Mikromanagement
Wenn Chefs zu nichts mehr kommen

Wenn Sie das Tagesgeschäft auffrisst, dann liegt das womöglich nicht am Tagesgeschäft – sondern an Ihnen. Führungscoach Bernd Geropp erklärt, wie Unternehmer sich freischwimmen und endlich wieder Zeit fürs Wesentliche finden.

,

Kommentieren
Tausend Aufgaben gleichzeitig überblicken - fast unmöglich. Kein Wunder, dass Unternehmer, die dem Mikromanagement verfallen sind, häufig überfordert wirken.
Tausend Aufgaben gleichzeitig überblicken - fast unmöglich. Kein Wunder, dass Unternehmer, die dem Mikromanagement verfallen sind, häufig überfordert wirken.

Glauben Sie, die Aufgaben Ihrer Mitarbeiter besser erledigen zu können als diese selbst? Sind Sie abends völlig ausgepowert und haben doch das Gefühl, Ihr Unternehmen nicht vorangebracht zu haben? Bleibt Ihnen kaum Zeit, mal nachzudenken, wo Sie strategisch mit Ihrer Firma hinwollen? Sind Sie ständig im Stress und haben unglaublich viel zu tun?

Dann gibt es womöglich eine Diagnose für Ihr Problem. Sie lautet: Mikromanagement.

„Vielen Unternehmern ist selbst nicht klar, dass sie als Mikromanager agieren“, sagt Bernd Geropp, der seit vielen Jahren Führungskräfte coacht. Um zu testen, ob man betroffen ist, empfiehlt er zwei Wege: Erstens sollte man die eigenen Mitarbeiter einfach mal fragen. Und zweitens sich selbst folgende Fragen stellen:

Selbsttest: Bin ich ein Mikromanager?

  • Beschäftige ich mich mehr als 80 Prozent meiner Arbeitszeit mit operativem Tagesgeschäft?
  • Glaube ich den Satz: „Kontrolle ist besser als Vertrauen“?
  • Habe ich zu wenig Zeit und Muße, mich regelmäßig mit Strategie zu beschäftigen?
  • Fühle ich mich als Experte auf meinem Fachgebiet?
  • Frage ich häufig bei meinen Mitarbeitern nach dem Stand von Projekten?
  • Will ich möglichst immer eine einwandfreie Lösung?
  • Wenn es brennt, überspringe ich dann auch mal Hierarchiestufen und gebe Anweisungen über den Kopf anderer Führungskräfte hinweg?

„Je mehr Fragen Sie mit Ja beantworten, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass Sie ein Mikromanager sind“, sagt Bernd Geropp.

Nicht jede Einmischung ins Tagesgeschäft bedeute aber, dass man Mikromanagement betreibt. „Das hängt von dem Mitarbeiter ab, an den ich eine Aufgabe delegiere. Wenn der überfordert oder noch neu ist, dann ist es wichtig, dass man als Chef Vorgaben macht und kontrolliert. Das ist kein Mikromanagement. Behandelt man aber einen erfahrenen Mitarbeiter so, dann sagt der zurecht: ‚Mein Chef mischt sich in alles ein‘.“

Warum ist Mikromanagement so schädlich?

Die Auswirkungen sind fatal – für den Mitarbeiter, den Chef und das Unternehmen.

„Besonders stark leiden Mitarbeiter, die intrinsisch motiviert sind“, sagt Führungscoach Geropp. Diese Mitarbeiter beraube man gleich drei ihrer zentralen Antriebsfaktoren:

Unser Experte
Bernd-Geropp Führungscoach Bernd Geropp startete als Unternehmer: 1995 gründete der Ingenieur ein High-Tech-Unternehmen. Nach dem Verkauf an einen globalen tätigen Konzern arbeitete er dort im mittleren Management und führte 350 Mitarbeiter. Diese Erfahrung gibt er heute als Trainer für Geschäftsführer und Führungskräfte weiter.
  • Der Wunsch nach Autonomie: Der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin möchte selbstständig arbeiten und auch selbst entscheiden. Geropp: „Wenn der Mikromanager aber detailliert den Weg vorgibt, dann ist so ein Mitarbeiter natürlich frustriert.“
  • Das Streben nach Meisterschaft: Der Mitarbeiter möchte richtig gut werden. „Dafür muss man aber auch Fehler machen dürfen“, so Bernd Geropp. Wer seine Mitarbeiter ständig kontrolliere, der verhindere, dass sie Sachen ausprobieren und neue Wege gehen – um schließlich Experte zu werden.
  • Der Sinn der Arbeit: Für intrinsisch motivierte Mitarbeiter ist es wichtig, einen Sinn in ihrer Arbeit zu sehen. Der Mikromanager ist aber viel zu stark mit dem Tagesgeschäft und dessen Kontrolle beschäftigt, als dass noch Zeit bliebe, sich über Visionen Gedanken zu machen – geschweige denn, über diese Unternehmensziele mit seinen Mitarbeitern zu sprechen. „Eine gute Führungskraft bespricht mit dem Team das Große und Ganze. Warum ist dieses Projekt oder diese Aufgabe für unser Unternehmen wichtig?“

Mit Mikromanagement erzieht man sein Team zur Unmündigkeit. Im schlimmsten Fall machen am Ende nur noch alle Dienst nach Vorschrift – und der Chef versinkt immer stärker im Tagesgeschäft: „Der macht das ja nicht aus Spaß“, sagt Bernd Geropp. „Der fühlt sich gezwungen, im Operativen immer mitzumischen.“ Und weil alles auf seinem Schreibtisch landet, ist er immer mehr überfordert.

Vom Mikro- zum Makromanagement

Die Frage ist: Wie kommt man aus dem Kontrollzwang wieder heraus? Bernd Geropp empfiehlt, sich drei Dinge bewusst zu machen.

Risiko akzeptieren

„Meiner erster Chef hat mal zu mir gesagt: ‚Manager sein heißt: Expect to get fired.‘“ Für Selbstständige gelte Ähnliches: Wer Unternehmer ist, kann scheitern. „Ich kann das Risiko minimieren, aber ich kriege es nie auf Null. Ich bin eben kein Sachbearbeiter mehr.“

Es werden Fehler passieren

„Wenn ich Verantwortung abgebe, wird es in der Regel erst einmal schlechter als besser“, so Geropp. „Ich habe das selbst erlebt. Das Faszinierende dabei war: Nach einem Jahr haben sich zwei, drei Leute rauskristallisiert, die nicht genauso gut waren wie ich. Die waren auf einmal besser.“ Dass erst einmal Fehler passieren, wenn jemand übernimmt, der weniger Erfahrung oder Expertise habe, sei eine Investition, die man tätigen müsse. „Wenn man einmal erlebt hat, wie jemand – weil man ihm die Freiheit lässt – immer besser wird, dann geht einem ein Licht auf: Wow, Verantwortung abzugeben, ist ja eigentlich eine super Sache.“

In eigener Sache
Machen ist wie wollen, nur krasser
Machen ist wie wollen, nur krasser
Die impulse-Mitgliedschaft - Rückenwind für Unternehmerinnen und Unternehmer

Ich bin kein Experte mehr

„Es ist schön, Experte zu sein“, sagt Bernd Geropp. „Als Experte macht man wenig Fehler.“ Wenn aber das Unternehmen wächst und man immer mehr Personalverantwortung bekommt, mache man erst einmal viele Fehler. „Daher gibt es die Gefahr, dass ich – bewusst oder unbewusst – zurückfalle in meine alte Rolle.“ Die Mitarbeiter beförderten dies unter Umständen noch. „Die sagen: Kannst Du mir hier oder da nicht mal helfen? Du kannst das doch am besten.“ Viele Unternehmer springen dann schnell ein – gerade wenn sie zuvor als Führungskraft einen Fehler gemacht haben. „Ins operative Geschäft einzugreifen, tut dem Selbstbewusstsein kurzfristig gut – langfristig ist es schädlich.“

Der Schlüssel: stoppen und abgeben

„Man kann das eigene Mikromanagen häufig nicht sofort abstellen“, sagt Bernd Geropp. „Man sollte erst mal darauf achten in der jeweiligen Situation zu erkennen, dass man mikromanagt. Erst wenn mir das in dem Moment, in dem ich es tue, bewusst wird, kann ich es auch ändern. Das Bewusstwerden ist der erste Schritt zur Veränderung.“

Wie Sie Aufgaben gut delegieren, lesen Sie in diesem Artikel: Aufgaben verteilen: Mehr Zeit fürs Wesentliche – in 4 Schritten

Glauben Sie, die Aufgaben Ihrer Mitarbeiter besser erledigen zu können als diese selbst? Sind Sie abends völlig ausgepowert und haben doch das Gefühl, Ihr Unternehmen nicht vorangebracht zu haben? Bleibt Ihnen kaum Zeit, mal nachzudenken, wo Sie strategisch mit Ihrer Firma hinwollen? Sind Sie ständig im Stress und haben unglaublich viel zu tun? Dann gibt es womöglich eine Diagnose für Ihr Problem. Sie lautet: Mikromanagement. „Vielen Unternehmern ist selbst nicht klar, dass sie als Mikromanager agieren“, sagt Bernd Geropp, der seit vielen Jahren Führungskräfte coacht. Um zu testen, ob man betroffen ist, empfiehlt er zwei Wege: Erstens sollte man die eigenen Mitarbeiter einfach mal fragen. Und zweitens sich selbst folgende Fragen stellen: Selbsttest: Bin ich ein Mikromanager? Beschäftige ich mich mehr als 80 Prozent meiner Arbeitszeit mit operativem Tagesgeschäft? Glaube ich den Satz: „Kontrolle ist besser als Vertrauen“? Habe ich zu wenig Zeit und Muße, mich regelmäßig mit Strategie zu beschäftigen? Fühle ich mich als Experte auf meinem Fachgebiet? Frage ich häufig bei meinen Mitarbeitern nach dem Stand von Projekten? Will ich möglichst immer eine einwandfreie Lösung? Wenn es brennt, überspringe ich dann auch mal Hierarchiestufen und gebe Anweisungen über den Kopf anderer Führungskräfte hinweg? „Je mehr Fragen Sie mit Ja beantworten, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass Sie ein Mikromanager sind“, sagt Bernd Geropp. Nicht jede Einmischung ins Tagesgeschäft bedeute aber, dass man Mikromanagement betreibt. „Das hängt von dem Mitarbeiter ab, an den ich eine Aufgabe delegiere. Wenn der überfordert oder noch neu ist, dann ist es wichtig, dass man als Chef Vorgaben macht und kontrolliert. Das ist kein Mikromanagement. Behandelt man aber einen erfahrenen Mitarbeiter so, dann sagt der zurecht: ‚Mein Chef mischt sich in alles ein'.“ Warum ist Mikromanagement so schädlich? Die Auswirkungen sind fatal – für den Mitarbeiter, den Chef und das Unternehmen. „Besonders stark leiden Mitarbeiter, die intrinsisch motiviert sind“, sagt Führungscoach Geropp. Diese Mitarbeiter beraube man gleich drei ihrer zentralen Antriebsfaktoren: Der Wunsch nach Autonomie: Der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin möchte selbstständig arbeiten und auch selbst entscheiden. Geropp: „Wenn der Mikromanager aber detailliert den Weg vorgibt, dann ist so ein Mitarbeiter natürlich frustriert.“ Das Streben nach Meisterschaft: Der Mitarbeiter möchte richtig gut werden. „Dafür muss man aber auch Fehler machen dürfen“, so Bernd Geropp. Wer seine Mitarbeiter ständig kontrolliere, der verhindere, dass sie Sachen ausprobieren und neue Wege gehen – um schließlich Experte zu werden. Der Sinn der Arbeit: Für intrinsisch motivierte Mitarbeiter ist es wichtig, einen Sinn in ihrer Arbeit zu sehen. Der Mikromanager ist aber viel zu stark mit dem Tagesgeschäft und dessen Kontrolle beschäftigt, als dass noch Zeit bliebe, sich über Visionen Gedanken zu machen – geschweige denn, über diese Unternehmensziele mit seinen Mitarbeitern zu sprechen. „Eine gute Führungskraft bespricht mit dem Team das Große und Ganze. Warum ist dieses Projekt oder diese Aufgabe für unser Unternehmen wichtig?“ Mit Mikromanagement erzieht man sein Team zur Unmündigkeit. Im schlimmsten Fall machen am Ende nur noch alle Dienst nach Vorschrift – und der Chef versinkt immer stärker im Tagesgeschäft: „Der macht das ja nicht aus Spaß“, sagt Bernd Geropp. „Der fühlt sich gezwungen, im Operativen immer mitzumischen.“ Und weil alles auf seinem Schreibtisch landet, ist er immer mehr überfordert. Vom Mikro- zum Makromanagement Die Frage ist: Wie kommt man aus dem Kontrollzwang wieder heraus? Bernd Geropp empfiehlt, sich drei Dinge bewusst zu machen. Risiko akzeptieren „Meiner erster Chef hat mal zu mir gesagt: ‚Manager sein heißt: Expect to get fired.‘“ Für Selbstständige gelte Ähnliches: Wer Unternehmer ist, kann scheitern. „Ich kann das Risiko minimieren, aber ich kriege es nie auf Null. Ich bin eben kein Sachbearbeiter mehr.“ Es werden Fehler passieren „Wenn ich Verantwortung abgebe, wird es in der Regel erst einmal schlechter als besser“, so Geropp. „Ich habe das selbst erlebt. Das Faszinierende dabei war: Nach einem Jahr haben sich zwei, drei Leute rauskristallisiert, die nicht genauso gut waren wie ich. Die waren auf einmal besser.“ Dass erst einmal Fehler passieren, wenn jemand übernimmt, der weniger Erfahrung oder Expertise habe, sei eine Investition, die man tätigen müsse. „Wenn man einmal erlebt hat, wie jemand – weil man ihm die Freiheit lässt – immer besser wird, dann geht einem ein Licht auf: Wow, Verantwortung abzugeben, ist ja eigentlich eine super Sache.“ Ich bin kein Experte mehr „Es ist schön, Experte zu sein“, sagt Bernd Geropp. „Als Experte macht man wenig Fehler.“ Wenn aber das Unternehmen wächst und man immer mehr Personalverantwortung bekommt, mache man erst einmal viele Fehler. „Daher gibt es die Gefahr, dass ich – bewusst oder unbewusst – zurückfalle in meine alte Rolle.“ Die Mitarbeiter beförderten dies unter Umständen noch. „Die sagen: Kannst Du mir hier oder da nicht mal helfen? Du kannst das doch am besten.“ Viele Unternehmer springen dann schnell ein – gerade wenn sie zuvor als Führungskraft einen Fehler gemacht haben. „Ins operative Geschäft einzugreifen, tut dem Selbstbewusstsein kurzfristig gut – langfristig ist es schädlich.“ Der Schlüssel: stoppen und abgeben „Man kann das eigene Mikromanagen häufig nicht sofort abstellen“, sagt Bernd Geropp. „Man sollte erst mal darauf achten in der jeweiligen Situation zu erkennen, dass man mikromanagt. Erst wenn mir das in dem Moment, in dem ich es tue, bewusst wird, kann ich es auch ändern. Das Bewusstwerden ist der erste Schritt zur Veränderung.“ Wie Sie Aufgaben gut delegieren, lesen Sie in diesem Artikel: Aufgaben verteilen: Mehr Zeit fürs Wesentliche – in 4 Schritten
Mehr lesen über