Bonuszahlungen
Wie sinnvoll sind Bonussysteme für Mitarbeiter wirklich?

Individuelle Boni zahlen, um Mitarbeiter zu motivieren: Dieses Konzept steht nun auf dem Prüfstand. Warum Experten von Bonuszahlungen abraten - und welche neuen Modelle in Firmen Einzug halten.

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Extrageld für Einzelerfolg? Das halten Experten nicht mehr für zeitgemäß - sie raten Firmen, Bonuszahlungen abzuschaffen.
Extrageld für Einzelerfolg? Das halten Experten nicht mehr für zeitgemäß - sie raten Firmen, Bonuszahlungen abzuschaffen.
© eyetronic / Fotolia.com

Ego war gestern, künftig geht es ums Kollektiv: So lässt sich ein Trend in der deutschen Wirtschaft zusammenfassen, der nach Expertenmeinung die bisherige Praxis der Boni-Systeme verändern könnte. Statt bei der Sondervergütung auf individuelle Ziele zu setzen, werden Extrazahlungen an einer Gemeinschaftsleistung gemessen – dies kann ein Geschäftsbereich sein oder die gesamte Firma. Der Technologiekonzern Bosch geht hier als erster deutscher Großkonzern voran, ab 2016 sind individuelle Boni für Führungskräfte dort Geschichte.

Mehr Geld führt nicht unbedingt zu mehr Motivation und Leistung

Bei der Deutschen Gesellschaft für Personalführung (DGFP) sieht man beim Thema Vergütung von Fach- und Führungskräften seit einigen Jahren einen Trend vom Individuellen zum Kollektiven. „Großunternehmen und Mittelständler denken über die Weiterentwicklung ihrer Vergütungssysteme nach – sie merken, die herkömmlichen Systeme haben Grenzen“, sagt DGFP-Gesellschaftsführerin Katharina Heuer. Vergütung sei zwar die Grundlage für gute Mitarbeit und Zusammenarbeit – „aber mehr Geld führt nicht unbedingt zu mehr Motivation und Leistung“, sagte die Expertin.

Die Zeiten, in denen Mitarbeiter ihren beruflichen Erfolg über Geld und Karriere definierten, seien längst vorbei, sagt Heuer. „Heute wollen Mitarbeiter erfahren, dass ihre Arbeit Sinn macht, nachhaltig ist und wertgeschätzt wird.“ In einer digitalen und virtuellen Arbeitswelt werde die Messung der individuellen Leistung und damit des individuellen Erfolgs immer schwieriger, sagt Heuer. Die Leistung von Teams, Bereichen und des gesamten Unternehmens sei hingegen leichter messbar – zum Beispiel an fertigen Produkten, Verkaufszahlen und schließlich dem damit erbrachten Umsatz.

Heute spielen weiche Faktoren eine größere Rolle

Mag die Relevanz individueller Boni etwas abnehmen, so darf man nicht vergessen: Die alte Praxis einzelner Extrazahlungen bleibt dominant. Laut einer Umfrage des Beratungsunternehmens Ernst & Young unter 2200 Arbeitnehmern in Deutschland liegt der Anteil von Mitarbeitern mit teilweise erfolgsabhängiger persönlicher Bezahlung in den Branchen Banken, Energie und IT bei etwa der Hälfte, im Bau, Maschinenbau und in der Autobranche bei etwa einem Drittel. Auf allzu viel Unmut stößt das Thema nicht. Auf die Frage, wie sie leistungsabhängige Bezahlung fänden, antworten etwa drei Viertel der Befragten sehr gut oder eher gut. Nur ein Viertel ist prinzipiell nicht begeistert.

Trotz dieser Zahlen – Fachleute sind überzeugt davon, dass sich die noch eher schwache Boni-Entwicklung hin zum Kollektiven verstärken wird. Die Bezahlung wird unter hochqualifizierten Mitarbeitern in Sachen Jobzufriedenheit weniger wichtig als noch vor einigen Jahrzehnten, dies belegen auch Studien. Heute spielen weiche Faktoren eine größere Rolle, etwa eine Betriebs-Kita für den Nachwuchs oder flexiblere und damit familienfreundlichere Arbeitszeiten. Auch mehr Verantwortung für Führungskräfte ist hoch im Kurs.

Boschs Abschied vom „Extrageld für Einzelerfolg“ ist letztlich Teil dieser Entwicklung, in der rein materiell motivierte Egoismen hintenangestellt werden. Mit der Umstellung beim Technologiekonzern geht es um mehr als bloß einen neuen Maßstab für die Bemessung von Boni. „Wir müssen die Menschen in einer modernen Welt anders führen, nämlich über den Sinn“, sagt Bosch-Chef Volkmar Denner. Sie müssten das Gefühl haben, Nutzen zu stiften. „Dann setzen wir viel größere Kräfte frei als mit Geld.“ Individuelle Finanzboni sind da aus Denners Sicht eher ein Hemmschuh.

Bonus wird schnell zur Selbstverständlichkeit

Die Boni-Umstellung beim schwäbischen Technologiekonzern findet unter Fachleuten Zustimmung. „Geld kann ein Motivationsfaktor sein, aber er läuft sich schnell tot“, sagt die Arbeitssoziologin Sabine Pfeiffer von der Universität Hohenheim. Dass die bisher bei Bosch bezahlten Einzelboni für Führungskräfte etwas gebracht haben, bezweifelt Pfeiffer. „Ein ohnehin schon gut bezahlter Ingenieur lässt sich mit noch mehr Geld nicht zu noch besserer Leistung anstacheln“, sagt die Professorin. Zudem weist sie auf Risiken bei finanziellen Boni hin. „Ein Bonus wird für Mitarbeiter schnell zur Selbstverständlichkeit – wenn der dann in einem Jahr nicht kommt, sind sie demotiviert.“

Aber lädt es nicht quasi zum Däumchendrehen ein, wenn Bonus-Einzelziele wegfallen und ein Mitarbeiter sich im Gesamtkollektiv gewissermaßen verstecken kann? Nicht unbedingt, schließlich könne etwa durch Teamgeist die Motivation hochgehalten werden, sagt Henning Curti von Ernst & Young, der ebenfalls ein gewisses Umdenken bei Firmen bezüglich ihres Bonussystems sieht. Chefs seien hierbei besonders gefordert. „Man darf mit einem kollektiven Bonus nicht den Eindruck entstehen lassen, man kümmere sich nicht mehr um die individuelle Leistung.“ Gegebenenfalls müsse man häufiger Mitarbeitergespräche führen – sogar bis zu einmal im Monat statt einmal im Jahr wäre denkbar.

Ego war gestern, künftig geht es ums Kollektiv: So lässt sich ein Trend in der deutschen Wirtschaft zusammenfassen, der nach Expertenmeinung die bisherige Praxis der Boni-Systeme verändern könnte. Statt bei der Sondervergütung auf individuelle Ziele zu setzen, werden Extrazahlungen an einer Gemeinschaftsleistung gemessen - dies kann ein Geschäftsbereich sein oder die gesamte Firma. Der Technologiekonzern Bosch geht hier als erster deutscher Großkonzern voran, ab 2016 sind individuelle Boni für Führungskräfte dort Geschichte. Mehr Geld führt nicht unbedingt zu mehr Motivation und Leistung Bei der Deutschen Gesellschaft für Personalführung (DGFP) sieht man beim Thema Vergütung von Fach- und Führungskräften seit einigen Jahren einen Trend vom Individuellen zum Kollektiven. "Großunternehmen und Mittelständler denken über die Weiterentwicklung ihrer Vergütungssysteme nach - sie merken, die herkömmlichen Systeme haben Grenzen", sagt DGFP-Gesellschaftsführerin Katharina Heuer. Vergütung sei zwar die Grundlage für gute Mitarbeit und Zusammenarbeit - "aber mehr Geld führt nicht unbedingt zu mehr Motivation und Leistung", sagte die Expertin. Die Zeiten, in denen Mitarbeiter ihren beruflichen Erfolg über Geld und Karriere definierten, seien längst vorbei, sagt Heuer. "Heute wollen Mitarbeiter erfahren, dass ihre Arbeit Sinn macht, nachhaltig ist und wertgeschätzt wird." In einer digitalen und virtuellen Arbeitswelt werde die Messung der individuellen Leistung und damit des individuellen Erfolgs immer schwieriger, sagt Heuer. Die Leistung von Teams, Bereichen und des gesamten Unternehmens sei hingegen leichter messbar - zum Beispiel an fertigen Produkten, Verkaufszahlen und schließlich dem damit erbrachten Umsatz. Heute spielen weiche Faktoren eine größere Rolle Mag die Relevanz individueller Boni etwas abnehmen, so darf man nicht vergessen: Die alte Praxis einzelner Extrazahlungen bleibt dominant. Laut einer Umfrage des Beratungsunternehmens Ernst & Young unter 2200 Arbeitnehmern in Deutschland liegt der Anteil von Mitarbeitern mit teilweise erfolgsabhängiger persönlicher Bezahlung in den Branchen Banken, Energie und IT bei etwa der Hälfte, im Bau, Maschinenbau und in der Autobranche bei etwa einem Drittel. Auf allzu viel Unmut stößt das Thema nicht. Auf die Frage, wie sie leistungsabhängige Bezahlung fänden, antworten etwa drei Viertel der Befragten sehr gut oder eher gut. Nur ein Viertel ist prinzipiell nicht begeistert. Trotz dieser Zahlen - Fachleute sind überzeugt davon, dass sich die noch eher schwache Boni-Entwicklung hin zum Kollektiven verstärken wird. Die Bezahlung wird unter hochqualifizierten Mitarbeitern in Sachen Jobzufriedenheit weniger wichtig als noch vor einigen Jahrzehnten, dies belegen auch Studien. Heute spielen weiche Faktoren eine größere Rolle, etwa eine Betriebs-Kita für den Nachwuchs oder flexiblere und damit familienfreundlichere Arbeitszeiten. Auch mehr Verantwortung für Führungskräfte ist hoch im Kurs. Boschs Abschied vom "Extrageld für Einzelerfolg" ist letztlich Teil dieser Entwicklung, in der rein materiell motivierte Egoismen hintenangestellt werden. Mit der Umstellung beim Technologiekonzern geht es um mehr als bloß einen neuen Maßstab für die Bemessung von Boni. "Wir müssen die Menschen in einer modernen Welt anders führen, nämlich über den Sinn", sagt Bosch-Chef Volkmar Denner. Sie müssten das Gefühl haben, Nutzen zu stiften. "Dann setzen wir viel größere Kräfte frei als mit Geld." Individuelle Finanzboni sind da aus Denners Sicht eher ein Hemmschuh. Bonus wird schnell zur Selbstverständlichkeit Die Boni-Umstellung beim schwäbischen Technologiekonzern findet unter Fachleuten Zustimmung. "Geld kann ein Motivationsfaktor sein, aber er läuft sich schnell tot", sagt die Arbeitssoziologin Sabine Pfeiffer von der Universität Hohenheim. Dass die bisher bei Bosch bezahlten Einzelboni für Führungskräfte etwas gebracht haben, bezweifelt Pfeiffer. "Ein ohnehin schon gut bezahlter Ingenieur lässt sich mit noch mehr Geld nicht zu noch besserer Leistung anstacheln", sagt die Professorin. Zudem weist sie auf Risiken bei finanziellen Boni hin. "Ein Bonus wird für Mitarbeiter schnell zur Selbstverständlichkeit - wenn der dann in einem Jahr nicht kommt, sind sie demotiviert." Aber lädt es nicht quasi zum Däumchendrehen ein, wenn Bonus-Einzelziele wegfallen und ein Mitarbeiter sich im Gesamtkollektiv gewissermaßen verstecken kann? Nicht unbedingt, schließlich könne etwa durch Teamgeist die Motivation hochgehalten werden, sagt Henning Curti von Ernst & Young, der ebenfalls ein gewisses Umdenken bei Firmen bezüglich ihres Bonussystems sieht. Chefs seien hierbei besonders gefordert. "Man darf mit einem kollektiven Bonus nicht den Eindruck entstehen lassen, man kümmere sich nicht mehr um die individuelle Leistung." Gegebenenfalls müsse man häufiger Mitarbeitergespräche führen - sogar bis zu einmal im Monat statt einmal im Jahr wäre denkbar.
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