Inhalt: Darum geht's in diesem Beitrag
„Chef – der Mann kann nicht lesen!“ Auch zwei Jahrzehnte nach seiner Ausstrahlung ist der schwarz-weiße Werbespot des Bundesverbands Alphabetisierung und Grundbildung vielen noch in Erinnerung. In der Szene ignoriert ein Lagerarbeiter das Schild „Beladen verboten“. Die Folge: zusammengebrochene Regale und ein Chef am Rande des Nervenzusammenbruchs. Während der vor Scham erstarrte Arbeitnehmer hilflos seine Mütze knetet, erklärt sein Kollege dem entsetzten Chef, dass der Lagerarbeiter nicht lesen kann.
20 Jahre später ist die Thematik noch immer relevant. In Deutschland können rund 6,2 Millionen Erwachsene wenig bis gar nicht lesen – oder allenfalls ganz einfache Sätze entziffern. Über 60 Prozent von ihnen sind berufstätig, ergab die jüngste LEO-Grundbildungsstudie der Universität Hamburg von 2018. Insbesondere in mittelständisch geprägten Branchen wie dem Bau-, Reinigungs-, Hotel- und Gaststättengewerbe sind viele der sogenannten gering literalisierten Menschen beschäftigt.
Die Scham bei Betroffenen ist oft groß
Viele Unternehmerinnen und Unternehmer sind sich nicht bewusst, dass ein Teil ihrer Belegschaft Defizite in grundlegenden Bildungsbereichen hat. Die Betroffenen versuchen oft, ihre Schwächen zu verbergen, da die Scham groß ist. Ein Problem: „Mangelnde Grundbildung am Arbeitsplatz kann nicht nur die Sicherheit beeinträchtigen, sondern auch teure Fehler verursachen“, erklärt Professorin Ilka Koppel von der Pädagogischen Hochschule Weingarten bei Ravensburg.
„Wir haben ermittelt, dass aufgrund mangelnder Kommunikationsfähigkeit Fehler entstehen können, die eine Wirkungskette in Gang setzen. Je nach Szenario kann das ein Unternehmen auch mal 50.000 Euro kosten“, erklärt sie.
Im Forschungsprojekt „Alpha Invest“ der Hochschule haben Koppel und ihr Team in Zusammenarbeit mit dem Projekt „ABConnect“ der Technischen Akademie für berufliche Bildung in Schwäbisch Gmünd die Kosten fehlender Grundbildung und den Mehrwert von Investitionen in entsprechende Weiterbildungen untersucht.
„Fehlende Grundkompetenzen können die fachgerechte Ausübung von Tätigkeiten erschweren und sich sowohl für das Unternehmen als auch für die Mitarbeitenden negativ auswirken“, sagt Koppel und fügt hinzu: „Dadurch können dem Unternehmen höhere Kosten, Zeitverzögerungen oder sogar Produktivitätsverluste entstehen.“ Das Ergebnis der Studie: „Selbst wenn man konservativ rechnet, kann man sagen, dass für jeden investierten Euro mehr als ein Euro zurückkommt.“
- impulse-Magazin
-
alle
-Inhalte
- digitales Unternehmer-Forum
- exklusive Mitglieder-Events
- und vieles mehr …
