Die Corona-Neuinfektionen befinden sich bundesweit auf einem Rekordhoch. Gleichzeitig fallen viele Infektionsschutz-Regeln ab dem 20. März 2022 weg. Das gilt auch für viele Schutzmaßnahmen am Arbeitsplatz. Stattdessen müssen Unternehmerinnen und Unternehmer nun selbst festlegen, wie sie den Corona-Schutz im Betrieb umsetzen – und dabei auch das Infektionsgeschehen vor Ort berücksichtigen.
Im Wesentlichen geht es um zwei Änderungen. Zum einen haben Bundestag und Bundesrat das Infektionsschutzgesetz zur Bekämpfung der Corona-Pandemie erneut geändert. Damit endet zum Beispiel die 3G-Regelung für den Zugang zum Arbeitsplatz, die seit November 2021 galt. Auch die Homeoffice-Pflicht hat das Parlament nicht verlängert – viele Arbeitnehmer werden damit schon bald in die Unternehmen zurückkehren.
Zum anderen hat das Bundeskabinett die sogenannte SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung geändert. Das war nötig geworden, weil die alte Regelung am 19. März 2022 endet. Die neue Arbeitsschutzverordnung gilt nun für eine Übergangszeit bis zum 25. Mai 2022.
Doch was bedeutet all das für die Praxis? Der Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht, Volker Görzel, erklärt, welche Regelungen weiterbestehen – und worauf Arbeitgeber nun achten müssen.
impulse: Die Bundesregierung hat weitreichende Änderungen an der Corona-Arbeitsschutzverordnung beschlossen. Was genau wird jetzt anders?
Volker Görzel: Unternehmen bekommen beim Corona-Schutz deutlich mehr Spielraum: Viele Schutzmaßnahmen sind nicht mehr verbindlich vorgeschrieben, sondern haben lediglich Empfehlungscharakter. Klar ist aber auch: Wer gar keine Schutzmaßnahmen ergreift, verletzt seine Fürsorgepflicht als Arbeitgeber.
Die Politik delegiert die Verantwortung für die Corona-Schutzmaßnahmen damit an die Betriebe. Was müssen Unternehmer ab dem 20. März 2022 regeln?
Zur Person:

Volker Görzel ist Fachanwalt für Arbeitsrecht und Gründungspartner von
HMS.Barthelmeß Görzel Rechtsanwälte in Köln.
Betriebe müssen weiterhin eine Gefährdungsbeurteilung mit Blick auf die Coronalage vornehmen und ein Hygienekonzept erstellen – wie Ansteckungen am Arbeitsplatz vermieden werden sollen. Das war auch bisher schon so. Neu ist, dass Arbeitgeber mehr Ermessensspielraum bei der Beurteilung der Lage haben. Auch bei der Wahl der Schutzmaßnahmen lässt der Gesetzgeber den Unternehmen jetzt weitgehend freie Hand.
Was bedeutet das konkret an einem Beispiel?
Konkret ändern sich etwa die Vorschriften zu Corona-Tests in den Betrieben. Bisher waren alle Arbeitgeber verpflichtet, ihren Mitarbeitern zwei Mal pro Woche kostenlose Corona-Schnelltests zur Verfügung zu stellen. Jetzt sollen Unternehmer laut Arbeitsschutzverordnung bloß prüfen, ob sie ihren Mitarbeitern einmal wöchentlich Schnelltests anbieten können. Auch die Nutzung von Räumen durch mehrere Personen gleichzeitig soll vermieden werden. Aber es gibt keine genauen Vorschriften mehr, unter welchen Voraussetzungen das geschehen muss.
Welche Schutzmaßnahmen werden noch empfohlen?
Zu den empfohlenen Maßnahmen zählt auch das Tragen von Corona-Schutzmasken in Innenräumen und die Bereitstellung von Masken durch den Arbeitgeber. Unternehmer können allerdings selbst entscheiden, ob sie die Maske nur in der Teeküche vorschreiben oder etwa auch am Schreibtisch. Oder ob sie ganz darauf verzichten und dafür auf andere Maßnahmen wie regelmäßige freiwillige Corona-Tests setzen.
Arbeitgeber müssen die Gefährdung durch Corona nun selbst beurteilen. Müssen Corona-Regeln jetzt wöchentlich auf den Prüfstand?
Im Prinzip heißt es genau das: Unternehmen müssen reagieren, sobald sich die Gefährdungslage ändert. Steigen die Fallzahlen in der Region rasant an, können Arbeitgeber zum Beispiel wieder das Tragen von Schutzmasken vorschreiben. Auch wenn sie zuvor, bei niedrigeren Fallzahlen, darauf verzichtet haben. Wer in seiner Gefährdungsbeurteilung zu dem Schluss kommt, dass es sinnvoll ist, bisher vorgeschriebene Corona-Maßnahmen freiwillig fortzuführen, kann auch das tun.
Jede Firma soll also ihre eigenen Regeln aufstellen. Führt das nicht zu noch mehr Konflikten am Arbeitsplatz rund um Corona?
Letztlich schafft der Gesetzgeber durch den Verzicht auf klare Regeln eine große Rechtsunsicherheit. Das birgt natürlich Konfliktpotential: Die einen fühlen sich gegängelt, andere nicht ausreichend geschützt. Schlimmstenfalls müssen die Arbeitsgerichte klären, was angemessen ist und was nicht. Allerdings gab es in letzter Zeit immer mehr Urteile, die den Arbeitgebern hier weitreichende Kompetenzen zubilligen.
Bundestag und Bundesrat haben auch das Infektionsschutzgesetz geändert – was wurde hier für Betriebe beschlossen?
In dem Gesetz standen bislang vor allem zwei für Unternehmen relevante Punkte. Zum einen die 3G-Regel für den Zugang zum Arbeitsplatz: Nur wer geimpft, genesen oder getestet war, durfte die Betriebsräume betreten. Unternehmer mussten das kontrollieren und durften daher auch den Impfstatus ihrer Mitarbeiter erfragen. Das andere: die Homeoffice-Pflicht. Beide Regelungen wurden in der Neufassung des Infektionsschutzgesetzes ersatzlos gestrichen.
Was bedeutet der Wegfall der 3G-Regel konkret?
Arbeitgeber dürfen jetzt nicht mehr den Impfstatus der Mitarbeiter abfragen. Alle Regelungen müssen wieder für Geimpfte, Genesene und Ungeimpfte gleichermaßen gelten. Ob Firmen von ihren Mitarbeitern noch Corona-Tests verlangen dürfen, ist völlig unklar. So eine Maßnahme wäre jetzt jedenfalls nicht mehr durch das Infektionsschutzgesetz gedeckt. In der Praxis geht das solange gut, bis ein Mitarbeiter den Test verweigert, und dann landet der Fall vor dem Arbeitsgericht. Eine Option wäre, mit dem Team zu vereinbaren, dass sich alle freiwillig testen.
Die Homeoffice-Pflicht fällt nun ebenfalls weg. Welche Folgen hat das?
Vorgesetzte können theoretisch von ihren Mitarbeitern verlangen, wieder in den Betrieb zu kommen. Allerdings sind Unternehmen auch angehalten, andere Schutzmaßnahmen wie Abstandsregeln einzuhalten. Die Möglichkeit, freiwillig im Homeoffice zu arbeiten, kann also ein guter Baustein in einem betrieblichen Hygienekonzept sein.
Was raten Sie Unternehmern, die jetzt ihre Corona-Regeln überarbeiten müssen?
Ich glaube, alle Unternehmen sind gut beraten, wenn sie auf Sicht fahren und erst einmal behutsam lockern. Es ist eine Führungsaufgabe, dem Team zu vermitteln, dass jetzt nicht sofort alles wieder normal wird. Dann sehe ich darin auch eine Chance für Betriebe, passgenaue Lösungen zu finden. In jedem Fall müssen die Maßnahmen dokumentiert werden und allen bekannt sein – etwa durch einen Aushang am Schwarzen Brett oder eine Rundmail.
Die Corona-Neuinfektionen befinden sich bundesweit auf einem Rekordhoch. Gleichzeitig fallen viele Infektionsschutz-Regeln ab dem 20. März 2022 weg. Das gilt auch für viele Schutzmaßnahmen am Arbeitsplatz. Stattdessen müssen Unternehmerinnen und Unternehmer nun selbst festlegen, wie sie den Corona-Schutz im Betrieb umsetzen – und dabei auch das Infektionsgeschehen vor Ort berücksichtigen.
Im Wesentlichen geht es um zwei Änderungen. Zum einen haben Bundestag und Bundesrat das Infektionsschutzgesetz zur Bekämpfung der Corona-Pandemie erneut geändert. Damit endet zum Beispiel die 3G-Regelung für den Zugang zum Arbeitsplatz, die seit November 2021 galt. Auch die Homeoffice-Pflicht hat das Parlament nicht verlängert – viele Arbeitnehmer werden damit schon bald in die Unternehmen zurückkehren.
Zum anderen hat das Bundeskabinett die sogenannte SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung geändert. Das war nötig geworden, weil die alte Regelung am 19. März 2022 endet. Die neue Arbeitsschutzverordnung gilt nun für eine Übergangszeit bis zum 25. Mai 2022.
Doch was bedeutet all das für die Praxis? Der Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht, Volker Görzel, erklärt, welche Regelungen weiterbestehen – und worauf Arbeitgeber nun achten müssen.
impulse: Die Bundesregierung hat weitreichende Änderungen an der Corona-Arbeitsschutzverordnung beschlossen. Was genau wird jetzt anders?
Volker Görzel: Unternehmen bekommen beim Corona-Schutz deutlich mehr Spielraum: Viele Schutzmaßnahmen sind nicht mehr verbindlich vorgeschrieben, sondern haben lediglich Empfehlungscharakter. Klar ist aber auch: Wer gar keine Schutzmaßnahmen ergreift, verletzt seine Fürsorgepflicht als Arbeitgeber.
Die Politik delegiert die Verantwortung für die Corona-Schutzmaßnahmen damit an die Betriebe. Was müssen Unternehmer ab dem 20. März 2022 regeln?
Betriebe müssen weiterhin eine Gefährdungsbeurteilung mit Blick auf die Coronalage vornehmen und ein Hygienekonzept erstellen – wie Ansteckungen am Arbeitsplatz vermieden werden sollen. Das war auch bisher schon so. Neu ist, dass Arbeitgeber mehr Ermessensspielraum bei der Beurteilung der Lage haben. Auch bei der Wahl der Schutzmaßnahmen lässt der Gesetzgeber den Unternehmen jetzt weitgehend freie Hand.
Was bedeutet das konkret an einem Beispiel?
Konkret ändern sich etwa die Vorschriften zu Corona-Tests in den Betrieben. Bisher waren alle Arbeitgeber verpflichtet, ihren Mitarbeitern zwei Mal pro Woche kostenlose Corona-Schnelltests zur Verfügung zu stellen. Jetzt sollen Unternehmer laut Arbeitsschutzverordnung bloß prüfen, ob sie ihren Mitarbeitern einmal wöchentlich Schnelltests anbieten können. Auch die Nutzung von Räumen durch mehrere Personen gleichzeitig soll vermieden werden. Aber es gibt keine genauen Vorschriften mehr, unter welchen Voraussetzungen das geschehen muss.
Welche Schutzmaßnahmen werden noch empfohlen?
Zu den empfohlenen Maßnahmen zählt auch das Tragen von Corona-Schutzmasken in Innenräumen und die Bereitstellung von Masken durch den Arbeitgeber. Unternehmer können allerdings selbst entscheiden, ob sie die Maske nur in der Teeküche vorschreiben oder etwa auch am Schreibtisch. Oder ob sie ganz darauf verzichten und dafür auf andere Maßnahmen wie regelmäßige freiwillige Corona-Tests setzen.
Arbeitgeber müssen die Gefährdung durch Corona nun selbst beurteilen. Müssen Corona-Regeln jetzt wöchentlich auf den Prüfstand?
Im Prinzip heißt es genau das: Unternehmen müssen reagieren, sobald sich die Gefährdungslage ändert. Steigen die Fallzahlen in der Region rasant an, können Arbeitgeber zum Beispiel wieder das Tragen von Schutzmasken vorschreiben. Auch wenn sie zuvor, bei niedrigeren Fallzahlen, darauf verzichtet haben. Wer in seiner Gefährdungsbeurteilung zu dem Schluss kommt, dass es sinnvoll ist, bisher vorgeschriebene Corona-Maßnahmen freiwillig fortzuführen, kann auch das tun.
Jede Firma soll also ihre eigenen Regeln aufstellen. Führt das nicht zu noch mehr Konflikten am Arbeitsplatz rund um Corona?
Letztlich schafft der Gesetzgeber durch den Verzicht auf klare Regeln eine große Rechtsunsicherheit. Das birgt natürlich Konfliktpotential: Die einen fühlen sich gegängelt, andere nicht ausreichend geschützt. Schlimmstenfalls müssen die Arbeitsgerichte klären, was angemessen ist und was nicht. Allerdings gab es in letzter Zeit immer mehr Urteile, die den Arbeitgebern hier weitreichende Kompetenzen zubilligen.
Bundestag und Bundesrat haben auch das Infektionsschutzgesetz geändert – was wurde hier für Betriebe beschlossen?
In dem Gesetz standen bislang vor allem zwei für Unternehmen relevante Punkte. Zum einen die 3G-Regel für den Zugang zum Arbeitsplatz: Nur wer geimpft, genesen oder getestet war, durfte die Betriebsräume betreten. Unternehmer mussten das kontrollieren und durften daher auch den Impfstatus ihrer Mitarbeiter erfragen. Das andere: die Homeoffice-Pflicht. Beide Regelungen wurden in der Neufassung des Infektionsschutzgesetzes ersatzlos gestrichen.
Was bedeutet der Wegfall der 3G-Regel konkret?
Arbeitgeber dürfen jetzt nicht mehr den Impfstatus der Mitarbeiter abfragen. Alle Regelungen müssen wieder für Geimpfte, Genesene und Ungeimpfte gleichermaßen gelten. Ob Firmen von ihren Mitarbeitern noch Corona-Tests verlangen dürfen, ist völlig unklar. So eine Maßnahme wäre jetzt jedenfalls nicht mehr durch das Infektionsschutzgesetz gedeckt. In der Praxis geht das solange gut, bis ein Mitarbeiter den Test verweigert, und dann landet der Fall vor dem Arbeitsgericht. Eine Option wäre, mit dem Team zu vereinbaren, dass sich alle freiwillig testen.
Die Homeoffice-Pflicht fällt nun ebenfalls weg. Welche Folgen hat das?
Vorgesetzte können theoretisch von ihren Mitarbeitern verlangen, wieder in den Betrieb zu kommen. Allerdings sind Unternehmen auch angehalten, andere Schutzmaßnahmen wie Abstandsregeln einzuhalten. Die Möglichkeit, freiwillig im Homeoffice zu arbeiten, kann also ein guter Baustein in einem betrieblichen Hygienekonzept sein.
Was raten Sie Unternehmern, die jetzt ihre Corona-Regeln überarbeiten müssen?
Ich glaube, alle Unternehmen sind gut beraten, wenn sie auf Sicht fahren und erst einmal behutsam lockern. Es ist eine Führungsaufgabe, dem Team zu vermitteln, dass jetzt nicht sofort alles wieder normal wird. Dann sehe ich darin auch eine Chance für Betriebe, passgenaue Lösungen zu finden. In jedem Fall müssen die Maßnahmen dokumentiert werden und allen bekannt sein – etwa durch einen Aushang am Schwarzen Brett oder eine Rundmail.