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Wenn du die vergangenen Monate Revue passieren lässt: Hast du erreicht, was du dir vorgenommen hattest? Viele zucken bei dieser Frage zusammen. Sie berichten von einem Jahr, das sich länger, anstrengender und voller Verpflichtungen angefühlt hat, als es sein sollte. Von Tagen, an denen sie von Termin zu Termin gehetzt sind. Und von Abenden, an denen sie das Gefühl hatten: Viel gearbeitet, aber trotzdem nichts wirklich vorangebracht.
Genau dieses Muster beschreibt Führungskräfte-Coachin Sabina Nawaz in einem Artikel für das Harvard Business Review. Ihr Befund: Nicht fehlende Disziplin bringt uns in die Überlastung, sondern fünf Denkfallen, die unsere Zeitwahrnehmung verzerren. Wer sie erkennt, kann realistischere Entscheidungen treffen und sich damit deutlich entlasten.
Ungünstige Denkmuster sabotieren unser Zeitmanagement
Ungünstige Denkmuster sind Vorstellungen wie: „Ohne mich läuft es nicht“. Solche Vorstellungen, erklärt Nawaz, führen zu einer Fehlannahme: Wir glauben, mehr erledigen zu können, als in der verfügbaren Zeit – realistisch betrachtet – machbar ist. Auf diese Weise verhindern diese Denkmuster, dass wir pünktlich mit dem fertig werden, was wir uns vorgenommen haben. Die Folge: Arbeit nach Feierabend, am Wochenende, im Urlaub. Und Frust darüber, sich selbst immer wieder in die Überlastung zu manövrieren.
Wer sich die folgenden fünf typischen Denkmuster bewusstmacht, kann laut der Führungskräfte-Coachin lernen, sich nicht mehr darin zu verfangen und sich seltener zu viel vorzunehmen.
Denkmuster 1: „Es ist ja nur vorübergehend“
Eine Mentorschaft übernehmen, einen Vortrag auf dem nächsten Netzwerktreffen halten, eine neue Kooperation planen: Der Arbeitsalltag vieler Chefs, Chefinnen und Mitarbeitenden steckt voller verlockender Herausforderungen. Und allzu häufig sagen sie ja – auch wenn die zusätzlichen Aufgaben Dutzende Arbeitsstunden mehr bedeuten. Dabei, so Führungskräfte-Coachin Nawaz in ihrem Artikel, kommt oft jenes Denkmuster zum Tragen, das uns einflüstert: „Es ist doch nur eine Phase! Und stehen nicht viele andere Projekte schon kurz vor dem Abschluss, sodass bald wieder mehr Zeit sein wird?“
Für den Fall empfiehlt die Expertin, die größeren Projekte des vergangenen Jahres einmal zu überdenken. Und zu schauen: Welche davon waren lange geplant – und welche sind eher durch spontane Zusagen dazugekommen? Welche waren wirklich wichtig und welche haben eher Zeit gekostet als einen echten Nutzen gebracht? Eine solche Rückschau erleichtere es, in Zukunft besser zu priorisieren. Nein zu sagen, wenn neue Anfragen auftauchen. Oder aber, sich rechtzeitig Unterstützung zu holen, um nicht durch unrealistisches Planen in die Überlastung zu geraten.
Denkmuster 2: „Das nächste Mal wird es einfacher“
Klar – mit zunehmender Erfahrung werden viele Arbeiten leichter. Gleichzeitig aber, warnt Nawaz, ändern sich Anforderungen und gesellschaftliche Verhältnisse immer schneller. Die Folge: Neue Verpflichtungen gehen meist auch mit neuen Herausforderungen einher und vieles wird schwieriger als angenommen. Wer also der irrigen Vorstellung anhängt, neue Projekte würden mit zunehmender Erfahrung garantiert schneller von der Hand gehen als die vorigen, muss am Ende mehr Nachtschichten schieben – weil die To-dos eben doch mehr Zeit fressen als erwartet.
Dagegen hilft laut der Führungskräfte-Coachin, einen Zeitpuffer für jedes neu zugesagte Vorhaben einzuplanen und Deadlines weiter nach hinten zu legen, als du es normalerweise tun würdest. Ein Beispiel: Du hast zugesagt, auf dem Jahresempfang des regionalen Verbandes von Unternehmerinnen und Unternehmern am 12. Januar einen Vortrag zu halten. Thema: „Wie ihr junge Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer über TikTok gewinnt“. Du rechnest mit drei Stunden, um den Vortrag zu schreiben, und willst der Organisatorin die Präsentation am 6. Januar schicken. Plane für das Schreiben eine Stunde mehr ein – und bitte für die Präsentation um eine Deadline bis zum 10. Januar.
Großzügiger zu kalkulieren hilft laut Nawaz, unerwartete Ereignisse und Aufgaben mitzudenken, die Zeitpläne sonst schnell durcheinanderbringen. Und das wiederum reduziere Stress und stelle sicher, regelmäßig Zeit für Dinge abseits der Arbeit zu haben.
Denkmuster 3: „Die anderen mögen mich, wenn ich jetzt einspringe“
Eines der größten Hindernisse, um zeitliche Ressourcen realistisch einzuschätzen, ist für Nawaz unser Bedürfnis, von anderen gemocht zu werden. Wenn uns andere Anerkennung zollen, Geschäftspartner etwa, Kunden oder Angestellte, dann flutet das Glückshormon Dopamin unser Gehirn. Wir fühlen uns gut – und wollen dieses Gefühl immer wieder spüren. Doch genau dadurch laden sich Menschen schnell viel zu viel auf.
Nawaz‘ Rat: Ehe du eine Zusage machst, überlege dir, welche negativen Folgen es haben könnte, wenn du mal wieder allzu schnell die Hand hebst. Was würde etwa geschehen, wenn deine Arbeit schlechter ausfällt als üblich? Wenn du eine Deadline nicht halten kannst, weil unerwartete Aufgaben dazwischengekommen sind? Wenn du nicht genau die Menge liefern kannst, die du allzu überhastet zugesagt hast?
Wer Projekte derart vom schlechten Ende her denkt, schafft es Nawaz zufolge leichter, die eigenen Ressourcen vernünftiger einzuschätzen und realistischer zu planen.
Denkmuster 4: „Ich muss die Arbeit anderer korrigieren“
Viele Führungskräfte kämpfen mit dem gleichen Problem: Teammitglieder machen Fehler oder liefern nicht in der erwarteten Qualität. Mitunter helfen nicht einmal Checklisten und Richtlinien mit genauen Vorgaben, wie eine bestimmte Aufgabe zu erledigen ist, um die Lage zu bessern. Die Folge: Chefs und Chefinnen bessern selbst nach.
Gegen diesen Zeitfresser, der zielsicher in die Überlastung führt, empfiehlt die Expertin Folgendes: Anstatt Stunden damit zuzubringen, Fehler anderer auszubügeln, gib die Arbeit an die Teammitglieder zurück – mit genauen Anweisungen. Gibt es bereits Checklisten, wie etwas zu tun ist, verweise darauf. Und wiederhole das Ganze, wenn du in der nächsten Runde immer noch nicht zufrieden mit der geleisteten Arbeit bist.
Wichtig dabei: Sei konsequent und erledige keine noch so kleinen To-dos selbst, die nicht deine sind. Denn dann, so Nawaz, raubst du Teammitgliedern die Chance zu lernen, wirklich autonom zu handeln. Und du nimmst dir selbst die Option, irgendwann durch andere richtig entlastet zu werden.
Denkmuster 5: „Ohne mich läuft es nicht“
Chefs und Chefinnen haben oft das Gefühl, vieles am besten zu können. Auch das führt dazu, dass sie im operativen Tagesgeschäft mitmischen und Angestellte kontrollieren. Dahinter steht die Angst, sonst könnte direkt die Hütte brennen. Doch auch solches Mikromanagement endet häufig in der Überlastung – schließlich gibt es auch noch die strategische Arbeit, die wirklich nur die obersten Führungskräfte erledigen können.
Allen, die in diesem Glaubenssatz verfangen sind, rät Nawaz: Nutze einen Teil des zeitlichen Puffers, den du durch kluge Planung im Alltag aufbaust (siehe Denkmuster 2), um Angestellte weiterzubilden. Leite diese an, wie sie wichtige Aufgaben in guter Qualität selbst erledigen können.
Auch wenn es Zeit brauche und Ressourcen koste, bis Teammitglieder wirklich eigenverantwortlich handeln könnten, sei dies der beste Weg raus aus der Mikromanagement-Falle. Es gelte, in die Fähigkeit vieler zu investieren, statt sich nur auf sich selbst oder einige wenige zu verlassen. So könne man sich langfristig aus der Vorstellung befreien, unersetzlich zu sein. Und damit mehr Freiraum für wirklich wichtige Aufgaben gewinnen – und sich seltener überlastet fühlen.
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