündige ich sie hiermit mit der gesetzlichen dreimonatigen Frist, das heißt zum 31. August 2022. Mit freundlichen Grüßen, euer Geschäftsführer.“
Mehr lesen über