Inflationsausgleich
Mitarbeiter fordern einen Inflationsausgleich? So sollten Sie reagieren

Alles wird teurer – für Arbeitnehmer, aber auch für Firmen. Was tun, wenn Angestellte einen Inflationsausgleich fordern? Wie Sie im Gehaltsgespräch souverän reagieren und welche Alternativen es gibt.

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Inflationsausgleich
© Jonathan Schöps / Photocase / Photocase Addicts GmbH

Angenommen, eine Arbeitnehmerin verlangt eine Lohnerhöhung wegen der Inflation, ihr Arbeitgeber kann sich das aber nicht leisten.

Oder: Ein Angestellter erhält eine Einmalzahlung, seine Kollegen aber nicht – das spricht sich rum und sorgt für schlechte Stimmung.

Ein drittes Szenario: Eine Mitarbeiterin fordert einen Inflationsausgleich, obwohl sie seit Monaten schlecht performt.

Situationen wie diese sind knifflig für Unternehmerinnen und Unternehmer. Und doch können sie dafür sorgen, dass beide Seiten zufrieden aus solchen Gehaltsgesprächen gehen – selbst dann, wenn das Teammitglied nicht mehr Gehalt erhält.

Friedrich Fratschner, Vergütungsexperte und Geschäftsführer der Beratungsfirma Baumgartner und Partner, klärt die wichtigsten Fragen – und gibt Tipps, wie die Gehaltsgespräche gelingen.

Ist die Inflation ein guter Grund für eine Gehaltserhöhung?

Für Arbeitnehmer bleibt von ihrem Nettolohn aktuell weniger übrig als noch vor einigen Monaten: Die Sprit-, Energie- und Lebensmittelpreise sind deutlich gestiegen. Es ist also durchaus verständlich, wenn Angestellte sich wünschen, dass sie diese Einbußen durch ein höheres Gehalt ausgleichen können.

Doch auch für Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber steigen die Kosten. Eine pauschale Gehaltserhöhung für alle können daher wohl die wenigsten Firmen stemmen.

Ob eine Gehaltserhöhung wegen der Inflation gerechtfertigt ist, kommt laut Fratschner auf den jeweiligen Mitarbeiter an. Wer bereits ein Gehalt erhält, bei dem er oder sie jeden Monat etwas zurücklegen kann, spürt die Preissteigerungen zwar, kann sie aber verschmerzen.

Anders sieht es bei Geringverdienern aus: „Wer ein niedriges Gehalt hat, von dem fast alles in die Lebenshaltungskosten fließt, der ist natürlich enorm von der Inflation betroffen“, sagt Fratschner. „Dann ist die Inflation als Begründung für eine Gehaltserhöhung legitim.“

Wie können Chefs mit der Gehaltsforderung umgehen?

Eine Grundvoraussetzung für Gehaltsgespräche, von denen beide Seiten profitieren, lautet für den Vergütungsexperten: Chefinnen und Chefs müssen ihre Mitarbeiter gut kennen. „Viele Arbeitgeber wissen viel zu wenig über ihre Angestellten“, erläutert Fratschner. „Chefs müssen reflektieren können, in welcher Lebenssituation jemand ist. Und überlegen, ob deren Ansinnen, wegen der Inflation mehr zu verdienen, einfach ein wenig forsch ist – oder wirklich begründet.“

Egal ob freche Forderung oder berechtigte Nachfrage: Führt ein Mitarbeiter die Inflation als Begründung für eine Gehaltserhöhung an, sollten Unternehmer Fratschner zufolge in jedem Fall darauf eingehen. Und auch thematisieren, wenn sich das Unternehmen eine Gehaltserhöhung gerade nicht leisten kann – auch wenn die Person sie wegen ihres niedrigen Gehalts womöglich verdient hätte.

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Verdient ein Teammitglied hingegen schon gut, lohne es sich, andere Möglichkeiten zu diskutieren.

Mehr zum Thema: Inflationsprämie: Müssen Arbeitgeber zahlen?

Wie entsteht eine Win-Win-Situation in Gehaltsgesprächen?

Fratschner empfiehlt, darauf zu achten, dass aus dem Gehalts-Gespräch keine Gewinner-Verlierer-Diskussion wird – bei der das Unternehmen keine Gehaltserhöhung zahlt und der Mitarbeiter gefrustet zurückbleibt. Wer nicht direkt eine Gehaltserhöhung zahlen kann oder möchte, sollte sich vielmehr bemühen, dem Mitarbeiter eine Perspektive für die Zukunft zu bieten.

Etwa wie folgt:

Die Stelle anpassen

Chefs können gemeinsam mit dem Arbeitnehmer überlegen, wie sie den Job umgestalten können: „Ich kann als Chef vorschlagen, die Stelle so zuzuschneiden, dass die Firma einen ökonomischen Nutzen daraus zieht und sie dem Potential des Mitarbeiters mehr entspricht“, erklärt Fratschner. „So dass er mehr Spaß an seinen Aufgaben hat. Und vielleicht auch Aufgaben entfallen. Man verbringt einen großen Teil seiner Lebenszeit bei der Arbeit. Die Freude an den Aufgaben zu steigern, hat deshalb eine vielfach höhere Rendite als nur das Gehalt.“ Das könnten Chefs ruhig thematisieren.

Denn Studien zeigen: Eine Gehaltserhöhung motiviert häufig nur kurzfristig. Dazu ist ein Job, der den eigenen Stärken entspricht, für viele Arbeitnehmer deutlich attraktiver, weiß Fratschner aus Erfahrung: „Wenn man Mitarbeiter fragt, ob sie ein paar Prozent Zuschlag erhalten wollen oder ihre Stelle umgestalten, Aufgaben rausnehmen – dann stellt man fest, dass viele mehr an Letzterem interessiert sind.“

Das Arbeitszeitmodell ändern

Chefs und Mitarbeiter können auch darüber sprechen, ob ein alternatives Arbeitszeitmodell für beide Seiten in Frage kommt. „Wenn jemand mal einen halben Tag frei hat oder ein paar Stunden weniger arbeitet, zieht er vielleicht daraus viel mehr Nutzen als aus einem höheren Gehalt“, so der Berater.

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Mehr zum Thema: Arbeitszeitmodelle: 14 flexible Arbeitszeitmodelle im Überblick

Gehaltserhöhung an Ziele koppeln

Statt unmittelbar den geforderten Inflationsausgleich zu zahlen, können Unternehmerinnen und Unternehmer diesen auch an Ziele koppeln. Der Arbeitgeber könnte beispielsweise zusagen, das Gehalt schrittweise zu steigern, wenn das Teammitglied bis Jahresende zehn Neukunden gewinnt oder ein wichtiges Projekt abschließt.

Nebenleistungen als Alternativen zur Gehaltserhöhung anbieten

Statt einer Gehaltserhöhung kann für beide Seiten auch eine Sachleistung attraktiv sein: Viele dieser Angebote sind steuer- und sozialabgabenfrei oder zumindest vergünstigt. Sachbezüge sind bis zur monatlichen Grenze von 50 Euro steuerfrei. Denkbar sind beispielsweise:

  • Restaurant-Schecks
  • Kita-Zuschuss
  • Job-Ticket für die öffentlichen Verkehrsmittel
  • Gutscheine fürs Tanken, Theater, Kino oder Onlineshops
  • Mitgliedschaft im Fitnessstudio
  • Dienstfahrrad

Achtung: Sachbezüge müssen zusätzlich zum Gehalt gezahlt werden – es darf also kein Gehalt in einen Sachbezug umgewandelt werden.

Welche Gehaltsextras noch in Frage kommen und was Sie steuerlich beachten müssen, lesen Sie hier: Steuerfreie Arbeitgeberleistungen: Die beliebtesten Alternativen zur Gehaltserhöhung

Achtung: Nebenleistungen haben Nachteile

Fratschner warnt, die Wirkung von steuerfreien Nebenleistungen zu überschätzen: Seiner Erfahrung nach würden Arbeitnehmer diese Leistungen oft weniger wertschätzen als Chefinnen und Chefs sich das wünschen.

Der Experte macht das am Beispiel Dienstfahrrad deutlich: „Als Arbeitgeber gehe ich eine Verpflichtung für das Produkt ein. Fährt das Fahrrad gut, freut sich der Arbeitnehmer. Fährt es schlecht, heißt es: ‚Da hat der Arbeitgeber wieder gespart.‘“

Steuerfreie Nebenleistungen würden außerdem einen hohen Organisationsaufwand mit sich bringen – insbesondere dann, wenn Teammitglieder verschiedene Leistungen wünschten: Der eine das Dienstfahrrad, die nächsten die Tankgutscheine, ein Dritter den Kitazuschuss. „Ich weiß, dass viele Unternehmen Probleme haben, das zu verwalten“, so Fratschner. „Ich persönlich bin deshalb kein Freund von Nebenleistungen. Das klingt schön, aber die Umsetzung ist schwierig. Und die Verwaltung kostet auch wieder Geld.“

Einmalzahlungen anbieten

Statt das Gehalt dauerhaft zu erhöhen, können Unternehmer auf Einmalzahlungen setzen. Solch eine Sonderzahlung koste zwar erstmal einen Batzen Geld; dennoch sei das in der Regel günstiger, als dem gesamten Team dauerhaft jeden Monat mehr zu zahlen, so Fratschner.

Ein weiterer Vorteil von Einmalzahlungen (wenn Firmen sie der gesamten Belegschaft zahlen): Chefs müssen nicht mit jedem einzelnen Teammitglied verhandeln, sondern können das Thema Inflationsausgleich damit für alle abwickeln. Das spart Zeit und Nerven.

Wichtig sei, bei solch einer Sonderzahlung klar zu kommunizieren, dass es daneben vorerst keine Gehaltserhöhungen geben kann. „Diese Erwartungshaltung muss klar formuliert sein“, so Fratschner. „Sie können etwa sagen: ‚Wir zahlen das hier wegen der aktuellen Situation freiwillig. Es muss uns nicht jeder dafür um den Hals fallen, aber ein bisschen Dankbarkeit wäre schön. Wir brauchen jetzt die und die Ergebnisse, wir müssen uns alle dafür ins Zeug legen. Was wir nicht wollen: Mit jedem über Gehalt reden.‘“

Viele Arbeitgeber versäumen es Fratschner zufolge jedoch, über eben diese Erwartungshaltung zu sprechen. Und sorgen so dafür, dass Teammitglieder überlegen, ob die Zahlung fair ist – und am nächsten Tag mit höheren Forderungen in der Personalabteilung aufkreuzen. Eine klare Ansage sei daher wichtig.

Was tun, wenn das Gehalt erst kürzlich erhöht wurde?

Die letzte Gehaltserhöhung ist erst ein paar Monate her, nun steht die Mitarbeiterin wieder auf der Matte: Ihr Gehalt sei aufgrund der hohen Inflationsrate nicht mehr angemessen. Fratschner kennt solche Situationen: „Manche sind ein bisschen frech und pokern. Die wissen, dass es aktuell schwierig ist, Leute zu rekrutieren. Und dass die Firma ein Stück weit von ihnen abhängig ist.“

Chefs tragen aber auch eine Mitschuld an frechen Forderungen wie diesen, sagt Fratschner: „Das ist schlechte Kommunikation vom Arbeitgeber. Man muss klarmachen, dass das Thema Gehalt nach einer Erhöhung beispielsweise bis Ende des Jahres erstmal durch ist.“

Drohen Arbeitnehmer damit, die Firma zu verlassen, sollten sie auf keinen Fall eine Gehaltserhöhung bekommen: Chefs dürften sich nicht erpressen lassen. Denn im Zweifelsfall fordere der gleiche Mitarbeiter ein paar Monate später erneut mehr Geld – er ist ja schließlich schon einmal damit durchgekommen. Solche Leute müssten Firmen im Zweifelsfall ziehen lassen.

Fratschner sagt aber auch: „Viele Menschen sind durch drei Jahre Corona, Krieg und Inflation einfach überfordert.“ Deshalb sei es ratsam, auch bei scheinbar frechen Forderungen zu versuchen, gemeinsam eine Perspektive jenseits der Gehaltserhöhung zu entwickeln (siehe oben).

Was tun, wenn sich die Firma keine Lohnerhöhung leisten kann?

Gibt die finanzielle Situation einfach keine Gehaltserhöhung her, empfiehlt der Vergütungsexperte, die Situation klar und offen zu kommunizieren: „Viele Mittelständler haben Probleme damit, ihren Erfolg oder Misserfolg zu kommunizieren. Man muss aber ja nicht direkt die Eigenkapitalrendite öffentlich machen. Ein paar Informationen zu Umsatz und Auftragseingang sind schon hilfreich für die Mitarbeiter.“

Grundsätzlich sollten Unternehmerinnen und Unternehmer laut Fratschner in solch einem Fall wieder versuchen, dem Team eine Perspektive zu geben. Damit Mitarbeiter nicht das Unternehmen verlassen, weil andere Firmen mehr bieten, rät er, ein Beteiligungsmodell aufzubauen. Etwa so: „Sobald wir Umsatz X erreichen, dann gibt es folgende Beteiligung für euch: …. Dafür müssen wir uns aber alle ins Zeug legen.“

Wie offen sollten Chefinnen und Chefs über Ausgleichszahlungen sprechen?

Erhält nur ein Teil der Belegschaft einen Inflationsausgleich, kann das für Unmut sorgen. Wer keinen erhalten hat, fühlt sich womöglich unfair behandelt und schlägt mit eigenen Forderungen beim der Chefin auf.

Um so etwas zu verhindern, empfiehlt Fratschner wieder, offen und klar zu kommunizieren. Chefinnen und Chefs sollten ihre Entscheidung begründen. Und deutlich machen, dass aktuell beispielsweise nur eine Ausgleichszahlung für Geringverdiener drin ist.

Fratschner: „Man muss die Kommunikationshoheit in der eigenen Hand haben.“ Das gelänge auch, indem man insgesamt transparenter über Gehälter spreche. „Das heißt nicht, dass jedes einzelne Gehalt transparent gemacht werden muss. Aber man kann schon sagen, in welcher Spannbreite ein Job vergütet ist.“ Mit solchen sogenannten Gehaltsbändern hat der Experte in seiner Tätigkeit als Berater gute Erfahrung gemacht.

Er mahnt aber zugleich: „Man darf eines nicht vergessen: In dem Moment, in dem Sie in einem Unternehmen über Entgelt diskutieren, wird jeder dazu angeregt, zu überlegen, ob sein Gehalt hoch genug ist. Da kann dann Frust entstehen“. Dagegen hilft: Klar festlegen, welche Leistungsanforderungen an ein Gehalt geknüpft sind – und was ein Mitarbeiter tun muss, um zu den Topverdienern zu gehören.

Zur Person
Der promovierte Wirtschaftswissenschaftler Friedrich Fraschtner ist Geschäftsführer der Beratungsfirma Baumgartner und Partner aus Hamburg und Mitgründer von HR Online Manager, einer Plattform für Stellenbewertungen und aktuelle Marktvergütung. Seine Beratungsschwerpunkte liegen im Anforderungs-, Leistungs- und Vergütungsmanagement.

Angenommen, eine Arbeitnehmerin verlangt eine Lohnerhöhung wegen der Inflation, ihr Arbeitgeber kann sich das aber nicht leisten. Oder: Ein Angestellter erhält eine Einmalzahlung, seine Kollegen aber nicht – das spricht sich rum und sorgt für schlechte Stimmung. Ein drittes Szenario: Eine Mitarbeiterin fordert einen Inflationsausgleich, obwohl sie seit Monaten schlecht performt. Situationen wie diese sind knifflig für Unternehmerinnen und Unternehmer. Und doch können sie dafür sorgen, dass beide Seiten zufrieden aus solchen Gehaltsgesprächen gehen – selbst dann, wenn das Teammitglied nicht mehr Gehalt erhält. Friedrich Fratschner, Vergütungsexperte und Geschäftsführer der Beratungsfirma Baumgartner und Partner, klärt die wichtigsten Fragen – und gibt Tipps, wie die Gehaltsgespräche gelingen. Ist die Inflation ein guter Grund für eine Gehaltserhöhung? Für Arbeitnehmer bleibt von ihrem Nettolohn aktuell weniger übrig als noch vor einigen Monaten: Die Sprit-, Energie- und Lebensmittelpreise sind deutlich gestiegen. Es ist also durchaus verständlich, wenn Angestellte sich wünschen, dass sie diese Einbußen durch ein höheres Gehalt ausgleichen können. Doch auch für Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber steigen die Kosten. Eine pauschale Gehaltserhöhung für alle können daher wohl die wenigsten Firmen stemmen. Ob eine Gehaltserhöhung wegen der Inflation gerechtfertigt ist, kommt laut Fratschner auf den jeweiligen Mitarbeiter an. Wer bereits ein Gehalt erhält, bei dem er oder sie jeden Monat etwas zurücklegen kann, spürt die Preissteigerungen zwar, kann sie aber verschmerzen. Anders sieht es bei Geringverdienern aus: „Wer ein niedriges Gehalt hat, von dem fast alles in die Lebenshaltungskosten fließt, der ist natürlich enorm von der Inflation betroffen“, sagt Fratschner. „Dann ist die Inflation als Begründung für eine Gehaltserhöhung legitim.“ Wie können Chefs mit der Gehaltsforderung umgehen? Eine Grundvoraussetzung für Gehaltsgespräche, von denen beide Seiten profitieren, lautet für den Vergütungsexperten: Chefinnen und Chefs müssen ihre Mitarbeiter gut kennen. „Viele Arbeitgeber wissen viel zu wenig über ihre Angestellten“, erläutert Fratschner. „Chefs müssen reflektieren können, in welcher Lebenssituation jemand ist. Und überlegen, ob deren Ansinnen, wegen der Inflation mehr zu verdienen, einfach ein wenig forsch ist – oder wirklich begründet.“ Egal ob freche Forderung oder berechtigte Nachfrage: Führt ein Mitarbeiter die Inflation als Begründung für eine Gehaltserhöhung an, sollten Unternehmer Fratschner zufolge in jedem Fall darauf eingehen. Und auch thematisieren, wenn sich das Unternehmen eine Gehaltserhöhung gerade nicht leisten kann – auch wenn die Person sie wegen ihres niedrigen Gehalts womöglich verdient hätte. Verdient ein Teammitglied hingegen schon gut, lohne es sich, andere Möglichkeiten zu diskutieren. Mehr zum Thema: Inflationsprämie: Müssen Arbeitgeber zahlen? Wie entsteht eine Win-Win-Situation in Gehaltsgesprächen? Fratschner empfiehlt, darauf zu achten, dass aus dem Gehalts-Gespräch keine Gewinner-Verlierer-Diskussion wird – bei der das Unternehmen keine Gehaltserhöhung zahlt und der Mitarbeiter gefrustet zurückbleibt. Wer nicht direkt eine Gehaltserhöhung zahlen kann oder möchte, sollte sich vielmehr bemühen, dem Mitarbeiter eine Perspektive für die Zukunft zu bieten. Etwa wie folgt: Die Stelle anpassen Chefs können gemeinsam mit dem Arbeitnehmer überlegen, wie sie den Job umgestalten können: „Ich kann als Chef vorschlagen, die Stelle so zuzuschneiden, dass die Firma einen ökonomischen Nutzen daraus zieht und sie dem Potential des Mitarbeiters mehr entspricht“, erklärt Fratschner. „So dass er mehr Spaß an seinen Aufgaben hat. Und vielleicht auch Aufgaben entfallen. Man verbringt einen großen Teil seiner Lebenszeit bei der Arbeit. Die Freude an den Aufgaben zu steigern, hat deshalb eine vielfach höhere Rendite als nur das Gehalt.“ Das könnten Chefs ruhig thematisieren. Denn Studien zeigen: Eine Gehaltserhöhung motiviert häufig nur kurzfristig. Dazu ist ein Job, der den eigenen Stärken entspricht, für viele Arbeitnehmer deutlich attraktiver, weiß Fratschner aus Erfahrung: „Wenn man Mitarbeiter fragt, ob sie ein paar Prozent Zuschlag erhalten wollen oder ihre Stelle umgestalten, Aufgaben rausnehmen – dann stellt man fest, dass viele mehr an Letzterem interessiert sind.“ Das Arbeitszeitmodell ändern Chefs und Mitarbeiter können auch darüber sprechen, ob ein alternatives Arbeitszeitmodell für beide Seiten in Frage kommt. „Wenn jemand mal einen halben Tag frei hat oder ein paar Stunden weniger arbeitet, zieht er vielleicht daraus viel mehr Nutzen als aus einem höheren Gehalt“, so der Berater. Mehr zum Thema: Arbeitszeitmodelle: 14 flexible Arbeitszeitmodelle im Überblick Gehaltserhöhung an Ziele koppeln Statt unmittelbar den geforderten Inflationsausgleich zu zahlen, können Unternehmerinnen und Unternehmer diesen auch an Ziele koppeln. Der Arbeitgeber könnte beispielsweise zusagen, das Gehalt schrittweise zu steigern, wenn das Teammitglied bis Jahresende zehn Neukunden gewinnt oder ein wichtiges Projekt abschließt. Nebenleistungen als Alternativen zur Gehaltserhöhung anbieten Statt einer Gehaltserhöhung kann für beide Seiten auch eine Sachleistung attraktiv sein: Viele dieser Angebote sind steuer- und sozialabgabenfrei oder zumindest vergünstigt. Sachbezüge sind bis zur monatlichen Grenze von 50 Euro steuerfrei. Denkbar sind beispielsweise: Restaurant-Schecks Kita-Zuschuss Job-Ticket für die öffentlichen Verkehrsmittel Gutscheine fürs Tanken, Theater, Kino oder Onlineshops Mitgliedschaft im Fitnessstudio Dienstfahrrad Achtung: Sachbezüge müssen zusätzlich zum Gehalt gezahlt werden – es darf also kein Gehalt in einen Sachbezug umgewandelt werden. Welche Gehaltsextras noch in Frage kommen und was Sie steuerlich beachten müssen, lesen Sie hier: Steuerfreie Arbeitgeberleistungen: Die beliebtesten Alternativen zur Gehaltserhöhung Achtung: Nebenleistungen haben Nachteile Fratschner warnt, die Wirkung von steuerfreien Nebenleistungen zu überschätzen: Seiner Erfahrung nach würden Arbeitnehmer diese Leistungen oft weniger wertschätzen als Chefinnen und Chefs sich das wünschen. Der Experte macht das am Beispiel Dienstfahrrad deutlich: „Als Arbeitgeber gehe ich eine Verpflichtung für das Produkt ein. Fährt das Fahrrad gut, freut sich der Arbeitnehmer. Fährt es schlecht, heißt es: ‚Da hat der Arbeitgeber wieder gespart.‘“ Steuerfreie Nebenleistungen würden außerdem einen hohen Organisationsaufwand mit sich bringen – insbesondere dann, wenn Teammitglieder verschiedene Leistungen wünschten: Der eine das Dienstfahrrad, die nächsten die Tankgutscheine, ein Dritter den Kitazuschuss. „Ich weiß, dass viele Unternehmen Probleme haben, das zu verwalten“, so Fratschner. „Ich persönlich bin deshalb kein Freund von Nebenleistungen. Das klingt schön, aber die Umsetzung ist schwierig. Und die Verwaltung kostet auch wieder Geld.“ Einmalzahlungen anbieten Statt das Gehalt dauerhaft zu erhöhen, können Unternehmer auf Einmalzahlungen setzen. Solch eine Sonderzahlung koste zwar erstmal einen Batzen Geld; dennoch sei das in der Regel günstiger, als dem gesamten Team dauerhaft jeden Monat mehr zu zahlen, so Fratschner. Ein weiterer Vorteil von Einmalzahlungen (wenn Firmen sie der gesamten Belegschaft zahlen): Chefs müssen nicht mit jedem einzelnen Teammitglied verhandeln, sondern können das Thema Inflationsausgleich damit für alle abwickeln. Das spart Zeit und Nerven. Wichtig sei, bei solch einer Sonderzahlung klar zu kommunizieren, dass es daneben vorerst keine Gehaltserhöhungen geben kann. „Diese Erwartungshaltung muss klar formuliert sein“, so Fratschner. „Sie können etwa sagen: ‚Wir zahlen das hier wegen der aktuellen Situation freiwillig. Es muss uns nicht jeder dafür um den Hals fallen, aber ein bisschen Dankbarkeit wäre schön. Wir brauchen jetzt die und die Ergebnisse, wir müssen uns alle dafür ins Zeug legen. Was wir nicht wollen: Mit jedem über Gehalt reden.‘“ Viele Arbeitgeber versäumen es Fratschner zufolge jedoch, über eben diese Erwartungshaltung zu sprechen. Und sorgen so dafür, dass Teammitglieder überlegen, ob die Zahlung fair ist – und am nächsten Tag mit höheren Forderungen in der Personalabteilung aufkreuzen. Eine klare Ansage sei daher wichtig. Was tun, wenn das Gehalt erst kürzlich erhöht wurde? Die letzte Gehaltserhöhung ist erst ein paar Monate her, nun steht die Mitarbeiterin wieder auf der Matte: Ihr Gehalt sei aufgrund der hohen Inflationsrate nicht mehr angemessen. Fratschner kennt solche Situationen: „Manche sind ein bisschen frech und pokern. Die wissen, dass es aktuell schwierig ist, Leute zu rekrutieren. Und dass die Firma ein Stück weit von ihnen abhängig ist.“ Chefs tragen aber auch eine Mitschuld an frechen Forderungen wie diesen, sagt Fratschner: „Das ist schlechte Kommunikation vom Arbeitgeber. Man muss klarmachen, dass das Thema Gehalt nach einer Erhöhung beispielsweise bis Ende des Jahres erstmal durch ist.“ Drohen Arbeitnehmer damit, die Firma zu verlassen, sollten sie auf keinen Fall eine Gehaltserhöhung bekommen: Chefs dürften sich nicht erpressen lassen. Denn im Zweifelsfall fordere der gleiche Mitarbeiter ein paar Monate später erneut mehr Geld – er ist ja schließlich schon einmal damit durchgekommen. Solche Leute müssten Firmen im Zweifelsfall ziehen lassen. Fratschner sagt aber auch: „Viele Menschen sind durch drei Jahre Corona, Krieg und Inflation einfach überfordert.“ Deshalb sei es ratsam, auch bei scheinbar frechen Forderungen zu versuchen, gemeinsam eine Perspektive jenseits der Gehaltserhöhung zu entwickeln (siehe oben). Was tun, wenn sich die Firma keine Lohnerhöhung leisten kann? Gibt die finanzielle Situation einfach keine Gehaltserhöhung her, empfiehlt der Vergütungsexperte, die Situation klar und offen zu kommunizieren: „Viele Mittelständler haben Probleme damit, ihren Erfolg oder Misserfolg zu kommunizieren. Man muss aber ja nicht direkt die Eigenkapitalrendite öffentlich machen. Ein paar Informationen zu Umsatz und Auftragseingang sind schon hilfreich für die Mitarbeiter.“ Grundsätzlich sollten Unternehmerinnen und Unternehmer laut Fratschner in solch einem Fall wieder versuchen, dem Team eine Perspektive zu geben. Damit Mitarbeiter nicht das Unternehmen verlassen, weil andere Firmen mehr bieten, rät er, ein Beteiligungsmodell aufzubauen. Etwa so: „Sobald wir Umsatz X erreichen, dann gibt es folgende Beteiligung für euch: …. Dafür müssen wir uns aber alle ins Zeug legen.“ Wie offen sollten Chefinnen und Chefs über Ausgleichszahlungen sprechen? Erhält nur ein Teil der Belegschaft einen Inflationsausgleich, kann das für Unmut sorgen. Wer keinen erhalten hat, fühlt sich womöglich unfair behandelt und schlägt mit eigenen Forderungen beim der Chefin auf. Um so etwas zu verhindern, empfiehlt Fratschner wieder, offen und klar zu kommunizieren. Chefinnen und Chefs sollten ihre Entscheidung begründen. Und deutlich machen, dass aktuell beispielsweise nur eine Ausgleichszahlung für Geringverdiener drin ist. Fratschner: „Man muss die Kommunikationshoheit in der eigenen Hand haben.“ Das gelänge auch, indem man insgesamt transparenter über Gehälter spreche. „Das heißt nicht, dass jedes einzelne Gehalt transparent gemacht werden muss. Aber man kann schon sagen, in welcher Spannbreite ein Job vergütet ist.“ Mit solchen sogenannten Gehaltsbändern hat der Experte in seiner Tätigkeit als Berater gute Erfahrung gemacht. Er mahnt aber zugleich: „Man darf eines nicht vergessen: In dem Moment, in dem Sie in einem Unternehmen über Entgelt diskutieren, wird jeder dazu angeregt, zu überlegen, ob sein Gehalt hoch genug ist. Da kann dann Frust entstehen“. Dagegen hilft: Klar festlegen, welche Leistungsanforderungen an ein Gehalt geknüpft sind – und was ein Mitarbeiter tun muss, um zu den Topverdienern zu gehören. [zur-person]