Teilverkauf
Wie ich mein halbes Unternehmen verkaufte

Kaum hatte er sein Unternehmen gegründet, verkaufte Sven Franzen 50 Prozent der Anteile - damals war er 17 Jahre alt. Jetzt, zehn Jahre später, zieht er seine Bilanz des Teilverkaufs.

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Gleich die Hälfte verkaufen oder doch lieber weniger? Bei Unternehmen ist diese Entscheidung noch etwas schwieriger als bei Melonen.
Gleich die Hälfte verkaufen oder doch lieber weniger? Bei Unternehmen ist diese Entscheidung noch etwas schwieriger als bei Melonen.

Als ich mit 16 Jahren mein erstes Unternehmen gründete, berichtete die Presse viel über mich als Gründer und Mutmacher. Das blieb auch einer lokalen Unternehmergröße nicht verborgen, sodass er mich kennen lernen wollte. Nach einem erfolgreichen Projekt bot er mir an, Anteile meines Unternehmens zu kaufen. Meine Erfahrungen und damaligen Gedanken möchte ich hier teilen.

Das Kennenlernen und der Deal

Alles begann mit dem Anruf eines Unternehmers, der mich um ein Kennenlern-Gespräch bat. Gesagt, getan. Vor Ort in seinen Geschäftsräumen trafen wir uns und er beauftragte mich direkt für ein größeres Projekt seines Unternehmens. Bei diesem Projekt lernten wir unsere gemeinsamen Ziele und Arbeitsweise noch besser kennen – die Zusammenarbeit klappte gut und das Projekt war sehr erfolgreich.

Auf diese ersten Begegnungen folgten weitere Gespräche und mir wurde angeboten, Anteile an meinem Unternehmen zu kaufen. Im Gegenzug würde er als Mentor beratend zur Seite stehen und dem Unternehmen zu Wachstum verhelfen – durch bessere Strukturen, neuen Mitarbeitern und Räumlichkeiten.

Seine Motivation beschrieb er als “Förderer von meinem frischen, jungen Unternehmen” und dass wir als sogenannte Lead-Agentur künftig das Marketing seiner Unternehmensgruppe beflügeln und unterstützen sollten. Ich fand die Idee spannend und dachte mir in meiner Naivität: “Sven, Du kannst nur gewinnen.”

Die neue Anteilsverteilung: 50/50

Mein Unternehmen war damals bereits eine GmbH. Ich verkaufte also tatsächliche Anteile meines gegründeten und mühevoll aufgebauten Unternehmens. Es war eine sehr spannende Erfahrung, wir verhandelten stark die Konditionen aus und erzielten eine Einigung. Der Notar-Termin war nach der Gründung ein Jahr zuvor mein zweiter Notar-Termin. Es war alles andere als Routine, sondern sehr aufregend. Die Nacht davor konnte ich überhaupt nicht schlafen. Ich habe mir immer wieder die Chance vor Augen geführt und mich so beruhigt. Schlussendlich habe ich es durchgezogen. Ich werde nie vergessen, wie ich meinen besten Anzug anzog, nur um vor Ort einen sehr guten Eindruck zu hinterlassen.

Was ich in meiner Unwissenheit nicht bedachte: 50 Prozent zu verkaufen, ist eine sehr ungünstige Situation – für beide. Es funktioniert quasi wie das “eBay-Prinzip”: Nur wenn beide einverstanden sind, kann eine Idee, Vision oder Entscheidung getroffen und umgesetzt werden. Keiner von beiden hat eine Mehrheit und könnte selbst bestimmen.

Aus heutiger Sicht, vor allem mit dem Hintergrundwissen aus meinem Jura-Studium, würde ich einen solchen Verkauf nicht wiederholen, zumindest nicht mit so hohen Anteilen. Stattdessen würde ich immer mindestens 51 Prozent, lieber 70 Prozent behalten. So habe ich immer noch die Kontrolle über mein Unternehmen. Für mich ist jedoch alles gut gegangen, denn das Thema 50 Prozent zu 50 Prozent wurde nie zum Problem oder thematisiert. Wir waren uns immer einig und sind auf einer Linie gemeinsam gefahren.

Wie viel ist meine Firma wert?
Mit dem Unternehmenswertrechner von impulse und concess lässt sich der Wert eines Unternehmens einfach und schnell berechnen.  

Wie ich die Anteile zurückkaufte

Die Zusammenarbeit verlief viele Jahre sehr erfolgreich. An einen Punkt meiner persönlichen Reflexion und Neuausrichtung mit meinem Jura-Studium und dem Umzug nach Frankfurt am Main, kristallisierte sich für mich heraus, dass die Zusammenarbeit für beide Seiten zunehmend keinen Sinn mehr machte: Ich hatte andere Ziele und Prioritäten und er ebenfalls. So begann er mehr und mehr seine Unternehmensgruppe auszubauen und ich war daran interessiert, mein Jura-Studium zu forcieren, um meine Ausbildung zu fördern. Das hat nicht mehr zusammengepasst.

Beim Rückkauf begegneten wir uns mit viel Respekt. Aus Fairness habe ich die Anteile zu dem Preis zurückkaufen können, zu dem ich sie damals verkauft hatte. Ein Kredit war nicht nötig und auch mein Gesellschafter empfand diese Lösung als sehr angenehm und wollte mir keine “Steine in den Weg legen”, mein Unternehmen wieder allein zu besitzen. Auch er hatte mal Anteile seines Unternehmens verkauft und wieder zurückgekauft. Er konnte sich sicher in meine Lage hineindenken.

Wir trennten uns einvernehmlich (wie man das immer so sagt, bei uns war es tatsächlich so) und somit endete auch die “Ehe” der Beteiligung: Ich kaufte meine verkauften Unternehmensanteile wieder zurück.

Die Zeit nach dem Rückkauf

Zurückblickend war es eine sehr spannende Erfahrung, die mir viel Wissen, Möglichkeiten und eine fantastische Zeit bescherte, die ich nicht missen möchte.

In eigener Sache
Machen ist wie wollen, nur krasser
Machen ist wie wollen, nur krasser
Die impulse-Mitgliedschaft - Rückenwind für Unternehmerinnen und Unternehmer

Nicht nur der Anteilverkauf als solcher war sehr spannend, sondern auch die vielen Möglichkeiten die mir offen standen. Wir haben gemeinsam ein eigens für uns gebautes Unternehmensgebäude bezogen und ich konnte bei der Gestaltung unserer Räume Einfluss nehmen. Zudem hatte meine kleine Firma auf einen Schlag eine riesige Struktur mit Poststelle, Telefonzentrale, Warenannahme und großem Parkplatz für die Kunden.

Auch übernahmen einige Mitarbeiter der Firma meines Gesellschafters Aufgaben in der Tigergroup GmbH, so zum Beispiel die Personalabteilung für unsere Mitarbeiter und die Buchhalterin für unsere finanziellen Angelegenheiten. In den gemeinsamen Gesprächen mit meinem Investor und Mentor habe ich viel über das Unternehmer-Dasein und Geschäftemachen gelernt und er ist bis heute für mich ein Ansporn und Vorbild, nach dem ich streben kann.

Da ich immer sehr auf Harmonie bedacht bin, war es eine wichtige Erfahrung für mich diese “Trennung” aus eigener Kraft und Wollen zu realisieren. Dabei erkannte ich, dass auch nach einer Trennung der Kontakt und die guten Beziehungen nicht beendet werden müssen. Es hat eben nur inhaltlich, vom Lebensabschnitt und dessen Prioritäten einfach nicht mehr zusammengepasst.

Heute bin ich jedoch froh, wieder 100 Prozent meiner GmbH laut Handelsregister zu halten und meine eigenen Entscheidungen treffen zu können – völlig autark. Heute würde ich auch nicht mehr so schnell für einen Verkauf von Anteilen und schon gar nicht im Verhältnis 50 Prozent zu 50 Prozent tendieren. “Kommt Zeit, kommt Rat”, sagte meine Oma immer.

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Als ich mit 16 Jahren mein erstes Unternehmen gründete, berichtete die Presse viel über mich als Gründer und Mutmacher. Das blieb auch einer lokalen Unternehmergröße nicht verborgen, sodass er mich kennen lernen wollte. Nach einem erfolgreichen Projekt bot er mir an, Anteile meines Unternehmens zu kaufen. Meine Erfahrungen und damaligen Gedanken möchte ich hier teilen. Das Kennenlernen und der Deal Alles begann mit dem Anruf eines Unternehmers, der mich um ein Kennenlern-Gespräch bat. Gesagt, getan. Vor Ort in seinen Geschäftsräumen trafen wir uns und er beauftragte mich direkt für ein größeres Projekt seines Unternehmens. Bei diesem Projekt lernten wir unsere gemeinsamen Ziele und Arbeitsweise noch besser kennen - die Zusammenarbeit klappte gut und das Projekt war sehr erfolgreich. Auf diese ersten Begegnungen folgten weitere Gespräche und mir wurde angeboten, Anteile an meinem Unternehmen zu kaufen. Im Gegenzug würde er als Mentor beratend zur Seite stehen und dem Unternehmen zu Wachstum verhelfen - durch bessere Strukturen, neuen Mitarbeitern und Räumlichkeiten. Seine Motivation beschrieb er als “Förderer von meinem frischen, jungen Unternehmen” und dass wir als sogenannte Lead-Agentur künftig das Marketing seiner Unternehmensgruppe beflügeln und unterstützen sollten. Ich fand die Idee spannend und dachte mir in meiner Naivität: “Sven, Du kannst nur gewinnen.” Die neue Anteilsverteilung: 50/50 Mein Unternehmen war damals bereits eine GmbH. Ich verkaufte also tatsächliche Anteile meines gegründeten und mühevoll aufgebauten Unternehmens. Es war eine sehr spannende Erfahrung, wir verhandelten stark die Konditionen aus und erzielten eine Einigung. Der Notar-Termin war nach der Gründung ein Jahr zuvor mein zweiter Notar-Termin. Es war alles andere als Routine, sondern sehr aufregend. Die Nacht davor konnte ich überhaupt nicht schlafen. Ich habe mir immer wieder die Chance vor Augen geführt und mich so beruhigt. Schlussendlich habe ich es durchgezogen. Ich werde nie vergessen, wie ich meinen besten Anzug anzog, nur um vor Ort einen sehr guten Eindruck zu hinterlassen. Was ich in meiner Unwissenheit nicht bedachte: 50 Prozent zu verkaufen, ist eine sehr ungünstige Situation - für beide. Es funktioniert quasi wie das “eBay-Prinzip”: Nur wenn beide einverstanden sind, kann eine Idee, Vision oder Entscheidung getroffen und umgesetzt werden. Keiner von beiden hat eine Mehrheit und könnte selbst bestimmen. Aus heutiger Sicht, vor allem mit dem Hintergrundwissen aus meinem Jura-Studium, würde ich einen solchen Verkauf nicht wiederholen, zumindest nicht mit so hohen Anteilen. Stattdessen würde ich immer mindestens 51 Prozent, lieber 70 Prozent behalten. So habe ich immer noch die Kontrolle über mein Unternehmen. Für mich ist jedoch alles gut gegangen, denn das Thema 50 Prozent zu 50 Prozent wurde nie zum Problem oder thematisiert. Wir waren uns immer einig und sind auf einer Linie gemeinsam gefahren. Wie ich die Anteile zurückkaufte Die Zusammenarbeit verlief viele Jahre sehr erfolgreich. An einen Punkt meiner persönlichen Reflexion und Neuausrichtung mit meinem Jura-Studium und dem Umzug nach Frankfurt am Main, kristallisierte sich für mich heraus, dass die Zusammenarbeit für beide Seiten zunehmend keinen Sinn mehr machte: Ich hatte andere Ziele und Prioritäten und er ebenfalls. So begann er mehr und mehr seine Unternehmensgruppe auszubauen und ich war daran interessiert, mein Jura-Studium zu forcieren, um meine Ausbildung zu fördern. Das hat nicht mehr zusammengepasst. Beim Rückkauf begegneten wir uns mit viel Respekt. Aus Fairness habe ich die Anteile zu dem Preis zurückkaufen können, zu dem ich sie damals verkauft hatte. Ein Kredit war nicht nötig und auch mein Gesellschafter empfand diese Lösung als sehr angenehm und wollte mir keine “Steine in den Weg legen”, mein Unternehmen wieder allein zu besitzen. Auch er hatte mal Anteile seines Unternehmens verkauft und wieder zurückgekauft. Er konnte sich sicher in meine Lage hineindenken. Wir trennten uns einvernehmlich (wie man das immer so sagt, bei uns war es tatsächlich so) und somit endete auch die “Ehe” der Beteiligung: Ich kaufte meine verkauften Unternehmensanteile wieder zurück. Die Zeit nach dem Rückkauf Zurückblickend war es eine sehr spannende Erfahrung, die mir viel Wissen, Möglichkeiten und eine fantastische Zeit bescherte, die ich nicht missen möchte. Nicht nur der Anteilverkauf als solcher war sehr spannend, sondern auch die vielen Möglichkeiten die mir offen standen. Wir haben gemeinsam ein eigens für uns gebautes Unternehmensgebäude bezogen und ich konnte bei der Gestaltung unserer Räume Einfluss nehmen. Zudem hatte meine kleine Firma auf einen Schlag eine riesige Struktur mit Poststelle, Telefonzentrale, Warenannahme und großem Parkplatz für die Kunden. Auch übernahmen einige Mitarbeiter der Firma meines Gesellschafters Aufgaben in der Tigergroup GmbH, so zum Beispiel die Personalabteilung für unsere Mitarbeiter und die Buchhalterin für unsere finanziellen Angelegenheiten. In den gemeinsamen Gesprächen mit meinem Investor und Mentor habe ich viel über das Unternehmer-Dasein und Geschäftemachen gelernt und er ist bis heute für mich ein Ansporn und Vorbild, nach dem ich streben kann. Da ich immer sehr auf Harmonie bedacht bin, war es eine wichtige Erfahrung für mich diese “Trennung” aus eigener Kraft und Wollen zu realisieren. Dabei erkannte ich, dass auch nach einer Trennung der Kontakt und die guten Beziehungen nicht beendet werden müssen. Es hat eben nur inhaltlich, vom Lebensabschnitt und dessen Prioritäten einfach nicht mehr zusammengepasst. Heute bin ich jedoch froh, wieder 100 Prozent meiner GmbH laut Handelsregister zu halten und meine eigenen Entscheidungen treffen zu können - völlig autark. Heute würde ich auch nicht mehr so schnell für einen Verkauf von Anteilen und schon gar nicht im Verhältnis 50 Prozent zu 50 Prozent tendieren. “Kommt Zeit, kommt Rat”, sagte meine Oma immer.