Blockaden lösen
Sabotieren Sie sich selbst? So tricksen Sie Ihr Unterbewusstsein aus

Probleme erscheinen oft wie riesige Berge, die sich vor uns auftürmen. Die höchsten Hürden bauen wir aber unterbewusst selbst auf. Drei Schritte, sie zu überwinden – vom Hirnforscher empfohlen.

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Blockaden lösen
© Paula Daniëlse / Moment RF / Getty Images

Wenn Sie das nächste Mal ein Problem seit Tagen oder gar Wochen vor sich herschieben, denken Sie an einen Teil Ihres Gehirns, der über Ihren Augen hinter Ihrer Stirn sitzt und dem Sie das Schlamassel zu verdanken haben: den Orbitofrontalkortex. Sozusagen der Hauptsitz des Unbewussten. Dort entstehen Gedankenspiralen, die einen runterziehen, und Ängste, die Entscheidungen blockieren und Probleme unlösbar wirken lassen.

Und dann denken Sie an Stefan Kölsch. Der Kognitions- und Neurowissenschaftler gibt in seinem Buch „Die dunkle Seite des Gehirns. Wie wir unser Unterbewusstes überlisten und negative Gedankenschleifen ausschalten“ (Ullstein, 21 Euro) hilfreiche Tipps.

Unter anderem stellt Kölsch drei Schritte vor, mit denen man jedes Problem angehen kann – und die dazu noch „frappierend einfach“ ist, wie der Wissenschaftler findet.

Schritt 1: Das Problem identifizieren

„Ein Problem ist halb gelöst, wenn es klar formuliert ist“, so Kölsch. Klingt banal, ist trotzdem oft die erste Stelle, an der Unternehmerinnen und Unternehmer insbesondere bei komplexen Probleme steckenbleiben. Denn: Erstens neigen Menschen dazu, sich Probleme übergroß vorzustellen, solange sie ihr echtes Ausmaß nicht kennen. Und zweitens: Ohne Problembeschreibung droht im Unklaren zu bleiben, woran genau es hakt.

Das hilft: Schreiben Sie eine kurze Beschreibung des Problems nieder. Formulieren Sie ganze Sätze. Es kann auch zur Klarheit beitragen, sich die Sätze selbst laut vorzusagen.

Ein großes Problem bricht in diesem Schritt oft zu mehreren kleineren auf. Zum Beispiel könnte eine Unternehmerin, deren Kundenstamm dahinschmilzt, diese Probleme formulieren:

  • „Mein Unternehmen hat im vergangenen Monat mehr Kunden verloren als im Vorjahresmonat.“
  • „Mein Unternehmen gewinnt weniger neue Kunden als vor einem Jahr.“
Das Buch
 
Buch Cover Die dunkle Seite des Gehirns von Stefan KoelschStefan Kölsch schreibt in seinem Buch „Die dunkle Seite des Gehirns. Wie wir unser Unterbewusstes überlisten und negative Gedankenschleifen ausschalten“ darüber, warum das Unterbewusste die Kontrolle über unser Tun übernehmen möchte – und wie wir es austricksen können. Der Psychologe und Neurowissenschaftler ist Professor an der Universität Bergen in Norwegen.

Schritt 2: Möglichst viele Lösungen überlegen

Wählen Sie nun eines der ausformulierten Probleme aus und sammeln Sie so viele Lösungen, wie Ihnen einfallen. Hier geht es um Masse, nicht um Machbarkeit. „Wichtig ist in diesem Schritt, diese Lösungen nicht zu zensieren – wenn man kreativ denkt, ist erst einmal nichts falsch“, schreibt der Neurowissenschaftler Kölsch. Er ermutigt, auch absurde oder unmögliche Lösungen zu erdenken. Das hilft, unterbewusst aufgebaute Blockaden auszuhebeln. „Da das Unterbewusste keine unmöglichen Dinge denken kann, nehmen wir dem Unterwussten das Steuer aus der Hand, wenn wir bewusst absurde oder unmögliche Dinge denken“, erklärt Kölsch.

Notieren Sie die Lösungen, damit Sie keine Idee vergessen. Die Unternehmerin mit dem Kunden-Problem könnte verrückte Ideen aufschreiben: „Wir bezahlen Menschen dafür, Kunden bei uns zu werden“ oder „Wir verbieten unseren Kunden die Kündigung.“ Sie könnte vom Absurden zum Machbaren kommen: „Wir entwickeln Angebote, die den Kunden fehlen würden und ihnen die Kündigung so erschweren.“

Schritt 3: Umsetzung mit der STAB-Methode

Der letzte Schritt bringt Sie direkt in die Umsetzung – denn nur so lässt sich herausfinden, welche Lösung sich bewährt. Kölsch rät, dabei dem Akronym STAB zu folgen:

Selektion: Wählen Sie eine der vielen in Schritt zwei erdachten Lösungen aus. Hilfreich ist gerade bei komplexen Problemen, die verschiedenen Ansätze mit jemandem zu besprechen, um die Auswahl zu erleichtern.

Testen: Legen Sie los! Dafür brechen Sie die Lösung in Schritte herunter, die Sie abarbeiten. Die Unternehmerin, der die Kunden ausgehen, wird diesen Punkt nicht an einem Tag umsetzen können. Sie und ihr Team müssen mehrere Schritte einleiten und immer wieder testen, ob diese funktionieren.

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Auswerten: Nach dem Testen gilt es zu beurteilen, ob die Lösung in die gewollte Richtung geht. Wenn das nicht der Fall ist, nehmen Sie sich Ihre Liste aus Schritt zwei wieder vor – und probieren eine der anderen Ideen. „Für das Fehlschlagen einer Lösung gibt es keinen besseren Trost, als sofort eine neue zu probieren“, schreibt Kölsch. Sind Sie zufrieden, gehen Sie zum nächsten Punkt.

Beharren: Nun ist Durchhaltevermögen gefragt. Bleiben Sie dran, bis Ihr Problem gelöst ist. Gerade bei großen Schwierigkeiten kann es gut passieren, dass Ihnen neue Probleme entgegenkommen – dann wenden Sie auch auf diese wieder die drei Schritte der Reihe nach an.

Das mag erstmal müßig klingen. Doch der Autor Kölsch stellt eine tröstliche Version der 80/20-Regel vor: Demnach sind 80 Prozent der Schwierigkeiten, mit denen man täglich hadert, auf 20 Prozent der Probleme zurückzuführen. „Wenn Sie die wenigen wirklich wichtigen Probleme eines nach dem anderen angehen, werden Sie eine unverhältnismäßig große Anzahl von Schwierigkeiten überwinden“, verspricht der Hirnforscher.

Warum funktionieren die drei Schritte?

Das Unterbewusste ist ziemlich urzeitlich drauf: Es will die Kontrolle übernehmen, wenn es Gefahr wittert, und uns vor Verlusten schützen. Deswegen schürt es Angst vor Risiken und mindert das Interesse an Anstrengungen. „Wenn wir uns auf eine Prüfung, eine Präsentation oder einen Auftritt vorbereiten, mag die Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg sehr hoch sein, sagen wir 95 Prozent. Angesichts der Alternative, auf dem Sofa liegen zu bleiben und ein Filmchen anzusehen, schrumpft unser Unterbewusstes diese 95 Prozent jedoch auf weniger als 80 Prozent. Nun verlieren wir nicht nur die Lust, uns vorzubereiten, sondern machen uns auch unnötig große Sorgen“, erklärt Kölsch den Mechanismus.

Dagegen wirkt ein bewusst rationaler Angang – bei dem die drei beschriebenen Schritte helfen. „Manchmal erkennen wir nur durch langsames, rationales, anstrengendes Denken bewusst, dass die Wirklichkeit sich tatsächlich anders darstellt, als unsere unterbewussten Gedanken es uns vorgaukeln“, schreibt Kölsch.

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Klingt banal, ist trotzdem oft die erste Stelle, an der Unternehmerinnen und Unternehmer insbesondere bei komplexen Probleme steckenbleiben. Denn: Erstens neigen Menschen dazu, sich Probleme übergroß vorzustellen, solange sie ihr echtes Ausmaß nicht kennen. Und zweitens: Ohne Problembeschreibung droht im Unklaren zu bleiben, woran genau es hakt. Das hilft: Schreiben Sie eine kurze Beschreibung des Problems nieder. Formulieren Sie ganze Sätze. Es kann auch zur Klarheit beitragen, sich die Sätze selbst laut vorzusagen. Ein großes Problem bricht in diesem Schritt oft zu mehreren kleineren auf. Zum Beispiel könnte eine Unternehmerin, deren Kundenstamm dahinschmilzt, diese Probleme formulieren: „Mein Unternehmen hat im vergangenen Monat mehr Kunden verloren als im Vorjahresmonat.“ „Mein Unternehmen gewinnt weniger neue Kunden als vor einem Jahr." [zur-person] Schritt 2: Möglichst viele Lösungen überlegen Wählen Sie nun eines der ausformulierten Probleme aus und sammeln Sie so viele Lösungen, wie Ihnen einfallen. Hier geht es um Masse, nicht um Machbarkeit. „Wichtig ist in diesem Schritt, diese Lösungen nicht zu zensieren – wenn man kreativ denkt, ist erst einmal nichts falsch“, schreibt der Neurowissenschaftler Kölsch. Er ermutigt, auch absurde oder unmögliche Lösungen zu erdenken. Das hilft, unterbewusst aufgebaute Blockaden auszuhebeln. „Da das Unterbewusste keine unmöglichen Dinge denken kann, nehmen wir dem Unterwussten das Steuer aus der Hand, wenn wir bewusst absurde oder unmögliche Dinge denken“, erklärt Kölsch. Notieren Sie die Lösungen, damit Sie keine Idee vergessen. Die Unternehmerin mit dem Kunden-Problem könnte verrückte Ideen aufschreiben: „Wir bezahlen Menschen dafür, Kunden bei uns zu werden“ oder „Wir verbieten unseren Kunden die Kündigung.“ Sie könnte vom Absurden zum Machbaren kommen: „Wir entwickeln Angebote, die den Kunden fehlen würden und ihnen die Kündigung so erschweren.“ Schritt 3: Umsetzung mit der STAB-Methode Der letzte Schritt bringt Sie direkt in die Umsetzung – denn nur so lässt sich herausfinden, welche Lösung sich bewährt. Kölsch rät, dabei dem Akronym STAB zu folgen: Selektion: Wählen Sie eine der vielen in Schritt zwei erdachten Lösungen aus. Hilfreich ist gerade bei komplexen Problemen, die verschiedenen Ansätze mit jemandem zu besprechen, um die Auswahl zu erleichtern. Testen: Legen Sie los! Dafür brechen Sie die Lösung in Schritte herunter, die Sie abarbeiten. Die Unternehmerin, der die Kunden ausgehen, wird diesen Punkt nicht an einem Tag umsetzen können. Sie und ihr Team müssen mehrere Schritte einleiten und immer wieder testen, ob diese funktionieren. Auswerten: Nach dem Testen gilt es zu beurteilen, ob die Lösung in die gewollte Richtung geht. Wenn das nicht der Fall ist, nehmen Sie sich Ihre Liste aus Schritt zwei wieder vor – und probieren eine der anderen Ideen. „Für das Fehlschlagen einer Lösung gibt es keinen besseren Trost, als sofort eine neue zu probieren“, schreibt Kölsch. Sind Sie zufrieden, gehen Sie zum nächsten Punkt. Beharren: Nun ist Durchhaltevermögen gefragt. Bleiben Sie dran, bis Ihr Problem gelöst ist. Gerade bei großen Schwierigkeiten kann es gut passieren, dass Ihnen neue Probleme entgegenkommen – dann wenden Sie auch auf diese wieder die drei Schritte der Reihe nach an. Das mag erstmal müßig klingen. Doch der Autor Kölsch stellt eine tröstliche Version der 80/20-Regel vor: Demnach sind 80 Prozent der Schwierigkeiten, mit denen man täglich hadert, auf 20 Prozent der Probleme zurückzuführen. „Wenn Sie die wenigen wirklich wichtigen Probleme eines nach dem anderen angehen, werden Sie eine unverhältnismäßig große Anzahl von Schwierigkeiten überwinden“, verspricht der Hirnforscher. [mehr-zum-thema] Warum funktionieren die drei Schritte? Das Unterbewusste ist ziemlich urzeitlich drauf: Es will die Kontrolle übernehmen, wenn es Gefahr wittert, und uns vor Verlusten schützen. Deswegen schürt es Angst vor Risiken und mindert das Interesse an Anstrengungen. „Wenn wir uns auf eine Prüfung, eine Präsentation oder einen Auftritt vorbereiten, mag die Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg sehr hoch sein, sagen wir 95 Prozent. Angesichts der Alternative, auf dem Sofa liegen zu bleiben und ein Filmchen anzusehen, schrumpft unser Unterbewusstes diese 95 Prozent jedoch auf weniger als 80 Prozent. Nun verlieren wir nicht nur die Lust, uns vorzubereiten, sondern machen uns auch unnötig große Sorgen“, erklärt Kölsch den Mechanismus. Dagegen wirkt ein bewusst rationaler Angang – bei dem die drei beschriebenen Schritte helfen. „Manchmal erkennen wir nur durch langsames, rationales, anstrengendes Denken bewusst, dass die Wirklichkeit sich tatsächlich anders darstellt, als unsere unterbewussten Gedanken es uns vorgaukeln“, schreibt Kölsch.