Bewerberauswahl
Wann Sie der zweiten Wahl eine Chance geben sollten

Bei der Bewerberauswahl kann viel schief gehen. Warum viele Chefs die falschen Leute einstellen, was Fehlbesetzungen kosten und wie Firmen mit Bewerbern glücklich werden, die "zweite Wahl" sind.

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Diese Bananen haben noch eine große Karriere vor sich - im Milchshake oder Kuchen. Was das mit Bewerberauswahl zu tun hat? "Manchmal stellen Sie nach der Einstellung fest, dass der neue Mitarbeiter in einer anderen Abteilung besser aufgehoben wäre", sagt Sven Hennige.
Diese Bananen haben noch eine große Karriere vor sich - im Milchshake oder Kuchen. Was das mit Bewerberauswahl zu tun hat? "Manchmal stellen Sie nach der Einstellung fest, dass der neue Mitarbeiter in einer anderen Abteilung besser aufgehoben wäre", sagt Sven Hennige.

impulse: Herr Hennige, warum stellen so viele Unternehmen die falschen Leute ein?

Sven Hennige: Wir haben heute in vielen Branchen deutlich mehr offene Stellen als Kandidaten. Daher müssen Unternehmen immer öfter auf Bewerber zurückgreifen, die nicht ihre erste Wahl sind: etwa weil es ihnen an Erfahrung fehlt oder weil fraglich ist, ob sie ins Team passen.

Und diese zweite Wahl ist immer eine Fehlbesetzung?

Nicht unbedingt! Wenn Unternehmen aber daran zweifeln, ob der Kandidat in die Unternehmenskultur passt, würde ich davon abraten, ihn einzustellen: Nach unseren Untersuchungen geht etwa im Finanz- und Rechnungswesen jeder zehnte Mitarbeiter innerhalb des ersten Jahres – und zwar vor allem, weil er sich in der Unternehmenskultur nicht zurechtfindet.

Und was ist mit Bewerbern, denen es an Lebenserfahrung oder an Erfahrung in der Branche fehlt?

Denen sollten Sie eine Chance geben. Einem Bewerber, der ins Unternehmen passt, der die notwendigen Eigenschaften mitbringt, um in dem Job Erfolg zu haben, dem kann ich das Wissen, was ihm noch fehlt, vermitteln. Fragen Sie sich: Was kann ich mit diesem Kandidaten tun, um ihn so weiterzubilden und weiterzuentwickeln, dass sie die Aufgabe erfüllen kann?

Um das Stichwort Weiterentwicklung aufzugreifen: Wie viel Geduld sollten Chefs mit neuen Mitarbeitern haben, bei denen zwar das Engagement stimmt, die Qualität aber nicht?

Unser Experte
Als Senior Managing Director Central Europe & The Netherlands bei der Personalvermittlung Robert Half beschäftigt sich Sven Hennige seit Jahren mit der Frage, wie man passende Bewerber für offene Stellen findet - sowohl fürs eigene Unternehmen, als auch für seine Kunden, denen Robert Half Fachkräfte im Finanz- und Rechnungswesen und in der IT vermittelt.

Wir hatten in unserem Unternehmen schon Mitarbeiter, die im ersten Jahr so gut wie keine Ergebnisse erzielt haben. Aber sie haben sich bemüht, haben gelernt, sich wirklich engagiert. Und in den nächsten Jahren gehörten sie zu den besten der Welt. Hierbei ist es äußerst wichtig, dass der direkte Vorgesetzte ganz nah dran ist: Nur so merkt er, welche Unterstützung der neue Mitarbeiter braucht.

Wie kann eine solche Unterstützung konkret aussehen?

Das kann ein erfahrener Kollege sein, der dem neuen Mitarbeiter als Mentor an die Seite gestellt wird, oder eine gezielte Fortbildung. Manchmal stellen Sie sogar einige Wochen oder Monate nach der Einstellung fest, dass der neue Mitarbeiter in einer anderen Abteilung besser aufgehoben wäre. Dann könnten Sie versuchen, ihn durch eine Umschulung fit für einen Job zu machen, in dem er seine Potenziale besser abrufen kann. Das führt nicht nur dazu, dass Sie mit der Arbeit des Kollegen zufrieden sind – es macht ihn auch selbst zufriedener.

Müssen sich Unternehmen heute mehr anstrengen als früher, damit Mitarbeiter zufrieden sind?

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In einigen Unternehmen scheinen die Chefs immer noch zu denken: „Das haben wir nicht nötig. Unsere Marke hat so eine starke Sogwirkung, dass alle Mitarbeiter froh und glücklich sind, bei uns arbeiten zu dürfen.“ Ein Irrtum: Vor allem Bewerber, die nach 1980 geboren wurden, die so genannte Generation Y, schauen ganz genau auf ihre Perspektiven im Unternehmen – und wenn ihnen ein Job nicht gefällt, gehen sie wieder.

Lässt sich diese These auch durch Zahlen belegen?

Zwei Drittel aller Beschäftigten fangen schon in den ersten drei Monaten nach einem Jobwechsel an, wieder nach einer neuen Stelle zu suchen, das zeigt eine aktuelle Studie. Gerade in den ersten Wochen nach der Einstellung sind viele Kandidaten unsicher, ob ihr neuer Job tatsächlich der richtige ist. In der Regel lässt sich das auf Fehler bei der Rekrutierung oder beim Onboarding zurückführen: auf falsche Versprechungen oder eine schlechte Einarbeitung.

Und wenn der Chef nach der Einarbeitung sicher ist, dass er den Falschen eingestellt hat?

Dann hilft nur eine Kündigung – professionell und fair. Eine Kündigung sollte nie überraschend kommen, weder von der einen Seite, noch von der anderen. Ein regelmäßiger Austausch hilft, hier ein Vertrauensverhältnis aufzubauen.

Wie teuer ist eine Fehleinstellung unterm Strich?

Wir haben das einmal durchgerechnet: Verlässt ein Mitarbeiter mit einem Jahresgehalt von 40.000 Euro das Unternehmen innerhalb des ersten Jahres wieder, kostet dies das Unternehmen in etwa weitere 40.000 Euro – zusätzlich zu den Gehaltskosten. Je höher die Position, desto teurer wird’s.

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Eine erstaunlich hohe Summe. Wie kommt sie zustande?

In dieser Rechnung spielt die geringere Produktivität in der Einarbeitung eine Rolle, die Kosten für Trainings, die Managementzeit, die für das Onboarding des neuen Mitarbeiters benötigt wird. Außerdem natürlich die Recruiting-Kosten für den eingestellten Mitarbeiter, die Arbeitsplatzkosten und eine erneute Recruiting-Runde. Wer bei der Personalauswahl Fehler macht, zahlt hinterher die Zeche – deshalb ist es so wichtig, planvoll vorzugehen.

Bei der Entscheidung für oder gegen einen Bewerber kann ein Probearbeiten helfen. Hier lesen Sie, was sie dabei beachten müssen.

impulse: Herr Hennige, warum stellen so viele Unternehmen die falschen Leute ein? Sven Hennige: Wir haben heute in vielen Branchen deutlich mehr offene Stellen als Kandidaten. Daher müssen Unternehmen immer öfter auf Bewerber zurückgreifen, die nicht ihre erste Wahl sind: etwa weil es ihnen an Erfahrung fehlt oder weil fraglich ist, ob sie ins Team passen. Und diese zweite Wahl ist immer eine Fehlbesetzung? Nicht unbedingt! Wenn Unternehmen aber daran zweifeln, ob der Kandidat in die Unternehmenskultur passt, würde ich davon abraten, ihn einzustellen: Nach unseren Untersuchungen geht etwa im Finanz- und Rechnungswesen jeder zehnte Mitarbeiter innerhalb des ersten Jahres – und zwar vor allem, weil er sich in der Unternehmenskultur nicht zurechtfindet. Und was ist mit Bewerbern, denen es an Lebenserfahrung oder an Erfahrung in der Branche fehlt? Denen sollten Sie eine Chance geben. Einem Bewerber, der ins Unternehmen passt, der die notwendigen Eigenschaften mitbringt, um in dem Job Erfolg zu haben, dem kann ich das Wissen, was ihm noch fehlt, vermitteln. Fragen Sie sich: Was kann ich mit diesem Kandidaten tun, um ihn so weiterzubilden und weiterzuentwickeln, dass sie die Aufgabe erfüllen kann? Um das Stichwort Weiterentwicklung aufzugreifen: Wie viel Geduld sollten Chefs mit neuen Mitarbeitern haben, bei denen zwar das Engagement stimmt, die Qualität aber nicht? Wir hatten in unserem Unternehmen schon Mitarbeiter, die im ersten Jahr so gut wie keine Ergebnisse erzielt haben. Aber sie haben sich bemüht, haben gelernt, sich wirklich engagiert. Und in den nächsten Jahren gehörten sie zu den besten der Welt. Hierbei ist es äußerst wichtig, dass der direkte Vorgesetzte ganz nah dran ist: Nur so merkt er, welche Unterstützung der neue Mitarbeiter braucht. Wie kann eine solche Unterstützung konkret aussehen? Das kann ein erfahrener Kollege sein, der dem neuen Mitarbeiter als Mentor an die Seite gestellt wird, oder eine gezielte Fortbildung. Manchmal stellen Sie sogar einige Wochen oder Monate nach der Einstellung fest, dass der neue Mitarbeiter in einer anderen Abteilung besser aufgehoben wäre. Dann könnten Sie versuchen, ihn durch eine Umschulung fit für einen Job zu machen, in dem er seine Potenziale besser abrufen kann. Das führt nicht nur dazu, dass Sie mit der Arbeit des Kollegen zufrieden sind - es macht ihn auch selbst zufriedener. Müssen sich Unternehmen heute mehr anstrengen als früher, damit Mitarbeiter zufrieden sind? In einigen Unternehmen scheinen die Chefs immer noch zu denken: "Das haben wir nicht nötig. Unsere Marke hat so eine starke Sogwirkung, dass alle Mitarbeiter froh und glücklich sind, bei uns arbeiten zu dürfen." Ein Irrtum: Vor allem Bewerber, die nach 1980 geboren wurden, die so genannte Generation Y, schauen ganz genau auf ihre Perspektiven im Unternehmen - und wenn ihnen ein Job nicht gefällt, gehen sie wieder. Lässt sich diese These auch durch Zahlen belegen? Zwei Drittel aller Beschäftigten fangen schon in den ersten drei Monaten nach einem Jobwechsel an, wieder nach einer neuen Stelle zu suchen, das zeigt eine aktuelle Studie. Gerade in den ersten Wochen nach der Einstellung sind viele Kandidaten unsicher, ob ihr neuer Job tatsächlich der richtige ist. In der Regel lässt sich das auf Fehler bei der Rekrutierung oder beim Onboarding zurückführen: auf falsche Versprechungen oder eine schlechte Einarbeitung. Und wenn der Chef nach der Einarbeitung sicher ist, dass er den Falschen eingestellt hat? Dann hilft nur eine Kündigung - professionell und fair. Eine Kündigung sollte nie überraschend kommen, weder von der einen Seite, noch von der anderen. Ein regelmäßiger Austausch hilft, hier ein Vertrauensverhältnis aufzubauen. Wie teuer ist eine Fehleinstellung unterm Strich? Wir haben das einmal durchgerechnet: Verlässt ein Mitarbeiter mit einem Jahresgehalt von 40.000 Euro das Unternehmen innerhalb des ersten Jahres wieder, kostet dies das Unternehmen in etwa weitere 40.000 Euro – zusätzlich zu den Gehaltskosten. Je höher die Position, desto teurer wird’s. Eine erstaunlich hohe Summe. Wie kommt sie zustande? In dieser Rechnung spielt die geringere Produktivität in der Einarbeitung eine Rolle, die Kosten für Trainings, die Managementzeit, die für das Onboarding des neuen Mitarbeiters benötigt wird. Außerdem natürlich die Recruiting-Kosten für den eingestellten Mitarbeiter, die Arbeitsplatzkosten und eine erneute Recruiting-Runde. Wer bei der Personalauswahl Fehler macht, zahlt hinterher die Zeche - deshalb ist es so wichtig, planvoll vorzugehen. Bei der Entscheidung für oder gegen einen Bewerber kann ein Probearbeiten helfen. Hier lesen Sie, was sie dabei beachten müssen.
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