Hinweisgeberschutzgesetz
Diese neuen Pflichten durch das Hinweisgeberschutzgesetz müssen Sie kennen

Der Bundesrat hat das Hinweisgeberschutzgesetz beschlossen: Die meisten Unternehmen müssen zügig Meldestellen für Whistleblower einrichten. Was das Gesetz genau regelt und was Sie jetzt tun müssen.

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Hinweisgeberschutzgesetz
© Constantine Johnny / Moment / Getty images

Was ist das neue Hinweisgeberschutzgesetz?

Mit dem „Gesetz für einen besseren Schutz hinweisgebender Personen“, kurz: Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG), setzt Deutschland eine EU-Richtlinie aus dem Jahr 2019 um. Ziel des Gesetzes: Menschen, die auf Rechts- und Regelverstöße in Unternehmen und Behörden hinweisen wollen, sogenannte Whistleblower, sollen das einfacher und ohne Angst vor Repressalien tun können.

Der Hintergrund: Kommen Skandale in Unternehmen ans Licht, beruht das meist auf Insider-Informationen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. „Diese Whistleblower zahlen oft einen hohen Preis: Ihnen droht mitunter Nachteile im Job, wie etwa Mobbing, eine Versetzung oder sogar eine Kündigung“, sagt Volker Görzel, Fachanwalt für Arbeitsrecht in Köln.

Was regelt das Hinweisgeberschutzgesetz genau?

Das Hinweisgeberschutzgesetz macht konkrete Vorgaben, wie Unternehmen es Whistleblowern ermöglichen müssen, Missstände zu melden. Außerdem regelt es, wie Unternehmen Whistleblower vor Repressalien schützen müssen.

Die wichtigste neue Pflicht: Laut HinSchG müssen die allermeisten Unternehmen nun eine interne Meldestelle einrichten, an die sich Hinweisgeber wenden können – und die hilft, sie vor Repressalien zu schützen.

Außerdem soll die interne Meldestelle auch eigene Ermittlungen zum Inhalt der Meldung aufnehmen können. Dies soll zum einen wieder jene schützen, die die Meldung abgeben. Gleichzeitig aber auch jene Personen, die die Meldung betrifft, vor eventuell falschen Verdächtigungen bewahren.

Wann tritt das Hinweisgeberschutzgesetz in Kraft – was ist der aktuelle Stand?

Nachdem der Bundesrat Ende Februar einem Entwurf zum Hinweisgeberschutzgesetz nicht zugestimmt hatte, wurde der Vermittlungsausschuss angerufen. Den dort entwickelten Kompromiss hat der Bundestag verabschiedet – ihm stimmte nun auch der Bundesrat zu.

Und so tritt das HinSchG laut Gesetzestext einen Monat nach Verkündigung im Bundesgesetzblatt in Kraft – Experten zufolge wird dies Mitte Juni der Fall sein.

Der Experte
Volker GörzelVolker Görzel ist Fachanwalt für Arbeitsrecht und Gründungspartner der Kölner Kanzlei HMS Barthelmeß Görzel Rechtsanwälte.

Für wen gilt das Hinweisgeberschutzgesetz – welche Unternehmen müssen also eine Meldestelle einrichten?

Eine interne Meldestelle nach dem Hinweisgeberschutzgesetz müssen alle sogenannten „Beschäftigungsgeber“ etablieren, die mindestens 50 Beschäftigte haben. Dazu gehören laut Gesetz „natürliche Personen sowie juristische Personen des öffentlichen und des privaten Rechts, (…) rechtsfähige Personengesellschaften und (…) sonstige rechtsfähige Personenvereinigungen.

Damit betrifft das Hinweisgeberschutzgesetz nicht nur Unternehmen, sondern beispielsweise auch Vereine, Behörden, eingetragene Genossenschaften und Stiftungen.

Wen schützt das Gesetz konkret?

Mit den Regelungen des Hinweisgeberschutzgesetzes sollen folgende Personengruppen besser geschützt werden:

  1. Die Hinweisgeber selbst

Zu möglichen Hinweisgebern zählen unter anderem Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie Auszubildende, Beamtinnen und Beamte, Richterinnen und Richter (ausgenommen ehrenamtliche Richterinnen und Richter), Soldaten und Soldatinnen. Außerdem Beschäftigte von Lieferanten oder Dienstleistern eines Unternehmens – auch sie können Hinweise melden. Eine genaue Auflistung findet sich in § 3 HinSchG.

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  1. Personen, die den Hinweisgeber bei einer Meldung (…) vertraulich unterstützt haben.

Dazu können etwa Teammitglieder gehören, die Hinweisgebern Dokumente über einen Verstoß zugespielt haben. „Das Gesetz dient also auch dazu, die Whistleblower der Whistleblower zu schützen“, so Görzel.

  1. Personen, die mit der Meldung in Zusammenhang stehen

Dazu gehören etwa Teammitglieder oder Menschen „von außen“, die die Meldung der Hinweisgeber inhaltlich betrifft.

„Das Hinweisgeberschutzgesetz versucht also, den Spagat hinbekommen, zum einen die Hinweisgeber zu schützen, zum anderen aber auch jene, die vielleicht zu Unrecht angeschwärzt werden“, sagt Anwalt Görzel.

Was können Hinweisgeber genau melden?

Das Hinweisgeberschutzgesetz regelt sehr genau und umfassend, welche Hinweise unter das Hinweisgeberschutzgesetz fallen. Dazu gehören laut Gesetzestext Informationen über:

  1. „Verstöße, die strafbewehrt sind“,
  2. „Verstöße, die bußgeldbewehrt sind, soweit die verletzte Vorschrift dem Schutz von Leben, Leib oder Gesundheit oder dem Schutz der Rechte von Beschäftigten oder ihrer Vertretungsorgane dient“

Dazu gehören beispielsweise Verstöße gegen das Mindestlohngesetz oder solche aus dem Bereich des Arbeits- und Gesundheitsschutzes.

  1. „sonstige Verstöße gegen Rechtsvorschriften des Bundes und der Länder sowie unmittelbar geltende Rechtsakte der Europäischen Union und der Europäischen Atomgemeinschaft“.

Dazu gehören etwa Verstöße gegen Vorschriften zur Bekämpfung von Geldwäsche, zur Lebensmittelsicherheit, dem Umweltschutz, IT-Sicherheit und Datenschutz sowie zur Verfassungstreue von Beamten.

„Der Schutzbereich des Gesetzes umfasst also, salopp gesagt, alles, was man als Recht und Gesetz in einem Unternehmen betrachten kann. Beleidigungen, Körperverletzungen, Betrug etwa sind meldefähige Verstöße. Wenn man den Arbeitgeber etwa dabei beobachtet, kann man ihn, ebenso salopp gesagt, jetzt verpfeifen“, sagt Arbeitsrechtler Görzel.

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Allerdings gibt es eine wichtige Einschränkung: Unter den Anwendungsbereich des Gesetzes fallen nur Informationen über Verstöße, die sich auf den Beschäftigungsgeber beziehen – oder eine andere Stelle, mit der die hinweisgebende Person in Kontakt stand. „Hinweisgeber können also, im Gegensatz zu einem früheren Entwurf, nicht mehr jeden verpetzen“, sagt Görzel. „Sondern nur Meldungen zum Arbeitgeber machen und zu Menschen und Unternehmen, mit denen sie beruflich zu tun haben, etwa Kunden oder Dienstleistern.“

Wie schwer genau die Verstöße sein müssen, um sie melden zu können, regelt das Gesetz allerdings nicht im Detail. „Es wird deshalb viele Grenzfälle geben, die vor Gerichte geklärt werden müssen“, so Görzels Einschätzung.

Fallbeispiele

Vom Hinweisgeberschutzgesetz gedeckt wären Anwalt Görzel zufolge beispielsweise Hinweise zu folgenden möglichen Vorfällen:

  • Der Sicherheitsingenieur eines Atomkraftwerks benennt in einer Mail Sicherheitsmängel – erklärt aber, man könne „es einfach mal draufankommen lassen“.
  • Jemand benutzt im beruflichen Kontext das N-Wort.
  • Ein Arbeitgeber schaut sich in Sitzungen wiederholt über die Schulter und berührt dabei vermeintlich „aus Versehen“ die Brust einer Kollegin.
  • Ein Feuerwehrhauptmann kassiert für jedes Fahrzeug, das von einer bestimmten Kfz-Werkstatt repariert wird, 500 Euro Schmiergeld.
  • Ein Beamter gibt sich als Angehöriger der Reichsbürgerszene zu erkennen.
  • Ein Unternehmer verbaut billigen Stahl, etwa aus China, berechnet Kunden aber eine teurere Variante aus vermeintlich europäischer Produktion.

Ein Grenzfall wäre für Experte Görzel etwa, wenn ein Chef einen Blondinenwitz erzählt. „Dient er nur der allgemeinen Belustigung, wäre eine Meldung dazu wohl nicht vom Gesetz gedeckt. Spricht aber jemand mit dem Witz direkt eine blonde Kollegin an, könnte dies den Straftatbestand einer Beleidigung erfüllen – und damit eine Meldung rechtfertigen“, so Görzel.

Wovor schützt das Gesetz die Hinweisgeber?

Das Hinweisgeberschutzgesetz soll Hinweisgeber grundsätzlich vor Repressalien bewahren, durch die ihnen ein „ungerechtfertigter Nachteil entsteht oder entstehen kann“.

Sehr sicher liegt Görzel zufolge eine solche Repressalie dann vor, wenn Hinweisgeber nach einer Meldung folgende Nachteile erleiden – ohne dass es dafür einen anderen rechtfertigenden Grund gibt:

  • Kündigung
  • Mobbing
  • Veränderung des Aufgabenbereichs
  • Veränderung der Arbeitszeit
  • Veränderung des Arbeitsorts
  • Verweigerung von Fortbildungsmaßnahmen
  • Versagung einer Entfristung.

Trotzdem hält Anwalt Görzel den Gesetzesabschnitt zu Repressalien für problematisch: „Wie so viele Begriffe in diesem Gesetz kennt die Juristerei den Begriff ‚Repressalien‘ nicht – und es wird auch nicht definiert, was genau ein ‚ungerechtfertigter Nachteil‘ ist. Gehört es etwa schon dazu, wenn man nicht zum Betriebsfest eingeladen wird? Oder bei einer Gehaltserhöhung nicht zum Zuge kommt? Diese Details sind bislang völlig offen.“

Dazu sieht Görzel noch ein weiteres Problem: „Das Gesetz bezieht sich allein auf Nachteile im beruflichen Kontext. Was mit Nachteilen ist, die im privaten Umfeld entstehen, klärt es nicht.“

Wichtig: Bezüglich eventueller Repressalien gilt laut HinschG eine Beweislastumkehr.

Das bedeutet die Beweislastumkehr

Melden Hinweisgeber einen Missstand, erfahren danach eine mutmaßliche Repressalie und gehen vor Gericht, müssen sie selbst nicht belegen, dass es sich tatsächlich um eine Repressalie handelt. Dann sind vielmehr Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber in der Pflicht, zu belegen, dass es keine Repressalie ist.

Ein Beispiel: „Wenn ein Vertriebschef im Bauhandwerk Preisabsprachen meldet und Sie ihn anschließend in den Innendienst versetzen, dann müssen Sie als Arbeitgeber oder Arbeitgeberin nachweisen, dass dies nicht im Zusammenhang mit der Meldung steht“, erklärt Görzel. „Und das dürfte in vielen Fällen schwierig werden.“

Ist ein solcher Beweis nicht möglich, müssen Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber die Maßnahme, die als Repressalie gilt, zurücknehmen.

Welche Voraussetzungen müssen Hinweisgeber erfüllen?

Die Schutzmaßnahmen gelten laut §33 HinSchG dann, wenn:

  • Hinweisgeber „zum Zeitpunkt der Meldung oder Offenlegung hinreichenden Grund zu der Annahme hatte, dass die von ihr gemeldeten oder offengelegten Informationen der Wahrheit entsprechen“
  • „die Informationen Verstöße betreffen, die in den Anwendungsbereich des Gesetzes fallen, oder die hinweisgebende Person zum Zeitpunkt der Meldung oder Offenlegung hinreichenden Grund zu der Annahme hatte, dass dies der Fall sei.“

Dazu Anwalt Görzel: „Hinweisgeber sind in der Regel keine juristischen Experten. Deshalb müssen sie nicht im Detail wissen, ob das, was sie melden, am Ende beispielsweise wirklich eine Straftat ist oder nicht.“

Können Hinweisgeber auch einfach einen Verdacht melden?

Ein Verdacht allein reicht Anwalt Görzel zufolge nicht aus, um als Whistleblower unter das Hinweisgeberschutzgesetz zu fallen. „Wenn jemand beispielsweise nur von einem anderen hört, ein Kollege würde gelegentlich Fensterkitt klauen, um sein Haus aufzumöbeln, ist das kein hinreichender Grund für eine Meldung.“

Hinweisgeber müssten den Missstand zumindest im Ansatz belegen können – etwa dadurch, dass sie selbst etwas beobachtet haben, oder durch ein Dokument wie eine Mail.

Wie können Hinweisgeber einen Missstand melden?

Laut Gesetz haben Hinweisgeber grundsätzlich die Wahl: Sie können Informationen über Verstöße entweder an eine externe oder interne Meldestelle weitergeben. Die zentrale externe Meldestelle wird vom Bundesministerium der Justiz eingerichtet. Die internen Meldestellen müssen die Unternehmen selbst einrichten.

Wichtig: Laut Gesetzestext sollten Hinweisgeber „in den Fällen, in denen intern wirksam gegen den Verstoß vorgegangen werden kann und sie keine Repressalien befürchten, die Meldung an eine interne Meldestelle bevorzugen“.

Wie müssen die internen Meldestellen der Unternehmen ausgestaltet sein?

Bei den Meldestellen, die die Unternehmen einrichten müssen, ist Vertraulichkeit oberstes Gebot. Gemäß § 16 HinSchG müssen Unternehmen die Meldekanäle so gestalten, dass nur jene Personen die Identität der Hinweisgeber kennen, die die Meldung entgegennehmen und bearbeiten. Das Gleiche gilt für die Identität der Person, die die Meldung betrifft – sowie den Inhalt der Meldung.

„An Dritte weitergegeben werden dürfen entsprechende Informationen nur in Ausnahmefällen – etwa, wenn Strafverfolgungsbehörden dies verlangen“, sagt Anwalt Görzel.

So müssen die Meldekanäle aussehen

Unternehmen müssen Hinweisgebern die Möglichkeit geben, Meldungen „mündlich per Telefon oder mittels einer anderen Art der Sprachübermittlung“ abzugeben. Oder aber schriftlich in Textform.

Allerdings sind Unternehmen nicht dazu verpflichtet, die Meldekanäle so zu gestalten, dass sie anonyme Meldungen ermöglichen. Gehen aber anonym Meldungen ein, sollten Unternehmen laut Gesetz bearbeiten.

Außerdem muss es Hinweisgebern möglich sein, innerhalb einer angemessenen Zeit einen Missstand persönlich zu melden – also im direkten Kontakt mit einer Person, die eine solche Meldung entgegennehmen darf.

„Bei all dem müssen Unternehmen sicherstellen, dass die Meldung am Ende auch bei der richtigen Person landet und dass es wirklich vertraulich geschieht“, so Görzel.

Dürfen Unternehmen zusammen mit anderen eine Meldestelle betreiben?

Unternehmen mit einer Mitarbeiteranzahl zwischen 50 und 249 Mitarbeitenden können sich gemäß § 14 Abs. 2 HinSchG mit anderen Unternehmen zusammentun, um eine gemeinsame Meldestelle einzurichten.

Wie müssen Meldeverfahren intern ablaufen?

Das Hinweisgeberschutzgesetz regelt in § 17 genau, wie Meldeverfahren intern vor sich gehen müssen. Die interne Meldestelle muss:

  • der hinweisgebenden Person den Eingang einer Meldung spätestens nach sieben Tagen bestätigen
  • prüfen, ob der gemeldete Verstoß in den Anwendungsbereich nach § 2 fällt
  • mit der hinweisgebenden Person Kontakt halten
  • die Stichhaltigkeit der eingegangenen Meldung prüfen
  • die hinweisgebende Person erforderlichenfalls um weitere Informationen bitten
  • angemessene Folgemaßnahmen ergreifen. Welche das sind, steht in § 18 HinschG.

Darüber hinaus muss die interne Meldestelle der Meldung innerhalb von drei Monaten nachgehen und den Hinweisgebern drei Monate nach Eingang der Meldung eine Rückmeldung geben – sofern diese nicht anonym geschehen ist.

Die Rückmeldung soll sowohl über geplante wie auch bereits ergriffene Maßnahmen informieren und auch erklären, warum es zu diesen Maßnahmen gekommen ist.

Wie können Unternehmen ihre neuen Pflichten umsetzen?

In größeren Unternehmen beschäftigten sich Görzel zufolge die Compliance-Abteilungen mit dem Hinweisgeberschutzgesetz – und wie genau man die Regelungen intern umsetzt.

Diese Möglichkeit hätten kleinere Betriebe kaum. „Um sicherzugehen, dass man die Pflichten des Gesetzes erfüllt, können kleinere Unternehmen beispielsweise Juristen als Ombudspersonen beauftragen, an die sich Hinweisgeber über eine externe Telefonnummer wenden können“, so Görzel.

Dabei kämen im Jahr allerdings schnell Kosten in fünfstelliger Höhe zusammen. Und da Unternehmen laut Gesetz nicht verpflichtet sind, anonyme Meldungen zu ermöglichen, ist die Ombudsvariante kein Muss.

Eine andere Möglichkeit, die die meisten Experten, so auch Anwalt Görzel, empfehlen: ein IT-gestütztes Hinweissystem, das die Vorgaben des HinSchG erfüllt. Entsprechende Dienstleister für solche Whistleblowing-Software gibt es inzwischen viele – etwa WhistleDesk, Legaltegrity und Integrityline. Sie eignen sich besonders für Unternehmen, die trotz fehlender Vorgaben im Gesetz anonyme Meldungen ermöglichen wollen – denn die Software-Lösungen bieten geschützte Kommunikationskanäle an.

Wichtig: Achten Sie bei der Auswahl einer Software darauf, dass sie die Anforderungen der Datenschutzgrundverordnung erfüllt.

Welche Fristen gelten für die Einrichtung einer internen Meldestelle?

Das Hinweisgeberschutzgesetz schreibt genau vor, bis wann Unternehmen eine interne Meldestelle eingerichtet haben müssen:

  • Unternehmen mit 50 bis 249 Beschäftigten bekommen eine Übergangsfrist. Sie müssen bis zum 17.12.2023 eine interne Meldestelle eingerichtet haben.
  • Unternehmen mit mindestens 250 Beschäftigten bekommen zwar keine offizielle Übergangsfrist – Bußgelder drohen ihnen aber erst ab 1.12. 2023, wenn sie bis dahin keine interne Meldestelle etabliert haben.

Welche Bußgelder drohen?

Im Zusammenhang mit dem Hinweisgeberschutzgesetz drohen verschiedene Bußgelder.

Bußgeld wegen fehlender Meldestelle

Richten Unternehmen bis zum Ende der Frist (s. oben) keine interne Meldestelle ein, ist das eine Ordnungswidrigkeit. „Diese kann mit bis zu 20.000 Euro Bußgeld geahndet werden“, sagt Anwalt Görzel. „Auch diese Ordnungswidrigkeit könnten Whistleblower übrigens melden.“

Wer die Einrichtung der Meldestellen kontrolliert, ist noch nicht ganz klar. „Vermutlich werden das die Aufsichtsbehörden der Länder sein“, so der Experte weiter.

Bußgeld wegen Behinderns von Meldungen

Wer versucht, Hinweisgeber einzuschüchtern oder Meldungen zu verhindern, muss mit bis zu 50.000 Euro Bußgeld rechnen – wie auch bei Verstößen gegen das Vertraulichkeitsgebot.

Was sollten Unternehmerinnen und Unternehmer jetzt tun?

„Ich rate Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern dringend, jetzt damit zu beginnen, sich mit dem Hinweisgeberschutzgesetz vertraut zu machen und ein Hinweisgebersystem im Unternehmen zu etablieren. Auch wenn es mit dem Inkrafttreten wahrscheinlich noch bis Mitte Juni dauert“, sagt Anwalt Görzel.

Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen sollten also prüfen, inwieweit sie Möglichkeiten haben, betriebsintern Meldekanäle einzurichten, die alle Voraussetzungen des Gesetzes erfüllen. Oder ob ein IT-gestütztes Hinweissystem eines externen Dienstleisters oder sogar eine Meldestelle über einen Ombudsmann die geeigneteren Optionen sind.

Müssen Unternehmen Angestellte informieren, dass sie eine interne Meldestelle einrichten?

Das HinschG schreibt vor: Beschäftigungsgeber müssen Beschäftigten „klare und leicht zugängliche Informationen über die Nutzung des internen wie externen Meldeverfahrens“ bereitstellen. Dies kann beispielsweise durch das Intranet, eine allen zugängliche Website oder klassische Aushänge geschehen.

Welche Kritikpunkte gibt es am Hinweisgeberschutzgesetz?

„Das große Problem, was ich beim Hinweisgeberschutzgesetz sehe: Zur Rechtssicherheit und zu einem Klima des Vertrauens trägt es nicht bei“, erklärt Anwalt Görzel. „Ich kann mir lebhaft vorstellen, dass man mit Hilfe dieses Gesetzes künftig unliebsame Personen leichter an den Pranger stellen kann.“

Auch sei es im Zweifelsfall für Unternehmen schwierig, die Vorgaben des Gesetzes umzusetzen. So habe etwa ein Handwerksbetriebt ohne eigene Compliance-Abteilung mit neuem bürokratischen Aufwand zu rechnen.

Warum hat das Gesetzgebungsverfahren so lange gedauert?

Bis das Hinweisgeberschutzgesetz verabschiedet wurde, waren verschiedene Entwürfe mehrfach gescheitert, unter anderem im Bundesrat. Kritik geäußert hatten im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens beispielsweise auch der Zentralverband des Deutschen Handwerks und die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände.

Zwischenzeitlich hatte die Regierungskoalition das Gesetzesvorhaben in zwei Entwürfe getrennt – einer davon war nicht zustimmungspflichtig im Bundesrat. Die Beschlussfassung zu diesen Entwürfen wurde dann im März aber kurzfristig von der Tagesordnung der Sitzung im Bundestag genommen, um doch den Vermittlungsausschuss einzubinden.

Dort einigte man sich auf einen Kompromiss: Unter anderem wurde der Punkt gestrichen, die internen Meldestellen in Unternehmen müssten auch anonyme Meldungen durch Whistleblower emöglichen. Außerdem wurde beschlossen, das maximale Bußgeld von ursprünglich 100.000 Euro zu halbieren.

Diesen Kompromiss hat nun erst der Bundestag verabschiedet, einen Tag später stimmte der Bundesrat zu.

Was ist das neue Hinweisgeberschutzgesetz? Mit dem „Gesetz für einen besseren Schutz hinweisgebender Personen“, kurz: Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG), setzt Deutschland eine EU-Richtlinie aus dem Jahr 2019 um. Ziel des Gesetzes: Menschen, die auf Rechts- und Regelverstöße in Unternehmen und Behörden hinweisen wollen, sogenannte Whistleblower, sollen das einfacher und ohne Angst vor Repressalien tun können. Der Hintergrund: Kommen Skandale in Unternehmen ans Licht, beruht das meist auf Insider-Informationen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. „Diese Whistleblower zahlen oft einen hohen Preis: Ihnen droht mitunter Nachteile im Job, wie etwa Mobbing, eine Versetzung oder sogar eine Kündigung“, sagt Volker Görzel, Fachanwalt für Arbeitsrecht in Köln. Was regelt das Hinweisgeberschutzgesetz genau? Das Hinweisgeberschutzgesetz macht konkrete Vorgaben, wie Unternehmen es Whistleblowern ermöglichen müssen, Missstände zu melden. Außerdem regelt es, wie Unternehmen Whistleblower vor Repressalien schützen müssen. Die wichtigste neue Pflicht: Laut HinSchG müssen die allermeisten Unternehmen nun eine interne Meldestelle einrichten, an die sich Hinweisgeber wenden können – und die hilft, sie vor Repressalien zu schützen. Außerdem soll die interne Meldestelle auch eigene Ermittlungen zum Inhalt der Meldung aufnehmen können. Dies soll zum einen wieder jene schützen, die die Meldung abgeben. Gleichzeitig aber auch jene Personen, die die Meldung betrifft, vor eventuell falschen Verdächtigungen bewahren. Wann tritt das Hinweisgeberschutzgesetz in Kraft – was ist der aktuelle Stand? Nachdem der Bundesrat Ende Februar einem Entwurf zum Hinweisgeberschutzgesetz nicht zugestimmt hatte, wurde der Vermittlungsausschuss angerufen. Den dort entwickelten Kompromiss hat der Bundestag verabschiedet – ihm stimmte nun auch der Bundesrat zu. Und so tritt das HinSchG laut Gesetzestext einen Monat nach Verkündigung im Bundesgesetzblatt in Kraft – Experten zufolge wird dies Mitte Juni der Fall sein. [zur-person] Für wen gilt das Hinweisgeberschutzgesetz – welche Unternehmen müssen also eine Meldestelle einrichten? Eine interne Meldestelle nach dem Hinweisgeberschutzgesetz müssen alle sogenannten „Beschäftigungsgeber“ etablieren, die mindestens 50 Beschäftigte haben. Dazu gehören laut Gesetz „natürliche Personen sowie juristische Personen des öffentlichen und des privaten Rechts, (…) rechtsfähige Personengesellschaften und (…) sonstige rechtsfähige Personenvereinigungen. Damit betrifft das Hinweisgeberschutzgesetz nicht nur Unternehmen, sondern beispielsweise auch Vereine, Behörden, eingetragene Genossenschaften und Stiftungen. Wen schützt das Gesetz konkret? Mit den Regelungen des Hinweisgeberschutzgesetzes sollen folgende Personengruppen besser geschützt werden: Die Hinweisgeber selbst Zu möglichen Hinweisgebern zählen unter anderem Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie Auszubildende, Beamtinnen und Beamte, Richterinnen und Richter (ausgenommen ehrenamtliche Richterinnen und Richter), Soldaten und Soldatinnen. Außerdem Beschäftigte von Lieferanten oder Dienstleistern eines Unternehmens – auch sie können Hinweise melden. Eine genaue Auflistung findet sich in § 3 HinSchG. Personen, die den Hinweisgeber bei einer Meldung (…) vertraulich unterstützt haben. Dazu können etwa Teammitglieder gehören, die Hinweisgebern Dokumente über einen Verstoß zugespielt haben. „Das Gesetz dient also auch dazu, die Whistleblower der Whistleblower zu schützen“, so Görzel. Personen, die mit der Meldung in Zusammenhang stehen Dazu gehören etwa Teammitglieder oder Menschen „von außen“, die die Meldung der Hinweisgeber inhaltlich betrifft. „Das Hinweisgeberschutzgesetz versucht also, den Spagat hinbekommen, zum einen die Hinweisgeber zu schützen, zum anderen aber auch jene, die vielleicht zu Unrecht angeschwärzt werden“, sagt Anwalt Görzel. Was können Hinweisgeber genau melden? Das Hinweisgeberschutzgesetz regelt sehr genau und umfassend, welche Hinweise unter das Hinweisgeberschutzgesetz fallen. Dazu gehören laut Gesetzestext Informationen über: „Verstöße, die strafbewehrt sind“, „Verstöße, die bußgeldbewehrt sind, soweit die verletzte Vorschrift dem Schutz von Leben, Leib oder Gesundheit oder dem Schutz der Rechte von Beschäftigten oder ihrer Vertretungsorgane dient“ Dazu gehören beispielsweise Verstöße gegen das Mindestlohngesetz oder solche aus dem Bereich des Arbeits- und Gesundheitsschutzes. „sonstige Verstöße gegen Rechtsvorschriften des Bundes und der Länder sowie unmittelbar geltende Rechtsakte der Europäischen Union und der Europäischen Atomgemeinschaft“. Dazu gehören etwa Verstöße gegen Vorschriften zur Bekämpfung von Geldwäsche, zur Lebensmittelsicherheit, dem Umweltschutz, IT-Sicherheit und Datenschutz sowie zur Verfassungstreue von Beamten. „Der Schutzbereich des Gesetzes umfasst also, salopp gesagt, alles, was man als Recht und Gesetz in einem Unternehmen betrachten kann. Beleidigungen, Körperverletzungen, Betrug etwa sind meldefähige Verstöße. Wenn man den Arbeitgeber etwa dabei beobachtet, kann man ihn, ebenso salopp gesagt, jetzt verpfeifen“, sagt Arbeitsrechtler Görzel. Allerdings gibt es eine wichtige Einschränkung: Unter den Anwendungsbereich des Gesetzes fallen nur Informationen über Verstöße, die sich auf den Beschäftigungsgeber beziehen – oder eine andere Stelle, mit der die hinweisgebende Person in Kontakt stand. „Hinweisgeber können also, im Gegensatz zu einem früheren Entwurf, nicht mehr jeden verpetzen", sagt Görzel. "Sondern nur Meldungen zum Arbeitgeber machen und zu Menschen und Unternehmen, mit denen sie beruflich zu tun haben, etwa Kunden oder Dienstleistern." Wie schwer genau die Verstöße sein müssen, um sie melden zu können, regelt das Gesetz allerdings nicht im Detail. „Es wird deshalb viele Grenzfälle geben, die vor Gerichte geklärt werden müssen“, so Görzels Einschätzung. Fallbeispiele Vom Hinweisgeberschutzgesetz gedeckt wären Anwalt Görzel zufolge beispielsweise Hinweise zu folgenden möglichen Vorfällen: Der Sicherheitsingenieur eines Atomkraftwerks benennt in einer Mail Sicherheitsmängel – erklärt aber, man könne „es einfach mal draufankommen lassen“. Jemand benutzt im beruflichen Kontext das N-Wort. Ein Arbeitgeber schaut sich in Sitzungen wiederholt über die Schulter und berührt dabei vermeintlich „aus Versehen“ die Brust einer Kollegin. Ein Feuerwehrhauptmann kassiert für jedes Fahrzeug, das von einer bestimmten Kfz-Werkstatt repariert wird, 500 Euro Schmiergeld. Ein Beamter gibt sich als Angehöriger der Reichsbürgerszene zu erkennen. Ein Unternehmer verbaut billigen Stahl, etwa aus China, berechnet Kunden aber eine teurere Variante aus vermeintlich europäischer Produktion. Ein Grenzfall wäre für Experte Görzel etwa, wenn ein Chef einen Blondinenwitz erzählt. „Dient er nur der allgemeinen Belustigung, wäre eine Meldung dazu wohl nicht vom Gesetz gedeckt. Spricht aber jemand mit dem Witz direkt eine blonde Kollegin an, könnte dies den Straftatbestand einer Beleidigung erfüllen – und damit eine Meldung rechtfertigen“, so Görzel. [mehr-zum-thema] Wovor schützt das Gesetz die Hinweisgeber? Das Hinweisgeberschutzgesetz soll Hinweisgeber grundsätzlich vor Repressalien bewahren, durch die ihnen ein „ungerechtfertigter Nachteil entsteht oder entstehen kann“. Sehr sicher liegt Görzel zufolge eine solche Repressalie dann vor, wenn Hinweisgeber nach einer Meldung folgende Nachteile erleiden – ohne dass es dafür einen anderen rechtfertigenden Grund gibt: Kündigung Mobbing Veränderung des Aufgabenbereichs Veränderung der Arbeitszeit Veränderung des Arbeitsorts Verweigerung von Fortbildungsmaßnahmen Versagung einer Entfristung. Trotzdem hält Anwalt Görzel den Gesetzesabschnitt zu Repressalien für problematisch: „Wie so viele Begriffe in diesem Gesetz kennt die Juristerei den Begriff ‚Repressalien‘ nicht – und es wird auch nicht definiert, was genau ein ‚ungerechtfertigter Nachteil‘ ist. Gehört es etwa schon dazu, wenn man nicht zum Betriebsfest eingeladen wird? Oder bei einer Gehaltserhöhung nicht zum Zuge kommt? Diese Details sind bislang völlig offen.“ Dazu sieht Görzel noch ein weiteres Problem: „Das Gesetz bezieht sich allein auf Nachteile im beruflichen Kontext. Was mit Nachteilen ist, die im privaten Umfeld entstehen, klärt es nicht.“ Wichtig: Bezüglich eventueller Repressalien gilt laut HinschG eine Beweislastumkehr. Das bedeutet die Beweislastumkehr Melden Hinweisgeber einen Missstand, erfahren danach eine mutmaßliche Repressalie und gehen vor Gericht, müssen sie selbst nicht belegen, dass es sich tatsächlich um eine Repressalie handelt. Dann sind vielmehr Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber in der Pflicht, zu belegen, dass es keine Repressalie ist. Ein Beispiel: „Wenn ein Vertriebschef im Bauhandwerk Preisabsprachen meldet und Sie ihn anschließend in den Innendienst versetzen, dann müssen Sie als Arbeitgeber oder Arbeitgeberin nachweisen, dass dies nicht im Zusammenhang mit der Meldung steht“, erklärt Görzel. „Und das dürfte in vielen Fällen schwierig werden.“ Ist ein solcher Beweis nicht möglich, müssen Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber die Maßnahme, die als Repressalie gilt, zurücknehmen. Welche Voraussetzungen müssen Hinweisgeber erfüllen? Die Schutzmaßnahmen gelten laut §33 HinSchG dann, wenn: Hinweisgeber „zum Zeitpunkt der Meldung oder Offenlegung hinreichenden Grund zu der Annahme hatte, dass die von ihr gemeldeten oder offengelegten Informationen der Wahrheit entsprechen“ „die Informationen Verstöße betreffen, die in den Anwendungsbereich des Gesetzes fallen, oder die hinweisgebende Person zum Zeitpunkt der Meldung oder Offenlegung hinreichenden Grund zu der Annahme hatte, dass dies der Fall sei.“ Dazu Anwalt Görzel: „Hinweisgeber sind in der Regel keine juristischen Experten. Deshalb müssen sie nicht im Detail wissen, ob das, was sie melden, am Ende beispielsweise wirklich eine Straftat ist oder nicht.“ Können Hinweisgeber auch einfach einen Verdacht melden? Ein Verdacht allein reicht Anwalt Görzel zufolge nicht aus, um als Whistleblower unter das Hinweisgeberschutzgesetz zu fallen. „Wenn jemand beispielsweise nur von einem anderen hört, ein Kollege würde gelegentlich Fensterkitt klauen, um sein Haus aufzumöbeln, ist das kein hinreichender Grund für eine Meldung.“ Hinweisgeber müssten den Missstand zumindest im Ansatz belegen können – etwa dadurch, dass sie selbst etwas beobachtet haben, oder durch ein Dokument wie eine Mail. Wie können Hinweisgeber einen Missstand melden? Laut Gesetz haben Hinweisgeber grundsätzlich die Wahl: Sie können Informationen über Verstöße entweder an eine externe oder interne Meldestelle weitergeben. Die zentrale externe Meldestelle wird vom Bundesministerium der Justiz eingerichtet. Die internen Meldestellen müssen die Unternehmen selbst einrichten. Wichtig: Laut Gesetzestext sollten Hinweisgeber „in den Fällen, in denen intern wirksam gegen den Verstoß vorgegangen werden kann und sie keine Repressalien befürchten, die Meldung an eine interne Meldestelle bevorzugen“. Wie müssen die internen Meldestellen der Unternehmen ausgestaltet sein? Bei den Meldestellen, die die Unternehmen einrichten müssen, ist Vertraulichkeit oberstes Gebot. Gemäß § 16 HinSchG müssen Unternehmen die Meldekanäle so gestalten, dass nur jene Personen die Identität der Hinweisgeber kennen, die die Meldung entgegennehmen und bearbeiten. Das Gleiche gilt für die Identität der Person, die die Meldung betrifft – sowie den Inhalt der Meldung. „An Dritte weitergegeben werden dürfen entsprechende Informationen nur in Ausnahmefällen – etwa, wenn Strafverfolgungsbehörden dies verlangen“, sagt Anwalt Görzel. 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Unternehmen mit einer Mitarbeiteranzahl zwischen 50 und 249 Mitarbeitenden können sich gemäß § 14 Abs. 2 HinSchG mit anderen Unternehmen zusammentun, um eine gemeinsame Meldestelle einzurichten. Wie müssen Meldeverfahren intern ablaufen? Das Hinweisgeberschutzgesetz regelt in § 17 genau, wie Meldeverfahren intern vor sich gehen müssen. Die interne Meldestelle muss: der hinweisgebenden Person den Eingang einer Meldung spätestens nach sieben Tagen bestätigen prüfen, ob der gemeldete Verstoß in den Anwendungsbereich nach § 2 fällt mit der hinweisgebenden Person Kontakt halten die Stichhaltigkeit der eingegangenen Meldung prüfen die hinweisgebende Person erforderlichenfalls um weitere Informationen bitten angemessene Folgemaßnahmen ergreifen. Welche das sind, steht in § 18 HinschG. Darüber hinaus muss die interne Meldestelle der Meldung innerhalb von drei Monaten nachgehen und den Hinweisgebern drei Monate nach Eingang der Meldung eine Rückmeldung geben – sofern diese nicht anonym geschehen ist. Die Rückmeldung soll sowohl über geplante wie auch bereits ergriffene Maßnahmen informieren und auch erklären, warum es zu diesen Maßnahmen gekommen ist. Wie können Unternehmen ihre neuen Pflichten umsetzen? In größeren Unternehmen beschäftigten sich Görzel zufolge die Compliance-Abteilungen mit dem Hinweisgeberschutzgesetz – und wie genau man die Regelungen intern umsetzt. Diese Möglichkeit hätten kleinere Betriebe kaum. „Um sicherzugehen, dass man die Pflichten des Gesetzes erfüllt, können kleinere Unternehmen beispielsweise Juristen als Ombudspersonen beauftragen, an die sich Hinweisgeber über eine externe Telefonnummer wenden können“, so Görzel. Dabei kämen im Jahr allerdings schnell Kosten in fünfstelliger Höhe zusammen. Und da Unternehmen laut Gesetz nicht verpflichtet sind, anonyme Meldungen zu ermöglichen, ist die Ombudsvariante kein Muss. Eine andere Möglichkeit, die die meisten Experten, so auch Anwalt Görzel, empfehlen: ein IT-gestütztes Hinweissystem, das die Vorgaben des HinSchG erfüllt. Entsprechende Dienstleister für solche Whistleblowing-Software gibt es inzwischen viele – etwa WhistleDesk, Legaltegrity und Integrityline. Sie eignen sich besonders für Unternehmen, die trotz fehlender Vorgaben im Gesetz anonyme Meldungen ermöglichen wollen – denn die Software-Lösungen bieten geschützte Kommunikationskanäle an. Wichtig: Achten Sie bei der Auswahl einer Software darauf, dass sie die Anforderungen der Datenschutzgrundverordnung erfüllt. Welche Fristen gelten für die Einrichtung einer internen Meldestelle? Das Hinweisgeberschutzgesetz schreibt genau vor, bis wann Unternehmen eine interne Meldestelle eingerichtet haben müssen: Unternehmen mit 50 bis 249 Beschäftigten bekommen eine Übergangsfrist. Sie müssen bis zum 17.12.2023 eine interne Meldestelle eingerichtet haben. Unternehmen mit mindestens 250 Beschäftigten bekommen zwar keine offizielle Übergangsfrist - Bußgelder drohen ihnen aber erst ab 1.12. 2023, wenn sie bis dahin keine interne Meldestelle etabliert haben. Welche Bußgelder drohen? Im Zusammenhang mit dem Hinweisgeberschutzgesetz drohen verschiedene Bußgelder. Bußgeld wegen fehlender Meldestelle Richten Unternehmen bis zum Ende der Frist (s. oben) keine interne Meldestelle ein, ist das eine Ordnungswidrigkeit. „Diese kann mit bis zu 20.000 Euro Bußgeld geahndet werden“, sagt Anwalt Görzel. „Auch diese Ordnungswidrigkeit könnten Whistleblower übrigens melden.“ Wer die Einrichtung der Meldestellen kontrolliert, ist noch nicht ganz klar. „Vermutlich werden das die Aufsichtsbehörden der Länder sein“, so der Experte weiter. Bußgeld wegen Behinderns von Meldungen Wer versucht, Hinweisgeber einzuschüchtern oder Meldungen zu verhindern, muss mit bis zu 50.000 Euro Bußgeld rechnen – wie auch bei Verstößen gegen das Vertraulichkeitsgebot. Was sollten Unternehmerinnen und Unternehmer jetzt tun? „Ich rate Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern dringend, jetzt damit zu beginnen, sich mit dem Hinweisgeberschutzgesetz vertraut zu machen und ein Hinweisgebersystem im Unternehmen zu etablieren. Auch wenn es mit dem Inkrafttreten wahrscheinlich noch bis Mitte Juni dauert“, sagt Anwalt Görzel. Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen sollten also prüfen, inwieweit sie Möglichkeiten haben, betriebsintern Meldekanäle einzurichten, die alle Voraussetzungen des Gesetzes erfüllen. Oder ob ein IT-gestütztes Hinweissystem eines externen Dienstleisters oder sogar eine Meldestelle über einen Ombudsmann die geeigneteren Optionen sind. Müssen Unternehmen Angestellte informieren, dass sie eine interne Meldestelle einrichten? Das HinschG schreibt vor: Beschäftigungsgeber müssen Beschäftigten „klare und leicht zugängliche Informationen über die Nutzung des internen wie externen Meldeverfahrens“ bereitstellen. Dies kann beispielsweise durch das Intranet, eine allen zugängliche Website oder klassische Aushänge geschehen. Welche Kritikpunkte gibt es am Hinweisgeberschutzgesetz? „Das große Problem, was ich beim Hinweisgeberschutzgesetz sehe: Zur Rechtssicherheit und zu einem Klima des Vertrauens trägt es nicht bei“, erklärt Anwalt Görzel. „Ich kann mir lebhaft vorstellen, dass man mit Hilfe dieses Gesetzes künftig unliebsame Personen leichter an den Pranger stellen kann.“ Auch sei es im Zweifelsfall für Unternehmen schwierig, die Vorgaben des Gesetzes umzusetzen. So habe etwa ein Handwerksbetriebt ohne eigene Compliance-Abteilung mit neuem bürokratischen Aufwand zu rechnen. Warum hat das Gesetzgebungsverfahren so lange gedauert? Bis das Hinweisgeberschutzgesetz verabschiedet wurde, waren verschiedene Entwürfe mehrfach gescheitert, unter anderem im Bundesrat. Kritik geäußert hatten im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens beispielsweise auch der Zentralverband des Deutschen Handwerks und die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände. Zwischenzeitlich hatte die Regierungskoalition das Gesetzesvorhaben in zwei Entwürfe getrennt – einer davon war nicht zustimmungspflichtig im Bundesrat. Die Beschlussfassung zu diesen Entwürfen wurde dann im März aber kurzfristig von der Tagesordnung der Sitzung im Bundestag genommen, um doch den Vermittlungsausschuss einzubinden. Dort einigte man sich auf einen Kompromiss: Unter anderem wurde der Punkt gestrichen, die internen Meldestellen in Unternehmen müssten auch anonyme Meldungen durch Whistleblower emöglichen. Außerdem wurde beschlossen, das maximale Bußgeld von ursprünglich 100.000 Euro zu halbieren. Diesen Kompromiss hat nun erst der Bundestag verabschiedet, einen Tag später stimmte der Bundesrat zu.